Review: Moonrise Kingdom

Moonrise Kingdom (1)Wir schreiben den zweiten September 1965 auf der Insel New Penzance in Neuengland und in drei Tagen kommt der große Sturm. Oberpfadfinder Ward (Edward Norton) steigt am Morgen aus seinem Zelt und begeht seinen routinierten Kontrollgang durch das Camp. Alles scheint in Ordnung zu sein, doch bereits beim Frühstück merkt er: Einer fehlt.

Moonrise Kingdom (2)Nachdem klar wird, dass Sam Shakusky offenbar aus dem Camp geflohen ist, wird umgehend die Inselpolizei in Form von Bruce Willis verständigt. Hier beginnt bereits die wahrscheinlich größte Suchaktion, die die kleine Insel je erleben durfte. Sam, der seine Karriere als Khaki-Scout in einem Brief an Ward offiziell an den Nagel gehängt hat, hat das Camp offenbar verlassen, um sich das erste Mal mit seiner Brieffreundin Suzy zu treffen. Er hat sie damals bei einer Theateraufführung von Noahs Sintflut kennengelernt und die beiden empfinden wohl etwas füreinander. Sofern man denn in diesem doch noch sehr jungen Alter überhaupt davon reden kann. Auch Sams Camp-Kameraden helfen bei der Suche. Allerdings ist Sam beim Rest der Truppe nicht sonderlich beliebt, was daran liegt, dass er aufgrund seiner verstorbenen Eltern emotional gestört ist. Zumindest wird dem Zuschauer das erzählt, im Film selbst macht Sam überhaupt nicht den Eindruck. Sein Waisendasein hat allerdings zur Folge, dass Sam in ein Jugendheim kommen wird, da seine Pflegefamilie nicht mehr für ihn aufkommen möchte. Daher beteiligt sich auch eine Frau des Jugendamts, die im ganzen Film auch lediglich Jugendamt genannt wird, an der Suche nach Sam. Hier wird schon im Ansatz deutlich, mit welch unterschwelligen Witzen Wes Anderson arbeitet. Sam und seine Brieffreundin Suzy, deren Eltern sie übrigens auch verzweifelt suchen, ziehen also zusammen los, finden die Liebe und campen in der freien Natur.

Und nach uns die Sintflut

Moonrise Kingdom (3)Dabei bringt Sam die beiden mit seinem angesammelten Pfadfinderwissen gut durch und bekommt abends von Suzy Gute-Nacht-Geschichten vorgelesen. Die beiden küssen sich das erste Mal und Sam darf Suzys Brüste anfassen. Strike! Leider dauert der Ausflug der beiden nicht allzu lange an. Relativ schnell werden sie von der Gruppe der Suchenden ausfindig gemacht und wieder zurück nach Hause geschleppt. Als wäre das nicht schon schlimm genug, bekommt Suzy von ihren Eltern auferlegt, den Jungen nie wieder zu treffen. Doch Sam und Suzy wären nicht Sam und Suzy, wenn sie das so einfach mit sich machen lassen würden. Zusammen mit den anderen Jungs aus dem Camp, die mittlerweile eingesehen haben, dass ihr verräterisches Verhalten nicht gerade kameradschaftlich war, gelingt es ihnen, erneut zu flüchten. Einerseits damit Sam nicht in ein Jugendheim muss und andererseits, damit er und Suzy zusammenleben können. Und damit beginnt das Abenteuer erst so richtig. Auf eine ganz neue romantische Ebene wird der Film gehoben, indem sich Sam und Suzy von einem Pfadfinder eines benachbarten Camps verheiraten lassen. Einer gemeinsamen Zukunft steht bis auf die Flucht nun fast nichts mehr im Weg. Doch da ist ja auch noch der große angekündigte Sturm. Und dieser spielt für den weiteren Verlauf der Geschichte und insbesondere für das große Finale noch eine entscheidende Rolle. Das Theaterstück Noahs Sintflut bekommt hier noch mal eine ganz neue Umsetzung.

