Ungewisse Erwartungen und eine große Portion Neugierde prägten das Warten bis zum Release von Dead Space 3. Vorab kann schließlich niemand wissen, wie stark sich das Spiel im Vergleich zu den Vorgängern wandeln wird.
Nach einem tristen Raumschiff im ersten und einer etwas bunteren Raumstation im zweiten Teil der Dead-Space-Reihe, treibt es unseren Protagonisten Isaac Clark nun auf den frostigen Eisplaneten Tau Volantis. Erneut durchzieht Grauen und Schrecken das Weltall und erneut kann nur Isaac den universumübergreifenden Ausbruch der Necromorph-Plage eindämmen. Als ehemaliger Ingenieur und inzwischen Fachmann für diese mutierten und aggressiven Biester, ist er natürlich zum einem drauf aus, sie und die mit ihr sympathisierende Sekte namens Unitology aufzuhalten und zum anderen treiben ihn aber auch private Gründe zurück in das schwerelose Schlachtfeld. Seine verschollene Freundin Ellie scheint plötzlich wieder in greifbare Nähe zu rücken, als Isaac ihr Notrufsignal empfängt. Obwohl er wegen den traumatischen Ereignissen aus den Vorgängern lebenslange psychische Schäden davon tragen musste, bricht Isaac das erste Mal in der Dead-Space-Serie mit einer eigenen Motivation auf, um seine Mission zu erfüllen. Wie wir im weiteren Spielverlauf feststellen mussten, ist Dead Space 3 auf der Xbox 360, der PlayStation 3 und dem PC (für die Wii U erscheint der Titel vorerst nicht) noch an vielen Stellen mit seinem eigenen Stil und ehemaligen Alleinstellungsmerkmalen im Bruch. Sowohl im Guten als auch im Schlechten!
Die Überraschung nach einer trügerischen Werbekampagne
Electronic Arts befindet sich im Zugzwang. Schon die Vorgänger verkauften sich unter den Erwartungen und falls von Dead Space 3 nicht mindestens fünf Millionen Exemplare über die Ladentheke wandern, bedeutet dies das Aus für das Franchise. Schon der Coop-Modus und die Trailer-Kampagne verrieten die Taktik, die der Publisher verwenden wollte, um eine möglichst große Käuferschicht anzusprechen. Hauptsächlich sehen wir in Trailern und Previews unseren Charakter Isaac, wie er durch helle eisige Gebiete stolpert und sich von einem spektakulären Action-Feuerwerk ins nächste wirft. Das dies stark an reguläre Third-Person-Shooter wie Uncharted erinnert, ist sicher nicht unbeabsichtigt. Tatsächlich bleibt Dead Space 3 aber in der ersten Hälfte des Spiels seiner Reihe uneingeschränkt treu und spielt fast ausschließlich in den dunklen verödeten Überresten einer alten Raumflotte, die uns direkt positiv an das Setting des ersten Teils erinnert. Erst ab dem hellen Eisplaneten, auf dem auch die Demo spielt, verlässt uns wegen den Lichtverhältnissen und den offenen Arealen langsam das mulmige Gefühl, welches diese Serie einst ausmachte. Nun gibt es zwar mehr Gegner denn je, aber wir dürfen nicht vergessen, dass Dead Space schon immer ein actiongeladenes Gameplay besaß, an dem auch im dritten Teil nur wenig am Mainstream angepasst wurde.
Waffenbau für jedermann
Im Gegenteil! Isaacs schwerfällige Bewegungen orientieren sich immer noch an die eines Panzers und auch das Zielen besitzt noch eine schwammige Komponente, die uns schon in den Vorgängern den Schweiß auf die Stirn getrieben hat. Lediglich eine praktische agile Ausweichrolle und ein unnötiges Deckungssystem erinnern an Mechaniken aktueller Shooter. Auch das Waffengefühl gehört immer noch zu den besten überhaupt. Ein kräftiger Rückstoß lässt jede Waffe unterschiedlich stark erbeben und wir spüren regelrecht, wie mit jedem Schuss unser Munitionsvorrat dahin schmelzt. Aber auch hier konnte Visceral Games nicht die Finger von Veränderungen lassen. Insgesamt gibt es nur noch eine einzige Munitionssorte. Schwere Waffen verbrauchen pro Schuss natürlich mehr Einheiten dieses raren Guts, aber im Grunde verhindert das zusammen mit einem viel zu großen Inventar das geschickte Ressourcen-Management. Den Grund für diese Entscheidung finden wir wohl im motivierenden Waffenbaukasten, der es uns erlaubt aus unterschiedlichen Komponenten eigene Waffen herzustellen. Klassiker wie den Plasma-Cutter und das Impulsgewehr können natürlich immer noch via Baupläne an den im ganzen Spiel großzügig verteilten Werkbänken einfach zusammengeschraubt werden.
