Review: Shin-chan – Die Serie (Vol. 2)

Nachdem Polyband Anime im Oktober 2024 die erste Volume der Anime-Serie Crayon Shin-chan veröffentlicht hat, folgte im Dezember 2024 das zweite Episodenpaket. Gestaltungstechnisch baut dieses auf dem mauen Grundgerüst auf, überzeugt aber dennoch mit inhaltlichen Stärken.

Wer die 1992 in Japan gestartete Anime-Serie nicht kennt, muss nicht zwangsweise mit der ersten Volume einsteigen. Auf der einen Seite ist die Veröffentlichungspolitik auf optischen Datenträgern hierzulande ohnehin wirr, auf der anderen Seite ist die Serie inhaltlich dermaßen seichte Kost, dass im Grunde mit jeder einzelnen Episode der Einstieg gelingen kann. An der grundlegenden Prämisse ändert sich nämlich so gut wie nie etwas. So dreht sich Crayon Shin-chan allen voran um den titelgebenden wie fünfjährigen Vorschüler Nohara Shinnosuke und seine Familie. Diese lebt in der japanischen Kleinstadt Kasukabe in der Präfektur Saitama, wo sie den Alltag meistern muss, was ihnen aber meist nur halbwegs gelingt. Dies liegt mitunter am vorlauten Shin-chan, der seine Mitmenschen immer wieder aufs Neue zur Weißglut treibt. So stellt er auch in der zweiten Volume viel Blödsinn an – nicht unbedingt aus eigenem Antrieb, aber sehr wohl aus der Situation heraus. Entsprechend einschlägig fällt der Humor aus, für den die in den 2000er-Jahren in Deutschland erstmals ausgestrahlte Serie bekannt ist. Insbesondere bei der Hauptzielgruppe der DVD-Veröffentlichung, welche den Anime bereits von der Fernsehausstrahlung kennt, dürfte der Lachflash vorprogrammiert sein. Kennt ihr Crayon Shin-chan allerdings noch nicht, könnte der Humor wirklich etwas gewöhnungsbedürftig sein.

Spezieller, aber funktionierender Humor

Letzteres liegt daran, dass in den illustren Episoden aufgrund der freien deutschen Synchronisation häufig Bezug auf die Populärkultur der frühen 2000er-Jahre genommen wird. In einer Episode geht beispielsweise der Fernseher der Familie Nohara kaputt, weshalb Shin-chan um die Sendungen trauert, die er an diesem Abend nur allzu gerne geschaut hätte. Hierbei handelt es sich um Produktionen aus dem deutschsprachigen Raum, nur eben mit abgewandelten Namen. Nur wenige dieser Sendungen haben die Zeit überdauert. Dennoch sollte sich von diesem Umstand niemand abschrecken lassen, denn die übertriebene Situationskomik und Sprüche, die ans Schnodderdeutsch grenzen, funktionieren schon nach wenigen Episoden ziemlich gut. Je nach Folge wird abermals ein Gag-Feuerwerk nach dem anderen gezündet. Beispielsweise möchte Shin-chan seinem schüchternen Freund Max (in der japanischen Fassung Masao) dabei helfen, ein hübsches Mädchen aus der Vorschule anzusprechen. Hierfür instrumentalisiert er den gemeinsamen Freund Bō, der denkt, es sei der Tag, an dem er sich als sein Lieblings-Action-Held verkleiden darf – und die Wahl des Kostüms fiel auf ein Prinzessinnen-Outfit. Shin-chan kommentiert dies damit, dass sich Bō als Heidi verkleidet hat. Da Shin-chan aber ein loses Mundwerk hat, verprellt der arme Max das Mädchen am Ende leider nur.

Altbekannte Struktur

Derlei abstruse Situationen reihen sich nahtlos aneinander, bilden aber in der Regel innerhalb einer Episode eine geschlossene Einheit. Dennoch gibt es hin und wieder ein paar Folgen, die konsekutiv aufeinander aufbauen. Dies liegt daran, dass Herausgeber Polyband Anime erneut die Schere angesetzt und die jeweils aus drei Mini-Episoden bestehenden Folgen aufgeteilt und sowohl Opening als auch Ending entfernt hat. Der Inhalt selbst bleibt glücklicherweise unangetastet. Dadurch wird das Ansehen von wenigen Handlungssträngen allerdings ein klein wenig verkompliziert. Ist Familie Nohara im Urlaub, steht davor eine Mini-Episode, in der sie nur mit Mühe und Not das Flugzeug erwischt haben. An anderer Stelle taucht plötzlich Shin-chans Großvater väterlicherseits auf, der seinem Enkel über mehrere Folgen hinweg ein diskussionswürdiges Bild der Geschlechterrollen beibringt und darüber hinaus auch noch Shin-chans Lehrerin den Hof macht. Wie sich das im japanischen Original anfühlt, lässt sich leider nur mutmaßen, denn auch auf der zweiten Volume befindet sich lediglich die deutsche Tonspur in Dolby Digital 2.0 – dieser lieblose Umgang ist abermals zu bedauern. Am Ende des Tages ist es jedoch eine Wohltat, dass Polyband Anime zumindest den Fans mit der DVD-Veröffentlichung eine mehr als groß Freude macht, da sie so lange darauf warten mussten.

Geschrieben von Eric Ebelt

Erics Fazit (basierend auf der DVD-Fassung): Crayon Shin-chan gehört für mich persönlich zu den lustigsten Anime-Serien aller Zeiten, auch wenn gerade die Synchronfassung für Unverständnis sorgen könnte – entweder aus überholten Rollenbildern oder aufgrund dessen, dass die Anspielungen auf die politische wie gesellschaftliche Kulisse der frühen 2000er-Jahre vor allem von jüngeren Zuschauern nicht gänzlich verstanden werden können. Dennoch bietet die Anime-Serie darüber hinaus viele abstruse Situationen, die auch abseits dessen bestens funktionieren und zu einem Lachanfall führen können. Dies nimmt teilweise ganz schön absurde Züge an, welche aber einfach für den Inhalt dieser Anime-Serie stehen. Daher kann ich die Serie all jenen empfehlen, die sich über etliche Episoden hinweg beömmeln möchten. Schade ist jedoch nach wie vor, dass der Herausgeber Polyband Anime recht lieblos mit der DVD-Veröffentlichung umgeht. Dies müssen Fans aber wohl oder übel in Kauf nehmen, um zumindest ein wenig in Erinnerung zu schwelgen. Ich genieße jedenfalls jede Minute davon.

Vielen Dank an Polyband Anime für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Shin-chan – Die Serie (Vol. 2)!

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