Mehrfach wurde Dune – Der Wüstenplanet bereits auf optischen Datenträgern veröffentlicht. Im Oktober 2023 erschien der Film durch Plaion Pictures erneut auf Blu-ray Disc – allerdings nur in der unter Fans nicht durchweg beliebten und stellenweise viel zu kurzen Kinofassung.
Im August 1965 erschien erstmals Frank Patrick Herberts Roman Dune in Nordamerika. Wenig später erschien die deutsche Ausgabe als Der Wüstenplanet. Diesen alternativen Titel trug auch die erste Verfilmung aus dem Jahr 1984. Erst durch die Veröffentlichungen fürs Heimkino oder die beiden Fernsehserien aus den frühen 2000er-Jahren sorgten dafür, dass der Film inzwischen auch als Dune – Der Wüstenplanet bekannt ist. Dies trifft den Nagel auf den Kopf, ist der titelgebende Wüstenplanet mit seinen vielen Sanddünen doch Dreh- und Angelpunkt der bunt aus Science-Fiction- und Fantasy-Elementen gemischten Handlung. Zu Beginn des Films erfährt der Zuschauer die wichtigsten Eckdaten, erzählt durch eine Frontaleinblendung von Prinzessin Irulan Corrino, der Tochter von Imperator Shaddam IV. Im Jahr 10.191 ist das Weltall besiedelt. Unter der strengen Herrschaft des Imperators kämpfen Adelshäuser um ihren Fortbestand. Einen wichtigen Faktor nimmt hierbei der Wüstenplanet Arrakis, auch Dune genannt, ein. Nur hier wird im gesamten Universum die Spice Melange genannte Substanz abgebaut. Das Spice verbessert nicht nur die Gesundheit des Konsumenten, sie erweitert auch sein Bewusstsein. Nicht zuletzt ermöglicht erst das Spice die Raumfahrt mit Überlichtgeschwindigkeit. Wer Arrakis kontrolliert, genießt also wirtschaftliche und politische Vorteile.
Miteinander verknüpfte Schicksale
Eingebettet in diesem dystopischen Szenario ist die Geschichte um den Protagonisten Paul Atreides. Als Sohn von Herzog Leto I. Atreides wächst der junge Adlige auf dem Planeten Caladan auf. Haus Atreides führt eine Fehde mit Haus Harkonnen, die die Kontrolle über Arrakis haben. Als diese sich eines Tages von Dune zurückziehen, soll Haus Atreides ihre Stellung einnehmen. Die Atreides folgen dem Befehl des Imperators, müssen sich allerdings von Beginn an mit Sabotageaktionen und Mordversuchen der Harkonnen auseinandersetzen. Dune – Der Wüstenplanet macht keinen Hehl daraus und verrät dem Zuschauer bereits in den ersten Minuten, dass der Imperator mit Baron Wladimir Harkonnen konspiriert. Die Harkonnen wollen die Atreides vollständig vernichten, um dem Streit ein Ende zu setzen. Allen voran Paul soll den Tod finden. So spricht die Prophezeiung von einem Auserwählten, der das Schicksal von Arrakis entscheiden soll. Entsprechend nimmt auch die Schwesternschaft der Bene Gesserit, Frauen mit übersinnlichen Fähigkeiten, eine tragende Rolle ein. Noch nie ist einem Mann gelungen, vom ominösen Wasser des Lebens, hergestellt aus der giftigen Galle gigantischer Sandwürmer, zu trinken. Sollte Paul der Auserwählte sein, würde er durch einen Schluck des Wassers des Lebens nicht in den Tod gehen und sein neues Schicksal annehmen.
