Als im März 2017 The Legend of Zelda: Breath of the Wild für die Switch und die Wii U auf den Markt kam, definierte der neue Serienteil die Reihe neu. The Legend of Zelda: Tears of the Kingdom greift das Konzept auf und spaltet die Fans des Franchises erneut in zwei Lager.
Fans der Reihe wissen, dass innerhalb der langlebigen The-Legend-of-Zelda-Reihe so gut wie jeder Serienteil eine eigenständige Geschichte erzählt. Tears of the Kingdom bildet eine der wenigen Ausnahmen und spielt mehrere Jahre nach den Geschehnissen von Breath of the Wild. Das Böse wurde in die Schranken gewiesen und der Aufbau des Fantasy-Reichs Hyrule wurde unter Aufsicht von Prinzessin Zelda und Held Link prompt in Angriff genommen. Der Wiederaufbau ist im vollen Gange, da wird unterhalb des heftig in Mitleidenschaft gezogenen Schlosses Hyrule ein Höhlensystem entdeckt. Zelda und Link entdecken dort eine Mumie, die an einen alten Feind der Reihe erinnert – und noch dazu just in diesem Moment zum Leben erweckt wird. Die Ereignisse nehmen ihren Lauf. Zelda verschwindet, Link wird an seinem Arm verletzt und erwacht verwundet auf einer der schwebenden Inseln, die plötzlich im Himmel über Hyrule auftauchen. Zu viel wollen wir zur Geschichte des Spiels an dieser Stelle nicht verraten, aber ihr könnt euch denken, dass diese keine Bäume ausreißt. Sie motiviert jedoch genug, um ein weiteres Mal auf eine Heldenreise zu gehen, Zelda zu finden und Hyrule zu retten. Wie kein anderer Publisher versteht sich Nintendo darin, den Fokus fast gänzlich aufs Gameplay zu legen. Dieses steht auch in Tears of the Kingdom absolut im Mittelpunkt.
Unveränderte Spielmechaniken
Kaum haben wir den Prolog hinter uns gebracht, werden wir genau wie im Vorgänger dazu ermuntert, uns mit den verschiedenen Fähigkeiten von Link vertraut zu machen. Laufen und Springen sind dabei die Grundfortbewegungsmethoden. Um Plateaus oder höher gelegene Ebenen zu erreichen, können wir mit Link auch klettern. Damit wir von Feinden entkommen oder schneller voranschreiten, können wir ebenfalls rennen. Beides zerrt jedoch an unserer Ausdauer, von der wir zu Beginn des Spiels noch nicht viel haben. Wollen wir uns auch mit Gegnern messen, so sollten wir uns schnellstens mit den verschiedenen Waffen vertraut machen. Holzknüppel, Schwerter, Lanzen und Co lassen sich aufsammeln, von Feinden stibitzen oder in Truhen finden. Diese haben wie in Breath of the Wild jedoch eine gewisse Haltbarkeit und lassen sich leider nur begrenzt oft einsetzen. Soll heißen, dass wir in Tears of the Kingdom ständig nach neuen Waffen Ausschau halten müssen. Für unsere Bögen, die wir im Fernkampf priorisieren, und für unsere Schilde zur Verteidigung, gelten haargenau dieselben Vorgaben. Das war schon im Vorgänger überaus nervig und hätte durch ein neues System ersetzt werden können. Bei Nintendo scheint dies offenbar zur Tradition zu werden, denn bei Animal Crossing: New Horizons gab es bekanntlich ähnliche Schritte zu kritisieren. Schade!
