Es war einmal ein kleiner Entwickler, der mit innovativen Spielen wie Lost Vikings immer öfters ins Rampenlicht der Medien gedrängt wurde und schlussendlich den Grundstein für ein massentaugliches Spielerlebnis geliefert hat – die Rede ist von Diablo und der Totklickerei.
Nach der Veröffentlichung von Diablo II versuchten andere Entwickler an den Erfolgen des mittlerweile riesigen Konzerns anzuknüpfen. Inzwischen steht auch schon der dritte Teil der teuflischen Spielreihe in den Startlöchern, wird jedoch immer wieder verschoben. Wer die Titel des Konzerns kennt, wird wissen, dass Innovation für Blizzard ein Fremdwort geworden ist. Zum Glück gibt es da Vindictus – ein Spiel, das in den Vereinigten Staaten bereits seit dem letzten Jahr fleißig gespielt wird und endlich den Weg über den großen Teich geschafft hat. Scott Yoo, seines Zeichens Manager des Publishing Teams von Nexon Europe, hat sich für uns hinter die Tastatur und Maus geklemmt und den neuen Genre-Geheimtipp vorgestellt. In der Spielwelt von Vindictus hat das Böse gesiegt, Monster überschwemmen das Land und die letzten noch lebenden Menschen haben sich in Enklaven zurück gezogen. Die Legende berichtet von einem geheiligten Land namens Erinn, wo niemals jemand alt oder krank wird und der Boden fruchtbar und ergiebig sein soll. Um dieses Land zu finden, werden Krieger ausgeschickt, die den Frieden und Wohlstand der Menschen zurückfordern.
Action aus der Nähe
Wir sind einer dieser Krieger, den wir zu Beginn des Spiels auswählen dürfen. Leider ist die Auswahl an spielbaren Charakteren nicht sehr groß – gerade einmal aus zwei Kriegern dürfen wir unsere Spielfigur wählen. Scott verspricht uns im Gespräch, dass wir in der Vollversion auch optische Anpassungen vornehmen dürfen und das Kriegerrepertoire im Lauf der Zeit erweitert werden wird – rosige Aussichten stehen Fans des Genres bevor. Anders als Blizzard schafft es Nexon mit Vindictus, das Geschehen in die Verfolgeransicht zu verlegen – das ist etwas, was uns seit dem Release von Hellgate: London gut gefällt und auch in Diablo III hätte eingebunden werden müssen. Vindictus macht das von Anfang an richtig und spendiert uns feinste Action aus der Nähe, bei der Blut in Massen fließen soll – in der uns gezeigten Version sahen wir davon allerdings noch nicht so viel, was uns in Anbetracht des auf der Homepage angepriesenen Blut-Features doch sehr verwundert. Der Action-Titel will aber auch mit anderen Features überzeugen, so können Gegner von uns gepackt und in naheliegende Abgründe geworfen werden. Eine weitere clevere Idee: Fallen, wie etwa ein riesiger, hin und her sausender, sowie mit Zacken versehrter Baumstamm, können unsere Feinde ebenfalls verletzten, wenn wir sie dahingehend anlocken können.
Extreme Edition für Europa
Für Europa plant Nexon Europe die so genannte Extreme Edition, die anders als der Name es vielleicht vermuten lässt, vom Schwierigkeitsgrad her deutlich einfacher ausfallen soll. Das ist insofern schade, da das uns gezeigte Material bereits jetzt schon sehr einfach ausgefallen ist. So steht ein Gegner auch schon mal stumpf in der Ecke herum, während wir uns mit anderen Monstern vergnügen, anstatt seinen Kumpanen zu helfen und uns schneller zu Fall zu bringen. Einzig allein bestimmte Dungeons sollen mit demselben Schwierigkeitsgrad ausgestattet sein, wie es die Ursprungsversion vorgesehen hat. Europäer dürfen sich aber stattdessen über ein sonst so elementares Feature freuen – unser Charakter hat nun auch die Chance zu springen! Was wir anfangs erst ein wenig belächelten, ergab im Spielverlauf deutlich Sinn, denn somit ergeben sich viele neue Spezialfähigkeiten, die wir gegen unsere Gegner einsetzen dürfen. Ist der Entwickler klug, wird er für die europäische Version auch noch spezielle Sprungpassagen einbinden, um das Gameplay noch abwechslungsreicher zu gestalten. Auch herumliegende Gegenstände dürfen aufgenommen und auf die Gegner geworfen werden, die je nach Gewicht auch mehr Schaden bei den Feinden anrichten. Hier ist definitiv noch Potential nach oben gegeben, was die Entwickler sehr gerne ausschöpfen dürfen.