Surreale Lächerlichkeit

Moonrise Kingdom (4)Nicht nur die Story weiß zu überzeugen. Auch technisch ist der Film wirklich ganz großes Kino. Wir dürfen nicht vergessen, dass der Film im Jahr 1965 spielt und tatsächlich wirkt Moonrise Kingdom etwas älter. Dies ist allerdings ganz und gar nicht negativ gemeint. Wes Anderson hat es geschafft, mit einer fantastischen Bildkomposition, dem zunächst sehr ungewöhnlichen Schnittstil und nicht zuletzt der musikalischen Untermalung zwar ein surreal-lächerlich wirkendes, aber dennoch absolut authentisches Bild dieser fiktiven neuenglischen Insel und ihrer Bewohner zu schaffen. Dieser skurrile Stil ist aber auch etwas, das Wes Anderson einfach auszeichnet und sich durch alle seine Filme zieht. Moonrise Kingdom ist ein Film, den man sich mit seinen circa 94 Minuten Laufzeit auch gerne mehrmals anschauen kann. Solch eine liebevolle Arbeit fürs Detail sieht man wirklich selten, jedes Mal entdeckt man wieder etwas Neues und freut sich darüber. Neben Deutsch ist natürlich auch der englische Originalton anwählbar, zu beiden liegen Untertitel vor. Die Auflösung der Blu-ray beträgt natürlich 1080p und ist im 1,85:1-Widescreen-Format zu sehen. Aber auch abseits des Films selbst gibt es auf der Blu-ray noch einiges zu sehen. Neben Interviews mit einigen Darstellern bietet das Bonusmaterial noch ein Making-of, Material von den Dreharbeiten, eine Set-Tour mit Bill Murray (Suzys Vater) und noch einiges mehr.

Geschrieben von Patrick Overkamp

Patricks Fazit (basierend auf der Blu-ray-Fassung): Ich hatte bereits im Rahmen einer Preview im Mai dieses Jahres das Vergnügen, mir den Film im Kino ansehen zu dürfen. Wie ich das immer so mache, ging ich auch diesmal völlig ohne Erwartungen in den Saal und wurde regelrecht überrascht. Nicht auszudenken, was gewesen wäre, hätte ich diesen Film aus welchen Gründen auch immer verpasst. So stand die Anschaffung des Streifens auf Blu-ray natürlich gar nicht zur Debatte. Moonrise Kingdom wirkt trotz seiner surrealen Machart doch irgendwie wie aus dem Leben gegriffen und weiß, mit Komik, aber auch dem nötigen Ernst, die Geschichte zu erzählen. Schauspielerisch ist der Film natürlich auch große Klasse. Bei diesem Star-Aufgebot kann man aber auch gar nichts anderes erwarten. Edward Norton, Bruce Willis und Bill Murray sind wohl die bekanntesten Darsteller des Films und spielen ihre Rollen wirklich ganz hervorragend. Jeder, der diesen Film noch nicht gesehen hat, sollte sich zunächst fragen, warum das so ist, und ihn dann schleunigst nachholen.

Vielen Dank an Tobis Home Entertainment für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Moonrise Kingdom!

Review: ZombiU

ZombiU (1)Nach der großen Pest von 1665 hat London nun mit einer neuen Plage zu kämpfen. Aus bisher unerfindlichen Gründen ist eine Epidemie ausgebrochen, die die Bewohner Londons in hirnlose, nach menschlichem Fleisch und Gedärmen lechzende Kreaturen verwandeln lässt. Und jeder, der gebissen wird, wird zu einem von ihnen.

