Review: Super Mario Bros. Wonder

Zwischen Ankündigung und Veröffentlichungsdatum von Super Mario Bros. Wonder lagen genau vier Monate. Nicht sehr viel Zeit, um sich auf ein Spiel zu freuen, das auf den ersten Blick derart kurios wirkt, im Kern aber überraschend wie erfreulich sehr bodenständig bleibt.

Wer den Ankündigungstrailer während der Nintendo-Direct-Ausgabe im Juni 2023 gesehen hat, hat sich wohl gefragt, welche illegalen Substanzen die Entwickler bei Nintendo konsumiert haben. Nach dem Spielen können wir euch versichern, dass dem vermutlich nicht so war, denn Super Mario Bros. Wonder ist im Kern immer noch ein bodenständiger Serienteil. Dieser ist in so gut wie jedem Level zumindest stellenweise derart abgedreht, dass es sich bei diesem Super-Mario-Spiel wohl um den kreativsten Orgasmus seit Super Mario Odyssey handelt. Das fängt schon bei der irrwitzigen Story an, die so auch in einem Ableger der Mario-&-Luigi-Reihe gut aufgehoben wäre. Klempner Mario, sein Bruder Luigi, die Monarchin Peach und ihre Freunde werden von Prinz Florian eingeladen, der über das gar nicht mal so weit entfernte Blumenkönigreich herrscht. Dort angelangt können die Festlichkeiten aber nicht beginnen, denn Oberbösewicht Bowser ist Mario und Co gefolgt. Als dieser die Wunderblume berührt und für sich beanspruchen will, sorgt das Heiligste des Blumenkönigreichs dafür, dass Bowser mit Florians Schloss verschmilzt. Ab sofort leben die Poplins, die Bewohner des Blumenkönigreichs, unter der Herrschaft von Bowser. Da kann Team Mario natürlich nicht tatenlos zusehen und greift dem hilflosen Prinzen unter die Arme, um Bowser zu bekämpfen.

Altbekannte Struktur im frischen Gewand

Obwohl die ersten gezeigten Spielszenen im Trailer noch den Anschein erweckten, dass es sich bei Super Mario Bros. Wonder um ein eigenes und eigenartiges Spiel handeln könnte, folgt schon im ersten der dutzenden enthaltenen Levels Entwarnung. Im Kern handelt es sich immer noch um ein waschechtes Jump ’n’ Run mit dem typischen Super-Mario-Gameplay. Aus der zweidimensionalen Seitenansicht erkunden wir mit Mario und seinen Freunden die abwechslungsreich aufgebauten Levels. Wir laufen über weite Ebenen, hüpfen auf Plattformen und legen uns mit alten wie neuen Gegnern an, die sich organisch ergänzen. Beispielsweise gibt es jetzt schneckenartige Gegner, deren Schneckenhaus wir ähnlich zweckentfremden können wie den Schildkrötenpanzer der Koopas. Während der Erkundung sammeln wir goldene Münzen, von denen einhundert Stück einen weiteren Versuch bescheren. Diese sind bei manchen Levels auch bitter nötig, denn während der stringente Weg durchs Spiel weitestgehend zugänglich ausfällt, gibt es nebenher auch einige Speziallevels, die uns einiges abverlangen. Schon lange sind wir nicht mehr solchen Herausforderungen in einem Spiel der Reihe begegnet, wofür wir Nintendo wirklich loben müssen. Super Mario Bros. Wonder richtet sich sowohl an blutige Anfänger als auch an beinharte Profis, die richtig gefordert werden wollen.

