Golf ist eine Sportart, die durchaus einen gewissen Reiz versprüht, jedoch leider nicht für jeden Spieler zugänglich ist. Aufgrund dessen gibt es wohl auch im Videospielbereich jede Menge Golfspiele. Mit Everybody’s Golf: Hot Shots geht eine ruhmreiche Serie weiter.
Aus dem Sektor der Golfvideospiele ist die Everybody’s-Golf-Reihe, die ursprünglich von Camelot Software Planning entwickelt und von Sony Interactive Entertainment veröffentlicht wurde, in die nächste Runde. Als Publisher springt diesmal jedoch, ähnlich wie beim Remaster der ersten beiden Patapon-Titel, Bandai Namco ein. Uns soll dieser kuriose Umstand jedoch egal sein, denn so erschien das Spiel im September 2025 nicht nur für die PlayStation 5, sondern auch für die Nintendo Switch und den PC. Im Gegensatz zu anderen Golfspielen wie etwa PGA Tour 2K25 geht es in Everybody’s Golf: Hot Shots weniger realistisch, aber definitiv nicht anspruchsloser zu. In unterschiedlichen Spielmodi schlüpfen wir in die Rolle von kunterbunten wie überdrehten Anime-Figuren, die auf halbwegs plastischen Golfplätzen gegeneinander antreten. Von Beginn an wird klar, dass der Titel vollgestopft mit Inhalten ist, die teilweise auch erst noch freigeschaltet werden wollen. Wem diese Art von Spiel gefällt, die erfahrungsgemäß immer weniger werden, könnte alleine schon deswegen sehr viel Freude beim Spielen haben. Auch wenn das vom japanischen Entwicklerstudio Hyde entwickelte Spiel überaus zugänglich ist, empfehlen wir Neulingen aber ganz klar, sich im Übungsmodus in gut erklärten und leicht verständlichen Lektionen mit der Steuerung vertraut zu machen.
Tiefgründige Bedienung mit Einstiegshürde
Obwohl Everybody’s Golf: Hot Shots zunächst den Eindruck erweckt, bedientechnisch nicht viel zu bieten, stellt sich diese Vermutung schnell als Irrtum heraus. Unterschiedliche Schlägertypen lassen die Entfernungen der Schläge variieren. Auch ist es möglich, dem Ball einen Drill zu verpassen, um Hindernissen wie Bäumen auszuweichen. Ebenso können wir auf diese Weise die Flugbahn verkürzen oder verlängern – im Austausch für die Entfernung, die der Ball beim Aufkommen zusätzlich oder weniger rollen wird. Nicht zuletzt kommt es beim Einlochen darauf an, unseren Putter korrekt auszurichten, um Gefälle und Steigungen auf dem Grün beim Einlochen auszunutzen. Hinzu kommen Wettereinflüsse wie Wind und Regen, die dafür sorgen, dass wir unseren Schlag genau berechnen sollten, um nicht in einem Bunker oder, noch schlimmer, in einem Tümpel zu landen. Anfänglich benötigt dies noch ein wenig Einarbeitungszeit und auch nach Stunden können solche Berechnungen schwer fallen, da die Umgebung nicht immer leicht zu lesen ist. Wer sich hier aber wirklich reinkniet, wird auch diesen Umstand in Kauf nehmen. Erschwerend kommt jedoch die Ausdauer unserer Spielfigur hinzu, die mitunter dafür sorgen kann, dass wir beispielsweise flugbahnverlängernde Power-Schläge nicht mehr ausführen oder stellenweise keine Spielanzeigen mehr sehen können.
Abwechslungsreiche Spielmodi
Im Endeffekt klingt das jetzt allerdings schlimmer, als es in Wahrheit ist. Everybody’s Golf: Hot Shots macht auch mit diesem kleinen Makel nach wie vor sehr viel Spaß, zumal auch die unterschiedlichen Spielmodi hier und da Abwechslung mit sich bringen. So ringen wir im Challenge-Modus um Preisgelder und Belohnungen, während wir im Story-Modus die Geschichte der einzelnen Charaktere kennenlernen. Ulkigerweise lassen sich die Handlungsmomente wahlweise auch ausstellen. Obwohl wir der Meinung sind, dass dies den Modus ad absurdum führen würde, können wir auch jeden gut verstehen, der auf die albernen Geschichten keine Lust hat. Beim Stroke-Play geht es wiederum um das Aufstellen der besten Punktzahl und beim Wettkampfspiel ist es unsere Aufgabe, an möglichst jedem Loch zu siegen. Beim verrückten Golf lässt der Titel seinen Arcade-Charakter ein wenig heraushängen, denn hier passieren wirklich ulkige Dinge. Beispielsweise können wir uns darauf einlassen, dass Golfbälle beim Aufkommen explodieren und uns woanders hinschleudern – oder wir luchsen Rivalen nach jedem Loch einen Golfschläger ab, sollten wir besser sein als er. Ruhige Naturen können sich in Everybody’s Golf: Hot Shots aber auch ganz klassisch auf eine Einzelrunde einlassen oder auf dem Trainingsplatz ohne Eile ihre eigenen Golfskills verfeinern.
