Review: Seed of Pandora: Legend of the Gaia Tree

Spätestens seit in den 2010er-Jahren durch Titel wie Stardew Valley eine neue Retro-Welle losgebrochen ist, sind auch Rollenspiele der alten Schule nicht mehr aus der Videospiellandschaft wegzudenken. Seed of Pandora: Legend of the Gaia Tree will Teil dieser Renaissance sein, scheitert aber teils an den eigenen Ansprüchen.

Japanische Rollenspiele, die mit ihrem rundenbasierten Konzept in den späten 1980er- bis in die frühen 2000er-Jahre hinein für Furore sorgten, transformierten sich immer mehr zu regelrechten Action-Paraden, die mit dem Genre nur noch wenig gemein haben. Final Fantasy XVI dürfte der bisherige Höhepunkt für diese erschreckende Entwicklung sein. Wir können uns glücklich schätzen, dass es noch Entwickler wie Pandora Media Games gibt, die wissen, wie mit dem Genre umzugehen ist. Anstatt jedoch auf ein modernes Gewand zu setzen, orientieren sich die Entwickler voll und ganz auf den Retro-Aspekt. Das ist auch kein Wunder, denn neben der ersten PlayStation zählt auch das Super Nintendo ganz klar zu den Konsolen, auf denen rundenbasierte Rollenspiele ihr goldenes Zeitalter erlebten. Soll heißen, dass das Spiel sowohl im Guten als auch im Schlechten verschiedene Merkmale der 1990er-Jahre aufweist. Wir können euch aber vergewissern, dass ihr euch in Seed of Pandora: Legend of the Gaia Tree bis zu einem gewissen Grad verlieben dürftet, wenn ihr diese Zeit aktiv miterlebt habt. Rasch erkennt ihr diverse Werke von Square, Enix und Co, die die Zeit maßgeblich geprägt haben. Seid ihr hingegen erst später geboren und habt keinerlei Bezug zu älteren Videospielen, so könnte euch das an  japanische Rollenspiele angelehnte Werk regelrecht kaltlassen.

Motivierende, aber zunächst wenig spannende Heldenreise

Beispielsweise kommt in Seed of Pandora: Legend of the Gaia Tree die Story nur schwer in Gange. Held Bastien Roguere wird von seinem Kindheitsfreund Killian McCloud aufgesucht, um etwas Zeit miteinander zu verbringen. Sie erklimmen gemeinsam einen Berg, doch schon beim anschließenden Abendessen offenbart Killian seinem Kumpel die wahren Beweggründe des Wiedersehens. Killian ist im Auftrag des Königs unterwegs und soll einen gestohlenen Brief aus den Fängen einer Bande Goblins zurückholen – und braucht für dieses Unterfangen die Hilfe von Bastien. Auf derlei Geschichten baut das lediglich auf Englisch geschriebene Rollenspiel langsam auf. Das ist nicht weltbewegend und stellenweise mühselig. Trotz allem liefert der Titel peu à peu Anreize, um das Abenteuer nicht abzubrechen. Unter anderem wollen wir mehr über einen bestimmten Kult wissen, der vor über einhundert Jahren vom titelgebenden Kontinent Pandora vertrieben wurde. Ebenfalls träumt Bastien von einer jungen Frau, die ihn um seine Hilfe anfleht. Getrieben von Neugier begleitet er Killian auch weiterhin auf seiner Reise, um seinem Schicksal nicht aus dem Weg zu gehen. Neben der mysteriösen Ashe Sparrow bekommen es Bastien und Killian später noch mit dem weisen Varsha Wallice zu tun. Ist die Heldengruppe erst einmal komplett, entfaltet sich das wahre Potenzial des Titels.

Klassisches wie feinfühliges Gameplay

In puncto Gameplay orientiert sich Seed of Pandora: Legend of the Gaia Tree grundlegend am Genrestandard der 1990er-Jahre, doch kommen vereinzelt modernere Mechaniken hinzu. Wir reisen über eine Weltkarte von einem Ort zum anderen, decken uns in den Städten mit neuen Waffen und Heilgegenständen ein und erkunden darüber hinaus Wälder, Höhlen oder Forschungseinrichtungen, welche als Dungeons fungieren. Hin und wieder kommt vor, dass wir an bereits besuchte Orte zurückkehren müssen. Auffällig oft kommt es im Rollenspiel jedoch zu rundenbasierten Kämpfen. Befinden wir uns in einem Dungeon, sind die uns feindlich gesinnten Kreaturen im Gegensatz zu vielen anderen Genretiteln dieser Machart aber jederzeit sichtbar. Attackieren wir die Monster von hinten, erhalten wir sogar einen Vorteil, doch Obacht: Kommen uns Schleime, Pilzwesen, Goblins und Konsorten jedoch zuvor, kann sich das Blatt im Kampf schon zu Beginn des Gefechts wenden. Obwohl alle Kämpfe durchaus gut zu meistern sind, befindet sich der Schwierigkeitsgrad dennoch am oberen Ende des Mittelfelds. Den Entwicklern von Seed of Pandora: Legend of the Gaia Tree war es wichtig, dass sich die Auseinandersetzungen weitestgehend sehr taktisch anfühlen. Wir können bestätigen, dass den Köpfen bei Pandora Media Games dieses Kunststück mit Ausnahmen durchaus gelungen ist.

