Review: Digimon Adventure Tri: The Movie Collection

Im Jahr 1999 wurde der Grundstein zum Digimon-Franchise gelegt, der in der japanischen Populärkultur bis heute hohe Wellen schlägt. Zwischen 2015 und 2018 wurde die Handlung der ersten Helden in der Anime-Filmreihe Digimon Adventure Tri fortgeführt, die Publisher KSM Anime hierzulande in einer Movie Collection zusammenfasst.

Wer in den 2000er-Jahren seine Kindheit oder Jugend verbracht und sich für die japanische Populärkultur interessiert hat, ist sehr wahrscheinlich auch mit den Franchises Pokémon und Digimon in Kontakt gekommen. Während Pokémon vor allem für die Rollenspiele aus dem Videospielbereich gelobt wurde, stellt bei Digimon die Anime-Serie die Konkurrenz in den Schatten. So war es kein Wunder, dass Digimon nur wenige Monate nach der Ausstrahlung im japanischen Fernsehen auch im deutschsprachigen Raum gezeigt wurde. Sechs Jahre nach den Geschehnissen in der Anime-Serie Digimon respektive drei Jahre nach dem Handlungsbogen der Fortsetzungsgeschichte Digimon 02 ist die sechsteilige Movie Collection von Digimon Adventure Tri angesetzt. Der erste Film mit dem passenden Untertitel Reunion erzählt von der Wiedervereinigung der Digiritter aus der ersten Serie. Dementsprechend gibt es ein Wiedersehen mit Yagami Taichi, Ishida Yamamoto, Takenouchi Sora, Izumi Kōshirō, Tachikawa Mimi, Kido Jō, Takaishi Takeru und Yagami Hikari. Wer sich über die vollständigen japanischen Namen mancher Protagonisten wundert, sollte bedenken, dass die verwestlichten Rufnamen in der deutschen Synchronisation beibehalten wurden. Yamamoto bleibt aus vermeintlichen Gründen der Kontinuität beispielsweise Matt und aus Kōshirō wird Izzy gemacht.

Verwirrender Auftakt

Während die ersten Szenen von Digimon Adventure Tri: Chapter 1 – Reunion noch für nostalgische Gefühle sorgen, woran der deutsche Intro-Song „Leb deinen Traum“ nicht gänzlich unschuldig ist, lässt die Faszination allerdings peu à peu nach. Es wird eine Geschichte konstruiert, deren Gestaltung recht unschlüssig wirkt. Eine Verzerrung im All sorgt anscheinend dafür, dass infizierte Digimon das seit Jahren geschlossene Tor zwischen der Digiwelt und der echten Welt umgehen können. So gelangen schließlich auch die Digimon der Digiritter in die Realität. Gemeinsam müssen sie mehrere Kuwagamon besiegen, die in Odaiba Unruhe stiften. Die Medien machen jedoch aus den heldenhaften Kreaturen feindlich gesinnte Wesen, was die Gruppe zumindest etwas belastet. Hinzu kommen das plötzliche Auftreten eines weiteren Feindes und die viel zu hastige Ergänzung des Ensembles an Protagonisten um eine weitere Figur, der zu wenig Bildschirmzeit gegeben wird. Schlussendlich reichen neunzig Minuten einfach nicht aus, um die Geschichte des Films vernünftig zu beenden. Damit ist nicht einmal der Cliffhanger gemeint, der zum zweiten Teil überleiten soll, sondern eher wirr zusammengeschnittene Digitationen auf den höheren Evolutionsstufen. Die allergrößten Digimon-Fans dürften das verzeihen, aber unter stilistischen Gesichtspunkten wäre mehr möglich gewesen.

Konsekutive Handlungsfortführung

Immerhin verbessert sich die inhaltliche Gestaltung der Reihe in den folgenden Teilen deutlich, auch wenn der zweite Film, Digimon Adventure Tri: Chapter 2 – Determination, noch ein paar Startschwierigkeiten hat. Dieser dümpelt handlungstechnisch zu sehr vor sich hin, gibt aber vor allem der neuen Protagonistin Mochizuki Meiko und ihrem Digimon Meikūmon etwas mehr Bildschirmzeit. Es ist darüber hinaus ein sehr charakterbezogener Film, der allen voran mit der Gefühlswelt von Jō, der sich durch das Zurückziehen zum Lernen wie ein Feigling fühlt, und den Gedanken von Mimi auseinandersetzt, die von ihrer Umwelt als Egoistin wahrgenommen wird. Im zweiten Teil müssen sich die Digiritter mit der Frage beschäftigen, ob zunächst die Infektion, unter der manche Digimon leiden, oder die Risse zwischen den Welten aufgetreten sind. Digimon Adventure Tri: Chapter 3 – Confession führt die Story fort. Immer mehr Stromausfälle und Signalstörungen sorgen dafür, dass die Menschen Probleme in der Infrastruktur bekommen. Mit der Quantumwelt schlägt die Reihe zudem ein neues Kapitel auf, denn diese ist eng mit der realen und der digitalen Welt verknüpft. Deshalb droht ein Reboot der Digiwelt, der alle Erinnerungen der Digimon auslöschen würde. Daher arbeitet Izzy respektive Kōshirō unermüdlich an einer Notlösung, um das traurige Szenario zu verhindern.

