Kusuriya no Hitorigoto, im deutschsprachigen Raum besser bekannt als Die Tagebücher der Apothekerin, startete ursprünglich 2011 als Romanreihe, wurde dann als Light Novel umgesetzt, als Manga adaptiert und ging schließlich im Jahr 2023 auch noch als Anime in Serie.
Mit dem hochtrabenden Titel lässt sich bei Die Tagebücher der Apothekerin direkt auf eine historische Serie schließen, in der es mitunter auch um Romanzen und Intrigen geht. Dazu gesellen sich Komplotte und durchaus spannende Charakterkonstellationen, die Zeit brauchen, bis der Zuschauer sich in die einzelnen Figuren hineinversetzen kann. Vermutlich angesiedelt zwischen dem 7. und 10. Jahrhundert unserer Zeitrechnung erzählt die Anime-Serie den Werdegang der jungen Frau Māomāo. Als Kind in einem Freudenhaus großgezogen, wurde diese von einem Apotheker adoptiert und unter seine Fittiche genommen. Māomāos Leben ändert sich von einem Tag auf den anderen, als sie entführt und an den Kaiserhof gebracht wird, wo sie als einfache Magd arbeiten soll. Keinesfalls soll herauskommen, dass sie lesen kann und gebildet ist. Sie will einfach nur ihre Zeit absitzen, bis ihr Kontrakt ausläuft und sie in Freiheit zu ihrem Ziehvater und den Dirnen im Freudenviertel zurückkehren kann. Als der Kronprinz und eine Tochter des Kaisers jedoch schwer erkranken, versucht sie im Geheimen einzuschreiten und schickt den Kurtisanen Briefe. Die Heimlichtuerei fliegt jedoch auf. Sie wird zur Zofe der Kurtisane Gyokuyō ernannt. Aufgrund ihres medizinischen Wissens und der Fähigkeit, Gifte zu erkennen, darf sie fortan als Vorkosterin die feinsten Mahlzeiten probieren.
Wissen einer Apothekerin
Vor dieser Kulisse, die deutlich an den chinesischen Kaiserhof während der Táng-Dynastie erinnert, aber keine Identifikation mit diesem erfährt, taucht der Zuschauer immer mehr in die Geschichte ein. Zumindest in der ersten Staffel von Die Tagebücher der Apothekerin bleiben die verschiedenen Handlungsbögen bis auf Ausnahmen aber recht oberflächlich. Häufig geht es schlicht um die Nahrungsaufnahme respektive das Verköstigen – ruhig, aber bewusst erzählt. Hierbei erfährt der Zuschauer mittels Erklärungen von Māomāo, woran diverse Gifte zu erkennen sind, welche Symptome bei Einnahme folgen und wann die Aufnahme mit dem Tod enden könnte. Weiterhin geschehen am Kaiserhof merkwürdige Vorfälle, die vom gewöhnlichen Tagesablauf abweichen, die Geschichte aber durchaus auflockern. Unter anderem stirbt ein Goldschmied und nimmt ein Geheimnis mit ins Grab, worunter seine drei Söhne ordentlich zu knabbern haben, die sich außerdem ums Erbe streiten. Auch eine Explosion in einem Lagerhaus gehört zu diesen Erlebnissen. Diese Detektivarbeit verknüpft die Serie aber jedes Mal mit den Kenntnissen von Māomāo, weshalb ihre Arbeit als Apothekerin ständig im Fokus der Erzählung steht. Da kommt es der Handlung sicherlich gelegen, dass verschiedene Figuren an Krankheiten leiden, die zumindest in der erzählten Zeit noch nicht behandelbar waren.
Brüche im Zeichenstil zur Humorbetonung
Neben Māomāo ist Jinshi, ein hochrangiger wie geheimnisvoller Eunuch am Kaiserhof, der administrativ viele Fäden zieht, der wohl wichtigste Charakter in Die Tagebücher der Apothekerin. Von Beginn scheint er über Māomāo zu wachen und ein romantisches Interesse an ihr zu haben. Daraus entstehen einige lustige Momente, die praktisch für den Humor der Anime-Serie stehen. Hierbei nutzen die beiden verantwortlichen Animationsstudios Tōhō und Oriental Light and Magic einen besonderen Kniff. Ist Māomāo peinlich berührt oder heckt irgendeinen Streich aus, nimmt der sonst sehr erwachsene Zeichenstil starke Chibi-Züge an. In Anbetracht der sonst hohen Qualität, bei der gerade die Umgebungsgrafiken und Charaktermodelle mit ihren großen Farbflächen herausstechen, kann dieser Bruch durchaus gewöhnungsbedürftig sein. Wer sich darauf einlässt, bekommt aber definitiv eine gute und niemals übertriebene Portion Humor serviert. Die Musik mit ihren angenehmen Melodien passt ebenso zum historischen Setting und lässt den Zuschauer auditiv ins chinesisch angehauchte Mittelalter eintauchen. Obwohl sich das Charaktergefüge und die einzelnen Handlungsaspekte gerade zum Schluss wunderbar ergänzen, bleibt die Story eher seicht. Sonderlich tiefgründig ist die Anime-Serie zwar nicht, doch auf jeden Fall eine mehr als gute Ablenkung vom Alltag.
Geschrieben von Eric Ebelt
Erics Fazit (basierend auf dem Stream bei Crunchyroll): An historischen Serien, so fiktiv sie wenig überraschend manchmal auch sein können, erfreue ich mich vor allem im Realserienbereich. Allerdings gibt es auch Anime-Serien, die mich in eine längst vergangene Zeit eintauchen lassen. Eine Zeit, die ich so niemals selbst erleben kann, erzählt Die Tagebücher der Apothekerin. Es macht mir Spaß, die junge Protagonistin Māomāo auf ihrem Werdegang zu begleiten, mehr über ihre Tätigkeit herauszufinden und mit ihr hier und da Schlussfolgerungen in den Intrigen und Romanen am Kaiserhof anzustellen. Optisch und akustisch funktioniert das auch ziemlich gut. Ebenfalls verleihen die deutschen wie japanischen Synchronsprechern der Serie eine tolle Atmosphäre. Allerdings entwickelt sich die Geschichte nur schleppend. Ungelogen sind viele Nebenhandlungen überhaupt nicht nötig, um den Kern der Serie erfassen zu können. Mir wäre es lieber gewesen, wenn direkt in der ersten Episode ein roter Faden zu erkennen wäre. So dümpelt die Geschichte lange Zeit vor sich hin, überzeugt mich aber zumindest immer wieder mit ihrem Charme. Ein, zwei Episoden am Stück unterhält die Serie definitiv. Die für 2025 angekündigte zweite Staffel von Die Tagebücher der Apothekerin darf aber gerne eine Schippe Dynamik und vielleicht auch Spannung drauflegen.
Vielen Dank an Crunchyroll für die freundliche Bereitstellung des Zugangs zum Streaming-Angebot!