Review: Mobile Suit Gundam

Obwohl Mobile Suit Gundam weltbekannt ist, wurde die Anime-Serie aus dem Jahr 1979 nie auf Deutsch synchronisiert. Streaming-Anbieter Crunchyroll will die Kulturlücke füllen, bietet aber nur deutsche Untertitel zum Originalton, was aber absolut kein Hindernis sein sollte!

Nicht vielen Anime-Serien ist das Glück so hold wie Mobile Suit Gundam. Als die Serie von 1979 bis 1980 das erste Mal im japanischen Fernsehen ausgestrahlt wurde, blieb der erwartete Erfolg aus. Das Werk von Erfinder, Autor und Regisseur Tomino Yoshiyuki erreichte lediglich Einschaltquoten im einstelligen Bereich. Obwohl anfangs 52 Episoden geplant waren, drohte der Serie die Einstellung nach 39 Folgen. Tomino und sein Team haben es geschafft, vier weitere Episoden auszuhandeln, um die Geschichte zu einem Abschluss zu bringen. Die Story des 43-teiligen Werks dreht sich um den jungen Tüftler Amuro Ray, der auf der Raumstation Side 7 lebt. Zu Beginn der Handlung wird die zylinderartige Raumstation, in dessen Innern eine erdähnliche Atmosphäre existiert, von den Sturmtruppen des Fürstentums Zeon infiltriert. Durch Schäden an der Außenhülle ist die Bevölkerung von Side 7 gezwungen, aus ihrer Heimat zu fliehen. Bei der Flucht bemerkt Amuro, wie sein Vater versucht, sein Militärprojekt in Sicherheit zu bringen. Hierbei handelt es sich um das titelgebende Mobile Suit General Utility Non-Discontinuity Augmented Maneuvering (System), ein humanoid wirkender Riesenroboter, der die Wende im aussichtslos erscheinenden Krieg zwischen der Erdföderation und Zeon bringen soll. Amuro folgt einem inneren Impuls und steigt in den Gundam ein.

Spannende Charakterentwicklung

Nachdem sich Amuro der Angreifer entledigt hat, macht sich die White Base, ein Raumschiff der Erdföderation, mit dem Gundam an Bord zurück zur Erde auf. Immer auf der Flucht ist die fast durchweg von Captain Bright Noa angeführte Mannschaft vor den Truppen des Fürstentums. Es entwickeln sich zahlreiche Scharmützel und Schlachten, die in der Regel zugunsten der Erdföderation ausgehen, aber immer wieder mit Toden von Nebencharakteren auf beiden Seiten überraschen. In diesem Zuge kristallisiert sich der Pilot Char Aznable als Gegenspieler heraus, der für Zeon kämpft. Er bewundert den Gundam und zunehmend die Fähigkeiten dessen Piloten Amuro. Hierbei entwickelt sich eine Rivalität, die den Ausgang des Krieges maßgeblich mitbestimmt. Mobile Suit Gundam schildert neben diesen drei Charakteren, wie bereits angedeutet, unzählige Schicksale. Wichtige Figuren sind unter anderem Sayla Mass, die ebenso an Kampfeinsätzen teilnimmt und darüber hinaus eine besondere Beziehung zu Char zu haben scheint. Auch Fraw Bow, Amuros Freundin von Side 7, bleibt an Bord der White Base und wird zur Kommunikationsoffizierin. Weitere Besatzungsmitglieder stehen in Freundschaft oder Rivalität zu Amuro, dem als eine Art Wunderkind offenbar alles auf Anhieb zu gelingen scheint, aber mehr und mehr an die Grenzen seiner Belastbarkeit kommt.

