Tecmos Dead-or-Alive-Serie hat Nintendo-Plattformen immer gemieden. Zwei Monate nach dem offiziellen Nintendo-3DS-Launch in Europa, hat die Reihe auch Einzug im Nintendo-Land gehalten. Wir haben uns wochenlang für euch durch das Beat ’em Up geboxt.
Wer sich von Dead or Alive: Dimensions eine durchdachte Handlung wie beim aktuellen Konkurrenten Street Fighter IV: 3D Edition erhofft, wird von vornherein enttäuscht werden. Wer sich bisher nicht mit der Serie auseinandergesetzt und die unterschiedlichen Vorgänger nicht gespielt hat, wird Probleme haben, den Zusammenhang der Charaktere zu verstehen. Im Chronik-Modus sollen wir die gesamte epische Dead-or-Alive-Saga erleben, heißt es. An sich wurde das Versprechen gehalten, denn in fünf Kapiteln wird die Geschichte der vorherigen Teile komplett umschlossen. Dem Entwickler gebührt an dieser Stelle zwar Dank für den, für ein Beat ’em Up recht lange ausgefallenen Handlungsverlauf, doch schafft es Tecmo nicht, die im Spiel enthaltenen Charaktere (bis auf wenige Ausnahmen, wie etwa Ryu Hayabusa) richtig einzuführen und vorzustellen. So schlagen wir uns im Grunde durch zahlreiche Kämpfe und erleben zwischendurch ein paar Dialoge zwischen Charakteren, was aber nicht immer gut aussieht (dazu später mehr). Etwas Gutes hat die Dead-or-Alive-Chronik aber schon – sie führt uns behutsam an die Steuerung heran und zeigt uns gut, wie wir in den Kämpfen bestehen können.
Einfaches Lernen
Sollten wir die Lehren aus der Chronik irgendwann einmal vergessen, können wir sie uns im Modus Training ganz einfach wieder aneignen. Wer jetzt allerdings hofft, spezielle Aufgaben wie in Capcoms Prügelspiel-Meisterwerk zu erleben, wird vermutlich enttäuscht. Anstatt uns Combos anzueignen, in dem wir eine Aufgabe nach der anderen abarbeiten, damit wir sie uns auch tatsächlich merken, steht uns hier nur ein stumpfer Gegner unserer Wahl im Weg, an dem wir unsere Aggressionen freien Lauf lassen können. Mehr als ein netter Bonus ist das für uns nicht, da richtig zu beherrschende Kombinationsangriffe in Dead or Alive die Seltenheit sind. Es geht viel mehr darum, kleinere Attacken richtig aneinander zu ketten und dem Gegner somit möglichst keine Chance zu geben, sich aus dieser Angriffskette zu befreien. So beweisen die Entwickler zwar, dass sie sich von anderen Genre-Größen abspalten möchten, doch auch Einsteiger in der Dead-or-Alive-Serie kommen besonders in der Anfangszeit auch mit purem Button Mashing durch die Chronik und durch ein Großteil der anderen Modi, die sich mit auf der Cartridge befinden.
Button Mashing siegt
Der Arcade-Modus ist sicherlich der Klassiker im Spiel, den wir auch aus anderen Titeln her kennen. Im Großen und Ganzen geht es hier darum, acht zufällig ausgewählte Charaktere des Franchises nacheinander zu besiegen und eine möglichst gute Bestzeit zu erreichen. Spielen wir den Survival-Modus, wird die ganze Sache schon etwas kniffliger. Hier müssen wir eine bestimmte Anzahl an Gegnern hintereinander besiegen, ohne dabei selbst zu verlieren. Es ist so, dass die Charaktere in diesem Modus sofort nach dem Kampf in die Arena springen, ohne dass dabei ein neues Gebiet geladen werden muss. Bei bis zu einhundert Kämpfen wäre das auch eine Zumutung, ein großer Pluspunkt für das Spiel. Wie bereits im letzten Absatz dieses Reviews erwähnt, haben wir es hier sogar geschafft, mit wahllosem Knöpfchendrücken und wiederholten Attacken bis zu sechzig Gegner am Stück zu bekämpfen. An dieser Stelle war es dann soweit, dass wir erkennen, dass selbst Dead or Alive ein kleines Stück Herausforderung bietet. Das merken wir auch in einem weiteren Modus, bei welchem wir mit zwei Charakteren in den Ring steigen dürfen – drücken wir hier wie ein Irrer auf die Knöpfchen, kommt es wohl oder übel mal dazu, dass unser Charakter ausgewechselt wird, ohne dass wir diesen Vorgang überhaupt durchführen wollten. Dieser Modus spielt sich im Übrigen recht flott und bringt eine kleine Portion Taktik mit in den Prügelalltag von Dead or Alive: Dimensions.
