Review: Sid Meier’s Civilization VII

Im Jahr 1991 legte Entwicklerlegende Sid Meier den Grundstein der bis heute beliebten Civilization-Reihe. Anfang 2025 erschien mit Sid Meier’s Civilization VII der inzwischen siebte Serienteil, der einiges anders macht – und vor allem Hobby-Historiker vor den Kopf stößt.

Bevor die ersten Alarmglocken in den Köpfen von Globalstrategiespielfans losheulen, können wir euch versichern, dass sich am grundlegenden Aufbau auch in Civilization VII nichts verändert hat. So ist es nach wie vor unsere Aufgabe, eine Stadt zu gründen, sie über viele Runden hinweg zu begleiten und zu vergrößern. Dabei ist es nach wie vor wichtig, dass wir auf Nahrungsquellen im Umland achten, um den Bevölkerungswachstum zu beschleunigen. Auch gehört es zu unseren Aufgaben, die Produktivität unserer Stadt im Auge zu behalten, damit wir besondere Bauwerke, die uns weitere Boni bescheren, errichten können. Nicht zuletzt ist es aber ebenfalls notwendig, Heer und Marine möglichst schnell und effektiv aufzustellen – entweder um Krieg gegen die unliebsamen Nachbarn zu führen oder sich vor diesen zu schützen. Dennoch ist Civilization VII kein Kriegsspiel. Wir haben zwar die Möglichkeit, Konflikte mit Waffengewalt zu lösen, doch bietet das Globalstrategiespiel von Entwicklerstudio Firaxis Games auch friedliche Lösungen an. Freude, Kultur und Wissenschaft sind weitere Werte, die es in unserem Aufgabenbereich zu pflegen gilt. Rundenweise arbeiten wir unsere Aufgaben ab, geben unseren Kontrahenten die Zügel in die Hand und sind danach selbst wieder an der Reihe. All das funktioniert im Grunde ziemlich gut, ist die Reihe doch ähnlich wie Heroes of Might and Magic für seinen Suchtfaktor bekannt. Civilization VII ist da keine Ausnahme.

Kulturelle Immersionsbrüche

Zu Beginn des Spiels entscheiden wir uns zunächst für einen Anführer wie Napoléon Bonaparte, Benjamin Franklin, Königin Himiko oder Königin Trưng Trắc. Haben wir uns für eine historische Persönlichkeit entschieden, an deren Seite wir das Spiel bestreiten wollen, müssen wir uns auch noch für eine der titelgebenden Zivilisationen entscheiden. Zur Auswahl stehen unter anderem das Römische Reich, die chinesische Hàn-Dynastie oder die Maya-Kultur. Das  wirkt im ersten Moment befremdlich – und tatsächlich ist es das auch Stunden nach dem ersten Spielstart in Civilization VII noch der Fall. Treffen wir also auf Friedrich, den Großen, so scheint dieser auf den ersten Blick natürlich der König von Preußen zu sein, doch in der Realität des Spiels kann er auch ganz einfach der griechischen Zivilisation zum Aufstieg verhelfen. Absurder wird dieses ganze Konzept beim Wechsel ins nächste Zeitalter. Zu Beginn einer Partie entscheiden wir, ob wir in der Antike, im Zeitalter der Entdeckung oder in der Moderne starten. Nicht nur ist dies eine äußerst verknappte Darstellung der Menschheitsgeschichte. Der Umstand, dass wir beim Übergang von einem ins nächste Zeitalter die Zivilisation wechseln dürfen, zerstört auch den restlichen Funken jeglicher Immersion von Civilization VII. Hobby-Historiker dürften sich daran zwar stören, doch ergibt diese Option tatsächlich ein wenig Sinn.

Versteckter Spaß hinter der Einstiegshürde

Merken wir beispielsweise mitten in einer Partie, dass wir mit Freundschaftsangeboten oder der Entwicklung von friedlichen Wissenschaften nicht wirklich vorankommen, können wir auch auf eine Zivilisation wechseln, die uns Boni für auszufechtende Kriege verleiht. Dadurch spielt sich Civilization VII womöglich ein wenig dynamischer als die Vorgänger, erkauft dies aber zu einem hohen Preis der Glaubwürdigkeit. Zu Beginn einer Partie wirkt das Spiel noch aufgeräumt und entschlackt. Wer jetzt aber denkt, dass sich der Titel auch für Anfänger eignet, irrt zumindest teilweise. Es ist durchaus möglich, ohne Vorkenntnisse mit dem Spiel Spaß zu haben – der Autor dieser Zeilen ist dafür der beste Beweis –, doch erschlägt einen das Spiel schon in der ersten Spielstunde mit zahlreichen Begriffen. Es existiert zwar ein großes Lexikon, in dem scheinbar alle nützlichen Informationen untergebracht sind, doch stellen wir fest, dass bestimmte Begriffe fehlen oder nur am Rande in einem anderen Eintrag Erwähnung finden, den wir mit dem Suchbefehl auf diese Weise aber nicht finden können. In Civilization VII sind bestimmte Begriffe in den Einführungstexten zwar hervorgehoben, doch existiert nicht einmal die Möglichkeit, mittels Mouseover eine zusätzliche Erklärung aufzurufen. So ist die Einstiegshürde für Neulinge deutlich höher als es für ein Spiel im Jahr 2025 sein müsste.

