Review: Tales of Graces f – Remastered

Ende Dezember 2025 feiert die Tales-of-Reihe ihr dreißigjähriges Jubiläum. Diesbezüglich verspricht Publisher Bandai Namco einige Überraschungen. Den Anfang macht das im Januar 2025 veröffentlichte Remaster des einstigen Wii- und PlayStation-3-Spiels Tales of Graces f.

Ursprünglich erschien Tales of Graces im Jahr 2009 exklusiv für die Nintendo Wii in Japan. Nach Europa schaffte es das japanische Rollenspiel für diese Plattform allerdings nie. Auch der Rest der Welt ging in den 2000er-Jahren leer aus. Ein Jahr später erhielt der vom Namco Tales Studio entwickelte Titel ein Update für die PlayStation 3 spendiert, das im Jahr 2012 schlussendlich auch der Sprung nach Europa glücke. Mit dieser Version des Rollenspiels wurde das Werk in Tales of Graces f umbenannt beziehungsweise mit einem kleinen Buchstaben ergänzt. Neben der Möglichkeit, das Spiel in HD zu spielen, wurde die Story allen voran um ein Zusatzkapitel ergänzt, das nach den Geschehnissen des Hauptspiels stattfindet. Da der Titel damals auch nicht für den PC veröffentlicht wurde, war er seither zumindest bis Anfang 2025 auf keiner aktuellen Hardware spielbar. Die Zeichen der Zeit hat auch Bandai Namco erkannt und dem japanischen Rollenspiel ein größtenteils gelungenes Remaster für die PlayStation 4, die PlayStation 5, die Xbox One, die Xbox Series X und sogar in einer merkwürdigerweise technisch halbgaren Variante für die Nintendo Switch spendiert. Bis auf die grafische Anpassung liegen die Änderungen im Detail. Diese fallen aber positiv auf, weshalb Tales of Graces f – Remastered tatsächlich die bislang beste Version des Klassikers ist.

Erwachsenwerden

Handlungstechnisch hat sich nichts verändert. Somit schlüpfen wir nach wie vor in die Haut des Jungspunds Asbel Lhant, der mit seinem Bruder Hubert von Zuhause ausgebüchst ist, um Abenteuer zu erleben. Während ihres Ausflugs treffen die beiden Jungs auf ein namenloses Mädchen. Sie schließen Freundschaft und versprechen ihr, mehr über ihre nebulöse Vergangenheit herauszufinden. Torpediert werden Asbels und Huberts Pläne jedoch von ihrem Vater Aston, der das Mädchen viel lieber an die Behörden übergeben will. Überschattet werden die Ereignisse zudem von der Ankunft Richards, dem Prinzen des Königreichs Barona. Von diesem soll sich vor allem Asbel fernhalten, um die Beziehungen zwischen dem Fürstentum und dem Königshaus nicht zu gefährden. Wie es das Schicksal aber so will, nehmen die Ereignisse ihren Lauf. Selbst die kränkliche Cheria Barnes, Enkelin von Butler Frederic, zieht Asbel in die Entwicklungen mit ein. Zu viel wollen wir euch aber nicht mehr verraten, denn jedes weitere Wort würde Spoiler mit sich ziehen. Nur so viel sei euch noch gesagt: All diese Ereignisse geschehen in der Kindheit der Protagonisten. Erst nach einem siebenjährigen Zeitsprung nimmt die Story von Tales of Graces f an Fahrt auf. Zerstrittene Nationen, politische Komplotte, Mordversuche und weltumspannende Mysterien stehen nun an der Tagesordnung.

Charakterstärken

Größtenteils gelingt es der Geschichte des Rollenspiels zwar zu unterhalten, doch bis auf die spannenden Handlungswendungen schaffen es die Autoren nicht, uns gänzlich zu überzeugen. Diesen Umstand machen allerdings die Charaktere wieder wett. Gerade dadurch, dass wir die wichtigsten Akteure bereits in der Kindheit kennenlernen, funktionieren sie als (halbwegs) erwachsene Figuren deutlich besser. Asbel reift heran, Hubert wird aufgrund der Entscheidungen seines Vaters viel zu ernst und Cheria engagiert sich wo es nur geht mildtätig. Auch die weiteren Figuren, über die wir uns aus Spoiler-Gründen in Schweigen hüllen, gefallen durchweg. Ihr solltet von Tales of Graces f jedoch kein bierernstes Rollenspiel erwarten. Parallel zum bunten Grafikstil fallen auch die Protagonisten fröhlicher aus, auch wenn sie sich in den entscheidenden Momenten glücklicherweise zusammenreißen können. An vordefinierten Stellen haben wir darüber hinaus die Möglichkeit, optionale Plaudereien zwischen den Figuren mitzubekommen. Teilweise haben diese Skits genannten Gespräche auch Einfluss auf das Gameplay. Beispielsweise schalten manche Skits neue Titel für die Charaktere frei oder geben zumindest durch plötzliche Raufereien untereinander die Chance, einen neuen Titel zu verdienen. Selten tauchen auch weitere Ereignisse im Spiel auf, für die es meist kleine Boni gibt.

