Review: Shinobi no Ittoki

Ende 2022 lief die Anime-Serie Shinobi no Ittoki im japanischen Fernsehen. Da die Serie auf keinem Manga basiert, kann sie binnen zwölf Episoden zufriedenstellend abgeschlossen werden. Dabei ist sie zunächst recht humorvoll, schlägt aber zunehmend sehr ernste Töne an.

Mit Ninja und Piraten wurden spätestens in den 1990er-Jahren mit umfassenden Werken wie Naruto und One Piece neue Szenarien entworfen, die bei Anime- und Manga-Fans offensichtlich sehr gut ankommen. Shinobi no Ittoki von Animationsstudio Troyca versucht auf dieser immer noch währenden Erfolgswelle mitzuschwimmen, macht dabei aber keine Anstalten, eine epische Geschichte zu erzählen, die auch noch in Jahrzehnten nicht abgeschlossen ist. Stattdessen sollte die Anime-Serie eher als kleines Schmankerl verstehen werden, welches das Setting in die Moderne hievt, sich auf wenige Figuren konzentriert und eine abgeschlossene wie zufriedenstellende Story vermittelt. Im Fokus der Handlung steht der als durchschnittlich zu bezeichnende Oberschüler Sakuraba Ittoki, dessen Leben am Ende der ersten Episode regelrecht auf den Kopf gestellt wird. Als ein hübsches Mädchen ihn zu einem Date einlädt, das bei ihr zuhause stattfindet, wo sie Ittoki gleich vernaschen will, muss er den Tod ins Auge blicken. In letzter Sekunde kann er gerettet werden. Von seinem Onkel Kaga Tokisada wird der perplexe Ittoki zu seiner Mutter Yumika gebracht. Diese instruiert ihn, dass er der künftige Erbe des Ninja-Klans der Iga ist – und er verstehen muss, dass ihm deshalb Feinde nach dem Leben trachten. Nach erstem Zögern nimmt Ittoki sein Schicksal schlussendlich an.

Leben eines Nachwuchsninja

In der ersten Serienhälfte erhält der Zuschauer einen Einblick in die Schulausbildung von Ittoki, denn seine bisherige Schule darf er nicht mehr besuchen. Stattdessen muss er seine schulische Laufbahn an der einzigen staatlich organisierten Ninja-Oberschule Japans fortführen. Ja, das ist so bescheuert, wie es klingt – und auch Shinobi no Ittoki macht keinen Hehl daraus. Neben der Theorie muss Ittoki zusammen mit seinen neuen Freundinnen Kisegawa Kirei und Suzunone Ryōko sowie seiner Adoptivschwester Minobe Kōsetsu auch die Praxis lernen. Direkt bei der ersten Trainingsstunde werden die Nachwuchsninja in Ganzkörperanzüge gezwängt, die sie vor jeglichen Gefahren schützen, solange der Kern der Kleidung aktiv bleibt. Schön und gut, doch Ittoki scheint ernsthafte Probleme zu haben, im neuen Alltag aufzuleben. Nichtsdestotrotz sei gesagt, dass er im Verlauf der zwölf Episoden umfassenden Anime-Serie über sich hinauswächst und anstehende Probleme auf seine eigene Art und Weise meistert. In Shinobi no Ittoki wird aber nicht nur das Thema Freundschaft im Rahmen des Coming-of-Age-Konzepts thematisiert. Auch Rivalität, Betrug, Verrat und Loyalität nehmen einen sehr hohen Stellenwert ein. Dies liegt auch am Storytwist, der die Serie in zwei Hälften teilt. Hier verliert Ittoki eine wertvolle Bezugsperson, wodurch der Humor in den Hintergrund tritt.

