Review: Forza Motorsport 4

Fünf Jahre lang nahm sich Entwickler Polyphony Digital Zeit, um in mühevoller Kleinarbeit den fünften Teil der Gran-Turismo-Serie zusammenzubauen. Microsoft tritt Konkurrent Sony entgegen und ließ durch Turn 10 Studios im gleichen Zeitraum gleich drei Rennspiele entwickeln.

Wir könnten meinen, dass Microsoft nicht auf ein rundes Gesamtprodukt, sondern auf das schnelle Geld aus ist, jedoch ist das Gegenteil der Fall.  Als Microsoft noch zu Xbox-Zeiten ankündigte, an einer neuen Rennspielserie zu werkeln, war die Spielerschaft verwundert. Man hatte doch bereits das erfolgreiche Project Gotham Racing als Marke etabliert und im eigenen Rennstall stehen. Mit Forza Motorsport wollte Microsoft jedoch in eine gänzlich andere Richtung, sie wollten den Realismus des Rennsports auf die Spitze treiben. Heute können wir Microsoft ein gutes Händchen attestieren: Projekt Gotham Racing liegt auf Eis, während sich die Forza-Motorsport-Reihe tagtäglich verkauft. Das aktuelle Forza Motorsport 4 wird dies hoffentlich nicht ändern, das Spiel hat es (um es vorweg zu sagen) ganz klar verdient! Wie im Vorgänger werden wir gleich zu Beginn von einer freundlichen Stimme an die Hand genommen und behutsam in den Karrieremodus eingeführt. Hier dürfen wir fortan um Ruhm, Geld und Erfahrung kämpfen, in dem wir Saison für Saison über den gesamten Globus reisen. Der Weg zum Erfolg führt dabei stets über unser Vehikel. Aus einem schier unendlich wirkenden Fuhrpark können wir – selbstverständlich passend zu unserem Budget – unseren Favoriten aus dutzenden Autos wählen.

Einfacher Spieleinstieg, herausfordernde Einstellungen

Dabei finden wir, bis auf Porsche, jegliche erdenkliche Automarke im virtuellen Autohaus. Es geht jedoch nicht nur darum unseren Fuhrpark mit neuen Karossen zu füllen. Wie in jeder guten Simulation dürfen wir behutsam Schraube für Schraube an unseren Autos anpassen. Haben wir alles, angefangen vom Reifendruck bis hin zum Design nach unseren Wünschen angepasst, geht es endlich auf die Piste. Nach einigen ersten Rennen sind wir von der Euphorie gepackt. Direkt fällt auf, dass ja gar nicht so schwer ist, sich in eine waschechte Simulation reinzufuchsen. Unsere ersten drei Rennen haben wir direkt mit massivem Abstand gewonnen. Ein Blick in das Schwierigkeitsmenü zeigt uns dann leider, dass wir nicht wirklich allein hinterm Steuer gesessen haben. Beim Spieleinstieg wird uns mit automatischen Bremsen, Ideallinien und unterstütztem Lenken wirklich an allen Ecken unter die Arme gegriffen. So können selbst Gelegenheitsspieler schon früh Erfolge in Forza Motorsport 4 feiern. Also fix an einigen Einstellungen geschraubt und sofort merken wir, dass wir eine wahrhaftige Simulation vor uns haben. Mit kleinen Schritten können wir das Spiel so anpassen, dass es für uns nicht zu schwer und auch nicht zu leicht ist – je mutiger wir hierbei allerdings sind, mit desto mehr Geld pro Sieg werden wir belohnt.

