Review: Lego Der Herr der Ringe

Lego Der Herr der Ringe (1)Ein Ring, sie zu knechten, sie alle zu finden, ins Dunkel zu treiben und ewig zu binden. Diese Verse kennen Fantasy-Fans spätestens seit der Verfilmung der Der-Herr-der-Ringe-Trilogie. Ein Jahrzehnt später ist das Franchise unvergessen und bietet Fans kontinuierlich Nachschub.

Lego Der Herr der Ringe (2)Lego Der Herr der Ringe beginnt wie der Film mit der Schlacht am Schicksalsberg. Elendil, Isildur und Elrond kämpfen um die Freiheit von Mittelerde gegen den dunklen Herrscher und seine Schergen. Während Elendil im Kampf den Tod findet, schafft es Isildur den Meisterring von Saurons Finger zu schneiden. Jener Ring wurde von Sauron geschmiedet, um die anderen Ringe der Macht in den Händen der Elben, Zwerge und Menschen zu beherrschen. Da ist es nur logisch, dass Isildur den Ring behalten  möchte und nicht vernichtet. Ein Nebeneffekt des Rings ist zudem, dass es den Träger unsichtbar macht. Lange konnte der Ring jedoch nicht in den Händen von Isildur bleiben. Er verlor ihn gemeinsam mit seinem Leben und Jahrhunderte später fand der Hobbit Smeagol den Ring, der ihn drei Jahrhunderte lang zum Wesen Gollum hat mutieren lassen. Als Bilbo Beutlin eines Tages das Nebelgebirge mit einer Schar Zwerge bereiste, fand er den Ring. Das führte jedoch dazu, dass der Ring in den Händen eines Hobbits unweigerlich ins westlich gelegene Auenland wanderte. Zauberer Gandalf wird klar, dass es sich bei dem Ring um den einen Ring handelt, den Sauron einst geschmiedet hat. Dieser hat nach all der Zeit sein Versteck im Düsterwald verlassen und sinnt nur darauf, sich den Ring zurückzuholen und ganz Mittelerde zu unterwerfen. Hobbit Frodo wird dazu auserkoren, den Ring bis nach Mordor zu bringen und ihn in den Feuern des Schicksalsberges zu vernichten.

Riesiges Mittelerde

Lego Der Herr der Ringe (3)Von nun an schlüpfen wir in die Haut von Frodo und erleben die eigentliche Storyline der Romane beziehungsweise der Filme. Der Reihe nach durchleben wir die meisten Stellen der Trilogie, wobei wir immer wieder auf neue Charaktere stoßen, die sich uns anschließen. Da wäre zum Beispiel Waldläufer Aragorn, Zwerg Gimli und Elbenprinz Legolas. Jeder der spielbaren Charaktere hat unterschiedliche Eigenschaften, die wir im Verlauf der Handlung immer wieder einsetzen müssen. Hobbit Merry kann beispielsweise an Flüssen und Seen die Angelrute auspacken, während Sam geübt im Umgang mit Bratpfanne und Feuermachen ist. Überall gibt es im (begehbaren) Mittelerde etwas zu tun. Auf unserem Weg von einem Level zum nächsten können wir nämlich auf der nahezu frei begehbaren Oberwelt Rätseleinlagen erkennen und lösen. Dafür winken dann entweder Studs, die Lego-Währung im Spiel, oder in vielen Fällen auch Mithril-Legosteine. Aus denen können wir wiederum in der Stadt Bree zu Items schmieden (sofern wir die nötige Skizze besitzen) und diese Items sind oftmals dann bei den vom Auenland bis Mordor weitverbreiteten Auftragsgebern gefragt. Als Belohnung winken rote Legosteine, mit denen wir im Menü besondere Eigenschaften aktivieren können, wie zum Beispiel einen Studs-Multiplikator, um noch schneller ans nötige Geld zu gelangen.