Mehr vom Gleichen, nur anders
Auch in weiteren Disziplinen verfällt Tears of the Kingdom in alte Muster. Wie in Breath of the Wild können wir uns ans Lagerfeuer setzen und kochen. Allerdings müssen wir abermals für jedes einzelne Gericht ins Menü zurückkehren, alle Zutaten einzeln auswählen und dann die Kochanimation über uns ergehen lassen. Zwar gibt es neuerdings Rezeptkarten, auf denen die Gerichte mit ihren Zutaten beschrieben werden, doch wir können diese nicht einfach so auswählen und Link automatisch kochen lassen. Mehrfach hintereinander ein und dasselbe Gericht oder verschiedene Mahlzeiten kochen, ohne dabei jedes einzelne Mal die Zutaten auszuwählen, sind ebenfalls nicht möglich. Nintendo hat es sich mit Tears of the Kingdom also sehr einfach gemacht. Selbiges gilt nicht nur für einen Großteil der Spielmechaniken. Auch die Spielwelt ist davon in weiten Teilen betroffen. Zwar hat sich Nintendo einige Änderungen ausgedacht, wie sich die Welt seit Breath of the Wild verändert hat, doch bietet das Spiel im Kern dieselbe Spielwelt. Kurios ist hierbei, dass es statt der Schreine des ersten Spiels ganz neue Schreine gibt. Das Auftreten der neuen Schreine wird zwar erklärt, doch warum die alte Architektur ganz und gar verschwunden ist und nichts mehr davon zeugt, ist echt fraglich.
Spielzeitstreckende Synthese
Ihr könnt euch denken, wie der Hase in Tears of the Kingdom läuft. Erneut liegt es an uns, die unterschiedlichen Schreine der Spielwelt zu entdecken und in diesen Rätsel zu lösen und Kämpfe zu bestreiten. Viele dieser Aufgaben lassen uns großen Spielraum, bei dem wir unsere ganze Kreativität ausleben können. Schließlich gibt es mit der Synthese zumindest eine wichtige Fähigkeit, die den Titel vom Vorgänger stark abhebt. Alle beweglichen Objekte können wir aneinander kleben, um damit zum Beispiel Brücken oder Flöße zu bauen. Mit verschiedenen Technologien der untergegangenen Kultur der Sonau lassen sich darüber hinaus Fahrzeuge wie Lastwagen oder Motorboote bauen. Unserer Meinung nach passt das überhaupt nicht in die mittelalterlich wirkende Spielwelt. Noch dazu kann das Synthetisieren ganz schön viel Zeit in Anspruch nehmen. Wenn wir nach einer Stunde kaum wesentliche Fortschritte im Spiel gemacht haben, liegt das in den meisten Fällen daran, dass wir mit dem Basteln zu viel kostbare Zeit verschwendet haben. Versteht das bitte nicht falsch: Das Bauen von solchen Konstruktionen kann mit einer kreativen Ader schon sehr viel Spaß machen, bläht das Spiel aber unnötig auf. Banjo-Kazooie: Schraube Locker für die Xbox 360 aus dem Jahr 2008 hätte ohne die Fahrzeuge mit Konzentration aufs Wesentliche auch viel mehr Spaß gemacht.
Verpasste Möglichkeiten
Damit hört die Synthese aber nicht auf. Nahkampfwaffen, Schilde und Bögen können wir ebenfalls miteinander verbinden. Allerdings sind wir hier auf zwei Gegenstände beschränkt, zumal auch die Stärke, Abwehrkraft und Haltbarkeit davon abhängt. Wer schnelle Erfolge in Tears of the Kingdom erzielen will, muss sich auf dieses Konzept einlassen. Wie schon in Breath of the Wild schwankt der Schwierigkeitsgrad stark. So können wir in Gebiete laufen, in denen uns die Gegner mit einem einzigen Schlag ausradieren können. Warum Nintendo den Schwierigkeitsgrad nicht skalieren lässt oder den Spieler besser lenkt, ist in unseren Augen eine verpasste Chance. Gerade weil Nintendo will, dass der Spieler Hyrule auf eigene Faust erkundet und nur wenige Hinweise gibt, wo es als nächstes hingeht, wäre flüssiges Gameplay doch so wichtig gewesen. Bei einem Ableben wird zudem der zuletzt manuell oder automatisch angelegte Spielstand geladen, was zum Verlust von Progression führt. Auch hier gilt: Wenn ihr den Vorgänger gespielt habt und mit diesen Defiziten keine Probleme habt, könnt ihr euch bedenkenlos auf Tears of the Kingdom einlassen. Neben den Himmelsinseln gibt es auch noch eine weitere Ebene der Spielwelt zu erkunden. Über diese wollen wir aber nicht allzu viel verraten. Definitiv gibt es noch mehr zum Erforschen als in Breath of the Wild.
