Gute Bauernhofsimulationen schaffen den gegensätzlichen Spagat aus Entspannung auf dem heimeligen Hof und dem Stress durch zeitoptimierte Farmarbeit. Dies gelingt auch Rune Factory 3 Special, das im September 2023 sowohl für die Switch als auch für den PC erschien.
Bei Rune Factory 3 Special handelt es sich um eine Neuauflage eines Nintendo-DS-Spiels aus dem Jahre 2009. Strukturell dürfte die Simulation allen Serienkennern sofort vertraut erscheinen. Einmal mehr gelangen wir als amnesiegeplagter Jüngling in eine kleine Siedlung voller Anime-Figuren. Nach Ankunft im fiktiven Fantasy-Örtchen Scharanz werden wir schnurstracks in einem freistehenden hohlen Baum einquartiert. Anbei ist direkt ein großes Feld, sodass wir von Beginn an selbst für unseren Unterhalt sorgen können. Wie praktisch! Die Handvoll Charaktere im Dorf lernen wir ebenso schnell kennen – und die meisten halten direkt kleine Aufgaben für uns parat oder spannen uns in ihre Geschäfte ein. Bei einem Großteil der Bewohner handelt es sich um Ladenbesitzer wie das Mädchen Shara, bei dem wir Saatgut erstehen können, oder den ansässigen Schmied Gaius, der uns mit neuen Werkzeugen und Waffen ausstattet. Aus der Vogelperspektive gehen wir unserem Alltag in Scharanz nach. Es gibt eine übergeordnete Handlung, die Stück für Stück vorangetrieben wird. Der Fokus liegt aber auf der Entwicklung der Farm und den sozialen Beziehungen mit den Dorfbewohnern. Wie wir unseren Tag dafür einteilen, ist uns überlassen. Ein einzelner Tag dauert nicht länger als wenige Minuten, was schon für das hohe Spieltempo von Rune Factory 3 Special spricht.
Zeit ist Geld
Zum Beispiel nimmt die Laufzeit vom Bett bis zu den Läden nur sieben Sekunden ein, den ganzen Ort zu durchqueren nur wenige Sekunden mehr. Es gibt keine spürbaren Ladezeiten beim Bildschirmwechsel. Besonders im Vergleich zum ständig nachladenden und ruckeligen Rune Factory 5 ist das eine wahre Wohltat und zeigt im Vergleich die Vorteile der reduzierten Technik zur nicht optimierten 3D-Umgebung. Immerhin wollen wir im Sekundentakt Dinge erledigen, kleine Anpassungen am Feld vornehmen, am Wegesrand die Dialogoptionen eines Nicht-Spieler-Charakters erschöpfen und im Wald Ressourcen sammeln und Monster verkloppen. Die Uhr tickt in Rune Factory 3 Special und wie für Bauernhofsimulationen üblich, wechseln auch hier die Tages- und Jahreszeiten. Geerntetes werfen wir in die Versandbox, die einmal täglich geleert wird und uns Geld einbringt. Dann beginnt der Kreislauf von Vorne. Zu dieser Spielweise sind wir aber nicht gezwungen. Das bunte Spiel lädt mit seinen drolligen Figuren auch auf eine entschleunigte Spielweise ein. So bestehen die meisten Quests darin, sich ein wenig mit den Leuten zu unterhalten, sie besser kennenzulernen und ihnen gewisse Dinge zu bringen. Wir können unsere Zeit mit Angeln vertreiben oder Leute mit selbstgekochten Gerichten überraschen. Hier kommt aber wieder das Spiel ins Spiel.
Hakelige Steuerung
Jede Tätigkeit levelt mit und auch die Beziehungen zu den Dorfbewohnern sind stets einsehbar. Regelmäßig ertappen wir uns dabei, zu optimieren: Schnell der verfressenen Collette etwas Essen kochen, um ihre Freundschaftsstufe effektiv zu steigern und spät nachts Holz hacken, um auch keinen Pixel unseres Ausdauerbalkens ungenutzt zu lassen. Hier sind wir regelrecht in der Motivationsspirale gefangen und freuen uns jeden Tag, frisch aus dem Bett zu hüpfen. Das liegt besonders an der Verflechtung der ganzen Mechaniken. Einzeln betrachtet ist aber weder der Simulationsanteil noch das Rollenspiel-Gameplay besonders tiefgründig. Dem entgegen halten jedoch zusammenfließende Elemente, dynamische Interaktionen und eine wahnsinnig gute deutsche Lokalisierung. Hierzu passt auch der Wuselfaktor der Nebenfiguren, die ebenfalls ihren eigenen Tagesablauf haben. Wir haben das Gefühl, in einem Dorf zu leben, in dem sich die Figuren wirklich kennen. Abseits der durchschnittlichen Technik gibt es dennoch Punkte, die uns stören. Beim stark begrenzten Inventar und auch beim Item-Management benötigen wir lange, bis wir mühelos zwischen den Kategorien wechseln können. Auch der Transfer zwischen Beutel, Kühlschrank und Lagerkiste ist nicht intuitiv. Hier hätten Rune Factory 3 Special kleine, aber maßgebliche Veränderungen wirklich gutgetan.
Geschrieben von Jonas Maier
Jonas’ Fazit (basierend auf der Nintendo-Switch-Fassung): Als Neuauflage schlägt Rune Factory 3 Special in dieselbe Kerbe wie Rune Factory 4 Special. Zwar erkenne ich viele Elemente, die im Nachfolger ausgebaut wurden, doch vermisse ich ein paar Dinge wie zum Beispiel die ausgebauten Dungeons oder die größeren Dialogoptionen mit den Spielfiguren. Dafür punktet der dritte Teil immer noch mit denselben Stärken: Die Gameplay-Spirale Aussähen, Ernten, Verkaufen und Co ist motivierend und die kleine Spielwelt steckt voller Details und Überraschungen. Das liegt ebenfalls an den sympathischen Figuren, die der Grund für die wohlige Stimmung im Örtchen Scharanz sind. Ein perfektes Spiel zum Wohlfühlen, sofern denn nicht doch immer wieder die Farm um Aufmerksamkeit ruft. Zum Glück kann ich hier ein paar Schafe und Monsterpilze auf meiner Farm zur Sklavenarbeit zwingen. Damit bleibt mir in Rune Factory 3 Special mehr Zeit für andere Dinge und zum ständigen Optimieren.