Review: Endless Ocean: Luminous

Überraschend wurde Endless Ocean: Luminous im Februar 2024 in einem Nintendo Direct Partner Showcase vorgestellt. Anfang Mai 2024 ist die Tauchsimulation von Entwicklerstudio Arika auch schon erschienen – und reicht leider nicht ganz an den Vorgänger von 2009 heran.

Es ist schon verrückt, dass eine zweiteilige Serie, die in den späten 2000er-Jahren auf der Wii für Aufsehen sorgte, fast fünfzehn Jahre lang ohne Nachfolger bleibt. Auch wenn die beiden Serienteile Endless Ocean und Endless Ocean 2: Der Ruf des Meeres vielleicht nicht die großen Hits waren, so haben sie dennoch eine treue Fangemeinde aufgebaut. Statt die technischen Möglichkeiten der Wii U zu nutzen, hat sich Arika lieber kleineren Spielen gewidmet oder Unterstützungsarbeit bei anderen Projekten geleistet. Das sind zwar sehr wohl löbliche Aufgaben, doch ein mögliches Endless Ocean 3 ließ lange auf sich warten und verkam mehr und mehr zur Fantasterei. Anfang Mai 2024 hatte das Warten endlich ein Ende und Fans der Vorgänger konnten bei der von Nintendo veröffentlichten Tauchsimulation sofort zugreifen. Endless Ocean: Luminous, so der Name der dritten Episode, macht jedoch einiges anders. Ein Schritt vor, aber zwei Schritte zurück, könnten wir sagen. Spielgewohnheiten haben sich im Laufe der 2010er-Jahre eben geändert. Das haben sich vermutlich auch die Entwickler bei Arika gedacht, welche die Tauchsimulation entsprechend für eine neue Käuferschicht angepasst haben. Dass sich diese nicht gänzlich mit der damaligen Zielgruppe deckt, wird im Verlauf der zerstückelten Kampagne, der generischen Spielwelt und Mehrspielerpartien deutlich.

Zerstückelter Story-Modus

Im Story-Modus von Endless Ocean: Luminous schlüpfen wir in die Rolle eines Tauchers, dem einfach der Name unseres Spielerprofils auf der Switch gegeben wird. Er ist also eine Hülle, die wir im Verlauf des Spiels höchstens mit andersfarbigen Tauchanzügen oder auf diesen zu befestigenden Stickern personalisieren können. Unsere Aufgaben erhalten wir von der künstlichen Intelligenz Kiki, die uns in die Spielmechanik einführt. Unterstützung erhalten wir wiederum vom Taucher Daniel, mit dem wir zusammen im Meer das Geheimnis um zwei leuchtende Bäume lösen müssen. Wir sollen verhindert, dass die Leuchtkraft dieser Unterwasserbäume erlischt und ihre Beziehung zu unbekannten Lebewesen im kühlen Nass herausfinden. Was zumindest interessant klingt, wird durch die Progression fast vollständig zunichte gemacht. Das liegt daran, dass die einzelnen Kapitel der Story mit fünf bis zehn Minuten unfassbar kurz sind. Neue Kapitel schalten wir nur frei, indem wir Tauchgänge außerhalb des Story-Modus erledigen und hunderte bis tausende Meeresbewohner scannen. Obwohl die Reihe in der Vergangenheit immer einen entspannten Ansatz verfolgte, fühlen wir uns in Endless Ocean: Luminous so einfach nur gehetzt. Damit wir auch nur ein neues Kapitel der Story freischalten, müssen wir erst einmal ein bis zwei Stunden lang auf Tauchstation gehen.