Genre-Geheimtipp
Sicherlich ist Vindictus nicht für jeden Spielertyp das Paradebeispiel für ein gut durchdachtes Spiel, doch hebt es sich deutlich vom gebotenen Einheitsbrei eines Diablo oder Titan Quest ab. Da das Spiel frei von Kosten sein soll, dürfen wir uns auch nicht so sehr über die angestaubte Grafik aufregen, da eine schönere Optik gleichzeitig auch nach einem vollen Geldbeutel geschrien hätte. Das Spiel ist selbstverständlich alles andere als unschön, aber selbst für einen kostenlosen Titel hätten wir an der einen oder anderen Stelle mehr erwartet, beispielsweise von den dürftigen Animationen. Wenn unser Charakter eine Mauer einschlägt, fällt diese in Sekundenschnelle in sich zusammen. Hier würden wir uns wirklich wünschen, dass sich die Entwickler noch etwas Zeit nehmen, das Spiel dahingehend zu verbessern, um ein geschmeidigeres Spielerlebnis zu liefern. Vom Soundtrack konnten wir uns ebenfalls noch nicht überzeugen lassen, da Musik und Soundeffekte auf der Messe ausgeschaltet waren. Auf der Präsentation zeigte man uns (vermutlich aus technischen Gründen) leider nur den Einzelspielermodus, obwohl es das Spiel eigentlich auf Online-Metzeleien abzielt. Der Titel macht viel, aber nicht alles richtig, doch das soll euch nicht vor dem Titel abschrecken. Ab Oktober dürft ihr euch nämlich gerne selbst ein Bild von Vindictus machen.
Geschrieben von Eric Ebelt
Erics Fazit (basierend auf der Gamescom-Präsentation): Vindictus ist ein Spiel, dass mich auf der Gamescom wirklich überzeugt hat, auch wenn die technische Präsenz des Titels nicht gerade zum Besten bestellt ist. Blizzard bietet mit Diablo III zwar starke Konkurrenz, doch die Innovationslosigkeit dieses Entwicklers hängt mir seit World of WarCraft zum Hals heraus. Wie Blizzards Spiele von vielerlei Medien gelobt werden, ist mir seit Jahren ein Rätsel. Dann kam 2007 mit Hellgate: London ein Spiel heraus, dass die Möglichkeit dazu hatte, endlich ein würdiges Spiel dieser Art zu liefern – der finanzielle Erfolg blieb leider aus. Vindictus kommt direkt kostenlos daher und bietet somit schon einmal die Grundvoraussetzung, dass der Titel auch wirklich von anderen Spielern exzessiv gespielt wird. Leider besteht das Problem, dass die altbackene Technik nicht jedermanns Sache ist und wichtige Spiele von den Massen auf den Namen beschränkt werden – zwar kann ich mich irren, doch ich glaube nicht, dass Vindictus auf kurz oder lang erfolgreich sein wird. Deshalb bitte ich euch: Probiert das Spiel zumindest einmal aus, denn eine bessere Alternative zu Diablo, Sacred und Co findet ihr so schnell nicht mehr.
Vielen Dank an Nexon Europa für die freundliche Einladung zur Gamescom-Präsentation!