Zweifelhafte Designentscheidungen

Fraglich ist auch, warum es kein separates Tutorial gibt, in dem komplexe Mechaniken noch einmal nachspielbar wären. Stattdessen werden auch Experten im Einzelspielermodus mit den Hilfestellungen bombardiert. Dies bricht Civilization VII zwar nicht das Genick, doch sorgen solche Designentscheidungen genauso wie die teils fummelige Steuerung beim Kommandieren von Einheiten für Stirnrunzeln. Wer die immer komplexer werdenden Mechaniken verinnerlicht und sich mit den Bedienungsschwächen abgefunden hat, dem steht es frei, sein Können im Mehrspielermodus unter Beweis zu stellen. Hier kassieren die Entwickler aber auch schon die nächste Schlappe: Obwohl es sich um einen Rundenstrategiespieltitel handelt, lässt sich das Spiel nicht an einem PC oder einer Konsole zusammen spielen. Die Entwickler haben zwar einen lokalen Mehrspielermodus integriert, der erfordert es jedoch, dass jeder Spieler eine Spielkopie mitsamt Zielplattform benötigt. Cross-Play wird zwar unterstützt, doch gibt es auch hier Plattformunterschiede bei der Spieleranzahl oder der Kartengröße. Online-Muffel sollten sich also eher auf einen spaßigen, wenn auch nicht perfekten Singleplayer-Modus einlassen. Auf unserem Testrechner (Intel i5 13600K, GeForce RTX 4070, 32 GB DDR5 RAM) lief das Spiel bei maximalen Grafikeinstellungen im Übrigen überaus stabil und verzaubert aller Unkenrufe zum Trotz mit seinen audiovisuellen Elementen stundenlang. So soll es sein!

Geschrieben von Eric Ebelt

Erics Fazit (basierend auf der PC-Fassung): Möglicherweise ist Sid Meier’s Civilization VII nicht der beste Serienteil, um in die Reihe einzusteigen. Zumindest beschleicht mich immer mehr das Gefühl, dass ich zunächst lieber einen der Vorgänger hätte ausprobieren sollen. Versteht mich bitte nicht falsch. Zwar gelingt es dem Spiel, mich behutsam an die unterschiedlichen Spielmechaniken heranzuführen, doch nehmen diese mit der Zeit Überhand. Auch dies habe ich erwartet und finde ich auch überhaupt nicht schlimm. Möchte ich bei der Einblendung einer neuen Einführung aber die Bedeutung von älteren und vielleicht nicht mehr so geläufigen Begriffen nachschlagen, muss ich dafür ein digitales Lexikon aufrufen, was aber auch nicht in jedem einzelnen Fall weiterhelfen kann. An schon vor Jahrzehnten etablierten technischen Möglichkeiten wie einem Mouseover haben die Entwickler nicht gedacht. Auch dass es keinen Hot-Seat-Modus im siebten Teil gibt, halte ich für eine kundenunfreundliche Entscheidung. Hanebüchen sind auch die Zuweisungsmöglichkeiten von Anführern und dem Wechsel der Zivilisationen zwischen den Zeitaltern. Ich verstehe den Sinn und die potenziellen Möglichkeiten dahinter, dass sich Partien somit deutlich dynamischer spielen. Es reißt mich zumindest aber wieder aus der dichten Atmosphäre heraus. Trotzdem ist Civilization VII im Kern ein wirklich gutes Globalstrategiespiel geworden, das mich Entscheidungen abschätzen, treffen und revidieren lässt. Es vergeht kaum ein Abend, an dem ich nicht die Zeit vergesse und Stunden später immer noch dabei bin, meine Zivilisation zu vergrößern und die meiner Gegner zu verkleinern oder sogar wertzuschätzen. Fans des Genres können durchaus einen Blick riskieren, müssen aber mit den erwähnten Designentscheidungen und Einschränkungen leben können, um dauerhaft Spaß mit Civilization VII zu haben.

Vielen Dank an 2K Games für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Sid Meier’s Civilization VII!

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