In den letzten Jahrzehnten avancierte das Castlevania-Franchise zu den wohl kultigsten Serien im Videospielsektor. Obwohl zwischen 2014 und 2018 mit vier Jahren die wohl größte Dürre der Reihe anhielt, erlöst Konami die Fans mit zwei Portierungen wichtiger Ableger der Serie.
1993 veröffentlichte der japanische Publisher Konami mit Castlevania: Rondo of Blood für das TurboGrafx-16 den damals wohl besten Serienteil. Schon am Intro, das in der neuen Synchronisation von 2009, die extra für die Virtual-Console-Fassung für die Wii angefertigt wurde, ist die dichte Atmosphäre des Spiels zu spüren. Der Schauspieler und Synchronsprecher Klaus-Dieter Klebsch verrät dem Spieler hier die Ausgangslage des Abenteuers: Im Jahr 1792 ist Dracula, der Herr der Finsternis, auferstanden und hat Annette, die Geliebte von Protagonist Richter Belmont, entführen lassen. Richter, ein Abkömmling des Vampirjäger-Klans Belmont, beschließt, sich dem Fürsten zu stellen und macht sich auf dem Weg ins titelgebende Schloss des Vampirs. Wie schon die vorherigen Serienableger, die für unterschiedliche Systeme wie NES oder MSX2 erschienen sind, verläuft das Action-Adventure, das stets aus der zweidimensionalen Seitenansicht gespielt wird, bis auf wenige Ausnahmen sehr linear. Fledermäuse, Skelette, Ritterrüstungen, Werwölfe, fliegende Medusenköpfe, Minotauren und bestialische Scheußlichkeiten lauern innerhalb und außerhalb der Burgmauern darauf, vom Spieler aus dem Weg geräumt zu werden. Am Ende der Reise, die durch Katakomben, Kerker, Ballsäle oder einen Uhrenturm führt, wartet das Rendezvous mit Dracula höchstpersönlich.
Motivierende Vampirjagd
Bis zum großen Finale ist es jedoch ein langer und vor allem steiniger Weg, denn Rondo of Blood ist damals wie heute ein Spiel, das mit einem hohen Schwierigkeitsgrad aufwartet. Das heißt, dass sowohl die Gegnerpositionen als auch ihre Angriffsmuster in mehreren Durchläufen verinnerlicht werden wollen. Wer zudem unterwegs Schlüssel aufnimmt und sie an der richtigen Stelle einsetzt, kann beispielsweise einen weiteren spielbaren Charakter treffen, der mit Doppelsprüngen wendiger ist und zudem mit tierischer Unterstützung den teuflischen Gegnern das Fürchten lehrt. Hinzu kommen kleine auf Japanisch synchronisierte Zwischensequenzen in Anime-Optik, die noch tiefer in die Materie eintauchen lassen. Da jedes Ableben der Spielfigur auch die Möglichkeit offeriert, das Spiel zu speichern, gehören Frustmomente oder das nervige Aufschreiben von Passwörtern so manches vorherigen Titels weitgehend der Vergangenheit an. Der adrenalingeladene Soundtrack sorgt dafür, dass beim Schwingen der Peitsche und Werfen von Dolchen, Äxten oder Weihwasser nicht nur mitgesummt, sondern jedes Continue auch gerne in Kauf genommen wird. Wer wirklich sämtliche Verstecke und alle geheimen Routen aufspüren will, wird trotz der im Grunde kurzen Einmalspielzeit lange genug bei der Stange gehalten, um das Spiel auch zum wiederholten Male angehen zu wollen.
Sequel aus neuer Sichtweise
In Castlevania: Symphony of the Night für die PlayStation knüpfte Konami 1997 an der Story von Rondo of Blood an. Wer absolut unbefangen an diesen Titel herangehen möchte, der von vielen Castlevania-Fans als bester Ableger des Franchises bezeichnet wird, sollte Rondo of Blood zuvor tatsächlich beenden, da Symphony of the Night den Endkampf gegen Dracula unkaschiert spoilert und sogar spielbar macht. Jahre nach den Geschehnissen von Rondo of Blood ist Richter 1796 verschwunden – Draculas Schloss, das eigentlich nur alle einhundert Jahre erscheint, ist hingegen wieder aufgetaucht. Um diesem mysteriösen Ereignis auf den Grund zu gehen, macht sich Alucard, der Sohn des Vampirs, zum alten Gemäuer auf. Dies macht er jedoch nicht, um seinem vermeintlich besiegten Vater die letzte Ehre zu erweisen, sondern um das Schloss niederzubrennen. Unterwegs trifft er auf Maria Renard, die Seite an Seite mit Richter auf Vampirjagd war und ein recht ähnliches Ziel wie er verfolgt. Im Gegensatz zu Rondo of Blood ist die Geschichte von Symphony of the Night wesentlich tiefgründiger und abwechslungsreicher. Es kommt gar zu ein paar unerwarteten Überraschungen und Wendungen, die starken Einfluss auf die Handlung der langjährigen Reihe haben, aber nicht nur in puncto Storytelling hat Konami in Symphony of the Night die Zeichen der Zeit erkannt.
