Review: Super Mario RPG

Nintendo-Fans staunten nicht schlecht, als Mitte 2023 plötzlich ein Remake von Super Mario RPG: Legend of the Seven Stars angekündigt wurde. Im November 2023 war es dann endlich soweit und das schlicht auf Super Mario RPG getaufte Remake stand in den Händlerregalen.

In den 1990er-Jahren mussten sich Rollenspielfans wie im Schlaraffenland gefühlt haben. Auf dem Super Nintendo und der PlayStation erschienen unfassbar viele wie auch namhafte Titel, die sich uns ins Gedächtnis gebrannt haben. Eines dieser Werke war Super Mario RPG, das in Europa ursprünglich aber überhaupt nicht mehr erscheinen sollte. Durch Nintendos Entscheidung, beim Nintendo 64 weiterhin auf Module statt auf einen optischen Datenträger zu setzen, kam es zum Bruch zwischen Nintendo und Square. So schaffte Super Mario RPG gerade noch den Sprung nach Nordamerika, doch in Europa wurde das Rollenspiel erst auf der Wii Virtual Console im Rahmen des sogenannten Hanabi-Festivals im Sommer 2008 zugänglich gemacht. Später erschien der Titel auch noch auf der Virtual Console der Wii U und vorinstalliert auf dem Super Nintendo Classic Mini, sprich den denkbar ungünstigen Konsolen für die breite Käuferschicht. Durch die Abschaltung der Virtual Console und der limitierten Verfügbarkeit der Miniaturkonsole ist an das Spiel, abgesehen von gebrauchten Modulen der ursprünglichen Fassung für das Super Nintendo, nicht mehr heranzukommen. Ein Glück, dass sich dieser Umstand mit dem Remake von Super Mario RPG geändert hat. Theoretisch müssten wir hier eigentlich von einem aufwendigen Reskin reden, da inhaltlich sehr vieles beim Alten bleibt.

Fünf Freunde

Wie könnte es auch anders sein, wird zu Beginn von Super Mario RPG Peach, die Prinzessin des Pilz-Königreichs, von Bowser entführt. Der schnauzbärtige Klempner Mario macht sich unmittelbar auf, um die Monarchin aus den Fängen des Riesenreptils zu befreien. Nach zehn Minuten könnte der Abspann über den Bildschirm flimmern, würde eine entscheidende Handlungswendung nicht dazu führen, dass sich das Abenteuer auf über fünfzehn Stunden streckt. Wie aus dem Nichts donnert ein riesiges Schwert mitten in Bowsers Schloss, was darin gipfelt, dass Mario, Bowser und Peach in alle Himmelsrichtungen verstreut werden. Im Laufe der Geschichte erfahren wir, was es mit dem riesigen Schwert und anderen monströsen Waffengestalten auf sich hat, die sich im isometrisch dargestellten Pilz-Königreich breitmachen. Unterstützung erhält Mario – und das ist aufgrund des einfältigen Covers kein Spoiler –, neben Bowser und Peach von zwei weiteren Figuren. Das wäre zum einen der wolkenartige Mallow, der sich für einen Frosch hält, und zum anderen die zum Leben erweckten Puppe Geno, in der übergangsweise ein übernatürliches Wesen von der Sternenstraße steckt. Jeder Charakter verfolgt ein eigenes Ziel, um mit den waffenartigen Kreaturen abzurechnen – außer vielleicht Mario, denn der wird vom Spiel dazu instrumentalisiert, dass die Gruppe auch zusammenhält.

