Survival-Abenteuer gibt es inzwischen zwar zuhauf, doch Genrevertreter, die sich explizit mit dem späten japanischen Mittelalter oder genauer gesagt der Zeit der kriegsführenden Fürstentümer beschäftigen, gab es bislang noch nicht. Sengoku Dynasty füllt die Lücke mit Bravour.
Etwa einhundert Jahre lang haben die japanischen Provinzen im 15. und 16. Jahrhundert unserer Zeitrechnung gegeneinander Krieg geführt. Dieser Bürgerkrieg ist auch Ausgangspunkt des Survival-Abenteuers Sengoku Dynasty des polnischen Entwicklerstudios Superkami. Zu Beginn erstellen wir uns einen männlichen oder weiblichen Protagonisten, der durch die anhaltenden Auseinandersetzungen zwischen den lokalen Herrschern aus seiner Heimat vertrieben wird. Das Unglück nimmt damit jedoch nicht ab, denn das Schiff, mit dem die Flucht vonstatten geht, gerät in einen Sturm. Mit nichts als der Kleidung am Leib stranden wir im fiktiven Nata-Tal, das romantisch verklärt auch als Reich der Bauern bezeichnet wird. Wie wir schon in den ersten Spielminuten erfahren, trübt die friedliche Idylle. Kaum haben wir unsere ersten Schritte gewagt, stolpern wir über ein abgebranntes Dorf. Die einstigen Bewohner haben sich über die Region verstreut oder sind direkt fortgezogen. Gebeutelt durch den Krieg und das Schiffsunglück, beschließen wir kurzerhand, einen Ort für die Überlebenden, jedweden Flüchtling und Herumtreiber zu schaffen. Hierbei lernen wir in Sengoku Dynasty unterschiedliche Charaktere kennen, erledigen diverse Aufgaben für diese, errichten nach und nach unser Dorf und steigen durch unsere Taten schlussendlich in der Hierarchie weiter auf.
Mühselige, aber spaßige Beschäftigungen
Was zunächst spannend klingt und in den ersten Spielminuten mit einfachen Sammelaufgaben gut funktioniert, entpuppt sich mehr und mehr als mühselige Angelegenheit. Der Kampf ums Überleben ist sicherlich kein Zuckerspiel und mit viel Arbeit verbunden. So beginnen wir mit Stöcken und Steinen, um erste Werkzeuge wie eine Axt oder eine Spitzhacke herzustellen. Im nächsten Schritt können wir beispielsweise Bäume fällen, um an Holz zu gelangen, oder größere Stein- oder gar Erzvorkommen abarbeiten. Immer dann, wenn wir einen Glockenturm errichten, gründen wir eine Siedlung und können fortan je nach Dynastiestufe weitere Gebäude wie Wohnhäuser oder Produktionsstätten errichten. Haben wir in Sengoku Dynasty eine gesunde Grundlage für ein Dorf geschaffen, laden wir Menschen ein, sich uns anzuschließen. Entsprechend teilen wir ihnen einen Schlafplatz und im besten Fall eine Arbeitsstelle zu, um die benötigten Ressourcen für weitere Projekte nicht gänzlich alleine zu beschaffen. Gerade die ersten Spielstunden können bezüglich dieser Aufgaben sehr zeitaufwendig sein. Während Holz durch die dichte Bewaldung leicht zu beschaffen ist, müssen wir nach Stein, Erzen oder anderen Materialien schon die Augen offen halten. Trotz der anfallenden Arbeiten entsteht ähnlich wie bei vergleichbaren Titeln oder Bauernhofsimulationen ein spaßiger Spielfluss.
