Simulationen sprechen oftmals nur ein kleines Publikum an, da sich das Gameplay voll und ganz an diese Zielgruppe richtet. 2007 startete Nintendo die Tauchsimulationsreihe Endless Ocean. Zum Ende der Nintendo-Wii-Ära blicken wir auf den ersten Teil zurück.
Wir schlüpfen in die Rolle eines namenlosen Tauchsportlers, der auf dem kleinen Segelschiff Gabbiano anheuert und dort der Meeresbiologin Catherine tatkräftig unter die Arme greifen soll. Die junge Frau hat nämlich ein großes Problem – sie ist Nichtschwimmerin und weigert sich partout, das Schwimmen zu erlernen. Sie sei einfach nicht dazu geschaffen, verrät sie uns in einem Gespräch. Da wir dann schon mal an Bord sind, sehen wir darüber gerne hinweg und unterstützen sie, wo wir nur können. Unsere täglichen Aufgaben bestehen in Endless Ocean darin, das fiktive manauraische Meer im Südpazifik zu erkunden und dabei Bekanntschaft mit Fischen, Vögeln und Säugetieren zu machen. Eine richtige Hintergrundhandlung gibt es nicht, doch im späteren Teil des Spielverlaufs erhalten wir Einblicke in Catherines Vergangenheit. Wir möchten nicht zu viel verraten, doch wer beim Namen Kapitän Ahab aufhorcht, wird am Schluss große Augen machen. Es dreht sich in Endless Ocean also hauptsächlich darum, das Bestimmungsbuch zu füllen. In diesem Buch sind alle (im Spiel vorhandenen) Lebensformen zunächst geschwärzt angegeben. Erst wenn wir Kontakt mit dem Individuum aufgenommen haben, erhalten wir hier interessante (aber meist vernachlässigbare) Informationen über das entsprechende Lebewesen. Der Pokédex aus den Pokémon-Spielen lässt grüßen!
Endliche Weiten
Um einen Fisch zu studieren, reicht es in Endless Ocean aus, ihn ausfindig zu machen und zu streicheln, ihn anzustupsen oder zu füttern. Das Spielprinzip ist in diesem Punkt größtenteils monoton, doch da es über zweihundert verschiedene Arten in Endless Ocean gibt, sehen wir darüber hinweg. Der eigentliche Star des Spiels sind nämlich nicht Wale, Pinguine oder Flundern, sondern der Ozean. Für Nintendo-Wii-Verhältnisse sieht dieser nämlich nicht nur besonders hübsch aus, sondern ist auch noch begrenzt weitläufig. Begrenzt deshalb, weil wir die Gabbiano immer an einen frei bestimmbaren Punkt fahren müssen und von dort aus steht uns leider nur eine begrenzte Reichweite zur Verfügung, wie weit wir uns vom Boot entfernen dürfen. Das ist besonders deshalb sehr schade, da der Sauerstoffvorrat unseres Charakters sehr lange ausreicht. Wir haben mehrere Tauchausflüge gemacht und alleine schon beim längsten Tauchgang hatten wir noch mehr als die Hälfte des Sauerstoffvorrats übrig. Hier hätten wir es gerne gesehen, wenn wir vom Startgebiet auch bis zum tiefen Graben hätten tauchen dürfen. Selbst wenn uns jedoch der Sauerstoff ausgehen sollte, passiert im Grunde nichts. Über das Menü dürfen wir einfach und bequem auf eine Taste drücken und schon lädt das Spiel unseren Rückweg zur Gabbiano. In einer Tauchsimulation ist das unserer Meinung nach unsinnig.
Meeresatmosphäre
Auch wenn der Endless Ocean gar nicht so endlos ist, überzeugt er uns dennoch mit hübschen Unterwasserlandschaften. Da gibt es tiefe Gräben, zu denen kein Sonnenlicht mehr vordringt und atemberaubende Korallenriffe, wo sich bunte Fische nur so tummeln. Entdecken wir dann auch noch eine Ruine unter dem Meeresspiegel, hinterfragen wir sogar automatisch die Welt von Endless Ocean. Wir möchten wissen, wie es zum Untergang dieser Zivilisation kam und erkunden nach Herzenslust die nun durchfluteten Gänge. Wenn dann dabei auch noch der von John Newton geschriebene und von Hayley Westenra gesungene Song Amazing Grace ertönt, ist die Meeresatmosphäre nahezu vollkommen. Ausgerechnet das omnipräsente Meer lässt uns aus unserer Trance erwachen, denn so hübsch die Landschaften sind und so fröhlich die Tiere sich im Wasser bewegen – der Lebenskreislauf kommt dabei niemals zur Geltung und dass obwohl sich Haie zum Beispiel von Fischen ernähren. Außerdem greifen uns Haie nicht an, was ebenfalls ein klein wenig die Atmosphäre tötet. Wir verlangen nicht, dass uns ein Hai jederzeit angreift, doch möchten wir, dass wir jederzeit mit einem Angriff rechnen dürfen. Es wäre immerhin realistisch und das ist es doch, was eine gute Simulation ausmachen sollte. Da muss Nintendo beziehungsweise Entwickler Arika bei Nachfolgern unbedingt nachbessern.