ZombiU (2)Unsere vorläufige Hauptfigur irrt durch das verwüstete London und versucht, sich vor diesen schaurigen Gestalten in Sicherheit zu bringen. Glücklicherweise werden wir von einer Stimme, die durch einen Lautsprecher hallt, in den Eingang einer U-Bahn-Station geführt, wobei der Weg dorthin gleichsam als eine Art erstes Tutorial dient. Da das GamePad den meisten Spielern ja noch relativ unvertraut ist, ist es auch nötig, sich wenigstens kurz mit der Steuerung auseinanderzusetzen. Hier unten in diesem Gebäude wurde das sogenannte Safe House eingerichtet, ein Ort mit allerlei Technik und einem Bett, das als Speichermöglichkeit dient und an dem wir zunächst sicher sein sollten. Diese unbekannte Stimme, die auch jetzt immer noch nur über Funk mit uns kommuniziert, stellt sich als Prepper vor und begründet dies darin, dass er immer vorbereitet ist. Das freut uns natürlich tierisch, denn davon lässt sich sicher profitieren in diesen schwierigen Zeiten. Zwar ist uns dieser Jemand völlig fremd, doch uns bleibt nichts anderes übrig, als ihm blind zu vertrauen. Unser Protagonist stellt auch keine Fragen, also scheint sich auch er damit abgefunden zu haben, dass er auf Hilfe angewiesen ist, um zu überleben. Angeblich hat der Prepper schon vor langer Zeit gewusst, dass dieses Horrorszenario auf uns zukommen wird. Uns wird zwar nicht erklärt, was zum Geier da draußen eigentlich los ist, aber wir kennen unser Ziel: Möglichst lange überleben.

Der Einsatz des GamePads

ZombiU (3)Wir machen Bekanntschaft mit dem Prepper Pad, welches nicht ohne Grund so aussieht wie das Wii U GamePad, welches wir als Spieler in den Händen halten. Es dient uns nicht nur als Controller, um unsere Figur zu steuern und um Waffen zu benutzen, sondern ist im Spiel dazu da, die Umgebung nach Zombies und Items abzuscannen, unseren Rucksackinhalt zu verwalten und die Karte der Umgebung wird uns außerdem auch noch darauf angezeigt. Unseren Rucksack müssen wir uns allerdings zunächst erst erbeuten. Wir verlassen das Safe House und suchen den vorherigen Überlebenden, um ihm den Rucksack abzunehmen. Was diesen Rucksack angeht, so kommt hier eine der interessantesten Aspekte dies Spiel zum Vorschein. Immer während wir auf unserem Streichzug durch das gefährliche London in unserem Inventar wühlen, was sich dann nur auf dem GamePad abspielt, läuft das Spiel gnadenlos weiter. Wir sollten also den Fernseher immer mit einem Auge im Blick haben, um möglichst schnell zu bemerken, wenn sich Feinde nähern. Die Umgebung abzuscannen, ist ebenfalls äußerst nützlich. Wenn wir gerne wüssten, ob sich hinter der nächsten Ecke Zombies befinden, genügt ein Fingertipp auf die untere rechte Ecke des GamePads und schon wird ein Signal ausgesendet, welches uns durch rote Punkte auf der Karte verdeutlicht, ob und wo einer dieser Beißer herumschleicht.

Der Weg zurück

ZombiU (4)Zeitgleich mit dem roten Punkt ertönt außerdem ein kurzes Piepen, welches sich relativ schnell ins Gehör einprägt und uns mit jedem erneuten Piepen ängstlich werden lässt. Sollte uns trotz des Scanners mal ein Zombie so überraschen, dass wir es nicht schaffen, ihn zu erledigen, beißt er uns. Damit segnet unsere ehemalige Hauptfigur das Zeitliche und wir starten mit einer zufälligen neuen Person im Safe House. Wer es gerne härter mag, kann auch einen Modus auswählen, in dem man schon nach einem Zombie-Biss endgültig tot ist und das Spiel komplett von vorne starten muss. Für diese Variante haben wir uns aus guten Gründen vorerst nicht entschieden. Leider hat die alte Figur, die jetzt als Zombie dort herumschleicht, wo wir gerade gestorben sind, noch unser ganzes Equipment bei sich. Sofern es sich lohnt, dieses wieder einzusammeln, sollten wir also zunächst unsere letzte Figur endgültig erledigen, um ihres Rucksacks mitsamt Inhalt habhaft zu werden. Das Aufsammeln des alten Inventars lohnt sich auf jeden Fall immer dann, wenn wir Munition oder Waffen dabei hatten. Denn diese sind in ZombiU rar gesät und wollen mit Bedacht eingesetzt werden. Haben wir es nur mit einem Zombie zur selben Zeit zu tun, verzichten wir auf Schusswaffen jeglicher Art und nutzen lieber den Cricket-Schläger, um den Viechern den Schädel zu zertrümmern.