Taktische Kämpfe und verpasste Chancen

Stets sollten darauf achten, immer über genügend Trefferpunkte zu verfügen, damit wir nicht vorschnell ausgeschaltet werden. Mit Magie lassen Wunden heilen, doch stehen Magiepunkte nur begrenzt zur Verfügung. Darüber hinaus arbeitet das Spiel mit Technikpunkten, die sich im Kampfverlauf durch Angriffs- oder Verteidigungsbefehle aufladen. Sollte ein Kampf also aussichtslos erscheinen, hilft es, erst einmal abzuwarten, Technikpunkte zu sammeln und anschließend mit geballter Kraft zurückzuschlagen. Dies heißt auch, dass sich Kämpfe mitunter in die Länge ziehen können, zumal Gegnerkonstellationen häufig identisch sind und Auseinandersetzungen zur Routine verkommen. Spiele wie Chrono Trigger oder Final Fantasy VI haben das damals besser umgesetzt. Nichtsdestotrotz entschädigt der Titel mit reichlich Erkundungsdrang und dem Aufspüren geheimer Orte mittels eines Teleskops. In unseren Augen reißt neben der schicken 16-Bit-Optik aber gerade der Soundtrack das Ruder rum, denn dieser glänzt mit verträumten Melodien. Wirklich ärgerlich sind aber Clipping-Fehler und die viel zu selten greifende Autosave-Funktion. Wer über diese Mankos hinwegsieht, kommt bei Seed of Pandora: Legend of the Gaia Tree immerhin in den Genuss eines spaßigen wie circa zehn- bis zwölfstündigen Rollenspiels, dem trotz allem etwas mehr Entwicklungszeit gut getan hätte.

Geschrieben von Eric Ebelt

Erics Fazit: Da ich mit Rollenspielen der 16-Bit-Ära aufgewachsen bin und mittels Titeln wie Breath of Fire II oder Lufia II: Rise of the Sinistrals zum Genre gefunden habe, bin ich sofort Feuer und Flamme, wenn ein Entwickler an diese Zeitepoche versucht anzuknüpfen. Gerade Final Fantasy XVI ist ein Musterbeispiel dafür, was in der Videospielindustrie bezüglich des Rollenspielgenres falsch läuft. Vielleicht gefällt mir der betagte Ansatz von Seed of Pandora: Legend of the Gaia Tree gerade deshalb so gut. Trotzdem kann ich das Spiel nicht mit Lobeshymnen besingen. So dümpelt die Story anfangs viel zu sehr vor sich hin. Mit der Zeit wird die Geschichte zwar spannender, doch der fade Unterton bleibt durchweg bestehen. Dafür gefällt mir das Kampfsystem mit seinem taktischen Ansatz ziemlich gut – bis mir auffällt, dass die Variationen an gegnerischen Monstergruppen viel zu gering sind, damit das Kampfsystem seinem Tiefgang gerecht wird. Im Grunde arbeite ich mehrere Feindkontakte hintereinander immer wieder nur dieselben Manöver ab, was in Anbetracht der aufzubringenden Zeit für die zahlreichen Kämpfe durchaus schlauchen kann. Dafür bietet das Spiel wunderschöne 16-Bit-Grafiken, wobei es an vielen Stellen unsaubrere Clipping-Fehler gibt. An einer Stelle kam ich nach dem Auslösen eines Dialogs auch gar nicht mehr vom Fleck. Das ist genauso ärgerlich wie die viel zu selten greifende Autosave-Funktion. So legt das Spiel nur dann einen automatischen Spielstand an, wenn ich eine Örtlichkeit verlasse. Den Spielstand kann ich sonst nur an Speicherpunkten oder auf der Weltkarte sichern. In meinen Augen verschenkten die Entwickler viele Chancen in einem potenziell guten Spiel. Vieles könnten Patches richten. Bis dahin werden nur die größten Genrefans bei Seed of Pandora: Legend of the Gaia Tree zugreifen.

Vielen Dank an Pandora Media Games für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Seed of Pandora: Legend of the Gaia Tree!

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