Zwischen 1998 und 2006 werkelten die spanischen Pyro Studios an der Commandos-Reihe und schufen so einen unverzichtbaren Beitrag zum Echtzeit-Taktikspielgenre. Die deutschen Claymore Game Studios führen die Reihe mit Commandos: Origins nach zwei Jahrzehnten fort.
In den 2000er-Jahren und 2010er-Jahren wurden sehr viele seltsame Entscheidungen für den Videospielsektor getroffen. Unter anderem will angeblich niemand mehr rundenbasierte Rollenspiele angehen, Point-and-click-Adventures gehören ohnehin zum alten Eisen und überhaupt sei jedweder Anspruch eigenen Denkens überflüssig. Mittlerweile sind derlei Ansichten überholt oder widerlegt, auch wenn dies manche Publisher immer noch nicht einsehen wollen und an veralteten Geschäftspraktiken festhalten. Mit Commandos: Origins geht Kalypso Media aber zum Glück einen vernünftigen Weg und bedient damit gerade die Fans der Reihe, die seit mehr als zwei Jahrzehnten auf eine Fortführung der Echtzeit-Taktik hoffen, denn selbst der bislang letzte Serienteil Commandos: Strike Force von 2006 hat mit dem ursprünglichen Genre nur noch bedingt etwas zu tun, entpuppte er sich doch als First-Person-Taktik-Shooter. Schon am Titel des am 9. April 2025 veröffentlichten Commandos: Origins ist zu erkennen, dass es zurück zu den Ursprüngen der Reihe geht. Das ist nicht nur spielerisch, sondern auch inhaltlich so gemeint. Kenner des Seriendebüts Commandos: Hinter feindlichen Linien von 1998 treffen so auf alte Bekannte. Jack O’Hara, Thomas Hancock, Francis T. Woolridge, Samuel Brooklyn, James Blackwood und Rene Duchamp sind allesamt mit von der Partie.
Taktischer Anspruch mit etlichen Möglichkeiten
Eine sonderlich tiefgründige Story solltet ihr allerdings nicht vom Spiel erwarten, denn sobald das sechsköpfige Team in den ersten Spielstunden zusammen gekommen ist, geht es von einer Mission zur nächsten. Angesiedelt in den Jahren des Zweiten Weltkrieg heißt es, etwaige Basen der Nationalsozialisten zu infiltrieren, Gefangene befreien und dem Feind zuzusetzen. Um voranzukommen, schicken wir unsere Vertreter der freien Welt aus der Vogelperspektive von einem Versteck zum nächsten. Dabei entdecken wir Lücken in der Verteidigung unserer Gegner und locken diese in ihr Verderben in Form von Messern, Pistolenschüssen, Granaten, Bärenfallen und noch mehr. Selbst Unfalltode stehen an vordefinierten Stellen zur Auswahl. Im späteren Spielverlauf ist es in Commandos: Origins ebenfalls möglich, mit einem Charakter einen Feind verkleidet in ein Gespräch zu verwickeln, während sich eine dritte Partei von hinten anschleicht und den Gegner aus dem Verkehr räumt. Manchmal müssen wir eine Aktion auch gleichzeitig ausführen. In solchen Momenten wechseln wir auf Tastendruck in den Befehlsmodus und weisen den Akteuren das Kommando und ihr Ziel zu, bevor auf Tastendruck die Zeit wieder weiterläuft. All das macht im Grunde wirklich Spaß, gerade wenn euch das Genre zusagt. Allerdings ist Commandos: Origins nicht nur für Anfänger sehr schwierig.
Hart, härter, Commandos: Origins
Falls wir auch nur eine falsche Entscheidung treffen, ist die Mission zum Scheitern verurteilt. Die Nationalsozialisten zucken nicht mit der Wimper und machen mit unseren Helden kurzen Prozess. Daher ist es wichtig, oft und regelmäßig zu speichern, damit wir nicht allzu viel Fortschritt verlieren. Im Genre gehört dies zwar mit dazu, doch haben es die Entwickler mit der ganzen Nostalgie etwas zu genau genommen und kaum bedacht, dass die inzwischen leider nicht mehr bestehende Konkurrenz von Mimimi Games zwischen 2016 und 2023 mit Shadow Tactics: Blades of the Shōgun, Desperados III und Shadow Gambit gleich drei Spiele auf den Markt gebracht hat, die sich deutlich besser und flüssiger spielen lassen. Commandos: Origins ist schon auf dem normalen Schwierigkeitsgrad eine Herausforderungsorgie. Wer also nicht zu viel Zeit mit Speichern und Laden vertrödeln will, sollte sich im Genre wirklich auskennen. Technisch läuft das Spiel der Claymore Game Studios auf unserem Testrechner (Intel i5 13600K, GeForce RTX 4070, 32 GB DDR5 RAM) aber immerhin rund. Auch die Soundkulisse passt zum düsteren Geschehen. Lediglich kleinere Bugs oder selten auch schon mal Wegfindungsprobleme schmälern das Gesamtbild. Profis und Fans der Originale kommen um Commandos: Origins nicht herum. Alle anderen sind bei der Konkurrenz besser aufgehoben.
Geschrieben von Eric Ebelt
Erics Fazit (basierend auf der PC-Fassung): Vorweg muss ich anmerken, dass ich im Genre der Echtzeit-Taktikspiele bislang kaum Fuß gefasst habe. Beispielsweise habe ich die ersten Commandos-Serienteile nie gespielt. Da kommt es mir nur gelegen, dass Commandos: Origins chronologisch vor den anderen Episoden spielt. Allerdings ist es schade, dass sowohl die Story als auch die Charaktere eher blass bleiben. Stattdessen konzentriert sich das Spiel nahezu völlig auf das Gameplay. Dieses bietet verschiedene taktische Möglichkeiten, die mich sowohl experimentieren als mich auch bestimmte Passagen während der Missionen wie ein Puzzle lösen lassen. Spaßig ist das Austüfteln meines Plans, wie ich unbeschadet durch die feindlichen Linien komme und die Missionsziele erfülle, durchaus. Problematisch ist in meinen Augen jedoch der hohe Schwierigkeitsgrad. Selbst kleine Fehler werden in der Regel mit dem Abbruch der Mission bestraft. Das führt unweigerlich zum Laden des letzten Spielstands, weshalb ihr euch darauf einstellen solltet, in jeder Mission dutzende Male euren Fortschritt zu speichern. Da war die Konkurrenz mit Titeln wie Shadow Tactics: Blades of the Shōgun schon deutlich fairer, was in flüssigerem Gameplay mündete. Wollt ihr euch taktisch durch den Zweiten Weltkrieg kämpfen, seid geschult im Echtzeit-Taktikspielgenre und bringt eine gewisse Frustresistenz mit, dann kann euch aber auch Commandos: Origins viel Spaß bereiten.
Vielen Dank an Kalypso Media für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Commandos: Origins!