In Dörfern organisierte Klans

Zwar klingt das Szenario nicht sonderlich spannend, da derlei Schulen, Gilden oder ähnliches vorher schon sehr oft in Anime behandelt wurden, doch gerade durch das Verschieben des Endziels gelingt der Serie ein Spagat, an dem viele andere Werke scheitern. Mit der Zeit erfährt der Zuschauer immer mehr über die Welt, in der Shinobi no Ittoki spielt. Unter anderem lässt sich aus den Dialogen entnehmen, dass Ninja im Verborgenen leben. Sie sind in sogenannten Dörfern organisiert, wobei das Dorf wie im Falle von Iga nicht unbedingt ein Dorf im herkömmlichen Sinne sein Muss. Die feindlichen Kōga leben offenbar in einem Büroturm und zeigen sich nach außen als Konzernangestellte. Bei den Saiga handelt es sich wiederum um Fabrikanten, die die Ninja sämtlicher Klans mit neuen Technologien unterstützt. Damit sich die Ninja sich nicht gegenseitig abschlachten, stehen sie unter dem Schutz der polizeilich wirkenden Ninja-Sicherheit. Dennoch dürfte auch hier, wie in der Ninja-Oberschule, die Devise lauten, dass Regelverstöße in Ordnung sind, solange der Täter dabei nicht erwischt wird. Allen voran der Tod des Kōga-Oberhaupts entwickelt sich so zum Streitpunkt mit den Iga. Trotz der auf zwölf kurze Folgen beschränkten Erzählmöglichkeit gelingt es Troyca, ein wirklich nachvollziehbares Bild der Welt von Shinobi no Ittoki zu zeichnen. Hut ab!

Nahezu einwandfreies Gesamtbild

Apropos Bild: Die klugen Köpfe bei Troyca, die qualitativ hochwertige Anime-Serien wie die großartige Science-Fiction-Mecha-Action Aldnoah.Zero zu verantworten haben, spielen auch bei Shinobi no Ittoki ihre Trümpfe aus. So setzt das Team um Regisseur Watanabe Shū auf hochwertige wie schön gezeichnete Hintergründe, die mit tollen Licht- und Spezialeffekten aufgewertet werden. Hinzu kommen flüssige Animationen, die gerade in den Kämpfen überzeugen. Lediglich die Gestik und die Mimik der Charaktere sind ausbaufähig, da sie manchmal zu steif wirken, was aber je nachdem ganz gut zur durchdachten Haltung der Ninja passt. Beim Soundtrack sind Klänge vom Komponistenduo Tomisiro zu hören, welche die überaus dichte Atmosphäre bereichern. Das Vorspannlied Hikari von der Musikgruppe Humbreaders ist zudem eines der besten Stücke, die in den letzten Jahren in Anime auftreten. In der zweiten Serienhälfte wird auf das Opening jedoch weitgehend verzichtet, um den düsteren Ton zu unterlegen, der angeschlagen wird. Beim Abspannlied ist wiederum Oboetate von Hockrockb zu hören, was als angenehmer Rausschmeißer identifiziert werden kann. Wie beim Intro wird gelegentlich auch auf diesen Song verzichtet, um stattdessen während der laufenden Credits mehr Screentime für das Geschehen zu haben. Shinobi no Ittoki ist bis zuletzt durchdacht!

Geschrieben von Eric Ebelt

Erics Fazit (basierend auf dem Stream bei Crunchyroll): In meinen Augen ist Shinobi no Ittoki ein inszenatorisch mitreißendes Ninja-Drama, das anfangs etwas zu seicht wirkt, in der zweiten Hälfte aber ernste Töne anschlägt. Ein ungewöhnlicher Spagat, der im Gesamtpaket aber bestens funktioniert. So können sich die Hauptcharaktere allesamt wunderbar entfalten. Sie werden vielschichtig dargestellt. So zweifeln die Figuren früher oder später im Handlungsverlauf an sich selbst, schaffen es aber immer wieder, ihren Weg zu gehen und ihre Ziele zu erreichen. Obwohl die insgesamt zwölf Episoden nur an der Oberfläche der Figuren kratzen können, funktioniert das Zusammenspiel der Akteure hervorragend. Das liegt auch daran, dass sich Story-Momente und Action-Sequenzen die Waage halten und in genau der richtigen Dosierung vorliegen. Die Musik passt ebenso zum Geschehen und bietet sogar ein paar Stücke, die fernab vom hervorragenden Intro im Gedächtnis bleiben. Shinobi no Ittoki ist eine der wenigen Anime-Serien, die nach zwölf Episoden abgeschlossen zu sein scheint. Eine weitere Staffel würde ich mit Kusshand begrüßen, doch auch so macht das Spektakel einiges her. Wer Ninja in einem modernen Setting mag, kommt um die Serie nicht herum!

Vielen Dank an Crunchyroll für die freundliche Bereitstellung des Zugangs zum Streaming-Angebot!

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