Abgenutzte Gegnertypen
Viel interessanter wird es aber für die Experimentierfreudigen unter uns, die von sägeblätterschießenden Flammenwerfern bis zu Harpunen-Schrotflinten alles erdenkliche kreieren dürfen. Zwar können wir insgesamt nur zwei Waffen tragen, aber fast jede Waffe erlaubt es je nach Bauart den sekundären Feuermodus zu einer eigenständigen Waffe aufzurüsten. Diese Neuerung gliedert sich problemlos in das Gameplay ein und schafft eine neue spaßige Motivation. Die Bauteile für Waffen finden wir entweder im normalen Spielverlauf oder erhalten sie im Tausch gegen Rohstoffe, denen das alte Zahlungsmittel (Credits) weichen musste. Altmetalle, Halbleiter oder Wolfram, erlangt von erledigten Gegnern, werden schön ordentlich im virtuellen Inventar gelagert. Schön ist auch, dass noch immer alle Anzeigen auf Isaac Anzug oder in Hologrammen angezeigt werden. Neben fast allen altbekannten Necromorphs lauern uns leider nur wenige neue Gegnertypen auf. Heranstürmenden Feinden lassen sich immer noch am besten stoppen, indem wir mit gezielten Beschuss die Beine oder ihre Angriffswerkzeuge, oftmals die Klauen, abtrennen. Da sie uns trotzdem nicht selten schneller in dunkle Ecken drängen als uns lieb ist, ist neben dem Feuern auch ein richtiges Bewegungsmuster für den Sieg entscheidend.
Eine Trilogie geht zu Ende
Unterstützen können uns dafür auch Isaacs Fähigkeiten – zum Verlangsamen von Gegnern und Werfen von Gegenständen. Neben den mutierten Wesen wollen diesmal auch die Menschen aktiv mitmischen. Geschulte Elitesoldaten sind aber tatsächlich dümmer als ihre mutierten Kollegen und warten gerne beharrlich hinter ihrer Deckung, bis wir sie umrundet haben. Leider ist auch Dead Space 3 nicht vom ernüchterndem Backtracking durch schon längst besuchte Areale befreit. Der bekannte Rückweg in Horrorspielen, bei dem in erkundeten Gebieten mit den Erwartungen der Spieler gespielt wird, greift in Dead Space 3 einfach viel zu oft, sodass unangenehm schockierende Überraschungen (die eigentlich immer durch die Lüftungsschächte hüpfen) uns nicht mehr vom Hocker reißen können. Dass Jump Scares einfach nicht mehr so gut wirken wie noch früher, liegt ganz einfach am Abnutzungseffekt, der sich schon in Dead Space 2 bemerkbar gemacht hat. Die optionalen Nebenmissionen bieten dagegen etwas richtig Frisches. Hin und wieder erhalten wir den Auftrag, ein bestimmtes Areal doch einmal genauer unter die Lupe zu nehmen und zusätzliche Untersuchungen anzustellen. Die optionalen Abschnitte bieten zwar die gleiche Kost, doch revanchieren sie sich mit zusätzliche Informationen zum Dead-Space-Universum.
