Am 6. Juni 2023 erschien mit Diablo IV nach langer Zeit endlich ein neuer Hauptteil der Action-Rollenspielreihe. Fans haben Grund zur Freude: Dieser kehrt dem viel zu bunten Grafikstil von Diablo III zum Glück den Rücken und legt auch beim Storytelling eine Schippe drauf.
Es ist kaum zu glauben, doch Diablo III erschien bereits im Jahr 2012. Dessen Erweiterung Reaper of Souls folgte zwei Jahre später. In der Zwischenzeit erschienen mit der gelungenen Neuauflage von Diablo II und dem zumindest unter Monetarisierungsgesichtspunkten katastrophalen Diablo Immortal immerhin zwei Titel, um die Wartezeit auf die Episode zu überbrücken. Vorweg lässt sich sagen, dass sich die Geduld weitgehend ausgezahlt hat, denn Diablo IV ist ein richtig gutes Action-Rollenspiel geworden, an dem es nur wenig zu kritisieren gibt. Zu Beginn des Spiels steht traditionsgemäß die Erstellung des eigenen Charakters. Deshalb entscheiden wir uns zwischen Barbar, Druide, Jäger, Totenbeschwörer oder Zauberer – oder dem weiblichen Gegenstück. Für unseren Test haben wir uns für eine Zauberin entschieden, ihr Aussehen festgelegt und sind ins Abenteuer gesprungen. Diablo IV berichtet in der Einleitung von der Rückkehr Liliths, der Tochter des großen Übels Mephisto. Fünfzig Jahre nach den Geschehnissen des dritten Serienteils treibt diese ihr Unwesen in der Sanktuario genannten Spielwelt. Als Wanderin führt uns unser Weg zunächst in ein verschneites Bergdorf, das kürzlich von Lilith besucht wurde. Nach und nach scharen wir im Handlungsverlauf Verbündete um uns, um den Kampf gegen die Dämonin aufzunehmen und ihren Plan aufzudecken.
Selbstverwirklichung
Um die Story voranzutreiben, greift Diablo IV auf Zwischensequenzen zurück. Meistens in Spielgrafik und selten vorgerendert, erleben wir hautnah mit, welche Kopfschmerzen Lilith den Bewohnern von Sanktuario bereitet. Als Medizin müssen Waffen und Zaubersprüche herhalten, mit denen wir in zahlreiche Dungeons hinabsteigen und mit Gewalt tausende von Dämonen zurück in den Schlund der Hölle schicken. Wie schon bei den vorherigen Serienteilen gibt es für jedes getötete Geschöpf Erfahrungspunkte, die uns nach und nach im Level aufsteigen lassen. Für jeden Stufenaufstieg erhalten wir außerdem einen Fähigkeitspunkt, mit dem wir unsere Heldin individualisieren können. So entscheiden wir uns beispielsweise, ob wir lieber mit Blitz-, Feuer- oder Eismagie hantieren möchten oder auf eine ausgewogene Mischung achten. Ab dem fünfzigsten Level erhalten wir hingegen jede Viertelstufe Paragonpunkte, die nicht mehr auf neue Fähigkeiten setzen, sondern stattdessen Attribute erhöhen oder Schadensmultiplikatoren anpassen. Das klingt zwar ein wenig ideenlos, doch so wird unsere Heldin nicht zur Alleskönnerin, sondern eher zu einer besseren Version ihrer selbst. Unsere Attribute lassen sich übrigens auch erhöhen, indem wir die offene Spielwelt von Diablo IV erkunden und die mal und mal weniger versteckten Schreine der Lilith aufspüren.
Stolpersteine beim Aufstufen
Ihr habt richtig gelesen: Die Spielwelt kann durchaus als offen beschrieben werden, da sich der Titel auch an Online-Rollenspielen orientiert. Soll heißen, dass wir hier und da auch anderen Spielern über den Weg laufen, mit ihnen Gruppen bilden können oder in kürzeren Scharmützeln mit ihnen Dämonen kloppen. Darüber hinaus gibt es neben den Story-Abschnitten auch einige längere und zufällig generierte Dungeons oder kurzweilige Keller zu entdecken, in denen wir nicht nur gegen Dämonen kämpfen, sondern auch simple Rätsel lösen oder Schatztruhen plündern, um bessere Ausrüstung zu erbeuten. Überschüssigen Plunder verkaufen wir bei Händlern oder lassen ihn bei Schmieden in Einzelteile zerlegen, um damit unsere bestehende Ausrüstung zu verbessern. Diablo IV setzt sehr viele motivierende Faktoren. Auch dass wir in jedem Winkel von Sanktuario Nebenquests annehmen können, motiviert langfristig – zumindest bis wir die fünfzigste Stufe erreicht haben. Danach ziehen sich Stufenaufstiege mit jedem neuen Level in die Länge, was daran liegt, dass die Spielwelt in den unteren beiden von insgesamt vier Schwierigkeitsgraden nur bis zu besagter Stufe mitlevelt. Blöd auch, dass die oberen beiden Schwierigkeitsgrade erst dann freigeschaltet werden, wenn wir das Spiel durchgespielt haben. Blizzard Entertainment, das ist richtig schlechtes Spieldesign!
