In der ersten Staffel von Black Lagoon haben wir bereits erkannt, dass sich die Serie die Zeit nimmt, um ihre Charaktere vorzustellen und dabei die Rahmenhandlung vernachlässigt. Das ändert sich in der zweiten Staffel zumindest ein wenig.
Wir erinnern uns an den Beginn der ersten Staffel. Der Büroangestellte Rokuro Okajima soll für seine Firma eine wichtige Datendiskette nach Borneo bringen. Auf dem Weg wird er von Piraten als Geisel genommen und von seiner Firma für tot erklärt. Nachdem sich auch noch die russische Mafia eingeschaltet hat, bekommt Rokuro zwar die Gelegenheit, wieder in sein altes Leben zu verfallen, doch beschließt er, sich den Piraten anzuschließen und somit ein Teil der Lagoon Company zu werden. Rokuro ist auf der Suche nach etwas. Nach etwas, was sein Leben erfüllt und einen neuen Sinn ergibt, denn in seiner Heimat, so denkt er, wird es dieses Etwas niemals finden. So lebt er zunächst wie die Piraten in den Tag hinein, um Aufträge für diverse Verbrechersyndikate anzunehmen. Nach Aufträgen und Kämpfen gegen Anhänger des Nationalsozialismus und Terroristen, kehrt so langsam der normale Alltag in der fiktiven thailändischen Hafenstadt Roanapur ein. Morde stehen zwar in der von Verbrechern regierten Stadt zwar an der Tagesordnung, doch dass binnen kurzer Zeit so viele Gangster aus dem Weg geräumt werden, ist auch für Roanapur ungewöhnlich. Balalaika, der Kopf von Hotel Moskau, setzt ein Kopfgeld auf die Verbrecher aus, die sich schon bald als rumänische Kinder entpuppen. Hier stellt der Anime eine Verbindung zur Realität und zum Zeitgeschehen her.
Das Beste kommt zum Schluss
Vor der rumänischen Revolution im Jahr 1989 wurden obdachlose Kinder zu Staatseigentum erklärt und zu Soldaten ausgebildet. Grund dafür war, dass Abtreibungen unter der Regierung von Diktator Nicolae Ceaușescu in der sozialistischen Republik Rumäniens verboten waren und das Land zunehmend mit einer Versorgungskrise zu kämpfen hatte. Die hier vorgestellten Kinder sind psychisch nicht der Situation gewachsen gewesen und kämpfen in Black Lagoon nach ihren Vorstellungen weiter. So lässt sich der Anime vermutlich in den frühen Neunziger Jahren einordnen. In den ersten Episoden erhält Revy Unterstützung von Schwester Eda, denn die beiden haben ganz andere Pläne als Hotel Moskau. In der zweiten Hälfte der Staffel, die insbesondere für Rock wichtig ist, sind Revy und Rock in Tokio unterwegs, um Balalaika dabei zu helfen, in Japan Fuß zu fassen. Rock dient dabei als Dolmetscher und Revy als seine Leibgarde. Es kommt zu einer Eskalation zwischen Hotel Moskau und der Yakuza. Hier kann der Anime deutlich beweisen, wie spannend er sein kann, wenn sich ganze sechs Episoden am Stück intensiv mit einer Thematik beschäftigen. Dementsprechend sind die letzten Folgen der Höhepunkt der Serie. Ebenso erfahren wir, wie sich Rocks Einstellung in dem einen Jahr, in welchem er mit der Lagoon Company kooperiert hat, verändert und nicht verändert hat.
Ästhetischer Anime
Ein großes Finale, auf dem die Serie in den zwei (einzigen) Staffeln hinzielt, gibt es leider nicht. Das finden wir sehr schade, denn selbst der Anime Cowboy Bebop, der sich ebenfalls vor allem auf seine Protagonisten konzentriert, hat mit einem Paukenschlag geendet. Zwar bleibt Black Lagoon alles andere als ein schlechter Anime, aber ein durchlaufender roter Faden bis zum Ende hätte uns gut gefallen. Dafür schafft es jedoch auch die zweite Staffel mit ihrer Ästhetik, ihrem Soundtrack und ihren abgeschlossenen Geschichten zu punkten, die uns wohl noch für einige Zeit sehr gut im Gedächtnis bleiben werden. Alle Charaktere wirken realistisch und gehen einher mit Hintergründen und Objekten. Jeder Moment wird mit einer vortrefflichen Geräuschkulisse und mit der passenden Musik unterlegt. Die deutsche Synchronisation ist zwar wie in der ersten Staffel gut gelungen, doch bemerken wir deutlich, dass die Sprecher einfach nur ablesen, wenn englischsprachige Sätze gesprochen werden. Da hätte man tatsächlich das Eingesprochene nach der Aufnahme mehrmals überprüfen beziehungsweise überarbeiten müssen. Neben der deutschen Tonspur liegt der Anime auch noch in Japanisch, Englisch, Spanisch, Französisch und Italienisch vor. Wer bereits die erste Staffel mochte, wird Black Lagoon – Die komplette 2. Staffel (The Second Barrage) lieben!
Geschrieben von Eric Ebelt
Erics Fazit (basierend auf der Blu-ray-Fassung): Nachdem mir die erste Staffel bis auf die angesprochenen negativen Punkte gut gefallen hat, habe ich natürlich auch die zweite Staffel angeschaut und bekam im Grunde dasselbe geliefert, wie noch bei den ersten zwölf Episoden. Ein roter Faden zieht sich nicht nur den Anime und dieser möchte sich wieder viel lieber auf die Charaktere, insbesondere Rokuro, Revy und Balalaika, konzentrieren. Zu einem Finale der Extraklasse haben die vielen Informationen jedoch nicht gereicht, was ich aber gar nicht bemängele, denn das Ende der zweiten Staffel ist für den Moment sehr, sehr zufriedenstellend. Leider taucht jetzt nicht nur Benny, sondern auch Dutch kaum mehr auf. Das ist besonders deshalb nicht gerade gut, da es sich hierbei ja um ein Unternehmen und ein Team handelt. Dafür erhalte ich viele Einblicke in Balalaikas Charakter und ihre Vergangenheit. Nicht nur an der Machart, sondern auch an den historischen Eckpunkten kann ich als Mensch mit einem Faible für Geschichte erkennen, welchen Zeitgeist der Anime einfangen möchte. Black Lagoon eignet sich also vor allem für jene Anime-Liebhaber, die sich für den Werdegang der auftretenden Protagonisten und Antagonisten interessieren. Wenn dieses Merkmal bei euch vorliegt, dann könnt ihr auch mit der zweiten Staffel von Black Lagoon nichts falsch machen!
Vielen Dank an Kazé Anime für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Black Lagoon – Die komplette 2. Staffel (The Second Barrage)!