Hunderte Geheimnisse

Lego Der Herr der Ringe (4)Nach einem Level tauchen meist neue Charaktere auf, die wir teils für viele Studs einkaufen können. Dabei ist es egal, ob diese Charaktere im Verlauf der Handlung die Radieschen bereits von unten zählen oder storybedingt dort nicht auftauchen. Auswählen dürfen wir sie aber erst im freien Spiel, welches durch den Abschluss eines Levels für dieses und nach Beenden des Spiels für ganz Mittelerde freigeschaltet wird. Um tatsächlich alle Geheimnisse zu lüften, ist das auch bitter nötig. Wir haben nach fünfzehn Spielstunden den Ring zerstört und gerade einmal um die vierzig Prozent aller Rätsel gelüftet beziehungsweise Geheimnisse entdeckt. Während diese Aufgabenvielfalt in Mittelerde selbst nicht stört, fällt sie uns in den Levels sehr negativ auf. Keines dieser Spielabschnitte kann beim ersten Mal annähernd voll und ganz abgeschlossen werden. Um einen hundertprozentigen Spielstand zu erhalten, muss man jedes Level mindestens zweimal beenden und selbst dann ist nicht klar, ob man nicht die eine oder andere Stelle übersehen hat. Wir begrüßen diese vielfältige Levelnutzung zwar, aber in unseren Augen hätten es ruhig weniger Verstecke innerhalb der Levels geben können und dafür lieber zusätzliche Spielabschnitte als Bonusinhalt nach dem Durchspielen. In der Story sind die lösbaren Aufgaben dazu noch viel zu deutlich erkennbar (und ebenso schnell lösbar).

Atmosphärische Spielwelt

Lego Der Herr der Ringe (5)Jederzeit erkennt man, was zu tun ist und falls doch einmal die Aufgabenstellung nicht direkt klar wird, zerstört man einfach blind alle Legosteine. Irgendetwas lässt sich sicherlich wieder zusammenbauen oder für die Lösung eines Rätsels finden. Man kann und möchte dieses Manko dem Spiel jedoch verzeihen, denn vielfältiger wurde ein Lego-Videospiel noch nie gestaltet und die von der Spielwelt ausgehende Atmosphäre bleibt jederzeit bewahrt. Es ist jedoch zumindest in der Wii-Fassung sehr schade, dass diese wohl nur eine Portierung mit grafischen Anpassungen der Version für Xbox 360, PlayStation 3 und PC ist. Es ist zwar in Anbetracht des Arbeitsaufwands sicherlich nicht anders möglich, um auf allen Plattformen ein weitgehend positives Spielerlebnis zu bescheren, aber ein durchgehend leichtes Ruckeln (insbesondere auf der Oberweltkarte von Mittelerde) stört den Spielspaßfaktor ungemein. Nur selten läuft das Geschehen absolut flüssig, wie zum Beispiel beim Pfad der Toten unter dem Dwimorberg. Zudem werden in der Wii-Fassung nur in einer spielbaren Szene alle Charaktere gleichzeitig dargestellt. Screenshots von der Xbox-360-Fassung beweisen das Gegenteil. Wir fragen uns hier allen Ernstes, wie man das Spiel portiert hat. Schaut man sich im Vergleich einmal Der Herr der Ringe: Die Rückkehr des Königs (Gamecube) von 2003 an, dann wäre es neun Jahre danach auch von Traveller’s Tales durchaus zu erwarten, das hinzubekommen.

Stimmungstöter

Lego Der Herr der Ringe (6)Wieder wett macht das der originale Filmsoundtrack von Howard Shore, der das Geschehen jederzeit unterlegt. Schade ist jedoch, dass lediglich Gollum, Sam, Merry und Legolas noch ihre Synchronstimmen aus den Filmen besitzen. Alle anderen Figuren haben neue Sprecher. Raimund Krone leiht Zauberer Saruman seine Stimme und Peter Groeger zeichnet sich für König Théoden verantwortlich. Die Sprecher sind zwar keinesfalls verkehrt, doch verbinden sie Science-Fiction-Fans unmittelbar mit Quark und Worf aus dem Star-Trek-Universum. Gelegentlich werden Orte (wie Edoras) im Spiel zudem auch noch falsch ausgesprochen, was die Atmosphäre ebenfalls trübt. Wir fragen uns, warum sich Warner Bros. Interactive nicht dazu entschieden hat, ganz einfach Sprachsamples aus den drei Filmen zu nehmen. Dann hätte man sogar noch einmal die Gelegenheit gehabt, Gandalf-Synchronsprecher Joachim Höppner ein letztes Mal zu hören. Immerhin kann der Aragorn-Sprecher seinem Charakter genügend Leben einhauchen. Es mag nun kein Zufall sein, dass Traveller’s Tales als nächstes Opfer der Lego-Versoftung sich die berühmte Filmtrilogie als Vorbild genommen hat, denn schließlich läuft dieses Jahr der erste Teil von Der Hobbit im Kino an. Die Umsetzung der Vorgeschichte ist bereits angekündigt, doch bis es soweit ist, haben wir im Lego-Mittelerde noch genug zu tun, denn größer war kaum ein Lego-Videospiel zuvor. Mittelerde sei Dank!

