Review: Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp

Als Teil der Wars-Reihe erschienen 2001 und 2003 auf dem Game Boy Advance gleich zwei Episoden. Unter dem Titel Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp hat das US-amerikanische Entwicklerstudio WayForward die beiden japanischen Klassiker als Remake neu aufgelegt.

Aufgrund verschiedener Ursachen wie dem Überfall Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 hatte sich Nintendo dazu entschlossen, das taktische Kriegsspiel zu verschieben. Ob dies nötig gewesen wäre, soll hier nicht bewertet werden. Im April 2023 war es aber endlich soweit und Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp erschien für die Nintendo Switch. Wer das Spiel bereits auf dem Game Boy Advance oder in der Virtual-Console-Fassung auf der Wii U gespielt hat, wird sich in diesem Rundentaktikspiel sofort heimisch fühlen. Den Entwicklern war es sehr wichtig, das Spielgeschehen möglichst originalgetreu auf die neue Hardware zu übertragen. Das heißt im Umkehrschluss aber auch, dass die unterdurchschnittliche Story des Originals nicht großartig angerührt wurde. Zu Beginn der Kampagne von Advance Wars wird die Nation Orange Star durch die Truppen des benachbarten Landes Blue Moon überfallen. Fortan kommandieren wir die Armee von Orange Star und müssen durch das Schlagen dutzender Schlachten herausfinden, warum wir zum Angriffsziel von Blue Moon geworden sind. Im späteren Spielverlauf mischen sich noch weitere Parteien in den Kriegsverlauf ein. Etwas spannender ist die Kampagne von Advance Wars 2: Black Hole Rising, die an das Ende des ersten Spiels anknüpft. Allerdings bleibt die Handlung auch hier auf recht niedrigem Niveau.

Truppenvielfalt

Vermutlich dürfte letzteres der jüngeren Zielgruppe geschuldet sein, denn Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp ist in der Bundesrepublik Deutschland ab sechs Jahren freigegeben. Durch die comichafte Grafik, den meist überzeichneten Gesichtsausdrücken und durchaus stark geminderten Gewaltdarstellung sollten sich aber auch ältere Spieler nicht täuschen lassen. Um die Schlachten oder gar den Krieg zu gewinnen, sollten wir jeden Spielzug unbedingt gut überlegen. Aus der Vogelperspektive verschieben wir rundenweise unsere Einheiten. Hierzu zählen die Infanterie, die Artillerie, die Luftwaffe und die Marine. Jede Einheit hat ihre eigenen Stärken und Schwächen. Zudem müssen wir die Einheiten miteinander kombinieren. Infanterie ist zum Beispiel nützlich, um Gebäude des Feindes zu besetzen. Der Bewegungsradius von Infanteristen ist jedoch gering. Zum Glück gibt es Truppentransporter, die die Bodentruppen vor allem auf Straßen ein gutes Stück voran bringen. Selbiges gilt für die Transporthelikopter. Dann gibt es aber auch Missiles, die Helikopter und Flugzeuge kinderleicht vom Himmel holen. Mit den Kreuzern genannten Schiffen ist dies sogar auf dem Meer möglich. Raketenwerfer und Schlachtschiffe eigenen sich wiederum dazu, um derlei Einheiten aus der Ferne sicher auszuschalten. Dies geht jedoch nur zu Beginn einer Runde und benötigt daher Vorbereitung.

Taktische Scharmützel

Damit wir auf dem Vormarsch bleiben, müssen wir nicht nur die richtigen Einheiten in einem Stein-Schere-Papier-System gekonnt einsetzen, sondern sollten sie außerdem richtig auf dem Schlachtfeld positionieren. Des Weiteren müssen wir auch neutrale oder feindliche Gebäude einnehmen, die pro Runde die Fonds aufbessern, mit denen wir Nachschub ordern können. Da eine Einheit in einem Zug nicht gleichzeitig produziert und eingesetzt werden kann, ist es stets von Vorteil, wenn wir dem Gegner einen Schritt voraus sind. Ansonsten besteht die Gefahr, dass es zu waschechten Stellungskriegen oder ganzen Materialschlachten kommen kann. Wie schon die beiden Originalversionen auf dem Game Boy Advance kann auch Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp mit seinem Gameplay nahezu auf ganzer Linie punkten. Schwächen weist dafür die künstliche Intelligenz auf, denn gegnerische Einheiten attackieren auf der einen Seite gerne mal das schwächste Glied unserer Armee. Auf der anderen Seite greift der Feind auffällig oft Truppentransporter oder -helikopter an. Mit diesem Wissen im Hinterkopf lässt sich die Spielmechanik in manchen Scharmützeln bewusst aushebeln oder zumindest eine sich androhende Niederlage verzögern, bis die Verstärkung von verbündeten Nationen eintrifft, was gerade in der Kampagne von Advance Wars 2: Black Hole Rising der Fall ist.

