1971 erhielt der Manga von Katō Kazuhiko, besser bekannt unter seinem Pseudonym Monkey Punch, seine erste Anime-Umsetzung. Genau fünf Jahrzehnte später startete die inzwischen sechste Staffel von Lupin III. in Japan, die seit 2023 auch auf Crunchyroll verfügbar ist.
Meisterdieb Arsène Lupin III. hat sich jahrzehntelang einen echten Kultstatus aufgebaut – und das obwohl die Figur gerade im deutschsprachigen Raum nur bedingt bekannt ist. Zum Glück hat sich dies durch Crunchyroll in den letzten Jahren geändert, die in ihren Katalog verschiedene Werke um die titelgebende Figur Lupin aufgenommen haben – und das sogar weitestgehend in einer deutschen Synchronisation. Im Gegensatz zu den bislang im deutschsprachigen Raum bekannten Titeln setzt der sechste Serienteil im Rahmen der 25 enthaltenen Folgen auf gleich zwei Handlungsbögen, in denen die Episoden in den meisten Fällen sogar konsekutiv aufeinander aufbauen. In der ersten Staffelhälfte von Lupin III. – Part 6 verschlägt es Lupin in die britische Hauptstadt London. Lupin wäre aber nicht Lupin, wenn er nicht noch seine drei Komplizen im Schlepptau hätte. Mit von der Partie sind abermals der Revolverheld Jigen Daisuke, der ehrenvolle Samurai Ishikawa Goemon XIII. und die Femme Fatale Mine Fujiko, in die Lupin unsterblich verliebt ist. Im Gegensatz zu früheren Abenteuern gehören Goemon und Fujiko zum festen Figuren-Ensemble, die Lupin nicht von der Seite weichen. Zenigata Kōichi, ein Strafverfolger von Interpol, ist ihnen zwar jederzeit dicht auf den Fersen, hat im Gegenzug zu Lupins Komplizen aber wesentlich an Screentime eingebüßt – und zwar aus gutem Grund.
Zwei Handlungsbögen mit frischen Charakteren
London dient nicht nur als Kulisse für neue Streifzüge, sondern bietet auch Platz für ein paar neue Figuren. Allen voran sind damit Charaktere gemeint, die Schriftsteller Sir Arthur Ignatius Conan Doyle zwischen 1887 und 1927 in seiner Romanreihe Sherlock Holmes erdacht hat. So tritt auch der titelgebende Detektiv selbst auf, der im Begriff ist, den Mord an seinem ehemaligen Partner John Watson aufzuklären. Unterstützung erhält er von dessen Tochter Lily, die den Mord mit angesehen hat. Obwohl sie noch sehr jung ist, hat sie seit jeher das Gesicht des Täters vor Augen, wie er mit einer Waffe über dem Leichnam ihres Vaters steht. Wie es der Zufall so will, stammt der Mörder offenbar aus der Lupin-Bande. Entsprechend nimmt der britische Detektiv das Angebot von Zenigata an, gemeinsam gegen Lupin und Co vorzugehen. Das Geschehen bleibt jedoch zumeist auf Sherlock konzentriert. Zwischendurch kommt es in Lupin III. – Part 6 noch zu ein paar Nebengeschichten, die nur bedingt mit Watsons Tod und der mysteriösen Organisation Raven verknüpft sind. In der zweiten Staffelhälfte kann der Zuschauer in die Kindheit des Hauptdarstellers eintauchen. Unter anderem präsentiert die Serie eine Theorie, wer denn die Mutter des Meisterdiebs sein könnte. Die mysteriöse Tomoe steht jedoch nicht nur Lupin sehr nahe, sondern auch einer Reihe Damen aus Lupins Abenteuern.
Bekannter Kern, anderer Ansatz
Welche großen Geheimnisse Lupin III. – Part 6 aufdeckt, sollte der Zuschauer jedoch lieber selbst herausfinden. Definitiv ist es unterhaltsam, Lupin, Sherlock Holmes und trotz seiner wenigen Auftritte Zenigata dabei zu verfolgen, der Lösung der Rätsel Stück für Stück näher zu kommen. Den ganz großen Coup tüfteln Lupin und Co dieses Mal aber nicht aus, was ein wenig schade ist, denn eigentlich lebt die Anime-Serie doch davon, den Meisterdieb dabei zuzuschauen, wie er andere Personen überlistet. Hier hat die sechste Season klar das Nachsehen zur ersten Staffel von 1971. Mitreißender und strukturierter als Lupin III. – The Woman called Fujiko Mine ist das 25-teilige Werk aber definitiv. Wer von dem Spin-off abgeschreckt ist, kann sich mit dem Franchise an dieser Stelle wieder versöhnen. Schlecht ist das alles wie gesagt ganz und gar nicht, doch legt die Anime-Serie ihren Fokus diesmal eben etwas anders. In audiovisueller Hinsicht fällt das Werk von Animationsstudio TMS Entertainment typisch für das Jahr 2021 aus. Soll heißen, dass gerade die Charaktere mit vielen Details überzeugen, sich aber häufig zu stark vom Hintergrund abheben. Auch die dreidimensionalen Effekte, die hier und da zum Einsatz kommen, wirken wie leichte Fremdkörper. Der gelungene Soundtrack von Ōno Yūji reißt es wieder raus. Unterm Strich ist Lupin III. – Part 6 eine angemessene Fortsetzung geworden, die trotz gelegentlicher Längen bis zur letzten Minute spannend bleibt.
Geschrieben von Eric Ebelt
Erics Fazit (basierend auf dem Stream bei Crunchyroll): Auch wenn ich nicht verstehe, warum neben dem ersten Part der Anime-Serie lediglich der sechste Teil bei Crunchyroll zur Verfügung steht und damit hunderte Episoden überspringt, ist Lupin III. – Part 6 dennoch eine nachvollziehbare Fortsetzung. Da es jedoch an einer gescheiten Exposition fehlt, dient die Staffel aber keineswegs als Einstiegspunkt. So sind die Charaktere bereits etabliert. Zudem stehen in manchen Episoden auch lediglich Nebenfiguren wie eine modernisierte Version von Sherlock Holmes im Rampenlicht. Es ist zwar durchaus möglich, in die Geschichte einzutauchen, doch die Faszination des Meisterdiebs kommt so nur schwerlich zur Geltung. Zudem stehen dieses Mal auch kaum Diebstähle an der Tagesordnung, sondern eher das Lösen großer Rätsel, was aber durchaus funktioniert und im Rahmen der Story Sinn ergibt. Optisch habe ich nur wenig auszusetzen, doch gerade das zu starke Abheben von Charaktermodellen vom Hintergrund ist etwas, was mich seit Jahren bei Anime-Serien stört. Das geht besser. Abhalten lassen solltet ihr euch davon aber keineswegs, denn sowohl handlungstechnisch als auch inszenatorisch gibt es sehr starke Momente, die jedem Lupin-Fan gefallen dürften!
Vielen Dank an Crunchyroll für die freundliche Bereitstellung des Zugangs zum Streaming-Angebot!