Geschrieben von Eric Ebelt

Erics Fazit (basierend auf der Nintendo-Wii-Fassung): Wer mich kennt, der weiß, dass ich einer der größten Der-Herr-der-Ringe-Fans auf diesem Planeten bin. In jungen Jahren und noch einige Jahre vor der Filmtrilogie habe ich Fuß im Mittelerde-Universum gefasst. Es ist einfach die größte und magischste Fantasy-Welt, die ich kenne. Aus dem Grund bin ich auch jedes Mal aufs Neue gespannt, wenn ein neues Videospiel (fernab von Add-ons für Der Herr der Ringe Online) angekündigt und vor allem veröffentlicht wird. Nachdem ich in den letzten beiden Jahren Der Herr der Ringe: Die Abenteuer von Aragorn nur halbwegs und Der Herr der Ringe: Der Krieg im Norden fast gar nicht genießen konnte, ordnet sich dieses Spiel hier in der Mitte ein. Der Herr der Ringe vermittelt grundsätzlich eine ernste Thematik, die im Spiel mit Gags untermauert wird. Leider hat man sich viel zu sehr auf ernste Texte (die dann aber konsequent aus den Drehbüchern der Filme stammen!) gesetzt und dann versucht, diese noch mit dem typischen Lego-Slapstick-Humor zu untermauern. Das funktioniert in der Regel aber nicht. Nur sehr selten kann der Humor hier überzeugen, wenn zum Beispiel der am Boden liegende und sterbende König Théoden behauptet, sein Körper sei zermalmt und seine Nichte Éowyn dann nur noch eine Lego-Figur ohne Beine hochhält, dann kann das schon sehr witzig sein. Solche Momente sind jedoch eine Seltenheit. Zudem stört es mich, dass Dialoge auf ein Minimum reduziert wurden und so wieder nur einmal die Kenner der Vorlage jeden Zusammenhang verstehen. Zum Schluss hin fehlen auch wichtige Story-Abschnitte, wie zum Beispiel Gandalfs und Pippins Ritt nach Minas Tirith, um dort das Leuchtfeuer zu entzünden. Außerdem wird der Kampf um Minas Tirith auf ein Minimum reduziert. Die Minen von Moria fallen für meinen Geschmack auch etwas zu klein aus. Es hat also ganz den Anschein, dass die Entwicklung des Spiels noch nicht völlig abgeschlossen war. Schlussendlich stören mich auch die einfallslosen Nebenquests, die ebenso einfallslos in das Spiel integriert werden. Da steht dann schon mal ein Verwundeter am Wegesrand fröhlich herum, der einfach nur einen Gegenstand von uns geschmiedet haben möchte. Witzig ist das jedenfalls nicht, dafür sind die Dialoge zu wenig sarkastisch. Traveller’s Tales hat sich zwar bemüht, das bisher größte Lego-Videospiel aller Zeiten zu schaffen, doch scheitern sie bereits an Kleinigkeiten. Trotzdem ist das Spiel für Fans der Vorlage einen Blick wert, sofern sie die dünne Rätselkost, das einfach gestrickte Gameplay und auf der Wii die mittelmäßig gelungene Portierung akzeptieren können.

Vielen Dank an Warner Bros. Interactive für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Lego Der Herr der Ringe!

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