Review: Saturday Night

Die einflussreiche Comedyshow Saturday Night Live ist nicht nur in den Vereinigten Staaten von Amerika, sondern auch in Übersee bekannt. Da ist es kein Wunder, dass auch ein Drama um die Entstehung der Sendung früher oder später Lichtspieltheater und Heimkinos eroberte.

Am 11. Oktober 1975 startete im Fernsehen der Vereinigten Staaten von Amerika die selbst Jahrzehnte später immer noch beliebte Comedyshow Saturday Night Live. 2024, also kurz vor dem fünfzigjährigen Jubiläum der Sendung, verfilmte Regisseur Jason Reitman mit seinem Werk Saturday Night die Entstehungsgeschichte der Show. Der Film erzählt diese allerdings nicht in epischer Breite über Wochen, Monate oder gar Jahre hinweg. Stattdessen konzentriert er sich voll und ganz auf die letzten neunzig Minuten bevor der Komiker Cornelius Crane „Chevy“ Chase die magischen Worte „Live from New York. It’s Saturday Night.“ in die Kamera nach Aufführung des ersten Sketches spricht. Im Fokus von Saturday Night steht der junge Produzent Lorne Michaels, dessen Kollegen von der National Broadcasting Company ihn nur allzu gerne scheitern sehen wollen. Dies ist auch kein Wunder, denn bis kurz vor Schluss gelingt es ihm nicht, seinen Angestellten oder Vorgesetzten zu erklären, was es mit der ominösen neuen Show auf sich hat. Alleine ein Blick auf den Sendeplan der Show zeigt, dass dieser für die neunzig Minuten angesetzte Sendezeit den Rahmen völlig sprengen würde. Gerade bei einer Live-Sendung, die Saturday Night Live auch fünf Jahrzehnte später noch ist, ist das kein gutes Vorzeichen. Dennoch hält der Produzent, leicht beirrt, an seinen Plänen fest.

Charakterbezogenes Drama

Abendfüllend entwickelt Saturday Night eine ähnliche Dynamik wie es schon der Film Birdman oder (Die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit) geschafft hat. Ständig ist irgendetwas in Bewegung und oft genug führt ein Charakter durch das Set von einem Ort zum anderen. Reitman verzichtet aber darauf, sein Werk ungeschnitten oder vorgaukelnd ungeschnitten zu inszenieren. Die Rechnung geht dennoch auf, sodass der Zuschauer durch die verschiedenen Darsteller von einer Szene zur nächsten geführt wird. Langwierig ist dies nicht, da ständig irgendwelche seichten Sprüche fallen oder unvorhersehbare Dinge geschehen. Sonderlich lustig ist dies zwar nicht, doch auf jeden Fall unterhaltsam. Es kommt einfach keine Langeweile auf, zumal Saturday Night vor allem durch seine Charaktere spricht. Lorne Michaels hat eine Vision im Kopf, die er jedoch nur schwerlich mitteilen kann. Mitunter nagen innerhalb der Story sogar Selbstzweifel an ihm. Um diesen tragischen Aspekt abzufedern, wechselt das Geschehen zwischenzeitlich immer wieder zu den wahren Stars der Sendung, den Comedians. James Maury „Jim“ Henson hat kein Drehbuch und weiß nichts mit seinen Puppen anzufangen, John Belushi sträubt sich dagegen ein Bienenkostüm für eine Nummer anzuziehen und Chevy Chase lässt sich nur zu gerne von anderen provozieren und träumt vom großen Glück.

Faszination Fernsehen

Ob sich alles genau so zugetragen hat, ist nicht mit Gewissheit zu sagen. Fakt ist, dass der Regisseur im Bonusmaterial davon spricht, dass er und sein Team über lange Zeit hinweg mit Personen Kontakt aufgenommen hat, die sich am 11. Oktober 1975 im Studio befanden. So hat sich nach und nach ein klares Bild davon abgezeichnet, wie es vor und hinter den Kulissen zugegangen sein muss und wer an der Show beteiligt gewesen ist. Offenbar war dies ein heilloses Tohuwabohu, denn so vermittelt es Saturday Night anderthalb Stunden lang. Das macht definitiv Spaß, doch ist dem Film anzumerken, dass er vor allem ein US-amerikanisches Publikum anspricht, zumal Komiker auftreten, von denen im deutschsprachigen Raum vermutlich nur eingefleischte Fans jemals gehört haben. Dennoch unterhält Reitmans Werk auch jene Zielgruppe, die sich gerne Shows im Fernsehen ansieht, oder vielleicht sogar Fans des deutschen Abklatsches RTL Samstag Nacht [sic!] aus den 1990er-Jahren. Schließlich dreht sich der Film in gewisser Weise auch um die Faszination des Fernsehens. Spannend ist, dass der Film mit 16-Milimeter-Kameras aufgenommen wurde, um ein Gefühl für die 1970er-Jahre zu wecken. Die Musik von Jonathan Michael „Jon“ Batiste ist passend, bietet aber nur in sehr wenigen Momenten Variationen, die Saturday Night an mehreren Stellen gut getan hätten.

Geschrieben von Eric Ebelt

Erics Fazit (basierend auf der DVD-Fassung): Obwohl mir Saturday Night Live ein geläufiger Begriff ist und ich auch Menschen in meinem Freundeskreis habe, die große Fans der Comedyshow sind, habe ich sie selbst nie gesehen. Dennoch musste ich der Verfilmung eine Chance geben, beinhaltet sie doch eine der besten Nachahmungen von Chevy Chase, die ich je gesehen habe. Die letzten neunzig Minuten vor der ersten Sendung zu rekonstruieren oder zumindest zu inszenieren, halte ich zwar für eine gewagte Idee, doch geht auch diese Rechnung für mich auf. Es entwickelt sich eine regelrechte Dynamik, sodass mir nie langweilig ist, weil immer etwas anderes passieren kann. In puncto Humor hätte ich zwar ein paar mehr Kracher erwartet, doch liegt der Fokus womöglich mehr auf der Faszination Fernsehen, die mir allen anderen Elementen voran vermittelt wird. Dies dürfte womöglich auch die Zielgruppe des Films sein – zumindest im deutschsprachigen Raum. Wer sich nämlich nicht für die nordamerikanische Komikerszene interessiert, wird wohl weniger mit Story und Charakteren anfangen können. Liegt aber hier ein Interesse vor, kann das Werk durchaus unterhalten.

Vielen Dank an Sony Pictures für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Saturday Night!

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