Umfangreiches Taktikspiel

Einsteigerfreundlich ist das Remake auch, denn für beide etliche Kapitel umspannende Kampagnen können wir neben dem klassischen Schwierigkeitsgrad in den einfachen Modus wechseln. Je nach Gefecht kann auch dieser Modus herausfordernd sein. Wer möchte, kann den Schwierigkeitsgrad übers Menü auch jederzeit korrigieren. Während die beiden Kampagnen zusammen über sechzig Stunden an den Bildschirm fesseln können, ist danach aber noch lange nicht Schluss. So können wir uns mit Computergegnern im freien Spiel auf dutzenden Schlachtfeldern messen, die wir aber zum Teil erst über Hachis Shop freischalten müssen. Auch die Kommandanten aus der Kampagne, die allesamt über verschiedene Spezialfähigkeiten verfügen, lassen sich hier mit den in gewonnenen Schlachten erhaltenen Münzen erwerben. So motiviert es zusätzlich, eine möglichst hohe Bewertung und damit mehr Münzen zu erhalten. Wer mag, kann sich im Editor eigene Karten erstellen, um sie im Anschluss selbst auszuprobieren oder sie online sogar mit Freunden zu teilen. Hier zeigt sich einmal mehr der Anspruch von Nintendo, Editoren leicht bedienbar zu halten. So wählen wir über ein Raster den Untergrund, setzen einzelne Elemente wie Brücken und stellen Einheiten auf. Wer schon einmal einen Editor von Nintendo, wie zum Beispiel den von Excitebike: World Challenge, genutzt hat, kommt auch mit dem Editor von Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp sofort klar.

Halbgare Online-Modi

Im Grunde klingt auf dem Papier alles ziemlich gut, aber gerade die Online-Einbindung ist eine große Frechheit. So können wir die Karten online nur mit Freunden, aber nicht mit fremden Spielern teilen. Nicht einmal einen Code wie in Super Mario Maker können wir weiterreichen. So dürften viele kreative Karten von viel zu wenigen Spielern genutzt werden. Ebenfalls steht das Online-Spiel nur für Freunde zur Verfügung. Fremde Spieler können wir in Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp nicht herausfordern. Auch wenn manche Karten viel zu groß wären, um sie in einer Online-Partie zu spielen, hätten es zumindest kleine und kurzweilige Maps sein dürfen. Immerhin bietet das Spiel einen gelungenen Offline-Mehrspielermodus. So haben wir die Wahl, auf einer Nintendo Switch zu spielen und die Konsole rundenweise herumzureichen, oder auf mehreren Konsolen gegen zwei bis drei Gegner anzutreten. Zumindest jene Spieler, die lokal genügend Freunde haben, die in diesem Rundentaktikspiel aufgehen können, werden dutzende Stunden zusätzlich Freude am Titel haben. Gewöhnungsbedürftig ist allerhöchstens der comichafte Grafikstil, der einer unnötigen Verwestlichung wie in River City Girls ähnelt. Dafür passt der Soundtrack hervorragend zum Geschehen und bleibt auch Stunden nach dem Abspann von Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp im Gehör.

Geschrieben von Eric Ebelt

Erics Fazit (basierend auf der Nintendo-Switch- und Virtual-Console-Fassung): Mit der Wars-Reihe habe ich leider bisher nur sehr wenige Erfahrung gesammelt. Gespielt habe ich vor dem Remake lediglich die ersten Missionen von Advance Wars. Mit der Neuauflage aus dem Hause WayForward und über fünfzig Spielstunden später hat sich das aber stark geändert. Beide enthaltenen Rundentaktikspiele von Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp gefallen mir außerordentlich gut. So muss ich stets meinen Kopf anstrengen, Gefahren und Risiken in den Schlachten abwägen und meine Einheiten richtig positionieren und einsetzen. Dass die künstliche Intelligenz der Gegner oft nicht allzu clever reagiert, sei einmal dahingestellt. Dennoch hat es mir vor allem der zweite Serienteil angetan, da die Missionsziele in diesem wesentlich abwechslungsreicher sind. Mit dem Comic-Look kann ich mich zwar anfreunden, aber dass das Geschehen ohne die Pixel des Originals deutlich weniger japanisch wirkt, mag ich nicht so sehr. Dafür funktioniert die musikalische Begleitung hervorragend und unterlegt das kunterbunte Spiel mit den richtigen Noten. Einen klaren Dämpfer verpasst wiederum der Online-Mehrspielermodus. Nintendo hat klare Restriktionen verhängt und lässt das Online-Spiel nur mit Freunden sielen. Offline funktioniert der Modus zwar hervorragend, aber wer nicht genügend Freunde zusammen trommeln kann, hat hier das Nachsehen. Die Langzeitmotivation kann trotz des großen Umfangs darunter leiden. Nichtsdestotrotz ist Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp ein gelungenes Remake geworden, das sowohl Fans des Originals als auch Genre-Einsteigern gefallen dürfte.

Jonas’ Fazit (basierend auf der Nintendo-Switch- und Game-Boy-Advance-Fassung): So mehr ich Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp spiele, so mehr Lust habe ich noch einmal zu den beiden Nintendo-DS-Episoden zurückzukehren. Das spielerische Fundament ist großartig, die Tatik-Schlachten machen Spaß und belohnen vorsichtiges sowie geschicktes Vorgehen, aber gleichzeitig wird mir in Erinnerung gerufen, wie sich die Reihe weiterentwickelt hat. Zum einen die völlige Eskalation in Advance Wars: Dual Strike mit irrsinnigen Umfang und Ideen und anschließend die Rückbesinnung auf die meiner Meinung nach beste spielerische Austarierung in Advance Wars: Days of Ruin. Trotzdem muss ich anerkennen, dass auch schon das Spielkonzept in Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp zeitlosen Spaß bietet, selbst wenn mir die grafische Gestaltung der Figuren nicht wirklich zusagt.

Vielen Dank an Nintendo für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Advance Wars 1+2: Re-Boot Camp! 

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