Erzähltechnische Einschränkungen
Dune – Der Wüstenplanet greift auf viele wirtschaftliche, gesellschaftliche und politische Motive zurück. Erwachsene Themen wie Unterdrückung, Verrat in den eigenen Reihen und religiöse Überzeugungen werden in der 137 Minuten langen Kinofassung behandelt. Gerade die ersten 90 Minuten des Films schaffen es, ein verständliches Bild von Arrakis und allen beteiligten Parteien zu zeichnen. Dann kippt die erzähltechnische Qualität jedoch ins Gegenteil um, denn plötzlich hat der Zuschauer das Gefühl, das für jede Filmminute mindestens sechzig bis neunzig Sekunden fehlen. Die stringente Handlung, die sich zunächst Zeit zur Einführung von Protagonisten und Antagonisten lässt, fühlt sich auf einmal holprig erzählt an. Figuren, die erst im letzten Drittel des Films wichtig werden, wie etwa Pauls Geliebte Chani, bleiben weitgehend blass. Hier verspielten die Verantwortlichen sehr viel Potenzial. Ob andere Filmfassungen besser sind, sei einmal dahingestellt. Da die von Regisseur David Keith Lynch ursprüngliche gedrehte Fassung mehr als dreieinhalb Stunden umfasst, die Produzenten den Film für die Kinoaufführung jedoch gekürzt haben, kann aber davon ausgegangen werden, dass die Kinofassung nicht der Vision des Regisseurs entspricht. Einen Director’s Cut des Films hat Lynch sogar erstmals 2022 in einem Interview ernsthaft in Betracht gezogen.
Gewöhnungsbedürftiger Klassiker
Negativ fallen in der Kinofassung die schnellen Szenen- und Schauplatzwechsel in der letzten halben Stunde auf. Dem Zuschauer dürfte es schwer fallen, die Schauplätze räumlich richtig einzuordnen. Es ist schade, dass die Kinofassung von Dune – Der Wüstenplanet auf Details pfeift und auch viele wichtige Aspekte von Herberts Romanepos außer Acht lässt. Dazu muss gesagt werden, dass sich der Film definitiv nicht an jeden Liebhaber von Science Fiction und Fantasy richtet. Das aus den 1980er-Jahren stammende Werk von David Lynch wirkt zuweilen unfreiwillig experimentell. Gerade wer Denis Villeneuves 155 Minuten umfassende Neuverfilmung aus dem Jahr 2021 gesehen hat, die auch nur den Teil bis zum angesprochenen kritischen Punkt im Original umfasst, wird gerade mit der visuellen Gestaltung zu kämpfen haben. Auch wenn es verschiedene Einstellungen gibt, in denen die Schauspieler durch den Sand stapfen oder die Erntemaschinen von Sandwürmern bedroht werden, sind dies nur wenige Momente, in denen der Wüstenplanet als Kulisse greifbar ist. Viele weitere Szenen finden schlicht in Innenräumen statt. Diese wirken verschachtelt, tempelartig oder industriell. Weniger gelungen sind die Inszenierungen des Thronsaals mit dem goldenen Löwenthron und das Cockpit im Ornithopter. Sie wirken im Jahr 2023 wie die billigsten Jahrmarktsattraktionen.
Künstlerische wie experimentelle Freiheit
So fühlt sich der Film manchmal wie ein Werk an, das aus dem vorhergegangenen Jahrzehnt hätte stammen können. Während die Wüstenwürmer noch als gelungen dargestellte Bestien inszeniert sind, fallen andere Effekte wie Explosionen oder Schutzschilder aus dem Rahmen. Letztere werden blockartig mit wenig Transparenz um die Schauspieler gesetzt, obwohl das so nicht einmal in der Romanvorlage der Fall ist. Allgemein wollte sich Universal Pictures ein wenig künstlerische Freiheit nehmen. So sind die Herzstecker, die Haus Harkonnen bei ihren Sklaven nutzen und die beim Herausziehen zum raschen Blutverlust und Tod des Individuums führen, eine reine Erfindung des Films. Ob das passt, muss jeder Fan von Herberts Roman für sich selbst entscheiden. Das dramaturgisch ans Theater angelehnte Schauspiel muss wohl schon 1984 irritiert haben. Es lässt sich aber leicht daran gewöhnen. Anstrengend ist jedoch, wenn Schauspieler wie Kyle Merritt MacLachlan, der in Dune – Der Wüstenplanet mit der Verkörperung des Paul Atreides sogar sein Schauspielerdebüt in einem Spielfilm hatte, in der Nahaufnahme zu sehen sind. Anstatt dass die Charaktere Dialoge untereinander halten, sind es Monologe, die in den Gedanken der Figuren stattfinden. Dies ist ein wiederkehrendes Element, wenn nicht sogar ein intensiv genutztes Alleinstellungsmerkmal in diesem Filmgenre.