Technische Überraschung
Steuerungstechnisch orientiert sich der Titel an der Bedienung des Vorgängers. Während wir mit dem Pro Controller auf der Switch trotz überladener Knopfbelegung keinerlei Probleme haben, eignet sich das Spiel im Handheld-Modus eher für Menschen mit kleineren Händen, sofern Fingerakrobatik vermieden werden soll. Stilistisch erinnert das Spiel stark an Breath of the Wild, was an dieser Stelle aber nicht weiter verwunderlich ist. Überraschend ist aber, dass Tears of the Kingdom wesentlich flüssiger läuft und stellenweise ein paar mehr Details bietet. Lediglich bei großflächigen Texturen wirken die Grafiken etwas verwaschen. Bei der musikalischen Note setzt das Spiel zum Teil auf bekannte Melodien, verzaubert aber auch mit neuen Kompositionen. Einen guten Anteil der Atmosphäre machen darüber hinaus zahlreiche Umgebungsgeräusche aus. In dieser Hinsicht kann das Werk aus dem Jahr 2023 durchaus überzeugen. Es stellt sich abschließend jedoch die Frage, ob Fans der eher klassischen Serienteile wie Link’s Awakening Spaß mit dem Titel haben können. Wir denken nicht. Gerade da es wie in Breath of the Wild keine richtigen Dungeons gibt und die Spielwelt zwar groß, aber zu leer ausfällt, dürften Fans der Klassiker weniger Freude am Spiel haben. Nichtsdestotrotz ist Tears of the Kingdom kein schlechtes Spiel. Es ist nun mal anders und trifft nicht jeden Geschmack.
Geschrieben von Eric Ebelt
Erics Fazit: The Legend of Zelda: Breath of the Wild war der Serienteil, den ich am wenigstens mochte. Dies änderte sich mit The Legend of Zelda: Tears of the Kingdom. Das soll nicht heißen, dass das Action-Adventure totale Grütze ist. Es ist jedoch ein Spiel, in dem mich weder das Gameplay, noch die neue Spielmechanik oder die Spielwelt begeistern können. Seit Breath of the Wild hat sich viel zu wenig geändert. Beispielsweise zerbrechen Waffen immer noch nach wenigen Schlägen, das Kochen ist mühselig, das Abklappern der vielen Schreine, um überhaupt eine Chance zum Überleben zu haben, nervig, und die Synthese in meinen Augen lediglich spielzeitstreckend. Es dauert gefühlt ewig, bis ich im Spiel Erfolge feiern kann. Wenn ich auf vergangene Spielstunden zurückblicke, erachte ich diese teils sogar als Zeitverschwendung, da gerade das Synthetisieren von Gegenständen fummelig und zu langatmig ist. Noch dazu hat Nintendo die Entwicklungen offener Spielwelten verpennt. Sowohl Red Dead Redemption II von 2018 als auch Immortals: Fenyx Rising von 2020 haben eindrücklich gezeigt, worauf es wirklich ankommt – auf viele abwechslungsreiche Geschichten und einem hohen Takt an neuen Entdeckungen. Beides gibt mir Tears of the Kingdom nicht. Auch dass das Spiel in puncto Inszenierung und Synchronisation mit Mängeln behaftet ist, kann ich nicht verstehen. Es ist überaus schade, dass Nintendo das volle Potenzial nicht ausgeschöpft hat. Wer mit all den Defiziten leben kann oder sie sogar nicht als solche betrachtet, dürfte dennoch auf seine Kosten kommen. Wer sich aber ein vollwertigen The-Legend-of-Zelda-Serienteil erhofft hat, wird wie beim Vorgänger enttäuscht werden. Zu letzterer Gruppe muss ich mich zählen. Wenn das die neue Ausrichtung der Reihe ist, sehe ich persönlich schwarz.