Atmosphäre ist Trumpf

ZombiU (5)Der wohl wichtigste Aspekt des Spiels – das, was ZombiU ausmacht – ist wahrscheinlich die packende Atmosphäre. Während des gesamten Spiels hat man diesen einen Gedanken im Hinterkopf: Ich werde sterben. Dieser Gedanke lässt einen mitunter übertrieben vorsichtig durch die dunklen Gänge und Straßen Londons schleichen. Draußen auf den Straßen hören wir die Schreie der Zombies, auch wenn sie sich nicht in unmittelbarer Nähe befinden. In Kombination mit der Dunkelheit und der ohnehin dauerhaft präsenten Angst um das eigene Leben, wird hier eine Atmosphäre geschaffen, wie wir sie selten erlebt haben. Hinzu kommen natürlich die Schockmomente. Wir glauben zwar, dass wir vorerst alle Zombies in einem Raum beseitigt haben, doch nach unserer Rückkehr aus dem Keller steht plötzlich wieder einer der Zombies oben am Treppenabsatz und lässt uns mehr als nur hochschrecken. Gegen die Dunkelheit besitzen wir zwar eine Taschenlampe, jedoch entlädt sie sich mit der Zeit und muss dann für einige Sekunden erst wieder aufgeladen werden. Ob wir solange lieber an Ort und Stelle warten, oder uns im Dunkeln weiter vorwagen, bleibt selbstverständlich uns überlassen. Ersteres ist aber wahrscheinlich empfehlenswerter. Natürlich ist kein Spiel perfekt, und so hat auch ZombiU ein paar Mängel aufzuweisen.

Beschränkter Mehrspielermodus

ZombiU (6)Ein großer Punkt ist hierbei die Kollisionsabfrage. Da fallen schon mal Zombies durch Fahrstuhlböden oder laufen mit halbem Körper durch Wände, von wo aus wir sie dann auch ganz bequem besiegen können. Manchmal scheinen die Untoten auch ganz plötzlich aus dem Nichts aufzutauchen, wobei wir das dem Spiel vielleicht gar nicht ankreiden sollten, sorgt es doch für reichlich Schockmomente. In Zeiten von Resident Evil 6, in denen Survival-Horror-Spiele ihren Fokus viel zu sehr auf Action legen, ist das eine willkommene Abwechslung! Ein positiver Aspekt ist der Multiplayer-Modus des Spiels. Wer die Story beendet hat oder auch einfach so mal Lust hat, mit einem Freund Zombies zu schnetzeln, kann sich hier austoben. Zwar konnten wir mangels Pro Controller diesen Modus noch nicht ausgiebig in der aktuellen Version testen, können aber aufgrund unserer Gamescom-Erfahrung getrost sagen, dass auch hier der Spielspaß nicht zu kurz kommt. Durch clevere Nutzung des Wii U GamePads kann ein Spieler auf einer Karte Zombies erscheinen lassen, die der jeweils andere Spieler dann erledigen muss. Dabei gibt es verschiedene Arten von Zombies, die einem das Leben auf ganz unterschiedliche Weisen das Leben schwermachen können und besiegt beziehungsweise nicht besiegt werden wollen. Schade nur, dass sich der Modus auf nur zwei Spieler beschränkt.