Generische Spielwelt

Es steht uns jederzeit frei zu entscheiden, ob wir alleine oder mit anderen Spielern das Meer erkunden möchten. Letzteres funktioniert aber nur online, denn einen Splitscreen-Modus im Offline-Spiel gibt es nicht. Jedes Mal, wenn wir einen Tauchgang starten, generiert sich die Welt neu. Soll heißen, dass es keine wirklich von Hand gebauten Areale wie in den Vorgängern gibt. Hin und wieder gibt es zwar besondere Orte wie einen tiefen Graben, ein Schiffswrack, ein verrostetes Unterseeboot, Korallenriffe oder eine Höhle zu entdecken, doch durch die Zufälligkeit wirkt alles unfassbar austauschbar. Immerhin können wir in Endless Ocean: Luminous die Session unterbrechen und später im selben Gebiet fortfahren, möchten wir es tatsächlich bis in den letzten Winkel erkunden. Auch können wir uns die Identifikationsnummer des Areals notieren und an Freunde außerhalb des Spiels weiterreichen, damit sie sich selbst von diesem Teil der generischen Spielwelt „überzeugen“ können. Spielen wir hingegen online, können bis zu dreißig Spieler das Gebiet unsicher machen. Letzteres möchten wir auch klar empfehlen, denn wer online spielt, bekommt von Fremden wie Freunden hilfreiche Tipps, wo sich Schätze oder besondere Fische befinden. Wir revanchieren uns, indem wir ebenfalls auffällige und auf der Karte sichtbare Marker setzen, sobald wir etwas Besonderes entdecken.

Motivierende Fisch- und Schatzsuche

Hauptziel von Endless Ocean: Luminous ist schlicht das Scannen von rezenten, ausgestorbenen, mythologischen oder schlicht ausgedachten Unterwasserwesen. 578 Kreaturen gibt es an der Zahl. Diese versprechen etliche Stunden Spielspaß, gerade wenn wir wirklich alle Fische, Krusten- und Säugetiere für unsere Enzyklopädie protokollieren wollen. In diesem Punkt gibt es auch wenig zu rütteln, denn für jedes protokollierte Lebewesen schalten wir einen interessanten Eintrag mit Hintergrundinformationen frei. Daneben können wir in der Unterwasserwelt noch 340 Schätze aufspüren. Für jeden Fund und jeden Scanvorgang erhalten wir darüber hinaus Punkte, die am Ende eines Tauchvorgangs in Geld umgewandelt werden. Damit können wir neue Farben und Sticker für unseren Taucher oder Gesten für den Online-Modus erwerben. All das hat aber keinerlei Auswirkungen auf die Spielmechanik, die Veränderungen sind rein kosmetisch und nichts weiter als schnödes Beiwerk. Sonderlich hilfreich sind die Gesten übrigens auch nicht, denn normalerweise konzentrieren wir uns nur auf die auf der Karte gesetzten Markierungen, um Schätze oder Fische möglichst flott aufzuspüren. In regelmäßigen Abständen können wir im Areal spezielle, aber eigentlich stinknormale Meeresbewohner scannen, damit eine besonders seltene Kreatur in Endless Ocean: Luminous erscheint.

Mittelmäßiges Gesamtpaket

Zu guter Letzt gibt es noch 99 Hinweise zum untergegangenen Volk der Oannes zu entdecken. Hierfür ist es notwendig, Schätze zu heben, diverse Hinweise zu suchen oder Lebewesen zu bestimmten Orten zu geleiten. Somit gibt es zwar viel zu tun, doch fühlen sich diese Aufgaben wie langweilige Open-World-Mechaniken an, ohne dass diese mit Icons auf der Karte ersichtlich wären. Wegrationalisiert hat Arika weitere Mechanismen, denn der Sauerstoffvorrat ist im Gegensatz zu dem proklamierten wie titelgebenden Meer endlos. Haiangriffe oder Schocks durch Zitteraale sind nicht vorgesehen. Gerade hier hätten die Entwickler ansetzen können. Obwohl die Tauchsimulation in spieltechnischer Hinsicht alles andere als gelungen ist, kann der Titel unter technischen Gesichtspunkten etwas mehr überzeugen. So läuft das Spiel online wie offline flüssig. Optisch könnte der Titel in puncto Umgebungsgrafik deutlich mehr liefern, Abhilfe schaffen die hübsch gestalteten wie animierten Fische. Für die Atmosphäre hätten wir uns in Endless Ocean: Luminous ein funktionierendes Jäger-Beute-Konzept gewünscht, was technisch machbar wäre. Die klassisch angehauchte Musik macht es erträglicher. Am schlimmsten ist die von einer künstlichen Intelligenz gesprochene künstliche Intelligenz Kiki. Diese ist nicht nur monoton und anstrengend, Nintendo und Arika treten damit auch den Synchronsprecherberuf mit Füßen. Serienfans können über die Defizite womöglich hinwegsehen. Alle anderen sollten lieber den guten zweiten Teil auf der Wii nachholen.