Charaktervielfalt
Als Sportart ist Golf prädestiniert, um es mit mehreren Spielern anzugehen. Dies ist lokal neben dem verrückten Golf auch im Modus Stroke-Play und dem Wettkampfspiel möglich. Das Tolle daran ist, dass Golf ein Spiel ist, das abwechselnd gespielt wird. Ein Controller, der herumgereicht wird, reicht also in geselliger Runde aus. Darüber hinaus gibt es einen Online-Modus, den wir aufgrund der kostenpflichtigen Zugangsbeschränkung aber nicht testen können. Mit der Zeit schalten wir neue Charaktere frei, die sich in den Attributen Kraft, Steuerung, Aufprall, Drill und Sidespin unterscheiden, was wir beim Spielen zuweilen auch merken. Es ist aber möglich, die Attribute einerseits mit neuen Schlägern und Golfbällen aufzuwerten und andererseits mit dem Verzehr von Speisen permanent zu steigern. Neues Equipment und Nahrung können wir im Shop mit der verdienten In-Game-Währung erwerben. Echtgeldtransaktionen gibt es im Gegensatz zur „realistischen“ Konkurrenz glücklicherweise nicht. Grafisch ist das Spiel bestenfalls zweckmäßig, da es höchstens PlayStation-4-Qualität erreicht. Gerade die Grastexturen und die Bäume sind grausig gestaltet. Akustisch gibt es heitere Musikstücke auf die Ohren, welche das Anime-Treiben auf dem Bildschirm gut einfangen. Nervig wird es bei den größtenteils englischsprachigen Kommentaren der Spielfiguren, die sich noch schneller als die Musik abnutzen. Dies schmälert den positiven Gesamteindruck.
Geschrieben von Eric Ebelt
Erics Fazit (basierend auf der PlayStation-5-Fassung): Golf ist und bleibt für mich eine der liebsten Sportarten, die ich zwecks Zugänglichkeit im echten Leben aber vor allem in Videospielform genießen kann. Es ist schön, dass Everybody’s Golf: Hot Shots sich nicht in die Riege der trockenen Golfspiele einordnet, sondern weiterhin eigene Akzente setzt. Die Auswahl an verschiedenen Spielmodi ist in meinen Augen gut gelungen. Weitere Abwechslung bringen die unterschiedlichen Charaktere ins Spiel, die sich zumindest anfänglich in Teilen auch anders anfühlen. Dadurch, dass ich auch jede Menge Inhalte freischalten kann, sorgt all das dafür, dass ich gerne viel Zeit investiere, um meinen Spaß mit dem Titel zu haben. Lediglich bei der audiovisuellen Prämisse hätte ich mir auf der PlayStation 5 deutlich mehr erhofft. So knuddelig die Anime-Charaktere auch aussehen, der Platz selbst dürfte diesen Charme für meinen Geschmack noch ein wenig mehr versprühen. Es erweckt den Eindruck, ohne dass ich es belegen könnte, dass hier künstliche Intelligenz in zu hohem Maße zum Einsatz kam. Mit der Zeit gehen mir auch die Kommentare der quirligen Spielfiguren auf die Nerven. Nichtsdestotrotz sind dies nur kleine Tropfen auf den heißen Stein, denn größtenteils mag ich das Spiel. Dass der Mehrspielermodus nur mit einem Controller gespielt werden kann, dürfte für den einen oder anderen sogar das Sahnehäubchen auf der Torte sein. Everybody’s Golf: Hot Shots führt die Reihe möglicherweise nicht perfekt, aber in ihrem Sinne dennoch gut fort.
Vielen Dank an Bandai Namco für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Everybody’s Golf: Hot Shots!