Geschrieben von Patrick Overkamp

Erics Fazit: ZombiU landete natürlich auch in meiner Wii U, da ich das Spiel auf der letzten Gamescom in Köln bereits bei Ubisoft anspielen konnte. Damals allerdings nur der Mehrspielermodus, der mich richtig vom Hocker gerissen hat. Ich finde es zwar sehr schade, dass der Mehrspielermodus nur mit zwei Spielern angegangen werden kann, da die Wii U für fünf Spieler gleichzeitig geradezu prädestiniert ist, doch auch zu zweit ist das Konzept richtig klasse. Während ich über das GamePad Zombies platziere, kann ein Mitspieler diese auf dem Fernsehbildschirm abwehren. Herrlich! Die Kampagne von ZombiU haut mich hingegen aber nicht gerade vom Hocker. Durch die ständigen Tode der Helden kann ich mich mit keinem der Charaktere identifizieren – auch wenn ich es natürlich sehr lustig finde, wenn ich beim nächsten Ausflug in die Londoner Innenstadt auf einmal auf einen bereits von mir gespielten und zum Zombie mutierten Charakter treffe und diesem mit etwas Glück meine alte Ausrüstung abnehmen kann. An der sonstigen Atmosphäre gibt es meiner Meinung nach aber nichts zu bemängeln, doch wer nicht frustresistent ist, wird mit ZombiU auch nicht sehr viel Spaß haben.

Patricks Fazit: Im Vorfeld hatte mich der Hype-Zug spätestens dann abgeholt, als ich den Titel bei Ubisoft etwas ausführlicher anspielen durfte. Das Endprodukt hat mich nun nicht enttäuscht und überzeugt aus meiner Sicht auf ganzer Linie. Die paar technischen Mängel fallen zwar auf, sind aber in keiner Weise störend oder wirken sich in anderer Form negativ auf das Gameplay aus. Atmosphärisch ist ZombiU ebenfalls ein Musterbeispiel und glänzt beispielsweise mit passenden Schauplätzen. Ich kannte bisher immer nur die englische Synchronisation und fand die Stimme des Prepper mit seinem englischen Akzent äußerst gut gewählt. Die deutsche Version kommt zwar nicht ganz an das Original heran, passt aber trotzdem gut ins Spiel. ZombiU ist endlich mal wieder ein bockschwerer Titel, raubt einem aber keinesfalls die Motivation, das Ziel zu erreichen. Dieses ist nach fünfzehn bis zwanzig Stunden geschafft und danach bietet auch der Multiplayer-Modus noch diverse Stunden Spielspaß. ZombiU ist meiner Meinung nach der Pflichttitel zum Start der Wii U!

Vielen Dank an Ubisoft für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von ZombiU!

Review: Extrem laut und unglaublich nah

Viele Kinder haben am elften September 2001 ihre Familie verloren – oder zumindest einen Elternteil. Der Film Extrem laut und unglaublich nah, der auf dem gleichnamigen Roman von Jonathan Safran Foer basiert, erzählt die Geschichte des neunjährigen Oskar, dessen Vater bei dem Terroranschlag auf das World Trade Center ums Leben kommt.

Oskar Schell ist kein gewöhnlicher Neunjähriger. Er ist seinem Alter geistig weit voraus. An der Beisetzung seines Vaters nimmt Oskar nur von einer Parkbank aus teil, da er der Meinung ist, dass die Aktion aufgrund der fehlenden Leiche doch sowieso sinnlos sei. Die Beziehung zwischen Vater und Sohn war wirklich etwas ganz Besonderes. Glücklicherweise erfährt man durch diverse Rückblenden, die wunderbar passend und doch mit unmerklichen Übergängen im Film platziert werden, sehr viel von dieser Beziehung. Thomas Schell, der von Tom Hanks gespielte Vater des Jungen, sorgte zu Lebzeiten immer dafür, dass Oskar sich herausgefordert fühlte. Er hat ihm knifflige Rätsel gestellt, ihm Geschichten erzählt und er hat generell viel mit seinem Sohn unternommen. Oskars Mutter, deren Rolle von Sandra Bullock gespielt wird, wird aber erst im späteren Verlauf des Films wichtig. Jetzt fragen sich natürlich viele, was der Film denn nun eigentlich genau erzählen möchte. Ein Jahr nach der Tragödie durchstöbert Oskar seines Vaters  Kleiderschrank und lässt dabei eine blaue Vase versehentlich zu Bruch gehen. In dieser befand sich ein Umschlag, auf dem in einer Ecke der Name Black steht und einen kleinen Schlüssel beinhaltet. Oskar ist der festen Überzeugung, dass es sich dabei um das letzte große Rätsel handelt, dass ihm sein Vater aufgetragen hat. Oskar macht sich auf die Suche, um herauszufinden, zu welchem Schloss der Schlüssel passt.