Fähigkeiten dank Titel

Tales of Graces f ist ein Spiel, das großen Wert auf die Charakterentwicklung legt. Lassen wir uns auf Kämpfe ein, erhalten wir Erfahrungspunkte, womit wir im Level aufsteigen. Je höher die Stufen der Charaktere sind, desto gefährlichere Gegner können sie besiegen. Neben Erfahrungspunkten erhalten unsere Recken jedoch auch Fähigkeitspunkte. Je nachdem welchen Titel unsere Helden tragen, lernen sie darüber hinaus verschiedene Angriffsarten oder erhalten einen Boost auf verschiedene Attribute wie den Verteidigungswert. Den Titel können wir im Spiel im Übrigen auch jederzeit wechseln, wird er doch ähnlich wie Waffen, Rüstungen oder Accessoires als Ausrüstungsgegenstand getragen. Unter Umständen kann es jedoch sehr lange dauern, bis wir alle Fähigkeiten eines Titels erlernt haben. In solch einem Fall hilft es enorm, die örtliche Taverne aufzusuchen und Nebenaufträge abzuschließen. Meistens handelt es sich dabei schlicht um einfache Botengänge. Beispielsweise müssen wir eine bestimmte Anzahl an Items sammeln und abliefern. Unter Umständen müssen wir das gesuchte Objekt auch selbst anfertigen, indem wir zwei Gegenstände bei einem Händler für eine Gebühr dualisieren, also miteinander zu einem neuen Item verbinden. Gelegentlich erzählen diese Quests sogar kleinere Geschichten. Belohnt werden wir neben Items und Geld aber stets mit Fähigkeitspunkten.

Revolutionäres Kampfsystem

Beim Kampfsystem wagt Tales of Graces f keine großen Experimente. Da das Rollenspiel im Jahr 2009 erstmals auf die Welt losgelassen wurde, fällt hierbei vor allem eine Nähe zu Tales of Vesperia aus dem Jahr 2008 auf. Schlimm ist dies aber auf keinen Fall, da die Mechaniken definitiv nicht veraltet wirken. Tatsächlich stellt das Kampfsystem sogar eine kleine Revolution dar, verzichtet es doch nahezu auf Magiepunkte oder dergleichen, die mit Items oder Angriffen mühselig aufgefüllt werden müssen. Stattdessen setzt das Spiel auf die sogenannte Serienkapazität. Diese steigt im Verlauf des Abenteuers immer mal wieder geringfügig an und stellt damit den Rahmen unserer Angriffsmöglichkeiten dar. Jeder Angriff und jeder Zauberspruch hat einen Serienkapazitätswert, der bei Verwendung unsere Anzeige leert. Umso stärker die Artes genannten Fähigkeiten ausfallen, desto höher auch der abzuziehende Wert. Ist der Wert bei Null angelangt, sollten wir im Kampf gegen Wölfe, Riesenvögel, Drachen, Banditen und Schleimmonster die Angriffe der Feinde blocken oder ihnen ausweichen, um den Wert aufzufrischen. Dies sorgt dafür, obwohl selbst Nichtstun die Anzeige auffüllt, dass wir stets beschäftigt sind. Dadurch, dass wir vier waffenbezogene E-Artes auswählen und zudem charakterbasierte A-Artes verketten können, fallen die Combos sehr umfangreich aus.

Kritik und Inspiration

Gerade aufgrund des Kampfsystems wird Tales of Graces f zu den besten Vertretern der langlebigen Rollenspielserie aus Japan gezählt. Es gibt jedoch auch Kritikpunkte, die so schon im Originalspiel auf der Wii enthalten waren. Beispielsweise ist das Abenteuer sehr linear. Gerade in den ersten vierzig Spielstunden verhindern unsichtbare Mauern, dass wir uns von einem Standort fortbewegen. Dies hängt zwar mit der Story zusammen, doch sobald wir gegen Ende des Spiels endlich die Schnellreise freigeschaltet haben, wirken die einstigen Einschränkungen seltsam. Hier ähnelt das Spiel Klassikern wie Final Fantasy X. Am Aufbau der Spielwelt haben sich die Entwickler aber womöglich von Trials of Mana inspirieren lassen, denn es gibt nahezu keine Oberwelt. Stattdessen folgen wir den Straßen von einem Ort zum anderen und steigen bei Bedarf auf Schiffe oder Kutschen um. Hin und wieder gibt es auch kleine Geheimnisse zu entdecken, die motivieren, die Orte gründlich abzusuchen. Auch funkelende Objekte klauben wir gerne auf, schließlich könnten wir sie später dualisieren. Selbst das Verbessern von Ausrüstungen wie in westlichen Rollenspielen der Marke Dungeons & Dragons ist möglich. Wer aus allen Waffen das Maximum herausholen will, wird den Boden seines Geldbeutels aber öfters zu sehen bekommen als ihm lieb ist. Für das Remaster hätten wir uns hierbei über eine Anpassung der Geldausschüttung gefreut.

