In Táiwāns erstem Zombiefilm stehen sich eine Spezialeinheit der Polizei, eine Gangsterbande und ein abscheulicher Triebtäter gegenüber, während um sie herum die Stadt in einer Flut der lebenden Toten untergeht.
Endzeitstimmung in Táiběi: Eine Zombieepidemie ist ausgebrochen und hat die Stadt unvorbereitet getroffen. Auf den Straßen tummeln sich Horden von Untoten, die Menschen flüchten in Panik und die Behörden scheinen der Bedrohung machtlos gegenüber zu stehen. Die gesamte Stadt befindet sich im Ausnahmezustand. Mitten in diesem Tumult geraten eine Spezialeinheit der Polizei und eine Gangsterbande aneinander. Jedoch müssen beide Fronten bald einsehen, dass es gilt, Feindschaften zurückzustellen, wenn sie den Horror überleben wollen. Eine brüchige Zweckgemeinschaft entsteht. Gemeinsam mit ein paar wenigen überlebenden Zivilisten bunkern sie sich in einem Kino ein. Trotz der Notsituation ist die Lage zwischen den Parteien angespannt. Die Finger zucken am Abzug und die brodelnde Feindseligkeit verhindert, dass sie sich auf einen Anführer, geschweige denn ein gemeinsames Vorgehen einigen können. Als seien die wandelnden Toten nicht genug, treibt zu allem Überfluss ein Serienkiller sein Unwesen auf den leichengesäumten Straßen. Der missgestaltete wie schwer gestörte Perverse entführt junge Frauen in sein Apartment, wo er sie foltert und misshandelt. Auch die Tochter der Reporterin Linda ist in seine Fänge geraten. Die Wege kreuzen sich schlussendlich in der Höhle des Grauens des Psychopathen und die Lage eskaliert endgültig.
Táiwāns erster Zombiefilm
Gerne wird behauptet, dass es sich bei Zombie World War, international bekannt als Zombie 108, um Táiwāns ersten waschechten Zombiefilm handelt. Fraglich ist, ob dies eine Pionierleistung ist, auf die das Filmstudio stolz sein kann. Zu Ruhm ist Táiwān in diesem Bereich erst 2021 mit dem Film The Sadness gelangt, der eher der Infizierten-Subkategorie zuzuordnen ist. Zombie World War konnte demgegenüber kaum Punkte auf der Ruhmesleiste für sich verbuchen, war außerdem geschlagen mit einem verhältnismäßig kleinen Budget zwischen einhundert- bis zweihunderttausend US-Dollar. Das muss der Qualität freilich kein Hindernis sein, schließlich haben talentierte Filmemacher wie Samuel M. „Sam“ Raimi mit weniger Kapital Kultprodukte wie Tanz der Teufel hervorgebracht. Kreativer Geist kann kleines Geld übertrumpfen. Andererseits muss eine ausgemachte stadtweite Hirnfresser-Pandemie zwangsläufig in etwas anderen Dimensionen gedacht werden, wo ein paar zusätzliche Dollar dem Vorhaben garantiert gut täten. Tatsächlich vermag Regisseur Joe Chien Jen-Hao einigermaßen das magere Budget zu überspielen und eröffnet mit dem altbekannten 28-Days-Later-Kniff von stimmungsvollen Bildern ausgestorbener Straßen einer Großstadt. Im ersten Moment bringt er so etwas wie Tempo in das Geschehen, bevor ihm dann jedoch schnell die Luft ausgeht, zumal seine Schnitttechnik nervig sein kann und einige Digitaleffekte überdeutlich hervorstechen.
Cops vs. Thugs vs. Zombies
Zunächst präsentiert er eine reizvolle Grundkonstellation einer aus verschiedenen Gesellschaftsschichten zusammengewürfelten Gruppe Überlebender, wie sie zu Genüge in Zombiestreifen oder dem Genreprimus The Walking Dead auftreten. Nichtsdestotrotz birgt die Ausgangssituation von Special-Weapons-and-Tactics-Einheiten, was auch immer diese in Táiběi zu suchen haben, und Gangstern, die sich spinnefeind und nur danach lechzen, dem Gegenüber mit gezücktem Messer zu Leibe zu rücken, ein nicht unerhebliches Potenzial für knisternde Spannungsmomente. Leider verpasst es Joe Chien das Maximum aus der Lage herauszukitzeln. Stattdessen verhalten sich seine flachen Figuren in erster Linie dämlich, verabschieden sich aber wenigstens blutig aus der Handlung. Beispielsweise denke ich an den Plan der Polizisten, die sich den Weg aus der Belagerung auf eigene Faust freizukämpfen versuchen – und mit Faust meine ich im Martial-Arts-Stil, sprich waffenloser Nahkampf mit Handkante und Fußsohle gegen eine Übermacht von bissigen Widergängern. Dagegen wirkt selbst Shaun und Eds Schallplatten-Verteidigung wie eine taktische Meisterleistung. Auf der anderen Seite macht solcher Schwachsinn den Film unfassbar ulkig, woran Xiàng Róngs beleibter Gangsterboss einen nicht unwesentlichen Anteil hat. Pluspunkte gibt es für den Parkourcharakter, der behände durch die Massen reanimierter Toter traversiert und sie ausmanövriert.