Leben und Überleben
Während sich Sengoku Dynasty anfänglich noch stark aufs Sammeln von Materialien und dem Errichten von Bauwerken konzentriert, kommen nach ein paar Spielstunden weitere Aspekte hinzu. Um zu überleben, muss unser Protagonist auch regelmäßig Nahrung zu sich nehmen. Zwar können wir auch Früchte und Ähnliches sammeln, um unseren Magen zu füllen, aber gejagte Hasen oder geangelte Fische stillen den Hunger ungleich mehr. Es ergibt aber keinen Sinn, das Inventar mit Nahrungsmitteln vollzustopfen. Einerseits haben wir nicht unbegrenzt Platz, worauf der Titel je nach Spielweise auch schon recht früh hinweisen kann. Andererseits haben Nahrungsmittel ein Haltbarkeitsdatum. Ist dieses überschritten, nimmt der Hunger kaum ab. Neben der Hungeranzeige gibt es noch eine Leiste für die Ausdauer, die vor allem die Reichweite beim Rennen limitiert oder uns bei anderen Tätigkeiten immer wieder zu Verschnaufpausen zwingt. Auf dem normalen Schwierigkeitsgrad füllt sich die Ausdaueranzeige aber sehr schnell wieder auf, wenn wir kurz still halten. Zu guter Letzt verfügen wir noch über Lebensenergie, die dann relevant wird, wenn wir in Kämpfe verwickelt werden. Das ganze Geschehen erleben wir übrigens aus der Third-Person-Perspektive. Falls es euch besonders wichtig ist: Eine immersionsfördernde First-Person-Ansicht gibt es ebenfalls.
Gelungenes Gesamtbild
Bedientechnisch ist das Spiel vor allem auf Maus und Tastatur ausgelegt. Gerade in der Menüstruktur fällt es leichter, mit besagter Steuerungsmethode zu navigieren. Nichtsdestotrotz lässt sich Sengoku Dynasty außerhalb des Menüs auch mit einem Controller gut spielen. So oder so bleibt das Anfertigen, Auswählen und Ausrüsten von Werkzeugen etwas hakelig oder gar umständlich. Mit ein wenig Eingewöhnungszeit können wir uns daran zwar gewöhnen, doch durch die spärlichen Tutorials, die ohne Hinweise zur Tasten- respektive Knopfbelegung auskommen, dauert dies länger als nötig. In technischer Hinsicht lässt sich dafür nur wenig beanstanden. Visuell besticht das Spiel mit einer hübschen Optik, die gerade bei der Landschaft, der Vegetation und der Architektur beeindruckt. Auch läuft der Titel auf unserem Testrechner (Intel i5 13600K, GeForce RTX 4070, 32 GB DDR5 RAM) bei maximalen Grafikeinstellungen in der Full-HD-Auflösung durchweg flüssig. Lediglich die Charaktermodelle und ihre Animationen hätten etwas mehr Sorgfalt verdient. Ebenso kratz der sterile Schrifttyp an der Atmosphäre. Dieses Defizit wiegen die japanisch angehauchten Melodien und Soundeffekte aber wieder auf. Wer Survival-Abenteuer mag, ein Faible für das japanische Setting besitzt und Zeit zum Einarbeiten mitbringt, sollte Sengoku Dynasty eine Chance geben!
Geschrieben von Eric Ebelt
Erics Fazit (basierend auf der PC-Fassung): Als japanologisch versierter Videospieler kam ich um den Titel nicht herum. Zwar habe ich zuvor nur wenige Survival-Abenteuer gespielt, finde das Genre aber durchaus interessant. Sengoku Dynasty verbindet diese zwei spannenden Aspekte zu einem funktionalen Spiel. Bis auf die zuweilen repetitiven Abläufe macht es mir sehr viel Spaß, nach und nach eine Siedlung zu errichten, Bewohner ins Dorf zu locken und Arbeitsabläufe zu organisieren. Das Gameplay motiviert mich trotz zahlreicher Wiederholungen und sorgt dafür, dass Stunden vergehen, ohne dass ich es wirklich merke. Zusammen mit der hübschen Optik, die mich gerade bei Landschaft, Vegetation und Architektur anspricht, und der gelungenen Musikuntermalung wird mir so schnell nicht langweilig. Schade finde ich aber, dass das Spiel in ein paar Aspekten gerade mit dem Controller ein wenig hakelig ausfällt und die Tutorials nicht alles erklären, was für mich in jenem Moment gerade wichtig wäre. Mit etwas Einarbeitungszeit ist aber auch das kein großes Problem mehr, wenn ich ehrlich bin. Könnt ihr euch mit den angesprochenen Defiziten arrangieren und mögt Survival-Abenteuer im Allgemeinen oder habt sogar ein Faible für das japanische Spätmittelalter, dann solltet ihr euch Sengoku Dynasty unbedingt einmal genauer anschauen.
Vielen Dank an Toplitz Productions für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Sengoku Dynasty!