Neuerungen im Remaster

Anpassungen sind ein gutes Stichwort, denn das Remaster von Tales of Graces f ist wie eingangs erwähnt zumindest fernab der Switch-Variante die wohl beste Version des Spiels. Das liegt an verschiedenen Veränderungen, die vorgenommen wurden. Zunächst wären damit die optionalen Zielmarkierungen gemeint. Obwohl wir der Auffassung sind, dass das Abenteuer gerade zu Beginn deutlich bessere ohne diese Zielmarkierungen spielbar ist, sollten wir davon gerade in den verschachtelten Dungeons gegen Ende des Spiels Gebrauch machen, um nicht etliche Teleporter immer und immer wieder benutzen zu müssen. Auch wird auf verpassbare Events hingewiesen – aber nur, wenn wir uns im jeweiligen Örtchen auch befinden. Hier hätten uns getrennte und ortsübergreifende Zielmarkierungen besser gefallen. Als nächstes ist der Gradshop des Spiels zu nennen. Wird dieser für Tales-of-Spiele klassisch nach dem Durchspielen freigeschaltet, können wir direkt beim ersten Spielstart auswählen, ob wir mehr Erfahrungspunkte, Fähigkeitspunkte oder dergleichen haben wollen. Auch die Eleth-Mixer-Kapazität, mit dem wir im Spiel nebenher seltene Gegenstände produzieren können, lässt sich erhöhen. Selbst der auszurichtende Schaden lässt sich verzehnfachen. Ebenfalls die bereits erwähnten Geldsorgen gehören so der Vergangenheit an. Mehr Lebenspunkte können wir uns auch ergaunern.

Bonusinhalte bei Spielbeginn

Neulingen raten  wir aus Spielspaßgründen jedoch dringend von der Nutzung des Gradshops ab. Ihr solltet das Spiel lieber so erleben, wie es sich die Entwickler gedacht haben. Die allermeisten Bonuseffekte lassen sich, darauf möchten wir mit einem Augenzwinkern hinweisen, aber jederzeit wieder deaktivieren. Seid ihr euch also unsicher, könnt ihr ja die Boni einkaufen, die ihr für nützlich erachtet, und sie beim richtigen Spielstart erstmal deaktivieren und erst bei Bedarf auf diese zurückgreifen. Ähnlich sieht es mit den Kostümen für die Charaktere aus. Als das Spiel für die PlayStation 3 veröffentlicht wurde, haben herunterladbare Zusatzinhalte die Welt längst überfallen. Hierbei handelt es sich zwar um rein kosmetische Inhalte, doch wer damals wirklich alle Inhalte besitzen wollte, musste tief in die Tasche greifen. Entscheidet ihr euch für das Remaster, habt ihr nahezu von Beginn an Zugriff auf den gesamten Content. Auch hier empfehlen wir, lieber beim zweiten Spieldurchlauf darauf zurückzukommen, um die Immersion durch andere, unpassende oder alberne Outfits nicht zu schmälern. In technischer Hinsicht läuft das Spiel auf der PlayStation 5 durchweg mit sechzig Bildern pro Sekunde sehr flüssig. Die Musik ist passend, kann aber je nach Areal auch ermüdend wirken. Bedientechnisch fallen allerhöchstens die Menüs etwas überladen aus, was den allgemeinen und durchaus immensen Spielspaß, den Tales of Graces f bietet, aber nicht weiter schmälert.

Geschrieben von Eric Ebelt

Erics Fazit (basierend auf der PlayStation-5-Fassung): Obwohl ich Tales of Graces damals sehr gerne auf der Wii gespielt und auf der PlayStation 3 sogar die Möglichkeit dazu hätte, hat es bis zur Veröffentlichung des Remasters gedauert, bis ich mich an das Spiel herangewagt habe. Schon nach wenigen Spielstunden fällt mir auf, dass ich viel zu lange damit gewartet habe, diesen Klassiker nachzuholen. Zwar mag die Story austauschbar wirken, doch können die illustren Charaktere einiges reißen. Sie überzeugen mich mit ihren Hintergründen und persönlichen Eigenschaften, die mir sowohl eine muntere als auch eine ernste Weltenrettungsreise bescheren, wie ich sie von japanischen Rollenspielen grundsätzlich gerne mag. Schade finde ich aber, dass auf eine Oberwelt nahezu vollständig verzichtet wurde und die Laufwege gerade in den ersten vierzig Spielstunden sehr lang ausfallen, wenn ich wirklich alle Nebenaufgaben bewältigen will, von denen ich sogar ein paar verpassen kann. Auch diesen Umstand nehme ich gerne in Kauf, da zumindest ein wenig Erkundung mit dabei ist und die actiongeladenen Kämpfe dank des herausragenden Kampfsystems mir viel Freude bereiten. Grafisch und akustisch mag ich das Spiel ebenfalls. Wer das Rollenspiel bislang verpasst hat oder noch von Tales of Arise traumatisiert ist, sollte Tales of Graces f spätestens mit dem Remaster eine Chance geben, denn trotz aller Unkenrufe kann der Titel Genrefans lange bei Laune halten.

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