Wie aus einem Guss

Spieltechnisch orientiert sich Super Mario RPG an den Regeln japanischer Rollenspiele der 1990er-Jahre. Wir reisen über eine Weltkarte von einem Ort zum anderen, erfragen vor Ort das hiesige Problem und lösen es im Anschluss. So sammeln wir nach und nach die sieben Sternenteile ein, die der Super-Nintendo-Fassung ihren Namen geben, und kommen so im Abenteuer voran. Nebenher müssen wir uns in etlichen rundenbasierten Kämpfen, die meist auch nur wenige Sekunde dauern, Feinden wie Gumbas, Koopas und anderem Getier aus der Monsterfibel der Super-Mario-Spiele stellen. Es kommen jedoch weitere Kreaturen hinzu, die sich Entwicklerstudio Square damals erdacht hat. Manche davon fügen sich organisch ins Konzept ein, andere wirken eher wie ein Fremdkörper. Da diese aber in einer derart hohen Konzentration auftauchen, assimiliert das Spiel diese einfach. Super Mario RPG errichtet mit solchen Designentscheidungen handlungstechnisch wie visuell ein Konstrukt, auf dem die späteren Super-Mario-Rollenspiele wie Paper Mario oder Mario & Luigi aufbauen. Auch der Witz ist in Squares Rollenspiel vorhanden, aber nicht stark ausgebaut. Trotzdem müssen wir an manchen Stellen schmunzeln, wenn Mario per Slapstick-Humor die bisherigen Ereignisse beschreibt oder Mitleid mit Bowser zeigt, in dem er ihm auf die Schulter klopft. Herrlich!

Klassisches Kampfsystem mit Zusätzen

Kommen wir noch einmal zurück zu den Kämpfen. In diesen wählen wir aus, ob wir unsere Gegner mit normalen Angriffen attackieren, Spezialfähigkeiten einsetzen, Angriffe blocken, aus dem Gefecht fliehen oder rettende Items einsetzen. Auch in diesem Aspekt setzt Super Mario RPG auf bekannte Elemente wie Pilze zum Wundheilen oder Sirupe zum Auffrischen der Blütenpunkte, die für Spezialfähigkeiten eingesetzt werden. Mario kann zum Beispiel mehrfach Sprünge auf einem Gegner landen oder Feuerbälle schleudern. Bowser bringt die Erde zum Beben, Peach sorgt für das leibliche Wohl der Gruppe, Geno schleudert Lichtstrahlen und Mallow beherrscht Blitz- und Eismagie. Hinzu kommt, dass wir im richtigen Moment eine richtige Eingabe auf dem Controller tätigen müssen, beispielsweise einen Knopf drücken oder den Analog-Stick mehrfach im Kreis drehen. Machen wir das geschickt und im richtigen Moment, richtet das bei den Gegnern nicht nur mehr und unter Umständen sogar Flächenschaden an. Außerdem lädt sich eine Spezialleiste auf. Erreicht diese einhundert Prozent, so können wir je nach Gruppenzusammenstellung einen ultimativen Angriff starten, den nächsten Angriff eines Gegners in Luft auflösen oder die ganze Gruppe heilen. Zugegeben sind die letzten beiden Fähigkeiten nutzlos, aber zumindest die Attacken können ordentlich reinhauen.

Viel zu geringer Schwierigkeitsgrad

So spaßig die Auseinandersetzungen mit den Gegnern sind, so sehr müssen wir den unglaublich geringen Schwierigkeitsgrad von Super Mario RPG kritisieren. Bis zum Abspann ist es uns kein einziges Mal passiert, dass die Gruppe ausgelöscht wurde. Dadurch, dass sich jeder Charakter bei einem Level-up automatisch heilt, Heilgegenstände inflationär auftreten und wir uns kein einziges Mal um Geld sorgen müssen, da es Goldmünzen bis zum Abwinken gibt, spielt sich der Titel fast wie von alleine. Schade, dass es keine Auto-Battle-Funktion gibt! Rollenspielmuffel und Genreveteranen dürften gleichermaßen trotz des hohen Spieltempos gelangweilt sein. Aufgrund der Action-Kommandos, die wir in den Kämpfen bei Weitem nicht alle treffen müssen, um zu blocken oder anzugreifen, werden wir immerhin etwas bei Laune gehalten. Da es sich bei diesem Spiel abseits der grafischen Oberfläche im Kern um einen Titel der 1990er-Jahre handelt, so fühlt sich auch das Gameplay an. Darüber hinaus sei gesagt, dass uns die Nebenfiguren relativ gradlinig zum Ziel lenken. Dennoch solltet ihr abseits der Wege die Augen offen halten, trotz zahlreichen Sprungproblemen bei der ungünstigen isometrischen Perspektive nach versteckten Plattformen und Blöcken suchen und öfters mit den pilzköpfigen Bewohnern sprechen, denn Super Mario RPG ist reich an Geheimnissen!

