Review: Zanki Zero: Last Beginning

Hin und wieder lassen sich Publisher zu verrückten Ideen hinreißen. Das japanische Entwicklerstudio Lancarse hat in Zanki Zero: Last Beginning Rollenspiel-Anteile mit Elementen von Survival-Abenteuern, Dungeon Crawlern und sogar mit Visual-Novel-Anleihen vermischt.

In Zanki Zero: Last Beginning schlüpft der Spieler in die Rolle von Higurashi Haruto. Dieser begeht zu Beginn des auf dutzende Spielstunden angelegten Abenteuers Selbstmord. Anstatt jedoch auf dem Boden aufzuknallen, landet er im Wasser. Genauer gesagt taucht er aus dem Meer wieder auf und entdeckt eine mysteriöse Insel. An den Strand gespült, trifft er auf weitere Personen, die ebenfalls auf der Insel feststecken. Sie haben gemein, dass sie sich nur wenig an ihre Vergangenheit erinnern. Ihr Gedächtnis ist stark fragmentiert, die Lücken setzen sich erst mit fortlaufender Handlung peu á peu wie ein Mosaik zusammen. Die Insel, die aufgrund ihrer verwüsteten Struktur mit zahlreichen Ruinen der modernen Zivilisation überzogen ist, taufen sie auf den einprägsamen Namen Garage Island. Obwohl Haruto und seine frischen Verbündeten keinerlei Zugang zur Elektrizität haben, schaltet sich zu unterschiedlichen Uhrzeiten ein Röhrenfernseher in ihrer Basis ein. Dort läuft stets das ominöse Programm Extend TV, präsentiert von zwei überaus überzeichneten Figuren in Form eines kleinen Jungen und eines humanoiden Schafes. Von diesen ulkigen Gestalten erhalten sie schließlich nach und nach verschiedene Aufträge wie die Erkundung der Insel oder das Errichten einer Toilette mit Hilfe von Dingen, die auf dem kleinen Eiland zu finden sind. Lustig, aber ganz schön kurios!

Interessanter Story-Ansatz im starren Korsett

Obwohl die Story vor allem in den ersten Spielstunden ganz schön konfus ist und nur langsam in die Gänge kommt, kann sie sich spätestens nach dem Prolog mit Überlänge jedoch frei entfalten. Mit ansteigender Spielzeit werden immer mehr aufgeworfene Fragen beantwortet und auch die zunächst stereotypischen Charaktere erhalten im Rahmen ihrer Vergangenheitsbewältigung auf einmal einen ganz neuen Anstrich. Überwiegend präsentiert sich die Handlung in Visual-Novel-Form. Das heißt, dass ellenlange Texte gelesen werden müssen, um in den vollen Genuss aller Einzelheiten zu kommen. Dementsprechend bleibt die Präsentation auf einem humanen Niveau, weitgehend kommt Zanki Zero: Last Beginning mit Standbildern der Charaktere und vereinzelt auch Hintergründen aus. Animierte Elemente sind zumindest in der Erzählstruktur kaum bis gar nicht vorgesehen, was etwas bedauerlich ist und die technischen Möglichkeiten von PlayStation 4, PlayStation Vita und auch dem PC nicht ausnutzt. Hierbei kommt es jedoch auf die inneren Werte an: Sowohl Freundschaft, Verrat, zwischenmenschliche Gefühle und eine kräftige Portion Humor werden gut an den Spieler vermittelt. Ein wenig schade ist es aber dennoch, dass das Spiel ausgerechnet zu Beginn damit zögert, Gameplay-Elemente vorzustellen. Erst Stunden später kommt das Gameplay wirklich zur Geltung.