Ein Name und ein Schlüssel, aber kein Schloss

Den Namen Black als Hinweis identifiziert, beschließt er, sämtliche in New York lebenden Leute mit diesem Namen zu besuchen und sie zu fragen, ob sie etwas über den Schlüssel oder seinen Vater wissen. Er erhofft sich, ein letztes Mal die Chance zu bekommen, seinem Vater nahe zu sein. Ob ihm das gelingt, verraten wir natürlich nicht. Oskar entfernt sich durch die intensive Beschäftigung immer weiter von seiner Mutter, was ihn aber nicht von der Suche abhält. Dass Oskar durch diese Mission auch auf scheinbar fremde Menschen stößt, mit denen er mehr zu tun hat als er glaubt, ist dann aber auch alles, was man zur Story sagen darf, wenn man keine wichtigen Punkte vorweg nehmen möchte. Das mag sich nicht für jeden nach einer interessanten Handlung anhören, doch ist die Umsetzung unserer Meinung nach wirklich gut gelungen. Die Schauspieler spielen ihre Rollen mit Ausnahme von Thomas Horn (Oskar) hervorragend. Der junge Schauspieler wirkt an manchen Stellen überfordert, was man ihm aber aufgrund seines Alters problemlos verzeihen kann. Sandra Bullock ist hier wohl in ihrer stärksten Rolle seit langem zu sehen. Wenn sie weint (dem  Zusammenbruch ist sie in einer Szene wirklich nah), wirkt sie in keiner Weise übertrieben oder peinlich, sondern echt. Max von Sydow, der Oskar im Verlauf des Films als stummer Untermieter seiner Oma zur Seite steht, spielt eine recht tragische Rolle, über die man als Zuschauer nicht sehr viel erfährt.

Talentierter Nachwuchs

Dafür muss man das Buch gelesen haben, was aber nicht als Kritikpunkt zu werten ist. Wenn man den Film als eigenständiges Produkt ansieht und die Existenz der Vorlage ausblendet, passt auch ohne weitere Informationen zu dieser Person alles zusammen. Außerdem darf man sich sicher sein, dass zum Ende hin alles aufgelöst wird. Neben dem Film liegt der Blu-ray auch Bonusmaterial bei. Da wäre zunächst ein klassisches Making-of zu nennen, welches aber etwas länger hätte ausfallen dürfen. Trotzdem ist es interessant, wie der Film entstanden ist. Außerdem lässt sich im Menü noch ein weiterer Punkt auswählen, bei dem wir ganze zehn Jahre später mehr über ein bestimmtes Opfer der Anschläge vom elften September und seine Familie erfahren und warum gerade er im Film zu sehen ist. Es kommen auch noch Vertreter der Organisation Tuesday’s Children zu Wort, welche sich um Kinder kümmern, die ihre Familien beim Terroranschlag verloren haben. Sie gehörten zu den ersten, die den fertigen Film gesehen haben und berichten über ihre Eindrücke. Der letzte nennenswerte Bonus ist Finding Oskar. Hier erzählt Thomas Horn, wie er zu der Rolle kam und berichtet von seinen Eindrücken, die er beim ersten Dreh gesammelt hat und wie er mit den anderen Schauspielern zurecht kam. Insgesamt handelt es sich hierbei also um unterhaltsames Bonus-Material, das man sich, genau wie den Film selbst, unbedingt einmal anschauen sollte.

