In zwei großen Abenteuern inklusive Erweiterungen hat Abenteurerin Aloy den Kampf gegen die Maschinenwelt bereits erfolgreich überlebt. Mitte November 2024 erhielt die Marke ein Spin-off, in dem jedoch alles und jedes aus den titelgebenden Klemmbausteinen besteht.
Über die Horizon-Merke müssen wir nicht viele Worte verlieren. 2017 nahm Aloy in einer düsteren, aber doch farbenfrohen Zukunft den Kampf gegen tierähnliche Maschinenwesen auf. 2022 wurde die Geschichte in einem zweiten Teil sogar fortgeführt, der es problemlos mit dem Seriendebüt aufnehmen kann. Auch ein Spin-off für die PlayStation-VR2-Brille existiert. Während dieses Spin-off wohl nur einer begrenzten Anzahl an Spielern zugänglich sein dürfte, sieht es bei Lego Horizon Adventures ganz anders aus, sogar deutlich besser als bei der Hauptreihe. So erschien das Spiel nicht exklusiv für die PlayStation 5, sondern direkt auch auf dem PC und sogar auf der Nintendo Switch. Offenbar möchte Publisher Sony Interactive Entertainment auf Nummer sicher gehen und die größtmögliche junge Zielgruppe abgreifen. Nicht nur anhand des Titels dürfte jetzt also klar sein, dass sich Lego Horizon Adventures nicht an jeden Spielertypen richtet – und vor allem nicht an jeden Fan der Hauptreihe. Das fängt bereits bei der Story an: Diese erinnert in den Grundzügen zwar an die Handlung des ersten Serienteils, doch wird sie fast jeglicher melancholischer Stimmung beraubt. Alles wird mit viel Humor bewusst ins Lächerliche gezogen, ohne jedoch die wichtigsten Akteure zu entmutigen. Bei einem erwachsenen Publikum dürfte das Gag-Karussell zudem kaum zünden.
Unzureichend erzählte Geschichte
Problematisch ist ebenfalls, dass die Handlung in Lego Horizon Adventures nicht ganz so gut erzählt wird wie in der Vorlage. Trotz aller bewussten Entscheidungen für den Humor hätten die Entwickler daran denken müssen, dass nicht jeder das Original gespielt haben dürfte – und vor allem nicht die Zielgruppe, die der Titel in erster Linie anspricht. Kindern fallen solche Dinge vermutlich nicht ganz so stark auf wie uns, doch auch diese dürften über das eine oder andere Plothole stolpern. Grundsätzlich geht es darum, dass Protagonistin Aloy herausfinden will, woher sie stammt – und noch dazu muss sie es mit einer feindlichen Organisation aufnehmen, deren Anführer alle natürlichen Lebewesen „recyceln“ will. Um das zu verhindern, machen sich Aloy und ihre Freunde auf, die vier Welten des Spiels nach Metallblumen abzusuchen. All das klingt motivierend, wird aber unzureichend erzählt. Wie gesagt: Wer die Vorlage kennt, ist deutlich im Vorteil. Auch wenn dieser Umstand womöglich die Freude trübt, heißt das noch lange nicht, dass Lego Horizon Adventures keinen Spaß macht. Gerade die wenig zur Story beitragenden Albernheiten dürften Kindern ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Diese dürften sich auch nicht so sehr am arg repetitiven Gameplay stören, das spätestens nach drei bis vier der auf zehn bis fünfzehn Stunden ausgelegten Reise etwas auf die Nerven geht.