Problemfall: Online-Gaming
Des Weiteren können wir uns auch lokal anderen Spielern im Wettkampf messen, doch leider war es nicht möglich, diesen Modus mangels interessierter Teilnehmer zu testen. Immerhin haben wir uns online gegen den einen oder anderen menschlichen Gegner versucht. Während wir vermehrt auf Spieler trafen, die ihre Charaktere nicht beherrschten und auf das bereits zu oft betonte Button Mashing setzten, gab es aber auch Herausforderer, denen man ihre Leidenschaft zu Dead or Alive: Dimensions wirklich anmerken konnte. Das Problem betrifft aber nicht nur das Beat ’em Up aus dem Hause Tecmo, auch Capcoms Prügelspiel leidet online unter Spielern, die nichts weiter als das Hadoken (eine Art aus den beiden Händen geschossener Feuerball, vergleichsweise mit dem Kame-Hame-Ha aus Dragonball) beherrschen und sich damit in ihre Ecke des 2D-Kampfbildschirms verziehen. Bei Dead or Alive wirkt das ganze Spektakel viel dynamischer, da man sich auch um einen Charakter in einer dreidimensionalen Landschaft herumbewegen kann, sofern man es schafft, den Gegenspieler diesbezüglich auszutricksen. Die Arenen von Dead or Alive: Dimensions haben ebenfalls einen Vorteil gegenüber anderen Beat ’em Ups – sie sind in mehrere Ebenen aufgeteilt!
Geniale Arenen-Konstruktion
Das ganze müsst ihr euch in etwa so vorstellen: Wenn wir auf dem Oberdeck eines Schiffes kämpfen, können wir unseren Gegner geschickt packen und eine lange Steigung hinunter schubsen. Dieser kann sich in dieser Zeit nicht wehren und fällt durch ein großes Glasdach in einen Tanzsaal des Schiffs. Unter Charakter springt automatisch hinterher (ohne Schaden dabei zu nehmen) und wir kämpfen dann ohne Verzögerung gegen den Gegner in der neuen Umgebung weiter, sofern ihn der Sturz nicht schon zu viel Energie gekostet hat und wir den Kampf bereits für uns entschieden haben. Fast jede Arena (soweit wir das zwischenzeitlich beurteilen können) ist so aufgebaut, dass sie facettenreiche Kämpfe erleben wird. Hier haben die Entwickler besonders gute Arbeit verrichtet, wie wir finden. Eine solche Dynamik sollte ab sofort zum Standard des Genre gehören, auch in 2D-Prügelserien wie Street Fighter und Co. Gewissermaßen beschert uns unsere Neugier gleichermaßen auch einen Erkundungs- und Lerndrang, wie die unterschiedlichen Arenen aufgebaut sind und wie wir deren Umgebungen (etwa die einer verschneiten Landschaft oder eines asiatischen Tempels, der Abwechslungsreichtum ist durchaus groß) sinnvoll nutzen können, um unserem Gegner noch mehr Schaden zu zurichten. So etwas haben wir in einem Beat ’em Up bisher noch nicht erlebt, zumal die Arenen mit eingeschaltetem Tiefeneffekt doch um einiges atemberaubender wirken, als so mache Stage der 3D-Edition von Street Fighter IV.
Fragwürdige Zwischensequenzen
Obwohl so gut wie alle Arenen mit eingeschaltetem Tiefeneffekt eine besonders gute Figur abgeben, kann man das von der Bildwiederholungsrate nicht behaupten. Spielen wir ohne den eingeschalteten 3D-Effekt des Nintendo-Handhelds, läuft das Geschehen deutlich flüssiger ab. Das liegt natürlich an der ausgereizten Hardware, doch mit etwas Programmiergeschick wäre hierbei sicherlich der eine oder andere Frame zu retten gewesen. Dafür sehen alle Charaktere schön modelliert aus und auch die knalligen Effekte wirken stellenweise wie ein wunderschönes Feuerwerk. Aus der Reihe tanzen allerdings die Szenen, die sich zwischen den einzelnen Handlungsverläufen der Chronik abspielen. Standfiguren, die nicht einmal ihre Mimik oder Gestik verziehen, gehen heute einfach nicht mehr. Street Fighter IV: 3D Edition hat vergleichsweise auf hübsche Anime-Sequenzen gesetzt, die sich zudem von Charakter zu Charakter unterscheiden (wenn auch ohne Tiefeneffekteinbindung). Hin und wieder gibt es in Dead or Alive: Dimensions aber auch eine schön animierte Zwischensequenz zu sehen, die dann wiederum das Gesehene bei Street Fighter IV: 3D Edition toppt. Wir fragen uns, warum sich Tecmo nicht im Vornherein auf die Ausarbeitung solcher Sequenzen konzentriert und diese ins Spiel eingebaut hat, sie hätten das Gesamtbild deutlich unterstützt.