Abgefahrene Trips mit den Wunderblumen

Unfair wird es im Jump ’n’ Run aber nie. Wenn wir tatsächlich mal an einer Stelle nicht weiterkommen, da wir immer wieder in denselben Abgrund stürzen, geben wir uns immer selbst die Schuld. Es ist unglaublich, mit welcher Balance Nintendo dieses Kunststück geglückt ist. Hinzu kommt die schiere Kreativität, die in jeden einzelnen Level geflossen ist. Ständig erleben wir in Super Mario Bros. Wonder etwas neues, was vor allem an den Wunderblumen liegt. Sobald wir diese in einem Level berühren, passiert etwas, womit wir im ersten Moment gar nicht rechnen. Auf einmal müssen wir zum Beispiel auf einem ständig größer werdenden Schneeball balancieren, müssen im Takt auf schnell sich auflösende Plattformen springen oder erleben, wie Röhren zum Leben erwachen und sich krümmen – passend zu unserer Körperhaltung. Das Geschehen sorgt, meist inklusive einer kunterbunten Lichtershow, die einem leichten psychedelischen Trip gleicht, für gute Laune. All das hört bis zum Finale nicht auf. Wir können davon nicht genug kriegen und freuen uns auf jeden neuen Abschnitt. Hierbei geht das Spiel aber nur wenige Risiken ein und präsentiert uns Blumenwiesen, Bergketten, schneebedeckte Wipfel, giftige Sümpfe, dunkle Höhlen und mit Dornenranken durchzogene Burgen. Durch die Wunderblumen wird zumeist die zweite Level-Hälfte stark aufgewertet.

Neue Möglichkeiten für den Klempner

Darüber hinaus bietet Super Mario Bros. Wonder neue Verwandlungsmöglichkeiten für das Allround-Talent und seine Freunde. Mit der Elefantenfrucht können wir Mario in Benjamin Blümchen verwandeln, per Rüssel Wasser aufnehmen oder mit diesem horizontal liegende Blöcke aus dem Weg räumen. Die Seifenblasenblume lässt Mario statt Feuerbällen Seifenblasen in einem kürzeren Radius schießen und aufsteigen. Besonders gefällt uns, dass wir mit den Seifenblasen auch Objekte berühren können, die hinter Wänden verborgen liegen und sonst nicht erreichbar wären. Mit dem Bohrerpilz können wir Mario hingegen in der Erde bohren lassen. Ansonsten gibt es hier nur wenig Neues, was das Konzept auf eine neue Ebene hieven würde. Das macht aber nichts, denn durch Feuerblumen und Supersterne gibt es auch ältere Power-ups, die für reichlich Abwechslung sorgen. Neu hinzugekommen sind jedoch Abzeichen, die wir in Läden kaufen und für absolvierte Prüfungen erhalten können. Damit dürfen wir beispielsweise länger durch die Luft gleiten oder sind ständig in Bewegung und rennen sofort wie wild los. Auch Sprungfedersprünge mit dem ganzen Körper sind so dauerhaft möglich. Andere Abzeichen lassen wiederum Ausrufezeichenblöcke in den Levels erscheinen, sodass wir bei verschiednen Gruben noch sicheren Halt finden können. Genial!

Unterschiedliche Spielmöglichkeiten

Auch bei den Abzeichen muss gesagt werden, dass diese nicht zu mächtig ausfallen, da wir jeweils nur ein Abzeichen gleichzeitig nutzen und zu Beginn jedes Levels wechseln können. Wie bei New Super Mario Bros. Wii und New Super Mario Bros. U können wir das Jump ’n’ Run auch zu viert angehen. Befinden wir uns auf der Oberwelt können sich Freunde lokal nicht nur in das Spiel einklinken. Wir können auch jederzeit den Charakter wechseln. Eine zumindest nette Idee, wenn wir beispielsweise mit jüngeren Spielern loslegen wollen, ist die Unverwundbarkeit der verschiedenfarbigen Yoshis und von Mopsie. Während die Gegner ihnen nichts anhaben können, sind sie aber nicht vor Abgründen gefeit. Ein wenig schade ist, dass diese Unverwundbarkeit nur für die Yoshis und Mopsie gilt. Uns wäre es lieber gewesen, wenn wir die freie Wahl hätten, mit welchem Charakter wir ins Abenteuer starten möchten und dann wählen könnten, ob die Spielfigur unverwundbar sein soll. Falls unerfahrene Spieler aus irgendwelchen unerklärlichen Gründen mit diesen beiden Charakteren nichts anfangen können, zumal sie sich anders wie Mario, Luigi, Peach und Toad spielen, werden diese nicht den maximalen Spaß aus dem Jump ’n’ Run herausholen können. Diesem Umstand muss sich Nintendo bewusst gewesen sein. Tja, auch bei einem Nintendo-Spiel ist nicht alles perfekt.