Ähnlich ablaufende Kämpfe
Ausgangspunkt jedes Abenteuer, so die Bezeichnung der Levels im Spiel, ist der Ort Mutterherz. Dieser wächst im Verlauf der Geschichte und gibt Zugang zu weiteren Welten und auch die aus dem Ursprungsspiel stammenden Jagden auf Maschinen, die aber bei Weitem nicht so spektakulär ablaufen. Haben wir uns für das nächste Areal entschieden, denn eine freie Level-Wahl gibt es nicht, durchkämmen wir nach und nach Waldlandschaften, klettern durch verschneite Gebirge, erkunden einen finsteren Dschungel und bestaunen eine staubtrockene Wüste. Mit Aloy können wir mittels Pfeil und Bogen die Maschinen aufs Korn nehmen. Ähnlich wie in der Vorlage haben die Gegner Schwachstellen, die auf Knopfdruck sichtbar werden. Hier richten wir deutlich mehr Schaden an. Sobald wir weitere Charaktere freischalten, können wir die Rolle auch wechseln. Teersa wirft beispielsweise Brandbomben, Erend kann im Nahkampf stark zuhauen und Varls Speer geht beim Werfen direkt durch die Gegner durch und kann weitere treffen. Zusätzlich finden wir regelmäßig Upgrades, mit denen wir dann temporär Elemente wie Feuer oder Eis auf die Waffe legen können. Ebenso bringen Zusatzfähigkeiten wie ein Schutzschild Abwechslung in die Kämpfe, die aber von Anfang bis Ende höchstens in der Anzahl und Stärke der Gegner zunehmen. Dsa ist zu uns leider zu wenig.
Fragwürdige Levelstruktur
Ebenso schwächelt der Titel im Aufbau der Levels. Neben der visuellen Verspieltheit bieten die einzelnen Abschnitte keine Höhepunkte. Sie fühlen sich gerade am Ende, wenn wir noch alle Charaktere auf den Maximallevel bringen wollen, viel zu ähnlich an. Zwar verstecken sich hier und da ein paar Truhen, die unsere Neugier wecken sollen, doch bis auf besagte Waffen-Upgrades, die ohnehin in den Kämpfen oft inflationär auftreten, und zumindest anfänglich wichtigem Geld in Form von noppenartigen Klemmbausteinen, gibt es hier nichts zu entdecken. Da waren die Lego-Videospiele schon in den 2000er-Jahren deutlich weiter. Selbst wenn wir beim Schneider in Mutterherz neue Kostüme kaufen, so haben diese lediglich einen kosmetischen Effekt auf unsere Figuren. Hier wäre es doch klasse gewesen, mit unterschiedlichen Fähigkeiten zu experimentieren, um weitere Geheimnisse zu entdecken! Horizon: Zero Dawn hat mit seiner offenen Spielwelt doch bereits vorgemacht, wie motivierend es ist, mit neuen Fähigkeiten an bereits besuchte Orte zurückzukehren. Ach ja, das geht in Lego Horizon Adventures ja selbst nach dem Durchspielen nicht. Dann ist es nur noch möglich, auf Expedition in die einzelnen Welten zu gehen, um eine Handvoll zufällig generierter Teilabschnitte inklusive Bossgegner abzuschließen. Selbst das Aufstufen der Charaktere wird so zur Tortur.
Fehlende Motivation
Auch das Bauen, das obligatorisch für ein Lego-Videospiel ist, findet in Lego Horizon Adventures nur geringfügig statt. Auf Knopfdruck bauen wir hier und da Brücken oder Seilrutschen zusammen. Dies sind die einzigen beiden Architekturformen, die tatsächlich Einfluss aufs Vorankommen haben. Alle anderen Bauwerke, die wir nebenher errichten, bringen uns nur Geld ein, sollten wir sie bauen. Ähnlich verhält es sich in Mutterherz, denn hier können wir nur an vordefinierten Stellen sogenannte Höfe errichten. Auf den Grundstücken wird in Sekundenschnelle irgendein Interaktionsobjekt errichtet. Das müssen wir zuweilen tun, um Nebenquests abzuschließen. Diese sind auch die einzigen Aufgaben, die uns dazu bringen, ein wenig Quatsch anzustellen. Zum Beispiel können wie in Lego Horizon Adventures neben Figuren aus der Horizon-Reihe auch Spielfiguren aus den Sets Lego City und Lego Ninjago erwerben. Unter anderem sollen wir dann als Polizist in die Spielwelt eintauchen und dreißig Banditen dingfest machen. Als Ninja Zane ist es hingegen unsere Aufgabe, fünfzehn Gegner einzufrieren und zu besiegen. Schade ist hierbei jedoch, dass der Abschluss einer Nebenaufgabe lediglich dafür sorgt, dass wir früher oder spätere weitere kleine Aufgaben übernehmen können. Lego Horizon Adventures versäumt es so durchweg, uns richtig bei Laune zu halten.
