Review: Kathy Rain 2: Soothsayer

Im Jahr 2016 überraschte das schwedische Entwicklerstudio Clifftop Games mit dem Point-and-click-Adventure Kathy Rain, das bewusst auf eine seichte Pixel-Grafik setzte. Auch Kathy Rain 2: Soothsayer von 2025 schlägt in diese Kerbe und zieht uns von Anfang an in seinen Bann.

Drei Jahre nach den Geschehnissen des ersten Serienteils ermittelt die titelgebende Privatdetektivin Kathy Rain an einem neuen Fall, der es offenbar wert ist, ihn in Videospielform zu erzählen. Obwohl es ihr lieber nach einem ruhigen Auftrag ist, muss sie sich dieses Mal mit einem Serienmörder herumschlagen. Dieser hält seit drei Monaten die Kleinstadt Kassidy in Atem. Fünf Menschen fielen dem Treiben des eponymen Wahrsagers, wie ihn die Presse getauft hat, bereits zum Opfer. Mehr sollen es bestenfalls nicht werden, weshalb sich die Protagonistin in Kathy Rain 2: Soothsayer sofort auf den Weg macht. Genretypisch erkunden wir etwaige Orte wie ihr Büro, die Stadtbibliothek, eine Kirche, einen Wohnwagenpark und nicht zuletzt verruchte Straßenecken. Dazu gesellen sich illustre Charaktere, die uns bei der Ermittlung sowohl unterstützen als auch selbst Geheimnisse verbergen, die wir zu enthüllen haben. Dies geschieht über etliche Dialoge, die manchmal etwas ausufern, im Großen und Ganzen aber kurz und knackig sind. So zieht sich das Geschehen an Ort und Stelle nicht zu sehr in die Länge. Selbiges betrifft auch die Rätsel des Spiels, die in der Regel logisch ausfallen. Wichtig ist hierbei nur, dass wir die auf Englisch vertonten, aber mit sinnvoll übersetzten deutschen Untertiteln ausgestatteten Dialoge und Monologe für den vollen Spielgenuss genau verfolgen.

Spaßiges Erkunden und Tüfteln

Lesemuffel werden mit Kathy Rain 2: Soothsayer also ebenso wenig Freude haben wie mit allen anderen Genrevertretern. Wer sich aber auf das Point-and-click-Adventure einlässt, bekommt es mit einer tollen Story zu tun, in der dramaturgische und humorvolle Elemente sich regelmäßig abwechseln. Es ist jederzeit motivierend, den aktuellen Handlungsort zu untersuchen. Verpassen können wir hierbei kaum etwas, denn sobald wir die Leertaste auf der Tastatur gedrückt halten, werden alle Elemente, mit denen wir auf dem Bildschirm interagieren können, mit einer Markierung hervorgehoben. So scheuchen wir die Detektivin von einer Stelle auf dem Bildschirm zur nächsten und lassen sie uns ihre Gedanken mitteilen. Vieles davon ist rein optional und führt die Geschichte nicht fort, aber es lässt uns wesentlich tiefer in die dichte Atmosphäre des Abenteuers eintauchen. Bei den Charakteren funktioniert dies ebenfalls gut, wenn auch nicht gänzlich perfekt, denn hin und wieder laufen Teile der Gespräche ins Leere. Dies mag zwar den Tatsachen echter Dialoge entsprechen, kann in spielerischer Hinsicht aber dennoch dann und wann ermüden. Wie gut, dass uns das Spiel regelmäßig vom Plappern abhält uns vor kleinere, aber logisch aufgebaute Rätsel stellt. Bei diesen müssen wir beispielsweise Zeitungsartikel wälzen und die Morddaten der fünf Opfer herausfinden. Nett!

Atmosphärisches Point-and-click-Adventure

Bedientechnisch geht Kathy Rain 2: Soothsayer kinderleicht von der Hand. Bis auf den je nach Spielertyp obsoleten bis obligatorischen Anschlag auf die Leertaste lässt sich der Titel fast vollständig mit der Maus bedienen. Es kommt aber durchaus vor, dass wir auch Eingaben über die Tastatur tätigen müssen, wenn wir etwa nach einer Autorin an einem Computer in der Bibliothek suchen. Das fördert die Immersion erheblich. Zudem fügt sich dies ziemlich gut in den seichten Pixel-Look ein, für den sich Clifftop Games in stilistischer Hinsicht nach Kathy Rain und Whispers of a Machine abermals entschieden hat. Genrefans fühlen sich sofort in die 1990er-Jahre zurückversetzt, sprich einer Zeit, in der das Genre ähnlich wie Rollenspiele seine goldene Ära durchlebt hat. Ebenfalls sorgt die dezente Musikuntermalung wie in Fernsehserien wie Twin Peaks dafür, dass das gemächliche Gameplay akzeptiert und reflektiert wird. So bleibt das Geschehen an den unterschiedlichen Handlungsorten je nach Uhrzeit und Situation oft ruhig, gelegentlich klaustrophobisch oder auch mal unheimlich inszeniert. Hinzu kommen gute englische Sprecher, die den Figuren reichlich Leben einhauchen. Wer den Vorgänger nicht gespielt hat, kann zu Beginn eine Story-Zusammenfassung erleben oder diese überspringen. Für Genrefans gibt es also gar keinen Grund, nicht zuzuschlagen.

Geschrieben von Eric Ebelt

Erics Fazit: Obwohl ich Kathy Rain bislang noch nicht gespielt habe, musste ich dem zweiten Serienteil einfach eine Chance geben. Enttäuscht wurde ich von Kathy Rain 2: Soothsayer nicht, denn das Point-and-click-Adventure von Clifftop Games erzählt mit illustren Charakteren und spannenden Schauplätzen eine packende Geschichte, die ich auch ohne Vorwissen verstehe. Es macht mir viel Spaß, die einzelnen Orte bis in den letzten Winkel zu erkunden, die zahlreichen Nebenfiguren kennenzulernen und in regelmäßigen Abständen kleine, aber logische Rätsel zu lösen. Dies erfordert natürlich genaues Lesen der gut ins Deutsche übertragenen Bildschirmtexte, weshalb unruhige Spielernaturen unbedingt auf die Bremse treten sollten. Auch die Bedienung mit Maus und Tastatur ist leicht verständlich, wobei ich mir wünschen würde, dass sich die Protagonistin manchmal etwas schneller von einer Stelle zur nächsten bewegen würde. Stilistisch ist in jedem Falle der audiovisuelle Aspekt des Spiels, denn dieser lässt mich regelrecht in die Spielwelt eintauchen. Genrefans kommen um Kathy Rain 2: Soothsayer nicht herum – egal ob diese den Vorgänger gespielt haben oder nicht!

Vielen Dank an Raw Fury für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Kathy Rain 2: Soothsayer!

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