Schachbrettartiger Spielweltaufbau mit Echtzeit-Touch

Gesteuert werden Haruto und bis zu drei weitere Gruppenmitglieder, die frei ausgetauscht werden können, stets aus der Ego-Perspektive. Dabei orientiert sich die Ansicht an ähnlich aufgebaute Dungeon Crawler wie Lands of Lore, Vaporum oder die Etrian-Odyssey-Reihe. An den ersten beiden Teilen letzterer Marke hat sogar Entwicklerstudio Lancarse mitgewirkt, Erfahrungen in diesem Bereich waren vor Entwicklungsbeginn also definitiv vorhanden. Der Spieler bewegt sich dementsprechend über ein schachbrettartiges Muster starr durch die ständig größer werdende Inselwelt mit ihren Dungeons, während im rechten oberen Bildschirmrand eine Karte mitgezeichnet wird. Allerdings verstreicht die Zeit weiter, wenn der Spieler keine Aktion tätigt, weshalb stets darauf geachtet werden sollte, dass sich kein Monster in der Nähe befindet. Die Kämpfe selbst laufen ebenso in Echtzeit ab, hier wird vor allem Button Mashing gefordert. Obwohl gerade ein taktischer Ansatz Zanki Zero: Last Beginning gut getan hätte, funktioniert die Umsetzung dennoch weitgehend. Mit gewonnenen Erfahrungspunkten können die Charaktere neue Fähigkeiten erlernen, was auch das Erweitern des Funktionsumfangs der Basis mit einschließt. So sind wir stets motiviert, möglichst viel zu erkunden, unsere Charaktere und schließlich auch den Ausgangspunkt des Abenteuers zu verbessern.

Am sechsten Tag schuf Gott den Menschen

Es kommen jedoch noch weitere Features hinzu, die dem Spieler den Inselurlaub im wahrsten Sinne des Wortes versüßen. Je öfter sich die Charaktere bewegen oder in anstrengende Auseinandersetzungen geraten, desto eher lässt ihre Ausdauer nach. Werden sie mit Nahrung gesättigt, bleiben sie zwar am Leben, doch müssen sie unter dieser Vorraussetzung auch einmal das stille Örtchen besuchen und spätestens jetzt sollte jeder verstehen, warum eine Toilette in der Basis eine gute Idee ist. Sollte eine Spielfigur aber dennoch das Zeitliche segnen, ist sie nicht unwiderruflich tot: Über einen kreuzförmigen Gegenstand, den jeder Charakter am Bauchnabel trägt, lässt sich jede Figur an einem Automaten in der Basis klonen, ohne die letzten Updates zu vergessen. Wer sich jetzt an The 6th Day aus dem Jahr 2000 erinnert fühlt, darf genüsslich schweigen. Zanki Zero: Last Beginning geht jedoch noch ein Schritt weiter als der Actionfilm mit Arnold Schwarzenegger, denn wenn genügend Punkte gesammelt wurden, kann der Klon sogar in verbesserter Form oder gar mit einer Immunität gegenüber der Todesursache erweckt werden. Zusätzlich altern die Charaktere von ihrer Kindheit bis ins Rentenalter innerhalb weniger Tage, weshalb das Spielsystem ebenso wenig wie das Kreiswehrersatzamt niemanden vergisst. Zusammen mit dem angenehmen Soundtrack ergibt sich so ein vielfältiges Rollenspiel, bei dem ruhig der eine oder andere Blick riskiert werden darf!

Geschrieben von Eric Ebelt

Erics Fazit (basierend auf der PlayStation-4-Fassung): Zanki Zero: Last Beginning ist ein wahrlich interessanter Genre-Mix, der sich frech an Dungeon Crawlern, Visual Novels und Survival-Abenteuern bedient und das ganze auch noch zu einem funktionierenden Rollenspiel vermischt. Alle Elemente fügen sich wunderbar zu einem stimmigen Gesamtbild zusammen, an dem es kaum etwas auszusetzen gibt. Am schlimmsten dürfte wohl für den einen oder anderen Spieler der Einstieg aufgrund des zunächst reduziert wirkenden Gameplays sein. Wer den Prolog allerdings übersteht, bekommt es mit interessanten Story-Wendungen und weiteren Überraschungen zu tun, die durchaus punkten können. Um mit Zanki Zero: Last Beginning Spaß zu haben, sollten jedoch gute Schulenglischkenntnisse mitgebracht werden, da das Spiel zum einen nicht ins Deutsche übersetzt wurde und der Spieler zum anderen mit ausufernden und teils gar nichtssagenden Texten erschlagen wird. Wäre der Textfluss nur halb so lang, würden sicher noch viel mehr Spieler abseits der Visual-Novel-Fans Spaß mit dem Titel haben können. So richtet sich Zanki Zero: Last Beginning an eine überschaubare Zielgruppe, die aber definitiv ihren Spaß mit dem Rollenspiel von Publisher Spike Chunsoft haben wird!

Vielen Dank an Spike Chunsoft für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Zanki Zero: Last Beginning!

 

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