Geschrieben von Patrick Overkamp

Patricks Fazit (basierend auf der Blu-ray-Fassung): Das Buch Extremely Loud and Incredibly Close, auf dem der Film basiert, gehört sicherlich zu den besten Werken, die ich in letzter Zeit gelesen habe und so wollte ich mir natürlich unbedingt auch den Film anschauen, um zu sehen, was daraus gemacht wurde. Wissend, dass man aufgrund der Länge der Vorlage bestimmt auf einige Details im Film verzichten muss, wurde ich nicht enttäuscht. Zwar fehlt der parallele Handlungsstrang, der im Buch in Form von Briefen aus der Vergangenheit erzählt wird, im Film komplett, doch das schmälert nicht die Qualität des Endprodukts. Neben kleinen und ebenso verzeihbaren Ausnahmen des Hauptdarstellers ist die schauspielerische Leistung wirklich hervorragend und die Geschichte hat mich persönlich emotional auch sehr mitgenommen. Ich würde lügen, würde ich behaupten, gegen Ende des Films nicht das ein oder andere Tränchen verdrückt zu haben. Einzig und allein, was die Synchronisation der Rolle des Oskar angeht, habe ich etwas zu bemängeln. Gerade in den Szenen, in denen Oskar etwas lauter wird, wirkt seine deutsche Stimme fast schon nervig, doch ansonsten ist die Synchronisation gut gelungen. Wer mit dem Gedanken spielt, sich den Film anzusehen, sollte aufgrund der ausführlicheren Erzählung ernsthaft in Betracht ziehen, vorher das Buch zu lesen.

Vielen Dank an Warner Home Video für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Extrem laut und unglaublich nah!

Review: Der Gott des Gemetzels

Angelehnt an das Theaterstück Le dieu du carnage der Französin Yasmina Reza, welches im Dezember 2006 in Zürich uraufgeführt wurde, ist Der Gott des Gemetzels die Verfilmung von Roman Polanski. Anfang 2011 wurde die Komödie in Paris gedreht.

Nachdem der Film im November des letzten Jahres in den deutschen Kinos anlief, erschien er nun endlich auf Blu-ray und DVD, womit wir nun auch einen Blick auf die Komödie werfen konnten. Der elfjährige Sohn von Nancy und Alan Cowan hat im Park einem gleichaltrigen Jungen mit einem Stock gleich zwei Zähne ausgeschlagen. Worum es bei dem Streit ging, bleibt zunächst einmal unklar. Das ist ein Skandal, finden Penelope und Michael Longstreet und laden die Eltern des Täters zu sich nach Hause ein, um den Vorfall festzuhalten. Hier wird bereits klar, dass sie es sehr genau nehmen und versuchen, ihren Sohn in Schutz zu nehmen. Nachdem Penelope im Beisein der anderen am Computer den Fall für die Versicherung niedergeschrieben hat und sich alle vier auf die richtige Wortwahl geeinigt haben (die Cowans sind absolut nicht damit einverstanden, dass ihr Sohn angeblich mit diesem Stock bewaffnet gewesen sein soll), scheint die Situation geklärt zu sein. Nun will das Ehepaar Cowan die Wohnung eigentlich schon wieder verlassen und stehen bereits mit Mänteln bekleidet im Hausflur, da fragen die Longstreets, ob sie nicht doch noch auf einen Kaffee und ein Stück Kuchen bleiben wollen. Mit diesen Worten nimmt das Kammerspiel mit den vier Darstellern seinen Lauf.