Nostalgische Zeitreise

Schon im dritten Film wird die Verbindung von Meiko und Meikūmon immens vertieft. Genau durch die Verschiebung des Schwerpunkts leitet die Filmreihe schrittweise das Finale ein, denn in den drei letzten Teilen ist genau diese Beziehung zwischen den beiden Charakteren der Dreh- und Angelpunkt des weiteren Geschehens. Digimon Adventure Tri: Chapter 4 – Lost spielt hauptsächlich in der Digiwelt, wo die Digiritter eine neue Bindung zu den digitalen Monstern aufbauen müssen. Auch scheint es ein Geheimnis um die Behördenmitarbeiterin Himekawa Maki zu geben, das thematisiert wird – und von großer Bedeutung für die umfangreiche Story ist. Auch Gen’nai, den Fans der ersten Stunde noch kennen dürften, spielt plötzlich wieder eine gewichtige Rolle. Digimon Adventure Tri: Chapter 5 – Coexistence knüpft wie die vorherigen Filme stark am Cliffhanger an und führt die Geschichte in einem hohen Tempo fort. Langsam beginnen sich etwaige Geheimnisse zu lüften und auch die Kämpfe zwischen verschiedenen Digimon spitzen sich weiter zu. Digimon Adventure Tri: Chapter 6 – Our Future bringt die Geschichte trotz ein paar offener Fragen zu einem runden Abschluss, bei dem auch die eine oder andere Träne fließt. Die um die anderthalb Stunden langen Filme machen trotz allem Spaß und sind nicht nur unter nostalgischen Gesichtspunkten sehenswert.

Wiederhören mit bekannten Stimmen

Die Animationsqualität der Filme befindet sich nur auf gutem Mittelmaß. In Anbetracht der Beliebtheit, vor allem bei den ersten beiden Staffeln, überrascht dies. Beispielsweise fallen die Bewegungsanimationen der Digimon der höheren Digitationsstufen bescheiden aus. Hier hätte Tōei Animation mehr Sorgfalt walten müssen. An wenigen Stellen wird sogar ganz an Animationen gespart und die Charaktermodelle schablonenartig übers Bild bewegt. Bei kostengünstig produzierten Serien wäre dies nachvollziehbar, aber bei Filmen für die große Leinwand wirkt das unschön. Besser ist die Musik von Komponist Sakabe Gō gelungen, der sowohl die fröhlichen als auch die traurigen und nicht zuletzt die actionreichen Momente wunderbar zum Ausdruck bringt. Bis auf den Song „Leb deinen Traum“ wurden aber alle Lieder auf Japanisch belassen, was aufgrund der existierenden deutschen Umsetzung von „Wir werden Sieger sein“ unverständlich ist, zumal das Stück inflationär zum Einsatz kommt. Wer die deutsche Version mag, freut sich auf ein Wiederhören mit fast allen Synchronsprechern aus der ersten Staffel. Lediglich Julia Blankenberg ist nicht mehr dabei, weshalb Kōshirō respektive Izzy im Verlauf der Filmreihe zwei neue Sprecher hat. Marie-Luise Schramm spricht Hikari beziehungsweise Kari nur in den ersten drei Teilen – und wurde durch Josephine Darie Schmid ersetzt. Im Japanischen wurden alle Sprecher bis auf die Digimon gänzlich ersetzt.