Munitionsknappheit
Bauteile, Rohstoffe und Medipaks, die wir eigentlich jederzeit gut gebrauchen können, sind ebenfalls abseits der Wege zu finden. Munitionsarmut herrscht das gesamte Spiel hindurch nämlich immer noch. Das erinnert beispielsweise an die älteren Resident-Evil-Spiele und brenzlige Situation in so manchen Third-Person-Shootern. Obwohl uns vor allem die finalen Züge der Story vom Abschluss der Trilogie ein wenig enttäuscht haben, wird die gesamte Geschichte noch genauso gut erzählt wie schon in den Vorgängern. Vertraute Text- und Audio-Logs berichten von den vergangenen Geschehnissen um uns herum, während uns Funk- und Videoübertragungen von anderen Charakteren immer auf dem Laufenden halten. In den wenigen Momenten in denen sich die Charaktere treffen, sehen wir dem Spiel die etwas schwächelnde Engine deutlich an. Dafür sind nahezu alle Texturen gestochen scharf und die Physik so gut wie immer. An der bewundernswerten Soundkulisse hat sich auch nichts getan. Aus den finsteren Ecken und Lüftungsschächten der verlorenen Raumflotte knarrt es unheilvoll und die Necromorphs kündigen sich immer noch mit ihren verstörenden Schreien an. Ein großer Teil der klaustrophobischen, einsamen Stimmung bleibt natürlich auf der Strecke liegen, sobald wir in den Online-Coop-Modus wechseln.
Zwangsloser Coop-Modus
Von dem können sich eine Menge aktueller Titel eine sehr große Menge abschneiden, denn im gesamte Singleplayer-Anteil sind wir alleine unterwegs und somit völlig auf uns allein gestellt. Erst wenn ein weitere Spieler der Partie beitritt, was übrigens an jedem Kontrollpunkt problemlos möglich ist, erscheint der zweite spielbare Charakter namens Carper. Das sorgt weder für einen Bruch in der Atmosphäre, noch müssen wir uns mit einer lästigen künstlichen Intelligenz wie in Resident Evil 6 herumschlagen. Da haben die Entwickler bei Visceral Games Köpfchen bewiesen. Carper ist im normalen Einzelspielermodus auch vorhanden und geht seine eigenen storyrelevanten Wege, sodass Einzelspieler keinen Verlust davontragen. Zwar gibt es optionale Missionen, die den Coop-Modus voraussetzen und außerdem von dem neuen asymmetrischen Horror Gebrauch machen, aber weder verpasst man mit den Missionen wichtige Story-Inhalte, noch konnte uns diese neuartige Methode wirklich das Fürchten lehren. Denn in diesen seltenen Passagen hat ein Spieler nicht dasselbe wie der andere auf dem Schirm, was für panische Verwirrung sorgen sollte. Da die Stellen zu selten und zu kurz vorkommen und es keine Möglichkeit gibt, den Coop-Modus lokal zu spielen, kann es aber passieren, dass viele Spieler den Unterschied gar nicht bemerken.
Geschrieben von Jonas Maier
Jonas‘ Fazit (basierend auf der Xbox-360-Fassung): Als großer Fan beider Vorgänger, der nach der Ernüchterung und den Vergleichen von Resident Evil 6 kaum mehr etwas von Dead Space 3 erwartet hatte, muss sagen, dass es auf keinen Fall so schlecht ist, wie es derzeit von einigen Vertretern der Videospielpresse behauptet wird. Es kommt aber auf keine Fall an die Vorgänger und gleichzeitig Vorbilder heran, denn dafür haben sich die Schockeffekte und das solide Gameplay innerhalb von drei Spielen einfach zu stark abgenutzt. Kurz zuvor hatte ich noch einmal den ersten Teil eingelegt und auch der besaß nicht mehr allzu viel von seinem gruseligen Charme, weil Kenner inzwischen einfach die Schocker-Machinerie von Visceral Games durchschaut haben. Da empfand ich den Wechsel in die neue eisige Umgebung von Tau Volantis doch wirklich sehr angenehm, auch wenn die letzten Stunden mir eindeutig zu lang gestreckt wurden. Wäre das Spiel ein Viertel kürzer, wäre es sogar trotzdem noch länger als seine Vorgänger. Unter dem groß angekündigten doppelten Horror habe ich mir auch etwas anderes vorgestellt. Dass Spieler A für Spieler B stirbt, obwohl ihn in Wirklichkeit keine Monster angefallen haben, oder dass mich trügerisch funkelnde Items in Hinterhalte locken, gibt es leider nicht. Hauptsächlich verwendet wird diese Methode in unbeeinflussbare Zwischensequenzen. Obwohl Dead Space 3 zweifellos Schwächen hat, bin ich froh, dass die Spielserie sich noch nicht vollkommen entfremdet hat.
Vielen Dank an Electronic Arts für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Dead Sapce 3!