Seit 1990 verzaubert Shin-chan seine japanischen Fans in Manga-Form und seit 1992 im Rahmen einer Anime-Serie. Letztere wurde 2002 zwar auch in Deutschland ausgestrahlt, doch nach rund 130 Episoden sollte für sehr, sehr viele Jahre Schluss mit der Lokalisierung sein.
Es sollte bis 2017 dauern, bis Fans aus dem deutschsprachigen Raum auf ein Wiedersehen mit dem quirligen Jungen aus Japan hoffen durften. Eine neue Synchronisation von weiteren und hierzulande bisher noch nicht gezeigten Episoden wurde in Auftrag gegeben, die von Polyband Anime seit April 2019 auf DVD veröffentlicht werden. Wer Anfang der 2000er-Jahre oder bei einer der unzähligen Wiederholungen der Serie eingeschaltet hat, wird das Szenario von Shin-chan: Die neuen Folgen selbstverständlich bekannt sein. Allen anderen sei gesagt, dass es sich bei dem titelgebenden Shinnosuke, in diminutivierter Kurzform Shin-chan genannt, um einen fünfjährigen Jungen handelt, der seine Mitmenschen in jeder einzelnen Episode in den Wahnsinn treibt oder in Mitleidenschaft zieht. Dies betrifft nicht nur seine Eltern, sondern auch seine Freunde aus dem Kindergarten und seine Kindergärtnerinnen. In der ersten Folge ist Nohara Shinnosuke zum Beispiel wütend auf seine Mutter, da er anstatt seine kleine Schwester Himawari für jedes kleine Malheur von ihr bestraft wird und beschließt, ab sofort die Rolle des Familienhundes Shiro einzunehmen und zieht daraufhin in dessen Hundehütte. Der Wahnsinn verlässt jedoch auch das Haus der Noharas, indem Shin-chan von seinen Eltern an einer Elite-Vorschule angemeldet wird. Dort beschimpft er den Direktor als Diktator und bearbeitet den Einstufungstest auf kreative Art und Weise.
Kurzweilige Geschichten mit viel Abwechslung
Jede dieser Geschichten aus dem typischen Alltag des Fünfjährigen ist innerhalb von knapp acht Minuten erzählt. Es ist erstaunlich, wie unterschiedlich die einzelnen Erlebnisse allesamt sind und wie verrückt sich so manche Story entwickeln kann. Während das Positionieren in der Wohnung von verschiedenen Haushaltsgegenständen wie Büchern, Spülmittelflaschen und Spielzeug, um sie per Dominoeffekt umzustoßen, ein alberner Lausbubenstreich ist, sind weitere Abenteuer von einem anderen Kaliber. So trifft Shin-chan in der Damenabteilung eines Bekleidungsgeschäft auf seine Kindergärtnerinnen Matsuzaga Ume und Yoshinaga Midori und hilft ihr bei der Auswahl von neuen Bikinis für den Sommer. An anderer Stelle hilft er seinem Vater Hiroshi beim Auswechseln einer Glühbirne und lässt ihn beim Eindrehen für eine Fotografie positionieren, damit er im Büro bei seinen Kolleginnen angeben kann. Nicht ohne Grund ist die Serie erst ab zwölf Jahren freigegeben, denn hier und da versteckt sich die eine oder andere sexuelle Anspielung. Es bleibt jedoch stets harmlos, denn mehr als ein paar Anmachsprüche zu hübschen Frauen und dem gelegentlichen Entblößen seines Hinterteils passiert auch in Shin-chan: Die neuen Folgen nicht. Wer mit dieser Anime-Serie Spaß haben möchte, darf sich keinesfalls gegen diese Form des Humors sträuben, der omnipräsent ist.
Neue Synchronisation mit frischem Anstrich
Fans der durchaus gelungenen deutschen Synchronisation aus dem Jahr 2002 müssen an dieser Stelle sehr stark sein, denn sämtliche Synchronsprecher wurden ausgetauscht. Das klingt im ersten Moment schlimmer als es ist, denn so gut wie alle Stimmen passen sehr gut zu den ihnen zugewiesenen Charakteren. Positiv ist auch hervorzuheben, dass die teils ins Englische oder Deutsche übersetzten Namen passé sind und alle Figuren ihre japanischen Originalnamen tragen. Auch wenn die neue Synchronisation immer noch sehr frei angefertigt wurde und selten den japanischen Originaltext exakt wiedergibt, gehören liebgewonnene Termini wie der Po-Boogie-Woogie oder der maskierte Muchacho der Vergangenheit an. Während die angemessene deutsche Fassung im Tonformat Dolby Digital 5.1 vorliegt, ist die ebenso zu empfehlende Originalversion auf Japanisch lediglich in Dolby Digital 2.0 vorhanden. In puncto Bildqualität können die 21 enthaltenen Folgen mit satten Farben im 16:9-Format punkten, nur an manchen Stellen könnte die Bildwiederholungsrate flüssiger sein. Bei der Episodenanzahl flunkert Polyband Anime jedoch ein wenig, denn während eine Folge in der Fernsehfassung aus drei kleinen Geschichten besteht, werden diese auf der DVD einzeln aufgeführt. Dadurch sind es eigentlich nur sieben Episoden, bei denen zudem Intro und Outro fehlen. Schade!
Geschrieben von Eric Ebelt
Erics Fazit (basierend auf der DVD-Fassung): Wenn es eine Anime-Serie gibt, die wirklich unabhängig von der eigenen Gefühlslage geschaut werden kann, dann ist das mit Sicherheit Crayon Shin-chan. Die Abenteuer des fünfjährigen Shinnosuke können einfach ein Lächeln auf das Gesicht eines jeden Zuschauers zaubern, der sich auf den Humor, der sich meist um niedere Dinge dreht, einlässt. Von diesem ist auch in Shin-chan: Die neuen Folgen reichlich vorhanden. Ein wenig schade ist es zwar schon, dass in der deutschen Fassung sämtliche Synchronsprecher ausgewechselt worden sind, doch auch ein Großteil der neuen Stimmen passt sehr gut zu den Charakteren, die jetzt auch ihre originalen japanischen Namen tragen. Toll ist außerdem, dass jede der 21 enthaltenen Abenteuer eine eigene Geschichte erzählt, die unabhängig voneinander verstanden werden können. Schade ist dabei nur, dass an keiner Stelle aufgeführt ist, um welche Episodennummer es sich bei einer Folge handelt. Auch das Fehlen von Intro und Outro fällt schmerzlich auf und lässt das Produkt so ein wenig lieblos wirken. Abgesehen davon ist das Episodenpaket aber eine klare Empfehlung für Fans des Franchises, die viel zu lange auf eine (neue) DVD-Veröffentlichung warten mussten.
Vielen Dank an Polyband Anime für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Shin-chan: Die neuen Abenteuer (Vol. 1)!