Unter dem Einfluss von Super Metroid
An die Stelle von geradlinigen Levels der vorherigen Serienableger rückt diesmal eine wesentlich offenere Spielwelt in den Mittelpunkt des Geschehens. Bereits besuchte Orte können erneut aufgesucht und mit neuen Fähigkeiten neue Bereiche erschlossen werden. Als Vorbild haben sich die Entwickler sehr stark an Nintendos Super-Nintendo-Meilenstein Super Metroid orientiert und das Spielprinzip für ihre Zwecke umgemünzt. Zwar ist die Spielwelt von Symphony of the Night nicht ganz so logisch aufgebaut wie das Vorbild, doch auch hier macht es unglaublich viel Spaß, jeden Winkel zu erkunden, um alle Relikte aufzuspüren. Diese haben einen mal mehr und mal weniger starken Einfluss auf die Spielweise, können im Menü allerdings jederzeit aktiviert oder deaktiviert werden. Mit einem Artefakt kann beispielsweise im Kampf der Schaden angezeigt werden, den Alucard bei seinen Gegnern anrichtet. Manchmal ist das ganz schön praktisch, da es durch die relativ offene Spielwelt auch dazu kommen kann, dass sich der Spieler verläuft und so gegebenenfalls vor zu starken Gegnern landet. In diesem Falle heißt es nur, sich durch die Monsterhorden zu schnetzeln, Erfahrungspunkte zu sammeln und damit schließlich im Level aufzusteigen. Auch an die Implementierung von Rollenspiel-Elementen haben die intelligenten Köpfe von Konami gedacht – und das schon im Jahr 1997!
Vollgepackt mit tollen Sachen
Symphony of the Night bietet allerdings noch mehr als Level-ups und eine offene Spielwelt, denn hin und wieder lassen sich in Draculas Schloss auch neue Ausrüstungsgegenstände finden, mit denen sich Alucard im Kampf wesentlich besser verteidigen kann. Um Angriffe von Feinden abzuwehren, kann sich der Schwertschwinger beispielsweise mit einem Schild schützen. Jeder Ausrüstungsgegenstand verbessert zudem die Attribute des Charakters, womit sich schnell eine stark motivierende Aufwärtsspirale einstellt. Wenn sich ein Gegner anfangs noch etwas zäh anfühlt, dreht der Spieler eine Stunde später den Spieß einfach um und pulverisiert ihn mit ein bis zwei Schwertschlägen. Um die Übersicht in all dem Spektakel nicht zu verlieren, gibt es zu guter Letzt noch eine Übersichtskarte, die ebenso stark von Super Metroid inspiriert zu sein scheint und Hinweise darauf liefert, wo es noch nicht erkundete Räume gibt. Der gotisch-düstere Grafikstil ist auch Jahrzehnte nach der Erstveröffentlichung noch sehr ansehnlich und sorgt mit dem Soundtrack dafür, dass beim Erkunden des Gemäuers jedem ein leichter Schauer über den Rücken läuft. Trotz der atmosphärischen Hintergrundmusik ist der Soundtrack von Symphony of the Night allerdings nicht ganz so hitverdächtig wie bei Rondo of Blood, was aber kaum davon abhält, jede einzelne Minute der Titel durchweg zu genießen.
Action-Adventures auf Meisterhand
Positiv ist hier ebenfalls zu erwähnen, dass Symphony of the Night über ein Speichersystem verfügt. Überall in der Spielwelt sind Speicherräume versteckt, in denen sich der Spieler einfach nur in einen Sarg legen muss, um einerseits Alucards Wunden zu heilen und andererseits um das bisherige Erlebte zu sichern. Gelegentlich kommt hierbei jedoch das Gefühl auf, dass die Speicherräume zu weit voneinander entfernt sind. Vor allem vor kritischen Stellen fehlen sie häufig, sodass Alucards Ableben die Konsequenz birgt, einen alten Speicherstand zu laden und die letzte Viertelstunde erneut nachzuspielen. Das ist zwar bei den meisten anderen Ablegern davor und danach ähnlich gestaltet, doch durch den regelrechten Anstoß in den Erkundungsdrang ist dies bei Symphony of the Night etwas kritischer zu beäugeln als bei Rondo of Blood. Auch dass manche Gegner zu plötzlich aus dem Boden kriechen und gegebenenfalls von einer Bildschirmanzeige im ersten Moment verdeckt werden oder einfach so fies positioniert sind, dass die Konfrontation beim Betreten eines Spielabschnitts sofort vorprogrammiert ist, hätte schon bei der Erstveröffentlichung vermieden werden müssen. Dies alles sind jedoch nur kalte Tropfen auf den heißen Stein, denn sowohl Symphony of the Night als auch Rondo of Blood sind zwei grandiose Action-Adventures, die jeder unbedingt einmal spielen sollte!
Geschrieben von Eric Ebelt
Erics Fazit (basierend auf der PlayStation-4- und Virtual-Console-Fassung): Castlevania Requiem: Symphony of the Night & Rondo of Blood ist ein gelungenes Doppelpack aus dem Hause Konami. Der japanische Videospielhersteller aus Tōkyō zeigt, dass er eine seiner wohl beliebtesten Marken nicht vergessen hat. Vor allem jüngere Spieler, die bei den Erstveröffentlichungen beider Titel noch zu jung oder noch nicht einmal geboren waren, haben mit dieser kleinen Kollektion die einmalige Gelegenheit, zwei der besten Serienableger zu spielen. Während es mit Castlevania: Rondo of Blood möglich ist, das ursprüngliche Castlevania-Gefühl in seiner wohl besten Form inklusive Speichermöglichkeit zu erleben, bietet Castlevania: Symphony of the Night das überarbeitete Konzept mit starkem Super-Metroid-Einfluss. Rondo of Blood und Symphony of the Night bieten nahezu alle Elemente, die die Castlevania-Reihe bis heute so spannend und interessant machen. Fans und Kenner der Reihe werden die Sammlung gerade deswegen lieben, während sich Spielern, die bisher noch nicht in Berührung mit dem Franchise gekommen sind, mit Castlevania Requiem die einmalige Chance bietet, mit zwei der wichtigsten Serienableger in die Geschichte rund um Dracula und Co einzutauchen.
Vielen Dank an Konami für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Castlevania Requiem: Symphony of the Night & Rondo of Blood!