Fantastisches Spiel mit vernachlässigbaren Online-Modi

Neben der Möglichkeit, abgeschlossene Levels mit Freunden auch online spielen zu können, bietet Super Mario Bros. Wonder darüber hinaus einen Online-Modus mit weiteren Features. Ist dieser aktiv, laufen neben uns schemenhaft Geister von anderen Spielern durchs Bild. So sehen wir, wie andere Spieler in den jeweiligen Situationen reagieren. Noch dazu dürfen wir Aufsteller, die wir in den Läden des Spiels kaufen können, frei im Level positionieren, um zum Beispiel auf eine Stelle hinzuweisen, die besonders interessant ist. Werden wir beim Online-Spielen besiegt oder fallen in einen Abgrund, verlieren wir nicht direkt ein Leben. Stattdessen bleiben wir für etwa fünf Sekunden in einer Blase gefangen. Berührt uns ein Spiel oder erreichen wir einen Aufsteller, kehren wir unmittelbar ins Spiel zurück. Letzteres wäre in unseren Augen ein gutes Feature, aber die Geister der anderen Spieler verwirren eher als dass sie eine wirkliche Hilfe wären. Tatsächlich spielen wir den Titel deshalb lieber komplett offline und haben dennoch ein tolles Erlebnis. Dies liegt nicht zuletzt an der farbenprächtigen Spielwelt mit hochaufgelösten Texturen und dem bekannten Soundtrack, der verstärkt auf Remixes älterer Melodien setzt. Es ist schlicht ein fantastisches Jump ’n’ Run, mit dem Nintendo die Messlatte einmal mehr höher legt und an der sich noch viele Konkurrenten die Zähne ausbeißen werden. Neben Pikmin 4 gehört Super Mario Bros. Wonder zu den besten Titeln 2023!

Geschrieben von Eric Ebelt

Erics Fazit: Super Mario Bros. Wonder ist ein fast rundum gelungenes Jump ’n’ Run. Obwohl ich die Befürchtung hatte, dass das Spiel für Super-Mario-Verhältnisse viel zu abgedreht sein könnte, wurde ich glücklicherweise eines Besseren belehrt. Lediglich die weniger gelungenen Online-Modi sind mir ein Dorn im Auge. Darüber hinaus ist das Spiel über alle Zweifel erhaben. So legt jeder einzelne Level einen anderen Schwerpunkt. Weniger visuell, aber vor allem spieltechnisch bekomme ich hier sehr viel Abwechslung geboten. Alleine deshalb wäre das Spiel schon eine Wucht für sich, doch dann gibt es noch die Wunderblumen, die die Level-Architektur aufbrechen und mit derart verrückten Ideen begeistern, die ich vorher nicht absehen kann. Super Mario Bros. Wonder überrascht mich im Minutentakt. Aus dem Staunen komme ich so schnell nicht mehr raus – und dabei steht der Titel im Kern in der Tradition der Reihe und bietet mir weitestgehend genau die Jump-’n’-Run-Kost, die ich kenne und mag. Nintendo ist der Spagat gelungen, traditionelles Gameplay mit neuen Ideen zu mischen. Herausgekommen ist ein großartiges Spiel, das mich sowohl vom Umfang als auch mit seiner Kreativität überzeugt. Was Lewis Carrolls Roman Alice im Wunderland für den literarischen Nonsens ist, ist Nintendos Super Mario Bros. Wonder für die Videospielszene. Ein Spiel, über das noch in Jahren gesprochen wird. Da bin ich mir hundertprozentig sicher!

Vielen Dank an Nintendo für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Super Mario Bros. Wonder!

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