Mit den Spielen Contrast von 2013 und We Happy Few aus dem Jahr 2018 hat Entwicklerstudio Compulsion Games bereits zwei Spiele mit besonderen Stilen hervorgebracht. Das im April 2025 veröffentlichte Werk South of Midnight schlägt auch einen eigenwilligen Weg ein.
Nordamerika ist vermutlich der Kontinent auf unserem Planeten, auf dem es so gut wie alle klimatischen wie topografischen Besonderheiten zu entdecken gilt, die sich Weltreisende nur vorstellen können. Womöglich machen die südlichen Landstriche der Vereinigten Staaten von Amerika hierbei einen ganz besonderen Charme aus. Wer von diesem magisch verklärten Ort nicht genug kriegen kann, dürfte auch das Action-Adventure South of Midnight vom kanadischen Entwicklerstudio Compulsion Games regelrecht verschlingen. Im zehn bis fünfzehn Stunden langen Spiel schlüpfen wir in die Rolle der angehenden Athletin Hazel Flood, die mit ihrer Mutter zusammenlebt. Ein heraneilender Hurrikan sorgt dafür, dass die beiden voneinander getrennt werden. Sie sucht Schutz bei ihrer Großmutter väterlicherseits, wird aber das Gefühl nicht los, dass im Herrenhaus der wohlhabenden Dame etwas nicht mit rechten Dingen zugeht. Sie beschließt, aus der Villa zu fliehen und stolpert dabei über magische Webwerkzeuge, mit denen sie künftig gegen Monster kämpfen und verschlossene Teile der Spielwelt erkunden kann. Das ist jedoch nicht alles, denn auf der Suche nach ihrer Mutter im Deep South, der im Spiel vor allem aus Sümpfen und Wäldern zu bestehen scheint, trifft sie auf allerhand zauberhafter Wesen, die ihr sowohl freundlich als auch feindlich gesonnen sind.
Gameplay aus den späten 2000er-Jahren
Erzählt wird South of Midnight in insgesamt vierzehn Kapiteln, die allesamt recht linear ausfallen. Wir laufen im Grunde schlauchartig nur von einem Ort zum nächsten, legen uns an vordefinierten Stellen mit Gegnern an und klauben nebenher Notizen auf, die uns etwas über die Nebencharaktere des Spiels verraten. Trotz der Linearität können wir die Gegenden aber dennoch recht frei erkunden, denn Abzweigungen führen uns stets zu weiteren Notizen oder weiteren Collectibles, die uns Punkte zum Aufwerten von Fähigkeiten oder gar einer Verlängerung der Lebensenergie bescheren. Diese Kombination erinnert uns sehr an Videospiele der späten 2000er-Jahre, wie wir sie noch auf der Xbox 360 oder PlayStation 3 erlebt haben. Das macht bis zu einem gewissen Grad auch durchaus Spaß. Problematisch ist hierbei, dass sich das Gameplay nur in den ersten Spielstunden sinnvoll erweitert. Sobald wir den Doppelsprung, das Hervorpreschen oder wenige neue Angriffsmethoden erlernt haben, erleben wir in South of Midnight fast nichts Neues mehr. Da ist es dann schon eine echte Wohltat, wenn das Gameplay mal mit stilechten Zwischensequenzen unterbrochen wird. Komisch wirkt hierbei die Designentscheidung, dass die wenigen wichtigen Figuren in den Zwischensequenzen per Stop-Motion-Verfahren animiert worden sind – ein ganz klarer Bruch mit der Immersion.
Wunderbare Technik mit kleinen Abstrichen
Bedientechnisch spielt sich der Titel weitgehend angenehm. Befehle führt Hazel oft sofort aus. Lediglich in den Kämpfen, die teilweise unübersichtlich sind, erleben wir hin und wieder Befehlsverweigerungen, wenn gerade zu viel auf dem abgesteckten Kampfplatz passiert. Mit Ausnahme der ständig manuell zu justierenden Kameraperspektive läuft aber auch das rund. Ebenso machen die Platformer-Passagen Laune und erinnern uns sogar an Klassiker wie Banjo-Kazooie oder Super Mario 64. In audiovisueller Hinsicht ist South of Midnight eine Wucht. Abseits der abgehakten Animationen in den Zwischensequenzen mögen wir den Comic-Look durchweg. Riesige Bäume mit Gesichtern, ein sprechender Wels oder schrullige Hinterwäldler passen wunderbar in die Welt hinein. Lediglich beim Monsterdesign stellen sich nach wenigen Stunden Ermüdungserscheinungen ein, da schlicht zu wenige Monstertypen hinzukommen. All das läuft auf unserem Testrechner (Intel i5 13600K, GeForce RTX 4070, 32 GB DDR5 RAM) bei maximalen Grafikeinstellungen in Full-HD-Auflösung zudem butterweich. Unterlegt wird das Spektakel mit richtig toller Musik, bei der auch mit Gesang nicht gegeizt wird. Selten erleben wir in einem Action-Adventure, dass die Melodien und Lieder derart gut zum Geschehen passen. So bleibt uns South of Midnight noch lange im Ohr und Gedächtnis!
Geschrieben von Eric Ebelt
Erics Fazit (basierend auf der PC-Fassung): Als ich das erste Mal etwas von South of Midnight gesehen habe, hat mich das Spiel sofort an Fable erinnert. Auch wenn das Werk von Compulsion Games nichts mit der von mir liebgewonnenen Rollenspielreihe gemeinsam hat, musste ich dem Titel eine Chance geben. Enttäuscht wurde ich nicht, denn das Erkunden der Spielwelt und das Kämpfen gegen die Monster macht mir durchaus Spaß, auch wenn die Linearität an Videospiele der siebten Konsolengeneration erinnert. Ich finde es allerdings schade, dass bei all den Geschicklichkeitseinlagen, denen ich mich mit Hazel stellen muss, kaum Abwechslung geboten wird. Sehr ähnlich sieht es auch bei den Kämpfen aus. Diese finden nur an bestimmten Stellen der Spielwelt statt und laufen stets nach demselben Schema ab. Zudem kommen kaum neue Gegnervarianten hinzu. Gerade aufgrund besagter Linearität des Action-Adventures wäre hier sehr viel mehr möglich oder sogar nötig gewesen. Abseits dessen weiß das Spiel aber mit seinem Comic-Look, der grandiosen Musikuntermalung und nicht zuletzt seiner kurzweiligen Story zu überzeugen. Falls ihr über besagte Defizite hinwegsehen könnt und euch vom Südstaatencharme verzaubern lassen wollt, dann könnte South of Midnight definitiv einen Blick wert sein!
Vielen Dank an Microsoft Xbox für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von South of Midnight!