Geringfügig angefasster Rollenspielklassiker

So lassen sich versteckte Orte, mächtige Waffen, Rüstungen und Accessoires oder geheime Minispiele entdecken. Es ist erfrischend, dass uns nicht alles auf die Nase gebunden und unser Erkundungsdrang stets gefordert wird. Jetzt stellen sich Kenner des Originals bestimmt die Frage, ob sie den Titel noch einmal auf der Switch spielen müssen. Diese Frage ist trotz der hohen Spielqualität nicht leicht zu beantworten. Gerade wer Herausforderungen sucht, sollte eher zum ebenso nicht sehr anspruchsvollen Super-Nintendo-Original greifen. An der Story, die für ein Rollenspiel mitunter am wichtigsten ist, ändert sich eh nichts. Die aufpolierte Grafik und die neu eingespielten Zwischensequenzen, die kurioserweise wie in Kirby’s Return to Dreamland Deluxe häufig ohne Soundeffekte auskommen, sind in unseren Augen nicht Kaufgrund genug. Selbiges gilt für den neu arrangierten Soundtrack, bei dem wahlweise zu den originalen Stücken gewechselt werden kann. Aufgrund dessen, dass der Titel nicht so viel Text hat wie vergleichbare Rollenspiele, kann auch die deutsche Übersetzung kein Grund sein. Vielmehr richtet sich der Titel an Spieler, die das Original nicht kennen. Diese dürften bis auf einzelne Defizite wie leichte Einbrüche in der Bildwiederholrate viel Spaß mit Super Mario RPG haben. Zumindest einmal sollte jeder Genrefan diesen Klassiker erlebt haben!

Geschrieben von Eric Ebelt

Erics Fazit (basierend auf der Nintendo-Switch- und der Virtual-Console-Fassung): Über die Veröffentlichung von Super Mario RPG: Legend of the Seven Stars in der Virtual Console der Wii habe ich mich 2008 sehr gefreut. Aus unempfindlichen Gründen habe ich das Rollenspiel damals aber nicht sehr weit gespielt. Tatsächlich wollte ich dem Klassiker dieses Jahr eine weitere Chance geben, da kündigt Nintendo plötzlich ein Remake an. Dieses habe ich in Windeseile an einem Wochenende durchgespielt. Mir gefällt das Szenario, das für die 1990er-Jahre stellenweise schon sehr gewagt ist. Auch mag ich es, die Spielwelt nach Geheimnissen abzusuchen. Dass das Spiel mir hierbei nicht alles im Voraus verrät, ist ein großer Pluspunkt. Ich liebe es, wenn ich kleine Geheimnisse selbst entdecke – vor allem wenn es Minispiele sind, die vollkommen optional für den Handlungsverlauf sind. Obwohl ich das Kampfsystem sehr mag, finde ich es sehr schade, dass der Schwierigkeitsgrad derart gering ist, dass ich fast schon blind durchs Spiel laufen kann. Am Ende sind es aber eher andere Kleinigkeiten wie die isometrische Ansicht, die mich bei punktgenauen Sprüngen zur Verzweiflung treibt. An diesem Beispiel ist zu erkennen, dass das Spiel in erster Linie optisch angepasst wurde, ohne jedoch an den wirklich notwendigen Stellen anzupacken. Nichtsdestotrotz sollte jeder Genrefan das Spiel zumindest einmal ausprobieren, um zu erkennen, wo denn das geliebte Grundgerüst von Paper Mario und Mario & Luigi errichtet worden ist.

Vielen Dank an Nintendo für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Super Mario RPG!

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