Ein Hauch von Torture Porn
Jedoch war Joe Chien die Bedrohung durch die Untoten offensichtlich nicht hart genug. Also schmiss er kurzerhand noch einen Prise Torture Porn in das Ragout, mit einem abartigen Triebtäter, der junge Frauen im ranzigen Sex-Zombie-Kombi-Keller seines heruntergekommenen Apartments in verdreckten Käfigen eingesperrt hält. Während also drei Schlurfer festgekettet im endlosen 360-Grad-Mühlstein-Kreislauf longieren und einen Generator antreiben, misshandelt dieses abgrundtief abstoßende Subjekt seine Opfer sexuell, bisweilen optional mit Tintenfischeinsatz. Das ist der Moment, wo der schmuddelige Low-Budget-Look des Films, die deutsche Billigsynchronisation tut das ihrige dazu, dem Geschehen einen besonders unangenehmen Anstrich verpasst und der Zuschauer ernstlich zwischen Lachen, aufgrund der unsinnigen Absurdität des Ganzen, und dem Abscheu vor der gezeigten Widerlichkeit schwankt. Wenn dann die letzten Cops und Gangster in das Apartment poltern, sich, wie es der Teufel so will, ein weiterer Psychopath in die Situation verläuft, außerdem ein in bester Resident-Evil-Manier grotesk mutierter Fettzombie im Badezimmer heranwächst, ist die Grenze der Idiotie endgültig überschritten und es bleibt nur noch die blutige Eskalation. Unterdessen stellt die größte Dämlichkeit der Epilog dar, in dem Táiběi offensichtlich innerhalb 24 Stunden nach der Faulfleischfraktionsapokalypse die Straßen gesäubert, alle Schäden repariert und seelenruhig zum Alltag zurückkehrt ist, als ob nie etwas passiert wäre. Das nenn ich mal Effizienz!
Geschrieben von Jan Bantel
Jans Fazit (basierend auf der DVD-Fassung): Zombie World War oder Zombie 108 ist ein Maximalerlebnis – maximal dämlich, maximal unterhaltsam und maximal abstoßend. Joe Chien hat allerlei an und für sich reizvolle Zutaten in den Mixer geschmissen. Heraus kam kein sonderlich schmackhafter Cocktail. Das bizarre Gesöff, was er letztlich zusammengepanscht hat, mag die Stimmung heben, aber es ist auch ein wenig eklig im Abgang. Den etwas ranzigen Nachgeschmack mag ich ihm verzeihen, schließlich hat er nicht gerade ein üppiges Budget zur Verfügung gehabt und Spaß bringt die Sache allemal. Es ist etwas schade um die Grundidee, Cops und Gangster in ein abgeschottetes Szenario zu packen, wo Feindschaft untereinander und gemeinschaftlicher Überlebenstrieb während einer Extremsituation miteinander konkurrieren, also gewissermaßen ein Rio Bravo oder ein Assault: Anschlag bei Nacht mit Zombies zu kreieren. Das hätte Potenzial gehabt und darf von einem fähigen Filmemacher mit höherem Budget gerne in Angriff genommen werden. In Sachen Trash-Fun-Faktor sollte der Zuschauer hingegen nicht zu viel von Zombie World War erwarten, ebenso wenig Ansprüche an einen ernsthaften wie gelungen inszenierten Zombiereißer stellen. Es mag bemerkenswert sein, dass Táiwān hiermit sein Beißer-Debüt hingelegt hat, gemessen am Inhalt ist das Machwerk dahingegen höchstens für beinharte Genrefans und Komplettisten einen Blick wert, die zudem eine gewisse Schmerzgrenze mitbringen. Auch hartgesottene Trash-Fans, die auf der Suche nach einem absurden Zombie-Vergnügen und bewaffnet mit Bier und Popcorn sind, dürften ein wenig Freude an diesem Film haben.