Sammelwahnsinn
Der im Spiel vorkommende Soundtrack ist gut, auch wenn er sich in den Kämpfen stellenweise in den Hintergrund verdrückt, was wir bei einigen guten Stücken nicht wirklich verstehen können. Auch hier muss sich das Spiel dem Vergleich mit der Genre-Referenz gefallen lassen – bei Street Fighter IV: 3D Edition war dieser deutlich stimmungsvoller und auch die für ein Beat ’em Up wichtige Steuerung flutschte definitiv leichter von der Hand. Fans von freischaltbaren Inhalten werden bei Dead or Alive: Dimensions allerdings ihre wahre Freude haben. Für so gut wie jeden durchgespielten Modi, gewonnene (oder auch verlorene) Kämpfe und alle möglichen Aktionen, spielen wir kleinere Figuren für unsere virtuelle Sammlung und neue Kleidungsstücke für unsere Charaktere frei. Die Mitteilung, die deswegen nach einem Kampf erscheint, ist zwar nett, aber durchaus nervig (und natürlich nicht abstellbar). Bei neuen Charakteren könnten wir das noch verstehen, aber die Vielzahl an Figuren lässt dieses Feature einfach nur als nervig erscheinen, wenn es inhaltlich auch ein netter Zug von Tecmo ist, uns zusätzliche Inhalte spendieren zu wollen.
Neuer Stern am Genre-Himmel
Einen weiteren Pluspunkt gegenüber Street Fighter IV: 3D Edition hat Dead or Alive: Dimensions ebenfalls noch. Während wir im Capcom-Spiel ein Team aus diversen Figuren zusammenstellen, mit denen wir bei einer StreetPass-Begegnung halbautomatisch kämpfen, brauchen wir etwas Ähnliches in Tecmos Titel nicht zu machen, denn hier reicht es, den Titel für den StreetPass-Modus zu aktivieren. Das Spiel errechnet dann aufgrund der vorliegenden Statistiken die Werte für eine Begegnung auf offener Straße um – in der Throwdown-Herausforderung können wir dann später gegen mal mehr, mal weniger starke und getroffene Kämpfer antreten. Klasse! Obwohl Dead or Alive: Dimensions deutliche Schwächen hat, hat es das Genre in gewissermaßen aber auch auf eine neue Ebene gehievt, was die in mehrere Ebenen aufgeteilten Arenen und andere kleine Feinheiten betrifft. Bei einem Beat ’em Up ist es aber vor allem wichtig, dass die grundlegende Spielmechanik funktioniert. Das tut sie auch, aber nicht so gut wie im aktuellen Vergleichsspiel Street Fighter IV: 3D Edition. Dead or Alive: Dimensions ist sicherlich kein schlechtes Prügelspiel, doch die Konkurrenz hat die leider Nase vorn.
Geschrieben von Eric Ebelt
Erics Fazit (basierend auf der Nintendo-3DS-Fassung): Seit den Neunzigern bin ich ein großer Fan der Street-Fighter-Serie. Selbstverständlich gehört es für einen ernsthaft engagierten Menschen dazu, auch mal über den Tellerrand zu blicken und andere Vertreter des Genres auszuprobieren. Im letzten Jahrzehnt war das beispielsweise Soul Calibur II, ein im Grunde tolles Beat ’em Up für Nintendos Spielewürfel, doch lange hat es mich nicht gefesselt. Als nächstes würde ich gerne Tekken 6 erwähnen, welches ich mir im letzten Jahr nur wegen des beiliegenden Arcade Sticks gekauft habe – gespielt habe ich es eine halbe Stunde und schon war die Luft raus. Dead or Alive: Dimensions hat mich deutlich länger an meinen Nintendo 3DS gefesselt, als die zu letzt genannten Spiele. Unzählige Stunden habe ich damit verbracht, Charaktere und neue Kostüme für diese frei zuschalten. Unterwegs habe ich auch den einen oder anderen Dead-or-Alive-Spieler getroffen, mit dem ich es anschließend in der Throwdown-Herausforderung aufgenommen habe. Das funktioniert dann deutlich besser, als das lästige Figurenspielchen bei Street Fighter IV: 3D Edition. Obwohl mich die durchaus gelungenen Arenen, die in mehrere Ebenen aufgeteilt sind, überzeugen konnten und das Spiel sicherlich auch ein paar kleinere Vorteile gegenüber seinen Genre-Kollegen bietet, so ist die Spielmechanik meiner Meinung nach eher auf Anfänger im Genre ausgelegt. Fortgeschrittene und Profis sollten bei Street Fighter IV: 3D Edition bleiben. Mit auswendig zu lernenden Combos spielt es sich in meinen Augen deutlich angenehmer und flüssiger.
Vielen Dank an Nintendo für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Dead or Alive: Dimensions!