Musikalisch-magisches Epos
Weitere große Namen des Films sind Jürgen Prochnow in der Rolle des Herzogs Leto Atreides, Sir Patrick Stewart als Gurney Halleck oder der 2020 verstorbene Max von Sydow als Liet Kynes. Lydia Susanna Hunt verkörpert Shadout Mapes und Pauls Mutter, Lady Jessica, wird wiederum von Francesca Annis gespielt. Auch taucht der Sänger Sting in der Rolle des psychopathischen Feyd-Rautha Harkonnen auf. Was das zuweilen abgedrehte Schauspiel lindert, gerade durch die überspitzten Darbietungen von Haus Harkonnen, macht das Kostümbild wieder wett. Der Zuschauer fühlt sich in der Welt von Dune – Der Wüstenplanet gut aufgehoben. Musikalisch ertönt, bis auf ein einzelnes Stück von Brian Peter George St John le Baptiste de la Salle Eno, durchweg die Musik der Rockgruppe Toto. Diese ist majestätisch und aufdringlich, lässt aber zwischendurch immer wieder Raum für langsamere Stücke, die das Geschehen gewissenhaft einfangen. Die stimmungsvolle Musik gehört zum Besten, was Lynchs Film zu bieten hat. Auch Jahrzehnte später übertrifft sie Soundtracks anderer großen Produktionen, denen schlicht eine Seele fehlt. Toto hat hier Großes vollbracht. Beinharte Science-Fiction- und Fantasy-Fans sowie Kenner des Franchises machen mit der Kinofassung nichts falsch, denn hier warten, wie es das Cover verrät, ein Ort jenseits der Träume und ein Film jenseits der Vorstellungskraft. Das hat Dune – der Wüstenplanet am Ende definitiv geschafft.
Geschrieben von Eric Ebelt
Erics Fazit (basierend auf der Blu-ray-Fassung): Bis auf die erste Verfilmung des Stoffes kannte ich die bisherigen Dune-Umsetzungen schon. Lediglich David Lynchs Werk von 1984 war mir bislang fremd. Ich bin froh, dass ich dieses durch die erneute Veröffentlichung auf Blu-ray Disc nachholen konnte. Die Geschichte ist bekannt und orientiert sich weitgehend an der Romanvorlage. Vielleicht mag die Story des Auserwählten, der das Schicksal seines Umfelds bestimmt, nicht die originellste sein. Den Fokus auf einen Planeten zulegen, der optisch eintönig wirkt und auf den ersten Blick gar nicht so bedeutend zu sein scheint, ist es aber sehr wohl. Durch erwachsene Themen wie Verrat auf politischer wie häuslicher Ebene oder religiöse Überzeugung zeichnet Dune – Der Wüstenplanet eine mitreißende Geschichte, die in einem gemächlichen Tempo erzählt wird. Mein positiver Eindruck vom Film wird aber gerade im letzten Filmdrittel geschmälert. Charaktere werden kaum mehr gut beleuchtet, der ständige Schauplatzwechsel findet zu hastig statt und das Ende tritt viel zu plötzlich ein. Was die inszenatorische wie visuelle Gestaltung angeht, wird Lynchs Werk aber nicht jedem gefallen. Bei der überspitzten Dramaturgie, den viel zu häufig eingesetzten inneren Monologe und den selbst für die 1980er-Jahre merkwürdigen Spezialeffekte muss der Zuschauer standhaft sein. Wer sich auf diesen Trip einlässt, kommt jedoch dank der tollen Kostüme, fantasievollen Schauplätzen und der grandiosen Musik von Toto in den Genuss eines experimentellen wie tollen Science-Fiction- und Fantasy-Films, den Dune – Der Wüstenplanet zweifelsohne darstellt. Es bleibt zu hoffen, dass Lynch in Zukunft die Chance erhält, einen Director’s Cut zu schaffen, damit seine ursprüngliche Vision noch zum Leben erweckt werden kann.
Vielen Dank an Plaion Pictures für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Dune – Der Wüstenplanet!