Preview: Watch Dogs

Watch Dogs (1)Exzessive Gewaltdarstellungen und Enttäuschungen zeichneten die Electronic Entertainment Expo 2012 aus. Mit einem ganz besonderen Spiel hat es Publisher Ubisoft dennoch geschafft, die Aufmerksamkeit voll und ganz auf sich zu ziehen.

Watch Dogs (2)Anstatt einzig und allein alte Videospielserien fortzusetzen, hat der französische Konzern die Zeichen der Zeit erkannt und möchte mit Watch Dogs ein neues Franchise schaffen. Dass das kein verzweifelter Versuch ist, den Videospielmarkt in eine neue Richtung zu lenken, sehen wir bereits in den Spielszenen, die bis Dato aufgetaucht sind. In Watch Dogs schlüpfen wir in die Haut von Aiden Pearce, der im Chicago des Jahres 2012 seine Familie vor dem Schatten der Vergangenheit beschützen will. Um dieses Ziel zu erreichen, muss er sie rund um die Uhr überwachen. Für Schlaf bleibt da keine Zeit und so mischt er sich Tag für Tag ins Getümmel der Großstadt. Ausgerüstet mit Smartphone, Teleskopschlagstock und Pistole, bemerkt er jedoch ziemlich schnell, dass nicht nur seine Familie, sondern auch seine Mitbürger Hilfe benötigen. Da Pearce keiner ehrlichen Arbeit nachgeht, kommen ihm seine Hackerfähigkeiten nur allzu gelegen. Mithilfe seines Smartphones sollen wir jedes einzelne Individuum überprüfen können. Haben wir eine Person anvisiert, erfahren wir über eine Bilderkennungssoftware und weiteren nützlichen Programmen viele Details über das Leben der Figur, etwa Alter, Beruf, Einkommen und Kontodaten. Mit letzteren können wir an der nächsten Straßenecke einen Geldautomaten hacken und so unsere Brieftasche füllen.

Rücksichtsloses Vorgehen

Watch Dogs (3)Das Abhören von Gesprächen ist ebenfalls möglich, denn nur so werden wir in den Genuss von Nebenaufgaben kommen, um unseren Mitbürgern zu helfen. In einer Spielszene sehen wir, wie sich eine Frau mit ihrem Ex-Ehemann streitet und sie dabei bedroht. Wir greifen ein, der Mann flieht, wir nehmen die Verfolgung durch einen kleinen Laden auf und überwältigen den Übeltäter schließlich in einer menschenleeren Gasse. Da der Mann während der Flucht auf uns geschossen hat, ist die Polizei bereits bestens über uns informiert. Um vor den Gesetzeshütern zu entkommen, nimmt Pearce keine Rücksicht auf Verluste und selbst Kollateralschäden nimmt er gerne in Kauf. Um beispielsweise einen Streifenwagen bei hoher Geschwindigkeit zu stoppen, hacken wir uns einfach in das Straßennetzsystem und im Nu verhindern Straßenpoller die Weiterfahrt. Dass das für die Polizisten nicht gut ausgehen wird, dürfte sowohl uns als auch Pearce klar sein. Sein rücksichtsloses Vorgehen wird aber auch bei einem Attentat auf einen Feind deutlich. Dieser kann nur aufgehalten werden, wenn wir die Ampeln an einer Kreuzung manipulieren. Zivilisten verlieren dabei ihr Leben! Die Entwickler versprechen, dass wir uns in Chicago frei bewegen dürfen und dass es überall in der Stadt des Windes Bürger gibt, die unsere Hilfe dringend benötigen und wir selbst in der aussichtlosesten Situation mit der Spielwelt interagieren können.

Dystopische Aussichten

Watch Dogs (4)Was es abseits dieser Missionen zu erledigen gibt, verrät uns Ubisoft noch nicht. Wir hoffen, dass die gelungene Atmosphäre nicht unter zu vielen Freizeitaktivitäten leiden muss und die Thematik von Watch Dogs durchgehend ernst bleibt. Platz für eine Runde Billard sollte aber trotzdem bleiben, um etwaige Wartezeiten zwischen den Hauptaufgaben überbrücken zu können. Auf der optischen Seite kann Watch Dogs dieses Ziel bisher erreichen. Obdachlose am Straßenrand, telefonierende Anzugträger, beschäftigte Passanten, herumfliegende Blätter, Gase die aus dem Gulli aufsteigen und hübsche Lichteffekte von Leuchtreklamen und den Suchscheinwerfern von Helikoptern machen Chicago zu einem lebendigen Ort in der PC- und PlayStation-4-Fassung. Die Versionen für PlayStation 3, Xbox 360 und Wii U werden wahrscheinlich qualitativ abgespeckter ausfallen. Anstatt uns in eine dystopische Zukunft zu entführen, führt uns Ubisoft unsere Gegenwart vor Augen und wie sich diese in eine Dystopie verändern könnte. Gewollt oder nicht, Ubisoft übt mit Watch Dogs Kritik am System von sozialen Netzwerken und unserer Bereitwilligkeit, persönliche Daten öffentlich mit Unbekannten zu teilen. Ein spannendes Thema, welches uns einmal mehr zum Nachdenken anregen sollte und zwar spätestens dann, wenn wir das nächste Mal an einer Kreuzung stehen und die Ampel plötzlich umspringt.

Geschrieben von Eric Ebelt

Erics Fazit (basierend auf Videomaterial der PC-Fassung): Als ich mir im letzten Jahr die verschiedenen Pressekonferenzen der Electronic Entertainment Expo angeschaut habe, habe ich meinen Augen nicht getraut. Bis auf Ausnahmen haben wirklich alle Publisher versucht, sich mit exzessiven Gewaltdarstellungen in Spielen, welche um die Tode virtueller Personen nicht umher kamen, gegenseitig zu übertrumpfen. Dass die amerikanischen Pressevertreter das auch alles ganz toll finden, kann ich sogar aufgrund diverser Rechte und Ordnungen im Land der unbegrenzten Anklagemöglichkeiten nachvollziehen. Watch Dogs ist zwar nicht weniger brutal inszeniert, doch wirkt das Vorgehen von Protagonist Pearce wesentlich intelligenter und spannender. Zudem sollte man nicht vergessen, dass das Spiel ernsthaft versucht, das System von sozialen Netzwerken und unserer Bereitwilligkeit, persönliche Daten öffentlich mit anderen Menschen zu teilen, kritisiert. Watch Dogs blickt auf eine dystopische Zukunft, die mich zum Nachdenken anregen soll. Bleibt zu hoffen, dass diese Intention nicht nur mich als Spieler, sondern auch den Protagonisten im Lauf der Handlung einholen wird. Watch Dogs schafft es mit cleveren Spielideen und einer offenen Welt zu überzeugen und da wäre es doch schade, wenn der Inhalt irgendwann auf der Strecke bleibt. Ich freue mich jedoch auf Watch Dogs und kann es kaum erwarten, irgendetwas in Chicago zu hacken.

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