Vier Charaktere – ein Handlungsort

Zunächst geben sich alle Beteiligten des Vorfalls sehr umgänglich und sind bereit dazu, das Problem friedlich aus der Welt zu schaffen. Es wird ein Treffen der beiden Kinder vereinbart, damit sie sich aussprechen können. Doch nach und nach kommen immer mehr Probleme der Eltern zum Vorschein, was den eigentlichen Grund des Zusammensitzens in den Hintergrund rücken lässt. Die Beziehung der Cowans wird beispielsweise durch Alans Beruf als Anwalt eines Pharma-Konzerns negativ beeinträchtigt. Während des Gesprächs telefoniert Alan sogar ständig mit seinen Mandanten, was zunächst nur seine Gattin Nancy nervt. Insgesamt scheint Alan sich auch nicht wirklich für die Situation zu interessieren und ist sogar der Meinung, sein Sohn sei ein Wahnsinniger, der sich niemals seiner Schuld bewusst würde. Anfängliche Sympathien werden unter anderem dadurch zunichte gemacht, dass Michael Longstreet den Hamster seines Sohnes wohl einfach vor dem Haus auf der offenen Straße ausgesetzt hat, was vor allem Nancy nicht verstehen kann. Mit Ausnahme von kurzen Abstechern in Flur, Bad und Küche spielt der gesamte Film im Wohnzimmer der Longstreets. Diese Kulisse ist aber sehr gut gewählt, da hier die Nähe der Charaktere zueinander besonders gut möglich wird und sich der Einzelne dieser Situation kaum entziehen kann.

Wenn Alkohol die Zunge lockert

Somit ist es nicht verwunderlich, dass die vier Erwachsenen ab der zweiten Hälfte des Films allmählich immer weniger Acht darauf geben, nicht aus dem Rahmen zu fallen und ihre Gedanken frei heraus aussprechen. Vor allem als sich der Frust so weit aufgestaut hat, dass zum Alkohol gegriffen wird, nimmt niemand mehr ein Blatt vor den Mund. Dann wird sich gegenseitig angegiftet, nach und nach werden die Hüllen fallengelassen und die Fassade der wohlhabenden Eltern beginnt langsam zu bröckeln. Während die beiden Paare vorher noch mehr oder weniger zusammengehalten haben, vertritt nun jeder seine eigenen Positionen. Der Alkohol hat sogar Auswirkungen auf die Kameraperspektiven. Während zuvor ausschließlich auf einem Stativ gedreht wurde, wird mit Einnahme des Scotch auch die Kamera freier und leicht wacklig. Das Bildformat ist bei Der Gott des Gemetzels in 16:9 (2,35:1) gehalten. Die Bildqualität ist durchgehend sehr gut – das Bild macht einen gestochen scharfen Eindruck. Akustisch gibt es wahlweise die deutsche oder die englische Synchronisation in DTS-HD auf die Ohren. Für Gehörlose ist sogar eine eigene Fassung auswählbar. Hier sind Szenerie und Handlungen äußerst detailliert beschrieben. Der Bonusgehalt der Blu-ray fällt leider recht mager aus. Neben (durchaus interessanten) Interviews mit den Darstellern des Films erhalten wir lediglich Informationen zu ihnen und den originalen Kinotrailer zu Roman Polanskis Verfilmung des Theaterstücks. Fans von Making-ofs, Outtakes und nicht verwendeten Szenen gehen demnach leider leer aus. Wer aber einmal eine erfrischende Komödie erleben möchte, muss zuschlagen!

Geschrieben von Patrick Overkamp

Patricks Fazit (basierend auf der Blu-ray-Fassung): Als großer Sympathisant von Christoph Waltz war relativ schnell klar, dass ich mir Der Gott des Gemetzels auf jeden Fall anschauen werde. Als dann auch noch die Empfehlung von ein paar Freunden hinzu kam, wurde der Plan noch einmal bestätigt. Die Geschichte war mir nicht bekannt, da ich von dem Theaterstück, auf dem der Film basiert, vorher noch nichts gehört hatte, aber so konnte ich wenigstens ganz frisch ohne Erwartungen an den Film rangehen. Und ich wurde wirklich nicht enttäuscht. Obwohl es eigentlich um eine ernste Sache geht, wird damit sehr unterhaltsam umgegangen, was nicht zuletzt an Christoph Waltz liegt. Dieser ist in seiner Rolle als Alan Cowan erfrischend ehrlich und durch seine Einstellung zu der ganzen Geschichte bringt er die nötige Lockerheit mit ein. Aber auch sonst ist die Besetzung äußerst gut gewählt. Ich hatte zum Schluss den Eindruck, es hätte gar keine bessere Besetzung für Der Gott des Gemetzels geben können. Hervorragend!

Vielen Dank an Constantin Film für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Der Gott des Gemetzels!