Review: Bambi: The Reckoning

Scott Jeffrey Chambers und Rhys Frake-Waterfield sind nicht mehr aufzuhalten. Nachdem sie die Horrorausgaben von Winnie Puuh und Peter Pan produziert haben, mussten sie auch noch Bambi ausgraben. Bambi: The Reckoning verkommt allerdings unfreiwillig zur Lachnummer.

Chambers und Frake-Waterfield setzen alles daran, ein eigenes Monsteruniversum zu schaffen und missbrauchen dafür einen Kinderbuch- und Zeichentrickklassiker nach dem anderen. Neuzugang in ihrem Twisted-Childhood-Universum ist Bambi: The Reckoning von 2025. Zu Beginn des achtzig Minuten umfassenden Films kommt noch ein wenig der Charme der kindgerechten Vorlage auf, wenn auch in einer deutlich düsteren Version. Rehkitz Bambi und seine Mutter machen einen Ausflug durch den Wald, doch Bambis Mutter wird wie im Original von einem Wilderer erschossen. Gut, was Bambi nicht umbringt, macht es härter! Irgendwie gelingt es dem Rehkitz, die tragischen Umstände zu überstehen. Es verliebt sich, zeugt einen Nachkommen und verliert seine Lebensgefährtin bei einem Autounfall. Bambis Nachfahre verschwindet, was Bambi durchdrehen lässt. Entgegen seiner Instinkte trinkt es verunreinigtes Wasser, was ihm zu der furchtbaren Bestie mutieren lässt, die einem auf dem Cover des Films mit gefräßigem Ausdruck anlächelt. Vor diesem Hintergrund entwickelt sich eine auf einen Bierdeckel passende Story um ein Mutter-Sohn-Gespann, das einem Angriff von Bambi knapp entgeht, aber dann die ganze Verwandtschaft in ein Drama verwickelt, das weder den Charakteren noch dem Zuschauer von Bambi: The Reckoning gleichgültiger sein könnte.

Gleichgültigkeit par excellence

Hin und wieder gibt es diese Momente, in denen Horrorfilme unfreiwillig komische Züge annehmen. Selbst in Klassikern wie Halloween II: Das Grauen kehrt zurück aus dem Jahr 1980 sind solche Szenen enthalten. Da rennt der vermeintliche Killer über die Straße, wird durch Zufall von einem Streifenwagen angefahren, der noch dazu in einen Lieferwagen fährt und durch eine Explosion in Flammen aufgeht. Kommt so etwas zu häufig vor, verliert ein Horrorfilm an Wirkung. Bambi: The Reckoning bietet solche Situationen am laufenden Band, welche die Immersion mehr und mehr bröckeln lassen. Beispielsweise entkommen Mutter Xana und Sohn Benji, gespielt von Roxanne McKee und Tom Mulheron, Bambi nur knapp. Nach ihrer Flucht durch den stockdunklen Wald landen sie im Elternhaus von Xanas Noch-Ehe-Mann Simon. Obwohl sie traumatisiert von dem monsterähnlichen Auftritt des Rehs sein müssten, berichten sie nicht in epischer Breite davon und auch ihre Verwandten kaufen ihnen die Story einfach so ab. Xanas Schwager Joshua macht sich todesmutig auf ins Gehölz – und wird dort plötzlich von dem Jäger Tyler erschossen, der Joshua versehentlich für seine Jagdbeute gehalten hat. Unterdessen späht Bambi das Haus der Familie aus, dringt mit einem gewagten Sprung durch die Balkontür im ersten Stock ein und richtet jede Menge Chaos an.

Lustlosigkeit und Unglaubwürdigkeit

All diese Szenen wirken wenig aufregend. Ihnen fehlt jegliche Spannung. Effekthascherei ist allerhöchstens den Sterbesequenzen zuzuschreiben. Allerdings ist dies nicht aufgrund besonders schmerzhafter Tode der Fall, sondern weil auch diese schlicht und einfach albern sind. So flieht die Familie zwischenzeitlich mit einem Wohnmobil in die Wildnis. An einer Stelle blockiert ein umgestürzter Baum die Straße. Dieser muss natürlich mit einem Seil aus dem Weg geräumt werden. Bambi holt sie ein: Achtzig Pferdestärken auf vier Hufen eben! Entsprechend legt Benji den Rückwärtsgang ein, doch das Bein umwickelt den Fuß von Onkel Andrew – den Rest könnt ihr euch ausmalen. An anderer Stelle kommt eine Kombination aus Hetzjagd, einer Bärenfalle und gefräßigen Hasen auf der Suche nach ihrem Mitternachtssnack zum Tragen. Wenn irgendwann auch noch die komatöse wie demenzkranke Großmutter mit einem Gewehr in aller letzter Minute auftaucht, um die Gruppe vor dem bösen Jäger zu retten, der sowieso schon all sein Pulver verschossen hat, verliert der Film den letzten Funken Glaubwürdigkeit. Hinzu kommt, dass das magere Budget nur für schlechte Spezialeffekte gereicht hat. Ebenso motiviert scheinen auch die Schauspieler, Kameraleute und nicht zuletzt Regisseur Dan Allen gewesen zu sein. Bambi: The Reckoning ist leider einfach nicht sehenswert.

Geschrieben von Eric Ebelt

Erics Fazit (basierend auf der Blu-ray-Fassung): Nachdem ich erst vor ein paar Monaten Peter Pan’s Neverland Nightmare gesehen habe, den ich gar nicht mal so schlecht fand, war ich natürlich auch auf die Horrorfilmadaption von Bambi gespannt. Bambi: The Reckoning verdient die Horrorfilmbezeichnung aber an so gut wie keiner Stelle. Gut, das mutierte Reh sieht schon gefährlich aus und in wenigen Szenen kommt auch so etwas wie Spannung auf, sofern ich die mageren Animationen des Monsters ausblende. Die eigentliche Geschichte um die dysfunktionale Familie, die nicht einmal einen Nachnamen spendiert bekommen hat, passt aber nicht so recht ins Gesamtbild. Den Charakteren ist jegliches Ereignis derart gleichgültig, dass der Zuschauer sich ernsthaft fragt, ob entweder die Schauspieler oder die Drehbuchautoren weniger Bock mehr auf die Produktion hatten. Da werden Verwandte von einem Monsterreh abgeschlachtet oder anderweitig umgebracht, aber es tangiert sie vielleicht eine Minute des Films und dann kehrt auch schon wieder die Normalität ein. So verkommt der Film aufgrund unfreiwilliger Komik schnell zur Lachnummer. Für mich ist Bambi: The Reckoning verglichen mit dem letzten Werk des Twisted-Childhood-Universums eine herbe Enttäuschung geworden. Hier verpasst ihr wirklich nichts – und vor allem keinen Horrorfilm!

Vielen Dank an Plaion Pictures für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Bambi: The Reckoning!

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