Geschrieben von Eric Ebelt

Erics Fazit: In einer Welt, in welcher der Anspruch an durchweg gelungene Videospiele immer weiter sinkt, ist Endless Ocean: Luminous sehr gut aufgehoben. Es ist dem Spiel an jeder Stelle anzumerken, dass es sich an eine Zielgruppe richtet, die keine große Aufmerksamkeitsspanne hat oder einfach nur schnell Erfolgserlebnisse erzielen will und dafür über Stunden hinweg repetitives Gameplay in Kauf nimmt. Zu dieser Zielgruppe kann ich mich nicht zählen oder zumindest geht diese Rechnung bei Endless Ocean: Luminous für mich nicht auf. Zufallsgenerierte statt von Entwicklern geschaffene einzigartige Spielwelten nerven auf Dauer, wenn darunter der Story-Modus leidet. Um diesen voranzutreiben muss ich mich stundenlang durch langweilige Unterwasserwelten kämpfen und tausende Fische scannen – nur um im Anschluss fünf Minuten von der Geschichte als Dank präsentiert zu bekommen. Gerade Solisten dürften nicht lange Freude daran haben. Im Multiplayer-Modus funktioniert das Erforschen der generischen Spielwelt besser, da andere Spieler stets auf Besonderheiten hinweisen. Sonderlich atmosphärisch ist aber auch das nicht, da die Karte irgendwann nur noch mit Symbolen vollgekleistert ist. Allgemein leidet die Atmosphäre abseits dessen darunter, dass es keinen Sauerstoffvorrat mehr gibt und selbst aggressive Meeresbewohner handzahm sind. Für mich ist Endless Ocean: Luminous leider ein klarer Rückschritt. Das heißt nicht, dass ich mit dem Spiel keinen Spaß habe, aber eben bei Weitem nicht mehr so viel wie früher. Serienfans dürften beide Augen zudrücken können, doch wer in den Genuss einer gelungenen Tauchsimulation kommen will und auf den durchaus guten Mehrspielermodus verzichten kann, sollte – falls noch nicht geschehen –, lieber den zweiten Serienteil auf der Wii nachholen.

Vielen Dank an Nintendo für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Endless Ocean: Luminous!

2 Kommentare zu “Review: Endless Ocean: Luminous

  1. Danke für die kritische Rezension! Es ist schade, dass der etwas überraschende neue Ableger an die Qualitäten an die Vorgänger auf der Wii nicht heranreicht, obwohl ja sogar dasselbe Entwicklerteam dafür verantwortlich zeichnet. Ich muss sagen, dass mich auch schon der vercasualisierte Look eher abstößt, der das Potential verschenkt, eine wirklich beeindruckende Unterwasser-Flora-und-Fauna-Darzustellen. Von den Vorgängern hab ich viel gelesen und gehesen, aber es wird Zeit, dass ich die auch mal selbst nachhole. Der zweite Teil ist deiner Meinung nach also der bessere?

    • @Sylvio Konkol
      Vielen Dank für deinen Kommentar. Absolut, der zweite Serienteil gefällt mir am besten. Ich kann aber nur empfehlen, die Reihe in genau der Reihenfolge nachzuholen, in der sie erschienen ist, um die Aufs und Abs besser verstehen zu können. Der erste Teil kostet gebraucht auch nicht so viel, was eventuell auch ganz gut wäre, um einfach mal in die Serie reinzuschnuppern. Beim zweiten Teil muss man schon etwas mehr hinblättern, hält sich zum Glück aber noch im Rahmen. Vielleicht können wir uns ja noch über HD-Remakes freuen, aber nach dem „desaströsen“ Verkaufsstart des dritten Teils gehe ich eher nicht mehr davon aus, dass wir so schnell noch einmal etwas von der Reihe hören werden.

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