Umfangreiche Spielmodi

Nicht mehr in das enge Korsett der Fahrhilfen gezwängt, entdecken wir sehr schnell das realistische Fahrgefühl, das wir mit Forza 4 geboten bekommen. Wie im echten Leben liegen spielerisch Lichtjahre zwischen einem Opel und einem Ferrari. Haben wir unsere erste Saison beendet, zieht es uns schon bald in die weite Welt hinaus. Genauso wie im Singleplayer-Modus, klotzt Forza Motorsport 4 auch in seinen Online-Modi. Seien es 16-Spieler-Online-Rennen, regelmäßig auf den neuesten Stand gebrachte Challenges oder die schier unendlichen Weiten der usergenerierten Inhalte. Sind wir außerdem ein zahlendes Xbox-Live-Gold-Mitglied, können wir uns zudem in so genannten Autoclubs zusammenschließen und dort gegeneinander antreten und sogar Inhalte miteinander teilen. Zusätzlich dürfen wir in einem virtuellen Auktionshaus uns für kleineres Geld gebrauchte Wagen ersteigern oder bei einem prall gefüllten Konto gar auf die Jagd nach den seltenen Unicorn-Autos gehen. Neben all diesen wirklich hervorragend umgesetzten Modi lebt Forza Motorsport 4 aber vor allen Dingen von der Technik – dem Lebenselixier einer jeden Simulation. Die Technik beschert uns beim Spielen zahlreiche Aha-Erlebnisse. Zunächst sei da die herausstechende Optik und außerordentliche Detailverliebtheit zu nennen.

Fortschritt durch Technik

Erhaschen wir trotz des hohen Spieltempos einen Blick in die Umgebung unserer Strecke, werden wir von der Grafik schier umgehauen und entdecken allerlei Kleinkram wie Riesenräder am Straßenrand. Ebenfalls als höchst detailverliebt erweisen sich die Turn 10 Studios bei der Gestaltung der Wagen. Nicht nur, dass sie im Rennen wirklich hervorragend aussehen und mit kernigem Motorengeheul ausgestattet werden, in Forza Motorsport 4 haben sogar wir einen eigenen Modus, nur um unsere Autos genauer zu betrachten. Im Autovista-Modus können wir eine Auswahl der Autos von innen und aus allen Winkeln betrachten. Dabei werden wir vom wirklich sehr souveränen Sprecher mit allerlei Hintergrundinformationen versorgt. Insgesamt zählt Forza Motorsport 4 somit eindeutig zu den technisch besten Spielen dieser Generation. In anderen Bereichen finden wir zwar kleine Ungereimtheiten, die aber das Spielerlebnis kaum herunterziehen können. Zur kompletten Simulation fehlen Forza Motorsport 4 jedoch immer noch Wetterwechsel-Animationen und auch Nachtrennen vermissen wir immer noch schmerzlich. An allen anderen Ecken müssen Versäumnisse bei diesem Rennsportgiganten mit der Lupe gesucht werden, so sehr hat uns das Spiel beeindruckt. Forza Motorsport 4 ist nicht nur gleich gezogen mit Gran Turismo 5, sondern hat es zudem elegant überholt.

Geschrieben von Björn Rohwer

Björns Fazit: Etliche Stunden sind in den dritten Teil geflossen und so werden auch wieder etliche Stunden in den vierten Ableger fließen. Es ist schon fast erstaunlich, wie die Turn 10 Studios locker ein Spiel überbieten, dass ganze fünf Jahre Entwicklungszeit benötigte. Aber für mich macht nicht die Technik oder die Akkuratheit diesen Titel aus, es sind die vielen kleinen Anspielungen und Extramodi. Schon immer wollte ich einmal mit einem DeLorean DMC-12 über die Rennstrecke heizen. Es ist einfach fantastisch, dass Microsoft mit so vielen Lizenzen aufwarten kann. Apropos Lizenzen: Mit der Lizenz der britischen Autoshow Top Gear hat Microsoft ebenfalls einen sehr großen Fisch an Land gezogen. Es gibt in diesem Spiel einfach unglaublich viel zu entdecken. Für mich ist der Kampf um den Rennspielthron für diese Generation bereits entschieden, denn ein Gran Turismo 6 würde wahrscheinlich frühestens in fünf Jahren auf der PlayStation 4 folgen. Bis dahin wird Microsoft sicherlich noch weitere Forza-Motorsport-Titel veröffentlichen, die mir bis dahin die Zeit versüßen werden.

Vielen Dank an Microsoft für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Forza Motorsport 4!

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