Review: Paper Perjury

Lange Zeit behandelte Capcom seine Ace-Attorney-Reihe stiefmütterlich. Spiele wie die Serienteile der Famicom-Detective-Club- oder Judgment-Franchises sind ebenso rar gesät. Paper Perjury von Paper Cat Games füllt diese Lücke etwas mehr – und begeistert uns durchgehend.

Ihren ersten Arbeitstag hätte sich Justina Smith sicherlich entspannter vorgestellt. Als neue Sachbearbeiterin soll sie Sue Earl im fünften Polizeirevier von Azure City zuarbeiten. Schon im ersten Fall entdecken wir zusammen mit Justina Unregelmäßigkeiten, woraufhin Detective Ernest Hunt uns als neue Assistentin einspannt. Der angenehme Schreibtischjob in Paper Perjury entwickelt sich bereits nach wenigen Minuten zur nervenaufreibenden Polizeiarbeit, in der wir keinen Stein auf dem anderen lassen. In der Realität dürfte dieser urplötzliche Karrieresprung vermutlich weit hergeholt sein, doch funktioniert er in Videospielform wirklich hervorragend. Das als Visual Novel aufgebaute Abenteuerspiel führt uns nicht nur in den Verhörraum des Reviers, sondern auch zum Tatort. Obwohl wir von Beginn an aus fünf verschiedenen Fällen wählen können, empfehlen wir euch klar die vorgegebene Reihenfolge, da alle Fälle miteinander verzahnt sind respektive aufeinander aufbauen. In allen fünf Fällen von Paper Perjury untersuchen wir verschiedene Umgebungen nach Hinweisen, woraufhin in der Fallakte automatisch Beweise und Indizien angelegt werden. Kommt es hingegen zum Kreuzverhör mit Verdächtigen und Zeugen, müssen wir deren Aussagen analysieren, nachfragen und im Verdachtsfall natürlich auch entkräften. Letzteres kann unfassbar befriedigend sein!

Bewusst einfach gehaltene Stilmittel

Bedientechnisch orientiert sich Paper Perjury weitestgehend am altbekannten Genrestandard. So bekommen wir vor allem Standbilder im Retro-Pixel-Look vorgesetzt, bei denen allerhöchstens die Charaktere leicht, aber sehr wohl ausdrucksstark animiert sind. In den meisten Spielsituationen klicken wir uns entsprechend durch ellenlange, aber gut geschriebene Dialoge. Hierzu sollte angemerkt sein, dass das Spiel lediglich auf Englisch verfügbar ist. Bis auf ein paar Begriffe aus dem Fachvokabular lässt sich den Gesprächen aber sehr leicht folgen. Mit gutem Schulenglisch solltet ihr also weitgehend problemlos durch die fünf Kapitel des Spiels gelangen. Beim Charakterdesign haben sich die Entwickler von Paper Cat Games ganz genau die Figuren von Capcoms Ace-Attorney-Reihe angeschaut, ohne diese jedoch abzukupfern. Sie haben eigenständige Stereotypen geschaffen, die sowohl über die langen Dialoge eine Charakterisierung erfahren, als auch visuell möglichst abgedreht und einzigartig erscheinen. Beispielsweise trägt eine Diebin Dietriche im Haar, während ein Koch mit einer Bratpfanne hantiert und diese liebevoll auf den Namen Sherry getauft hat. Auch wenn wir dem illustren Figurenensemble von Paper Perjury auf die Schliche kommen, begeistern uns die lieblichen Animationen, da sie mit einfachen Mitteln den Gemütszustand ausdrücken können.

Liebevolles Retro-Design

Letzteres liegt definitiv am Retro-Pixel-Look, der auf uns wie ein aufpoliertes Adventure aus der 16-Bit-Zeit wirkt. Wer an solchen Spielen seine wahre Freude hat, dürfte sich in die Grafik von Paper Perjury schlicht vergucken. Untermalt wird das ganze Spektakel von gemächlichen bis adrenalingeladenen Musikstücken. Der Soundtrack passt hervorragend zum Geschehen und bringt die jeweiligen Stimmungslagen der Charaktere genauso wie die unterschiedlichen Spielsituationen bestens zum Ausdruck. Lediglich der Soundeffekt, der beim Ertönen der Textdarstellung erscheint, kann den einen oder anderen Spielertypen sicherlich auf den Keks gehen. Uns stört der Ton zwar nicht, doch auf Wunsch können wir diesen im Optionsmenü auch abschalten. Übrigens haben die Entwickler daran gedacht, dass wir das Spiel zu jeder Zeit speichern dürfen. Wir müssen also nicht jedes Mal darauf warten, bis wir wieder halbwegs die volle Kontrolle über alle Spielfunktionen haben und uns durch sämtliche Menüs klicken können. Auf diese Art und Weise ist das ohnehin nicht ausufernde Adventure wirklich sehr gut spielbar und eignet sich deshalb ebenso gut, um einfach zwischendurch die Handlung fortzuführen. Seid ihr Fans von Ace Attorney, Famicom Detective Club, Aviary Attorney und Co, könnt ihr bedenkenlos zuschlagen und eine wunderbare Zeit mit Paper Perjury haben.

Geschrieben von Eric Ebelt

Erics Fazit: Paper Perjury kam für mich wie aus dem Nichts. Als Fan von ähnlich aufgebauten Adventures wie Capcoms Ace-Attorney-Reihe und weiteren Detektivgeschichten der Marke Judgment, hat mich Paper Perjury von der ersten Minute an begeistert. Es macht mir sehr viel Spaß, Beweise zu sammeln und bei Befragungen zu präsentieren. Auch wenn ich nicht immer auf Anhieb die richtige Schlussfolgerung ziehe, bestraft mich das Spiel nicht dafür und lässt es mich gleich noch einmal probieren. Sobald mir im Kopf klar wird, wie der jeweilige Fall abgelaufen sein muss, ist es dann umso befriedigender, die korrekten Beweise und Indizien zu präsentieren. Ebenso gefallen mir das durchgeknallte Charakterdesign und die gut geschriebenen Dialoge. Es ist zwar schade, dass es keine deutsche Übersetzung gibt, doch mit gutem Schulenglisch lässt sich das Adventure nahezu problemlos bestreiten. Hinzu kommen eine stilechte Pixelgrafik und ein dazu passender Soundtrack. Ich kann Paper Perjury daher jedem bedenkenlos empfehlen, der sich auf eine kleine, aber umso feinere Story einlassen will.

Vielen Dank an Paper Cat Games für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Paper Perjury!

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