Zirkulierende Handlungselemente

Trotz der guten Charakterisierung sämtlicher Figuren wiederholen sich viele Handlungselemente von Mobile Suit Gundam zunehmend. So steht in jeder Episode mindestens eine Auseinandersetzung zwischen Amuro im Gundam und den Antagonisten von Zeon auf der Tagesordnung. Soll heißen, dass sowohl die Ausgangslage als auch viele Episoden von Mobile Suit Gundam in ihrer Erzählstruktur sehr simpel ausfallen. Überwiegend findet die Handlung daher in den Cockpits der roboterartigen Kampfmaschinen oder an Bord der unterschiedlichen Raumschiffe statt. Hin und wieder nutzt Animationsstudio Sunrise aber die Gelegenheit und lässt die Story aus dem starren Konstrukt ausbrechen. Während des Handlungsstrangs, der im wahrsten Sinne des Wortes im Luftraum der Erde stattfindet, erhält der Zuschauer einen Einblick in den politischen Status der Heimat der Menschen. Auch ist Amuro gelegentlich als Einzelgänger per pedes unterwegs und trifft in ziviler Kleidung auf seine Gegenspieler, die ihn so natürlich nicht erkennen. Ganz selten wird auch schon mal das Fürstentum oder eine andere Raumstation in den Mittelpunkt der Geschichte gerückt, doch ist dies die absolute Ausnahme. Dadurch erweckt Mobile Suit Gundam spätestens nach der ersten Serienhälfte den unschönen Eindruck, dass die Serie unbedingt in dieser epischen Breite erzählt werden müsse.

Wunderbare Zeichenkunst

Mitunter mag diese Designentscheidung ein Grund dafür sein, warum die Serie zunächst nicht vom japanischen Publikum angenommen wurde. Erst mit dem Verkauf der Rechte ans Unternehmen Bandai, das eine weltweite Marke aus Mobile Suit Gundam gemacht hat, wurde der Anime deutlich erfolgreicher. An der audiovisuellen Gestaltung hat es definitiv nicht gelegen, denn für das Jahr 1979 begeistert die Serie mit handgezeichneten Umgebungen, detaillierten Charaktermodellen und verhältnismäßig flüssigen Animationen. Gerade wenn Protagonist Amuro im Cockpit des Gundam Platz nimmt, mit einem Gewehr auf seine Gegner feuert oder für den Nahkampf lichtschwertähnliche Waffen nutzt, welche die Duelle in riesigen Explosionen münden lassen, erfreut das jeden Action- und Science-Fiction-Fan. Für die Musik, deren Stücke sich zwar häufig wiederholen, dafür aber womöglich umso besser ins Ohr gehen, zeichnen sich der 1989 verstorbene Watanabe Takeo und der 2017 verschiedene Matsuyama Yūshi verantwortlich. Den beiden Komponisten gelingt es, sowohl die hitzige Weltraumstimmung als auch die zwischenmenschlichen Begegnungen wunderbar zu untermalen. In seiner Summe ist Mobile Suit Gundam erzähltechnisch zwar ausbaufähig, doch charakteristisch und inszenatorisch bleibt das Werk von Tomino Yoshiyuki ein sehenswerter Klassiker.

Geschrieben von Eric Ebelt

Erics Fazit (basierend auf dem Stream bei Crunchyroll): Mobile Suit Gundam gilt nicht nur als Anime-Klassiker, sondern zugleich als Begründer eines ganzen Genres. Womöglich mag dies den einen oder anderen Zuschauer verwundern, bedient sich die Serie ein wenig frech an 1979 bereits etablierten Science-Fiction-Mustern. Davon sollte sich aber niemand abbringen lassen. Es lohnt sich wirklich – trotz ihrer nicht von der Hand zu weisenden Defizite –, sich auf die Anime-Serie einzulassen. Wer sich einmal in die Rolle von Protagonist Amuro Ray versetzt, kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Gewaltige Scharmützel, in denen für das Jahr 1979 äußerst flüssig animierte Vehikel gegeneinander kämpfen, auseinander fallen oder gar in die Luft fliegen und explodieren, stehen für sich. Noch dazu bekommen alle wichtigen Figuren und sogar Nebencharaktere genügend Screentime, sodass diese gar nicht mal so austauschbar wirken, wie zunächst angenommen werden könnte. Nur dass die Erzählstruktur in den meisten Episoden sehr ähnlich ausfällt und alles auf den nächsten Kampf hinausläuft, ist ein wenig schade. Dabei bietet die Serie doch einige interessante Schauplätze, die aber nur bedingt zur Geltung kommen. Gerade zum Ende der 43 Episoden, von denen eine übrigens nicht im Angebot von Crunchyroll enthalten ist, kommen noch weitere spannende Hintergründe hinzu, die das Universum ausbauen. Mobile Suit Gundam ist definitiv nicht perfekt und aufgrund der Erzählstruktur für den einen oder anderen möglicherweise zu stumpf, aber wer darüber hinweg sieht, kommt wahrlich in den Genuss eines echten Klassikers!

Vielen Dank an Crunchyroll für die freundliche Bereitstellung des Zugangs zum Streaming-Angebot!

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