Düstere Spielwelt
Wenn ihr das Maximum aus jeder Questbelohung herausholen wollt, dann solltet ihr mit den Nebenaufgaben zurückhaltend agieren und euch auf die Story von Diablo IV konzentrieren. Danach könnt ihr die Welt immer noch in Ruhe erforschen. Das Gameplay macht auch dann noch Spaß. Es bereitet Freude, zu bemerken, mit den eigenen Skills zu wachsen und sie gegen dutzende Dämonen gleichzeitig geschickt einzusetzen. Vor allem mit dem Controller lässt sich die Action hervorragend meistern. Selbst die Menünavigation, die zuletzt bei Diablo II: Resurrected noch für Kopfzerbrechen gesorgt hat, fluppt von der ersten Minute an. Hinzu kommt die wahnsinnig gute Atmosphäre. Überall ist zu merken, dass Sanktuario eine gottverdammte Welt ohne Hoffnung ist. Zum einen setzt Blizzard Entertainment auf dunkle Farben und eine schummrige Lichtstimmung, zum anderen wissen Ted Reedy und Leo Kaliski mit ihrer Musik diese Szenerie paralysierend zu unterlegen. Zu guter Letzt gefällt auch die deutsche Synchronisation, die die meist knappen Dialoge zum kurzen Verschnaufen bestens ausstaffiert. Seltene Fehler wie etwa das temporäre Verschwinden von Objekten oder Gummibandeffekten bei der Fortbewegung dürften auf einem leistungsstarken PC wie unserem Testrechner (Intel i5 13600K, GeForce RTX 4070, 32 GB DDR5 RAM) aber nicht passieren. Nichtsdestotrotz bleibt Diablo IV ein gutes und vor allem motivierendes Action-Rollenspiel!
Geschrieben von Eric Ebelt
Erics Fazit (basierend auf der PC-Fassung): Diablo IV bietet im Kern genau das, was sich Fans der Action-Rollenspielreihe wünschen. Es werden tausende Dämonen gekloppt, etliche Erfahrungspunkte für Stufenaufstiege gesammelt, zahlreiche neue Fähigkeiten erlernt und bessere Ausrüstungsgegenstände zusammengestellt. Blizzard Entertainment ist nicht gerade dafür bekannt, innerhalb einer Serie das Rad neu zu erfinden. Dennoch wurde meiner Meinung nach an zwei wichtigen Stellen ordentlich angepackt. Zum einen ist das Storytelling wesentlich spannender und angenehmer geraten. Es sind nicht nur starre Dialoge zu sehen. Oft läuft auch eine Handlung dabei ab. Zum anderen kann ich das Spiel auch in Menüs per Controller wunderbar spielen, ohne zwischendurch zu Maus und Tastatur zu wechseln. Obwohl ich vor Release dachte, dass die Online-Anbindung dafür sorgt, dass die Spielwelt Sanktuario von realen Spielern überlaufen sein wird, ist dieser unangenehme Umstand erfreulicherweise nicht eingetreten. Jetzt freue ich mich sogar darüber, hin und wieder auf einen anderen Spieler zu treffen. Dennoch gibt es einen Kritikpunkt, den ich bei Diablo IV nicht unerwähnt lassen darf. So verstehe ich beim besten Willen nicht, warum auf den unteren beiden Schwierigkeitsgraden alle Gegner nur bis zur fünfzigsten Stufe mitleveln. Wer alle Nebenquests mitnimmt, dürfte spätestens bei der Hälfte der Story auf dem entsprechenden Level sein und sich dann über Stufenaufstiege ärgern, die sich wie Kaugummi in die Länge ziehen. Wer mit diesem Verbrechen am Spieldesign kein Problem hat oder sich alle Nebenaufgaben für nach dem Finale aufheben will, bekommt mit Diablo IV aber ein wirklich gutes Action-Rollenspiel spendiert, das dutzende, wenn nicht sogar hunderte Stunden an den Bildschirm fesselnd unterhält.
Vielen Dank an Activision Blizzard für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Diablo IV!