Spielwelt aus einem Guss
Alleine kann das Spiel auf Dauer ziemlich öde sein. Daher empfiehlt es sich, hin und wieder auch Freunde ins Spiel einzubinden. Dies könnt ihr entweder lokal im Wohnzimmer umsetzen oder auch online. Obwohl das Gameplay hierbei schmalspurig bleibt, macht es so doch ein wenig mehr Spaß, die zahlreichen Gegner zu vermöbeln. Auch dem Schwierigkeitsgrad könnt ihr so entgegenwirken, denn dieser ist nicht immer ausgeglichen. Während ein Abenteuer auf dem mittleren von fünf Stufen sehr leicht ausfällt, ist das nächste überraschend hart. Zum Glück lässt sich der Schwierigkeitsgrad jederzeit anpassen. Die Bedienung ist dabei kinderleicht. Lediglich das punktgenaue Zielen aus der meist leicht versetzten Vogelperspektive könnte für den einen oder anderen etwas hakelig sein. Für das Spiel spricht aber in jedem Fall die hübsche Optik, denn im Gegensatz zu früheren Lego-Videospielen besteht nicht nur ein Teil der Welt aus Klemmbausteinen, sondern tatsächlich alles. Das macht optisch sehr viel her. Auch die Musik ist passend und sorgt dafür, dass wir direkt mehrere Spielabschnitte in einer Session abschließen wollen. Ob das den Kauf rechtfertigt, muss jeder für sich entscheiden. Schlussendlich denken wir, dass die Entwicklerstudios Guerilla Games und Studio Gobo nicht so ganz verstanden haben, worauf es bei einem Lego-Videospiel eigentlich ankommt.
Geschrieben von Eric Ebelt
Erics Fazit (basierend auf der PlayStation-5-Fassung): Lego Horizon Adventures hätte eine neue Ära in der Welt der Lego-Videospiele einläuten können. So bietet das Vorbild Horizon: Zero Dawn eine wunderbare wie tiefgründige Spielwelt, die auch in Lego-Form gut funktionieren kann. Viele anderen Franchises zuvor haben gezeigt, welche verborgene Magie in ihnen steckt, sobald ihnen jemand das Lego-Korsett überstülpt. Dieses Unterfangen hat mit der Horizon-Marke leider nicht so ganz geklappt. Einerseits ist die Story unvollständig und lässt wichtige Informationen aus. Dann kommt der für mich nur bedingt zündende Humor hinzu, aber gut: Humor ist Geschmackssache und die Zielgruppe des Spiels sicher eine andere, die sich über die flachen Gags bestimmt beömmeln kann. Problematisch ist für mich aber vor allem der Rest des Spiels, der nicht so ganz funktioniert. Die Levels sind allesamt sehr ähnlich aufgebaut und ermüden trotz ihrer visuellen Verspieltheit aufgrund mangelnder Rätsel oder spielentscheidender Geheimnisse. Bei den Kämpfen gibt es bis auf die doch ganz cool inszenierten Bosskämpfe aber keine wirklichen Highlights, denn sie laufen nach Stunden trotz unterschiedlich spielbarer Charaktere weitgehend gleich ab. Auch die Nebenaufgaben motivieren mich kaum, mehr Zeit ins Spiel stecken zu wollen. Nach spätestens fünfzehn Stunden habe ich zudem alles gesehen und freigeschaltet. Lediglich die audiovisuelle Gestaltung überzeugt mich weitgehend. Falls ihr immer noch Bock auf das Spiel oder vielleicht sogar Kinder haben solltet, weshalb ihr diese Zeilen womöglich lest, dann bedenkt bitte auch, nach Möglichkeit einen Mitspieler lokal oder online griffbereit zu haben, denn wie heißt es schön: Geteiltes Leid ist halbes Leid.
Vielen Dank an Sony Interactive Entertainment für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Lego Horizon Adventures!