Ehrliche Interviews

Auf der Blu-ray-Disc zum ersten Film befinden sich mehrere Interviews im Bonusbereich, die voll und ganz auf das deutschsprachige Publikum ausgelegt sind. Unter anderem gibt es dabei ein Wiedersehen mit Florian Knorn, der einer anderthalb Dekaden umfassenden Pause schon in Digimon und Digimon 02 Anführer Taichi gesprochen hat. Auch Agumon-Sprecher Gerald Schaale und Biyomon-Sprecherin Daniela Reidies, deren Stimme ebenso aus Twin Peaks bekannt ist, haben sich zu kurzen, aber recht aussagekräftigen Interviews bereitgestellt. Amadeus Strobl, den Shōnen-Fans unter anderem aus Dragon Ball GT und Dragon Ball Z Kai als Stimme von Son Gokū kennen, stellt sich im Gespräch als Synchronregisseur für die deutsche Variante von Digimon Adventure Tri vor. Auf der Disc zum zweiten Film wird dieses Konzept fortgeführt, denn dort kommt unter anderem Mimi-Sprecherin Giuliana Jakobeit zu Wort, die Anime-Fans vor allem als Stimme von Mōri Ran aus Detektiv Conan kennen. Marius Clarén, die Stimme von Jō, verrät ebenso Einzelheiten über seine Arbeit als Synchronsprecher. Wer schon immer einmal wissen wollte, welche Aufgaben ein Synchrontonmeister zu bewältigen hat, freut sich übers Gespräch mit Jonathan Dammers. Bei den Interviews fällt auf, dass sie sehr ehrlich sind, beispielsweise wenn die Sprecher keine Verbindung zur Rolle haben.

Halbgare Ausstattung ab dem vierten Film

Fans von Tentomon können in einem weiteren Interview auf der dritten Disc Joachim Kaps etwas besser kennenlernen, der seine Arbeit in Programmen mit Kindern in seine Tätigkeit als Synchronsprecher einfließen lässt. Mit Alice Bauer und Sarah Alles-Shahkarami melden sich zudem die beiden Neuzugänge im Team zu Wort, die über ihre Figuren Meiko und Meikūmon sprechen. Warum das Interview mit Gatomon-Sprecherin Katrin Zimmermann allerdings so kurz ausfällt und leicht gehetzt wirkt, ist in Anbetracht der sonst hohen Qualität der Gespräche nicht wirklich verständlich. Umso überraschender ist es, dass sich abseits vom Kinotrailer des jeweiligen Films, einer in dieser Form schon überflüssigen Bildergalerie und Trailern zu anderen Anime-Produktionen, die unter der Flagge von KSM Anime im deutschsprachigen Raum veröffentlicht werden, ab der vierten von insgesamt sechs Blu-ray Discs keinerlei Boni mehr auf den Datenträgern befinden. Auch physisches Material in Form eines Booklets mit Filmguide und Hintergründen ist in der platzsparenden Publikation nicht vorhanden. Wer die Filme in den letzten Jahren bereits einzeln erworben hat, verpasst nichts und muss nicht noch einmal zugreifen. Digimon-Fans, welche die Filme noch nicht kennen, sollten Digimon Adventure Tri – The Movie Collection aber unbedingt schleunigst im Gesamtpaket nachholen!

Geschrieben von Eric Ebelt

Erics Fazit (basierend auf der Blu-ray-Fassung): Wirklich intensiv mit dem Digimon-Franchise habe ich mich vermutlich zu Beginn der 2000er-Jahre beschäftigt. Mir war zwar bewusst, dass in den letzten Jahrzehnten weitere Serien, Filme und auch Videospiele hinzugekommen sind, doch haben diese für mich einfach nicht genug Interesse geweckt. Mit Digimon Adventure Tri: The Movie Collection hat sich das Blatt gewendet, denn die Filme kehren zum Ursprung der Reihe zurück, weshalb mir auch alle Charaktere noch bekannt sind. Die Geschichte an sich ist grundsätzlich schön erzählt, hat aber gerade in den ersten beiden Filmen noch ein paar Startschwierigkeiten. Mit jeder weiteren Minute versetzen mich die Geschehnisse aber derart gut in die Digiritter hinein, dass ich auch Jahrzehnte nach meinem letzten Kontakt mit der Marke noch richtig mitfiebere. Auch wenn ich es schade finde, dass ein paar Fragen bezüglich des Verbleibs oder der Herkunft etwaiger Figuren nicht geklärt wird, und auch die Animationsqualität deutlich besser hätte ausfallen können, machen mir alle sechs Filme sehr viel Spaß, zumal sie auch sehr kurzweilig sind und damit nie langweilig werden. Wer die Filme noch nicht gesehen hat und zumindest die erste, vielleicht sogar noch die zweite Staffel der Serie kennt, kommt um Digimon Adventure: The Movie Collection nicht herum!

Vielen Dank an KSM Anime für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Digimon Adventure Tri: The Movie Collection!

Hinterlasse einen Kommentar