Zwar war das Psycho-Pass-Franchise niemals völlig aus dem Anime-Sektor wegzudenken, doch liegen zwischen der Ausstrahlung der zweiten und dritten Staffel ganze fünf Jahre. Im Juli 2022 veröffentlichte Publisher Kazé Anime Psycho-Pass 3 endlich auch hierzulande.
Inspektorin Tsunemori Akane sitzt zu Beginn der dritten Staffel von Psycho-Pass aufgrund eines nicht näher beleuchteten Verbrechens hinter Gittern. Dementsprechend verlagert sich die Geschichte neben bekannten Gesichtern aus den ersten beiden Seasons auf ganz neue Charaktere. Neuzugänge sind die Inspektoren Shindō Arata und Kei Mikhail Ignatov, die im Jahr 2120 ihren Dienst bei der Kriminalabteilung antreten. Von den Vollstreckern werden sie zu Beginn der dritten Staffel nur widerwillig aufgenommen, doch gehen sie ihren Weg und weisen schon bald erste Erfolge vor. Ihr erster Fall dreht sich um den Absturz einer Drohne, die für den Transport gedacht ist. Was zunächst wie ein Unfall aussieht, entwickelt sich mit dem Fund einer Leiche wenig später zum Mord. Mit dem Auftauchen eines Videos, das den Absturz zeigt, beginnen die Inspektoren und die Vollstrecker damit, den Mord aufzuklären. Wie das mit Kriminalfällen in Anime-Form so ist, nehmen sie mit der Zeit sehr viel größere Ausmaße an. Es ist überaus packend, zusammen mit den Charakteren herauszufinden, warum sich der Farbton des Psycho-Pass der Verbrecher nicht trübt. Angereichert mit der richtigen Musikuntermalung und auch den passenden Synchronsprechern, die ihre Figuren nicht besser mimen könnten, ergibt sich ein stimmungsvolles Gesamtbild. Langweilig wird somit nicht.
Erwachsener Zeichenstil mit kleinen Schwächen
Ungewohnt für Anime-Serien haben die vier Episoden, die in der ersten Ausgabe enthalten sind, eine Laufzeit von jeweils 45 Minuten. So fühlen sie sich wie Doppelfolgen an, bei denen jeweils auf ein Opening und ein Ending verzichtet wurde, um noch mehr Raum für die Story von Psycho-Pass 3 zu lassen. Eine gelungene Designentscheidung, von der künftig andere Anime-Serien profitieren können. In visueller Hinsicht basiert auch die dritte Staffel erneut auf dem paralysierenden Gesamtbild der ersten beiden Staffeln und der vorhergehenden Filme. Soll heißen, dass die meisten Szenen der dritten Season während der Dämmerung, in der Nacht oder in abgedunkelten Innenräumen spielen. Oft wird auch diffuses Licht eingesetzt, um die Bilder zu verschleiern. In manchen Szenen verringert sich somit aber die allgemeine Qualität des bildschirmfüllenden 16:9-Bildes in Full-HD, das sich dann abgesehen von der Auflösung eher auf DVD-Niveau befindet. Animationsstudio Production I.G. kann deutlich mehr leisten. Spezialeffekte werden dafür meistens hell leuchtend hervorgehoben und fallen dadurch umso mehr und vor allem sehr positiv auf. Unverändert bleibt glücklicherweise der Zeichenstil, denn die hochauflösenden Charaktermodelle fallen auch in der dritten Staffel sehr erwachsen aus. Sie fügen sich damit hervorragend in das inhaltliche Gesamtbild ein.
Umfangreiches Booklet als Dreingabe
Psycho-Pass 3 kommt in der ersten Volume ohne digitales Bonusmaterial aus. Dies ist sehr schade, da die Anime-Serie definitiv zu den besten Franchises überhaupt zählt. Interviews, Making-ofs oder dergleichen wären für Fans ein feiner Zug gewesen. Entschädigen soll ein 24-seitiges Booklet, welches als ausführliches Special Guide Book betitelt ist. Das Heftchen ist vollgestopft mit vielen interessanten Inhalten. Auf den ersten Seiten des Booklets werden die wichtigsten Charaktere der ersten vier Episoden vorgestellt – inklusive detaillierten Biografien, die Lebensläufe und Qualifikationen einschließen. Nebenfiguren werden hier auch erwähnt, erhalten neben einer Handvoll Artworks aber nur kleine Beschreibungstexte spendiert. Es folgen zwei teilweise voneinander unabhängige Charakterdiagramme, die sehr gut zeigen, wie komplex die Anime-Serie und die Charakterkonstellationen aufgebaut sind. Zu guter Letzt erfährt der Leser noch einiges über die verschiedenen Locations, die im Debüt der dritten Staffel als Handlungsorte herhalten. Das Booklet bietet damit einen guten und fast schon allumfassenden Überblick. Lediglich ein Episodenguide fehlt. Dieser hätte dem ersten Episodenpaket das Sahnehäubchen aufgesetzt. An der hohen Qualität von Psycho-Pass 3 ändert das aber nichts. Psycho-Pass-Fans müssen hier einfach ohne Ausnahme zugreifen!
Geschrieben von Eric Ebelt
Erics Fazit (basierend auf der Blu-ray-Fassung): Psycho-Pass 3 beginnt zunächst noch etwas unscheinbar. Dennoch entwickelt sich die Story mit jeder Folge spannend weiter. Es werden Fragen über die Verbrecher aufgeworfen, die nach und nach geklärt werden. Auch die neuen Inspektoren Shindō Arata und Kei Mikhail Ignatov sind recht gut geschrieben und bereichern das Szenario. Wie sich die Geschichte in der zweiten Hälfte entwickeln wird, ist damit zwar nicht abzusehen, aber legt die erste Volume der dritten Season eine mehr als nur gelungene Grundlage. Dennoch gibt es ein paar Kritikpunkte. So kann das Bild in Full-HD, auch aufgrund des gelegentlich eingesetzten diffusen Lichts, nicht immer die Qualität einer Blu-ray Disc erreichen. Schlimm ist das nicht, aber Animationsstudio Production I.G. hat in der Vergangenheit sorgfältiger gearbeitet. In puncto Bonusmaterial ist es ebenfalls schade, dass die erste Ausgabe der dritten Staffel ohne auch nur einen einzigen digitalen Inhalt auskommt. Dafür überzeugt das Booklet mit seinen vielen Informationen fast auf ganzer Linie. Lediglich das Fehlen eines Episodenguides fällt negativ auf. Letzteres ist in Anbetracht der hohen inhaltlichen Qualität der Anime-Serie durchaus als verschmerzbar anzusehen. Wer das Franchise mag, kommt definitiv nicht um die erste Volume der dritten Staffel herum.
Vielen Dank an Kazé Anime für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Psycho-Pass 3 (Vol. 1)!