American Football ist für viele Deutsche ein Begriff, den sie meist nur aus amerikanischen Filmen her kennen. Hierzulande ist die Sportart eher unpopulär, obwohl das strategische Spiel rund um den eiförmigen Ball in den Vereinigten Staaten Woche für Woche Millionen Menschen vor den Fernseher lockt, um Spiele der New York Jets, der Green Bay Packers, Chicago Bears und Konsorten zu verfolgen. Einzig allein das Liga-Finale, der sogenannte Super Bowl, wird im deutschen Free TV live übertragen.
In Deutschland beschäftigen wir uns ansonsten aber lieber mit Sportarten wie Fußball, Basketball oder Ice Hockey, weshalb es für uns keine Überraschung war, dass Electronic Arts im letzten Jahr gänzlich auf die Veröffentlichung eines Madden NFL 11 hierzulande verzichtete. Dementsprechend musste der letzte Serienteil von deutschen Football-Liebhabern importiert werden. Electronic Arts hat sich dieses Jahr eines Besseren besinnt und den neuesten Ableger auch wieder in hiesigen Gefilden veröffentlicht, allerdings ohne dem Spiel großartig neue Innovationen zu spendieren. Ob die Entwickler absichtlich ein Spiel gestalten wollten, welches sich so gut spielt wie der direkte Vorgänger oder ob es der fehlende Konkurrenzkampf in diesem Bereich ist, der die Serie durchaus nach vorne treiben könnte, ist fraglich. Um Veränderungen zu Madden NFL 11 zu finden, müssen wir ins Detail gehen. Uns fällt unter anderem auf, dass vor allem am Franchise-Modus geschraubt wurde. Es gibt ein erweitertes Scouting mit neuen Möglichkeiten, junge Spieler für sein Team zu entdecken. Erfahrene Spieler wachsen neuerdings sogar im Laufe der Zeit in vordefinierte Rollen hinein.
Authentische Kollisionsberechnung
Viel mehr Neues entdecken wir nicht, doch dafür fällt uns ein großer negativer Aspekt im Franchise-Modus auf. Die beliebte Halbzeit-Show, welche uns noch im Vorgänger von zwei echten Moderatoren während jedem Spiel vorgestellt wurde, wurde klanglos abgeschafft. Dabei war diese Show ein Spielelement, welche das Spielgeschehen ziemlich authentisch gestaltete und nebenher abwechslungsreich machte. Es ist wirklich unverständlich, warum solch ein individueller Bestandteil der Serie entfernt wurde. Wie in jedem neueren Sportspiel aus dem Hause Electronic Arts, existiert in Madden NFL 11 auch eine komplett neue Kollisionsberechnung, welche die Tacklings authentischer wirken lassen, als in den bisherigen Ablegern der Serie. In älteren Spielen wirkten Zweikämpfe steif und die Gegner fielen allesamt synchron auf den Boden. Ähnlich wie in Fifa 12, hat man nun verschiedene Animationen zu unterschiedlichen Tacklings einprogrammiert. Diese Animationen lassen das Spiel wesentlich flüssiger und realistischer wirken – die Resultate können sich wirklich sehen lassen! Tackeln wir einen Gegner beispielsweise an seinen Kniescheiben, sticht uns sofort ins Auge, wie seine Beine nach hinten gestoßen werden und der Oberkörper nach vorne fällt. Diese realistisch wirkenden Animationen tragen wesentlich zum Spielgenuss bei und zeigen uns deutlich die verschiedensten Konsequenzen eines Zweikampfs.
Die Kunst des Playbooks
Für Neulinge der Serie wurde das sogenannte Gameflow-System etwas einsteigerfreundlicher gestaltet. Somit ist es nicht mehr zwingend notwendig, sich mit dem Playbook des Vereins auseinander zu setzen und man erhält die Möglichkeit, automatisch einen passenden Spielzug für die momentane Spielsituation auswählen zu können. Die Änderung dabei ist, dass wir im Angriff nun zwischen Pass- oder Laufspielzug wählen dürfen. Dies gilt im Übrigen auch für die Defensive, so kann man aggressiv oder zurückhaltend agieren. Für Einsteiger ist diese Hilfestellung sicherlich eine Bereicherung, für erfahrene Spieler jedoch nicht zu empfehlen, da einzelne Spielzüge aus dem Playbook (sofern der Spieler genug Fachwissen mitbringt), wesentlich mehr Yards erzielen und gegnerische Angriffe schon in der Entstehung vernichtet werden können. Grafisch wurde einiges neu gestaltet: Die Stadien und Spielwiesen sehen detaillierter aus und das Umfeld wurde wesentlich mehr in Szene gesetzt. So bekommt man dieses Jahr mit Madden NFL 12 authentische Einmärsche der Teams, Menschengetümmel vor den Stadien und weitere schöne Umgebungsgeschehnisse spendiert. Diese Kleinigkeiten vermitteln dem Spieler das Gefühl, er sei mitten im Geschehen und verdeutlichen, dass man sich selbst als ein Teil der Football-Dynastie fühlen darf. Allgemein ist die eigene Präsentation rund um die Mannschaften der National Football League wirklich gut gelungen. Sie ist so authentisch, das sie uns immer wieder dazu verleitet, Madden NFL 12 einzulegen und den Football-Sport einfach nur zu genießen.
Geschrieben von Axel Gutsmiedl
Axels Fazit (basierend auf der PlayStation-3-Version): Vorweg möchte ich eine Sache los werden. Wer Madden NFL 11 bereits daheim stehen hat, kann dieses Jahr ohne schlechtes Gewissen auf den Nachfolger verzichten. Die kleinen Neuerungen sind es nicht wert, ein Spiel zum Vollpreis zu erwerben. Zwar wirkt der Titel realistischer als sein Vorgänger und bringt auch eine grafische Verbesserung mit sich, jedoch sind die Unterschiede zum letzten Teil doch wirklich gering ausgefallen. Die Offensive Line blockt immer noch so gut wie in Madden NFL 11 und die Wide Receiver fangen wie gehabt weiterhin Bälle. Wirklich auffällig ist nur die neue Kollisionstechnik, welche den Braten aber auch nicht fett macht. Enttäuschend finde ich persönlich das Herausnehmen der Serie Extra Point. Ich habe mir gerne die Anmerkungen der Kommentatoren angeschaut und angehört – ein Spielelement, welches ich schmerzlich vermissen werde! Spielerisch ist Madden NFL 12 das beste American-Football-Spiel, was ich bisher gespielt habe, allerdings nur mit minimalen Verbesserungen zum Vorgänger. Und ob minimale Verbesserungen fünfzig Euro wert sind, muss im Endeffekt immer noch jeder für sich entscheiden.
Vielen Dank an Electronic Arts für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars von Madden NFL 12!