Monotones Aufgabenfeld
Immerhin gibt es einen dynamischen Tag- und Nachtwechsel, den wir aber nur an Bord der Gabbiano aktiv miterleben. Wenn wir im Ozean unterwegs sind, merken wir davon eigentlich nichts, doch je nach Tageszeit stoßen wir in den Tiefen des Meeres auf andere Lebewesen. Ebenfalls verbesserungswürdig ist das monotone Gameplay. Es gibt gerade einmal drei Wege, um sich die Freundschaft eines Fisches zu erkaufen beziehungsweise um ihn zu erforschen. In späteren Spielstunden erhalten wir zwar weitere Gegenstände, wie zum Beispiel eine Kamera, um Fotos von den Meeresbewohnern zu schießen und auch neue Aufgabentypen werden uns in so mancher Kurzmitteilung über unser virtuelles Handy suggeriert. Da möchte dann jemand in einem bestimmten Bereich einen ganz besonderen Fisch präsentiert bekommen, doch egal wie das Abenteuer auch verlaufen mag – wir müssen grundlegend neue Fische katalogisieren. Sind uns diese Aufgaben alleine zu langweilig, können wir sie immerhin noch mit einem Freund online über die Nintendo Wi-Fi Connection teilen. In Endless Ocean müssen wir uns mit aber zwangsweise noch mit einem Unterwasserstift unterhalten. Wii Speak unterstützt erst der Nachfolger. Da sich das Spiel besonders an Gelegenheitsspieler richtet, kann der erste Teil auch nur mit der Wii-Fernbedienung gespielt werden. Die Bewegungssteuerung funktioniert jedoch erstaunlich gut, auch wenn durch das Kippen und Neigen kein Rückwärtsschwimmen möglich ist. Für entspannte Abende nach einem harten Arbeitstag ist Endless Ocean trotz der Mängel genau richtig.
Geschrieben von Eric Ebelt
Erics Fazit: Ich kann mich noch gut erinnern, wie lustig ich mich über das Spiel in diversen Foren vor fünf Jahren gemacht habe. Dazu muss man aber sagen, dass Nintendo zu diesem Zeitpunkt immer mehr den Weg des Gelegenheitsspielers eingeschlagen hat und zudem die allgemeine Entwicklung in dieser Zeit meiner Meinung nach eher suboptimal war. Fünf Jahre nach der Veröffentlichung des Spiels habe ich dann doch mal einen Blick riskiert und so schlecht, wie ich Endless Ocean damals immer eingeschätzt habe, ist es eigentlich nicht. Die Betonung liegt jedoch auf eigentlich, denn ich habe zwar sehr viel Spaß mit dem Spiel gehabt und vor allem konnte ich mich nach einer sehr stressigen Woche mehr als gut beim Spielen erholen, doch inhaltlich ist Endless Ocean sehr dürftig. Die Aufgaben ähneln sich zu stark und selbst die Ausrüstungsgegenstände, die wir für erldigte Aufträge erhalten, spornen nicht wirklich zum Weiterspielen an – sie haben schlichtweg keinen Einfluss auf das Geschehen. Es gibt zudem erst zum Ende hin so etwas wie eine Handlung und ich mag es gar nicht, wenn man mir zu wenige Auswahlmöglichkeiten lässt, die zudem in knappen Gesten münden. Ich habe nun circa zehn Stunden mit Endless Ocean verbracht, doch dabei habe ich die Hälfte aller Arten noch gar nicht entdeckt und dass obwohl ich schon das letzte große Lebewesen im Meer getroffen habe – ein kleiner Tipp: Der Blauwal ist es nicht!
Vielen Dank an Nintendo für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Endless Ocean!