Review: Lady Snowblood [Neuedition] (Band 3)

Nachdem Shūei-sha die Manga-Reihe Shurayuki-hime, außerhalb Japans als Lady Snowblood bekannt, zwischen Februar 1972 und März 1973 im Land der aufgehenden Sonne veröffentlicht hat, war die Geschichte um die titelgebende und nach Rache lüsterne Auftragsmörderin eigentlich abgeschlossen. Von November 1973 bis Juni 1974 kam es dann allerdings zur Fortsetzungsgeschichte Shurayuki-hime: Fukkatsu no Shō, die wie schon das ursprüngliche Werk in Kapitelform im „Männermagazin“ Weekly Playboy veröffentlicht wurde. Lange Zeit galten diese Kapitel als verschollen, bis sie in den späten 2000er-Jahren in Archiven wieder aufgefunden wurden. Die zusammenhängende Kapitelstruktur ist es auch, die nun im dritten Band der Neuedition von Lady Snowblood aus dem Jahr 2017 abgedruckt ist. Inhaltlich knüpft die Geschichte vage an die Geschehnisse der ersten beiden Bände an. Lady Snowblood alias Kashima Yuki hat sich vor dem Hintergrund der voranschreitenden Meiji-Zeit aus dem gefährlichen Tagesgeschäft der Auftragsmorde zurückgezogen und arbeitet inzwischen als Lehrerin an einer Mädchenschule. Sie versucht den heranwachsenden Frauen die Faszination für schwedische Gymnastik zu vermitteln. Dies sorgt jedoch bei nationalistisch geprägten Außenstehenden für Stirnrunzeln, denn diese wollen viel lieber, dass sich die gebürtig japanischen Mädchen auch traditionellen Lehren unterwerfen – und schrecken nicht vor Gewalt zurück.

Fragwürdige Sexualisierung der Hauptfigur

Durch eine Verkettung der Umstände wird die emanzipierte Figur immer mehr in den Strudel des Blutvergießens zurückgeholt. Sie lernt neue Freunde kennen, die den drohenden Imperialismus des japanischen Kaiserreichs aufhalten wollen. Ebenfalls werden hierbei ein paar Verknüpfungen zu bisherigen Ereignissen in der Manga-Reihe aufgebaut, die aber recht minimal sind. Vielmehr versteht sich der dritte Band von Lady Snowblood als eine eigenständige Fortsetzung, die im Gegensatz zur ursprünglichen Geschichte auf kein richtiges Ziel hinarbeitet. Tatsächlich kommt der Manga im direkten Vergleich mit einem deutlich geringeren Textanteil von Autor Koike Kazuo aus, weshalb sich der Fokus auf die Zeichnungen von Kamimura Kazuo verschiebt. Obwohl die visuelle Darstellung von Gewalt im Sinne von abgetrennten Gliedmaßen und sprudelnden Blutfontänen ein unverkennbares Merkmal Kamimuras Arbeit ist, kann nicht von der Hand gewiesen werden, dass die Protagonistin einer deutlicheren Sexualisierung unterworfen ist. Nackte Haut ist zwar ebenso in den ersten Bänden von Lady Snowblood eine überaus wichtige Komponente, die dort aber inhaltlich begründet ist – der dritte Band muss sich den Vorwurf gefallen lassen, dass er sich aufgrund des damaligen Veröffentlichungsmediums an eine entsprechende Zielgruppe richtet. Damit fällt der dritte und zum Teil offene dritte Band von Lady Snowblood qualitativ deutlich ab. Bedauernswert!

Geschrieben von Eric Ebelt

Erics Fazit (basierend auf der ersten Auflage): Nicht immer ist es eine gute Idee, ein eigentlich abgeschlossenes Werk noch einmal aufzuwerfen. Filme können dem cineastischen Anspruch der Zuschauer nicht mehr gerecht werden, Serien kommen häufig nicht mehr über eine oder vielleicht zwei Staffeln hinaus und auch bei Manga gibt es dieses leidliche Phänomen. So ist die Geschichte von Lady Snowblood im Grunde nach zwei Bänden ausgezählt gewesen, aber aufgrund von Beliebtheit oder anderen Faktoren musste es offenbar doch noch einmal weitergehen. Der Ansatz, dass die Protagonistin einen gewöhnlichen Beruf annimmt und versucht, ihre Vergangenheit hinter sich zu lassen, ist eigentlich eine gute Idee. Die Umsetzung, wie sie erneut in den Strudel von Gewalt und Blutvergießen versetzt wird, ist allerdings nur halbwegs gelungen. So plätschert die Story vor sich hin und kommt regelmäßig an den Punkt, an dem der Leser Kashima Yuki nackt bewundern soll. Diese Sexualisierung der Figur funktioniert handlungsbedingt in den ersten beiden Bänden gut, im dritten Band wird die nackte Haut aber eher zur kurzweiligen Attraktion. Am Ende bleibt die Story zudem recht offen, weshalb sich jeder selbst denken kann, ob eine weitere Fortführung damals wie heute notwendig sein müsste.

Vielen Dank an Carlsen Manga für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Lady Snowblood [Neuedition] (Band 3)!

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