Review: Rayman Origins

Nachdem die Videospielindustrie den Sprung in die dritte Dimension geschafft hatte, war es einige Zeit lang gar verpönt, Spiele in einer 2D-Optik zu veröffentlichen. Es sei schließlich nicht mehr zeitgemäß und so etwas wolle eh nie wieder jemand spielen – doch dies änderte sich mit der Zeit.

Im letzten Jahrzehnt ist es nun zum Revival der zweiten Dimension gekommen. Nicht nur zahlreiche erfolgreiche Independent-Spiele bauen auf diesen Stil, sondern auch immer mehr große Publisher entscheiden sich für eine platte Spielwelt. So präsentiert sich auch der gliederlose Held Rayman nun wieder von seiner flachen Seite. Schon vor einigen Wochen konnten wir uns auf dem Ubisoft-Event davon überzeugen, dass Rayman Origins in munterer Gesellschaft und für einige Stunden wirklich vom Allerfeinsten ist. Jetzt hatten wir endlich die Möglichkeit, dem Titel genau auf den Zahn zu fühlen und die letzten Fragezeichen zu lüften. Eines können wir schon vorab sagen: Selten ist ein Reboot einer Serie so glatt abgelaufen, wie bei Rayman Origins. Selbst ein gewisser italienischer Klempner sollte sich vor dem Rückkehrer in Acht nehmen. Schon in der ersten Storysequenz wird der absurde Humor von Rayman Origins deutlich gemacht. Die durch Raymans übermäßiges Schnarchen verärgerten Dämonen wollen unserem Helden an den Kragen und deshalb müssen wir allerlei Feen retten. Zum Glück ist eine tiefgründige Story für ein gelungenes Jump ’n‘ Run nahezu irrelevant. Daher stürzen wir uns lieber gleich Hals über Kopf in die ersten Levels. Dort erwartet uns sofort klassische Jump-’n‘-Run-Kost vom Feinsten. In klassischer Super-Mario-Manier hüpfen, schweben oder schwimmen wir durch die verschiedenen Levels. Mit einer butterweichen Steuerung und interessanten Aktionen, wie etwa dem Wändehochlaufen kämpfen wir uns durch ein gutes Dutzend verschiedener Welten. Dabei bewegen wir uns vom Gameplay her durchgehend absolut auf Augenhöhe mit Krachern wie New Super Mario Bros. Wii.

Ursprünge eines Genres

Ein besonders großer Stein dürfte jedem Jump-’n‘-Run-Fan beim Schwierigkeitsgrad vom Herzen fallen. Erst jüngst zeigte uns Nintendo in Super Mario 3D Land, dass man Gelegenheitsspieler immer noch erreichen möchte und auch die ersten Levels von Rayman Origins waren mit einem äußersten geringen Schwierigkeitsgrad versehen. Man hat sogar versäumt, die Möglichkeit zu integrieren, Leben in Raymans neustem Abenteuer zu verlieren. Je länger wir uns jedoch mit dem Titel beschäftigen, desto fordernder werden die Levels und mit einer sachten Lernkurve wurden wir schließlich zu fast wahnwitzig schnellen und präzisen Levels im Super-Meat-Boy-Stil geführt. Spätestens dort sind wir froh, ohne Lebensbegrenzung sterben zu können. Während wir also im Gameplay keinen Sieger küren können, hat Rayman Mario dieses Mal aber etwas eindeutig voraus. Die schon bei der Story erwähnte Absurdität zieht sich wie ein roter Faden durch das gesamte Spiel und macht Rayman Origins erst zu etwas Besonderem. Das fängt schon beim Besiegen der Gegner an. Bevor diese verschwinden, werden sie nämlich erst einmal zu großen Luftballons aufgeblasen. Das klingt nicht nur absurd, sondern sieht auch so aus. Treffen wir auf unserer Reise dann auf Limonen-Trampoline, sprechende Gabel-Plattformen oder feuerspuckende Chilischoten, können wir von dem einzigartigen Stil einfach nur begeistert sein. Unterstützt und unterstrichen wird all dies von einer herausragenden Grafik und einem äußerst verrückten Soundtrack. Es hat sich wahrlich gelohnt, dass man extra für Rayman Origins eine eigene Engine entwickelt hat.

Grafische Extraklasse

Die Ubi-Art-Engine ist genau auf gezeichnete Grafiken ausgerichtet und macht es zudem möglich, die Spiele in Full HD darzustellen. Bisher ist uns noch kein 2D-Spiel über den Weg gelaufen, das solch eine scharfe, detaillierte Grafik aufweisen konnte. Der Soundtrack erinnert uns dabei in seinen Gründzügen an den PlayStation-Portable-Hit Loco Roco – genauso kreativ und verrückt wird unsere Reise untermalt. Scheinen die Soundeffekte zunächst noch so, als würden sie einem schnell auf den Geist gehen, fügen sie sich letztlich so gut in das Gesamtkonzept ein, dass wir auch die komplette musikalische Untermalung mit ihren Sounds nicht mehr missen möchten. Wie wir bereits auf Ubisofts Presse-Event erleben durften, steigert sich die Genialität um ein Vielfaches, wenn wir mit mehreren Spielern vor dem Fernseher sitzen. Als uns die Entwickler vor einigen Monaten sagten, dass man keinen Online-Modus eingefügt habe, da Rayman Origins einzig und allein ein Spiel für die eigene Wohnung sei, waren wir zunächst wenig befriedigt. Etliche Spielstunden später können wir die Entwickler nun verstehen. Aber auch wenn das Spiel im lokalen Multiplayer-Modus erst seine wirkliche Genialität offenbart, hätten wir uns über einen Online-Modus unglaublich gefreut. So bleibt am Ende eines genialen Spiels doch ein kleiner Makel haften. Trotzdem hindert uns dies nicht daran, zum Schluss eine uneingeschränkt Kaufempfehlung abzugeben. Nur absolute Jump-’n‘-Run-Hasser werden Rayman Origins nicht lieben lernen.

Björns Fazit (basierend auf der Playstation-3- und Wii-Fassung): Ich bin hin und weg. Rayman Origins ist für mich das beste Jump ’n‘ Run des Jahres, wenn nicht sogar das Spiel des Jahres – und das trotz guter Auftritte von den Platzhirschen Mario und Sonic! Lange habe ich nicht mehr ein im Gesamtkonzept so stimmiges Spiel gesehen und lange habe ich nicht mehr so wenige Makel an einem Spiel auffinden können. Insbesondere für Besitzer einer Xbox 360 oder einer PlayStation 3 ist Rayman Origins aber ein absoluter Pflichtkauf. Sind Wii-Spieler insgesamt schon mit guten Jump ’n‘ Runs mit Mario, Donkey Kong oder Kirby in der Hauptrolle verwöhnt, wurde dieses Genre auf den HD-Konsolen bisher recht stiefmütterlich behandelt. Es ist dennoch wirklich schade, dass Rayman Origins bei den Verkaufszahlen kaum glänzen konnte. Dazu muss ich aber auch sagen, dass sich Ubisoft in den letzten Jahren aber auch nicht gerade bemüht hat, Raymans Namen in ein gutes Licht zu stellen. Unterm Strich bleibt ein geniales Jump ’n‘ Run, welches vermutlich aber nicht so schnell eine Fortsetzung erleben wird.

Vielen Dank an Ubisoft für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Rayman Origins!

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