Wenn ein Autor, ein Regisseur oder ein Geschichtenerzähler mit einer speziellen Handlung beginnt, so ist ihr Ausgang oft ungewiss und es dauert nicht selten Jahre, bis der entstandene Konflikt gelöst wird. So geschah es auch mit Mobile Suit Gundam: Char’s Counterattack.
Nachdem die Rechte an Mobile Suit Gundam durch die bei der Erstausstrahlung nur wenig erfolgreiche Anime-Serie an Bandai abgetreten worden sind, entwickelte sich über die Jahre ein regelrechtes Franchise heraus. Nach und nach wurde und wird das von Tomino Yoshiyuki erdachte Universum mit neuen Fernsehserien, Kinofilmen und Videospielen gefüllt. Obwohl mit Mobile Suit Zeta Gundam und Mobile Suit Gundam ZZ zwischen 1985 und 1988 zwei weitere Anime-Serien erschienen, die noch dazu in derselben Zeitlinie angesiedelt sind, kam 1988 mit Mobile Suit Gundam: Char’s Counterattack der erste eigenständige Kinofilm in die japanischen Lichtspielhäuser. Auch wenn die vorherigen Serien zur Einordnung der Geschehnisse helfen, ist es nicht erforderlich, diese auch tatsächlich konsumiert zu haben. Nichtsdestotrotz ist es zumindest angebracht, sich vorher Mobile Suit Gundam von 1979 anzusehen, da Char’s Counterattack maßgeblich auf die Rivalität zwischen Protagonist Amuro Ray und Antagonist Char Aznable setzt. Wer nicht gespoilert werden will, sollte das Review an dieser Stelle abbrechen, sich unserer Rezension der Serie widmen und diese im besten Falle gleich nachholen. Mobile Suit Gundam ist, sobald einmal der Zugang gefunden wurde, ein wahrer Klassiker, dessen Magie auch im acht Jahre später entstandenen Kinofilm noch zu spüren ist.
Von Hass und Ehrgeiz geplagt
Vierzehn Jahre nach den Geschehnissen von Mobile Suit Gundam stellt sich heraus, dass das besiegte Fürstentum Zeon im Geheimen eine Armee aufgestellt hat. Unter der Führung von Char, dem der Anspruch auf den Thron in Kindheitstagen durch einen Putsch verwehrt wurde, soll Neo-Zeon zu neuem Glanz erstrahlen. So geschieht es, dass in Char’s Counterattack der Krieg gegen die Erdföderation neu entfacht wird. Getrieben von Ehrgeiz und Hass setzt Char alles daran, seinen Gegenspieler Amuro zu besiegen und im selben Atemzug alles Leben auf der Erde zu vernichten. Hierzu plant der ehemals als roter Planet bekannte Char einen Asteroiden auf die Erde stürzen zu lassen. Wie passend! Er bezweckt damit nach wie vor sein Ziel, den sogenannten Newtypes, Menschen mit übernatürlichen Kräften, den Weg in die Zukunft zu bahnen. Eingewickelt ist die Geschichte abermals in verschiedenen zwischenmenschlichen Beziehungskonstrukten auf beiden Seiten der Kampfparteien, die aber teilweise miteinander verbunden sind. So zieht Char Quess Paraya, die Tochter des Vize-Außenministers der Erdföderation auf seine Seite und instrumentalisiert sie aufgrund ihrer Kräfte, gegen ihre eigene Nation in den Krieg zu ziehen. Durch das Auftreten ihres Vaters, der einen Waffenstillstand aushandeln will, bleibt der Konflikt in Char’s Counterattack durchweg politisch verankert.
Kämpfe bis zum bitteren Ende
Wer alles verstehen will, sollte aber Japanisch- oder zumindest gute Englischkenntnisse mitbringen, denn weder gibt es eine deutsche Synchronisation noch Untertitel bei Crunchyroll. Im circa zweistündigen Film bekommt es der Zuschauer aber wie in der Anime-Serie überwiegend mit Gefechten zu tun, die über die gesamte Laufzeit ausgetragen werden. Es bleibt kaum fünf Minuten still, da rücken Amuro und Co zum nächsten Kampfeinsatz aus. Hieran ist exemplarisch festzustellen, dass die Technik kontinuierlich voranschreitet. In den vierzehn Jahren innerhalb des Serienuniversums werden Gundams inzwischen, mit gewissen Abstufungen, massentauglich auf beiden Seiten produziert, sodass in gewisser Weise ein Gleichgewicht zwischen den Kriegsparteien besteht. Newtypes wie Amuro sind jedoch klar im Vorteil, weshalb Neo-Zeon offenbar interveniert und Amuros Möglichkeiten auf Bewusstseinsebene einschränkt. Es ist jedoch nicht nur auf inhaltlicher Ebene viel passiert. In den acht Jahren zwischen Serie und Film gab es auch große Sprünge in der Anime-Industrie, wodurch sich computeranimierte Rotationen zu den auch so schon recht flüssigen handgezeichneten Animationen hinzugesellen. Es macht wirklich Spaß, den Schlachten bis zum bitteren Ende zu folgen, was nicht zuletzt an der tollen Musik liegt. Es kommen zwar keine Stücke aus der Serie vor, doch Komponist Saegusa Shigeaki verleiht der Dramatik seine ganz persönliche Note.
Geschrieben von Eric Ebelt
Erics Fazit (basierend auf dem Stream bei Crunchyroll): Nachdem ich Mobile Suit Gundam gesehen habe, wollte ich unbedingt wissen, wie die Geschichte um Amuro Ray und Char Aznable weitergeht. Davon ist zwar auch etwas in den beiden Nachfolgeserien zu sehen oder zu hören, doch die Auflösung des Konflikts gibt es erst in Mobile Suit Gundam: Char’s Counterattack. Tatsächlich wird die ikonische Auseinandersetzung zwischen beiden Akteuren bis zur letzten Filmminute ausgetragen. Ich möchte nicht verraten, wie diese ausgeht, doch bin ich mit der Lösung zufrieden, obwohl sie mich etwas traurig stimmt. Mit dem Gesamtpaket sieht das aber ein wenig anders aus. Ich mag die Geschichte und die Geschwindigkeit, in der sie erzählt wird. Der Umgang mit Nebencharakteren ähnelt zwar auch der Struktur der Serie, doch wenn in einem Kinofilm neue Charaktere hinzukommen, die wichtig für das Voranschreiten der Story sind, dann sollten deren Momente größeres Gewicht haben oder zumindest nicht störend sein. Quess Paraya ist beispielsweise so eine Figur, die inhaltlich funktionieren mag, aber als unfassbar nerviger Charakter eher Ballast für den Film ist. Audiovisuell gibt es aber nichts zu beanstanden, denn sowohl die gezeichneten Grafiken, die flüssigen Animationen als auch die Musik und die Soundeffekte stehen einmal mehr für sich. Wer Mobile Suit Gundam als Serie schon mochte, wird auch viel Freude mit Char’s Counterattack haben!
Vielen Dank an Crunchyroll für die freundliche Bereitstellung des Zugangs zum Streaming-Angebot!