Kolumne: Late to the Party #3: Assassin’s Creed: Brotherhood

Nachdem der Autor dieser Zeilen Anfang 2023 erst Assassin’s Creed II durchgespielt und in einer Kolumne ausgiebig analysiert hat, folgt nun weniger als ein halbes Jahr später der Nachfolger Assassin’s Creed: Brotherhood, bei dem der Autor wieder mosern und loben kann.

Eine großartige Einführung in die Videospielserie und mein Vorhaben möchte ich mir an dieser Stelle und auch in Zukunft gerne sparen. Dies habe ich im ersten und auch im zweiten Teil der Kolumnenreihe zur Genüge getan. Na gut, für all die Lesefaulen zumindest ein bis zwei Sätze: Nachdem ich bereits am ersten Teil viel zu meckern hatte, blieb auch dessen Fortsetzung nicht ohne Kritik. Trotzdem gab es von mir, zumindest zur Story, auch ein ganz klein wenig Lob. Genau an diese Geschichte knüpft auch Brotherhood an. Soll heißen, dass es keine neue Hauptfigur gibt und ich wieder in die Haut von Ezio Auditore da Firenze springe. An dieser Stelle muss aber erst einmal ein kleiner Rückblick in das Jahr 2010 folgen. Ende 2009 erschien Assassin’s Creed II zwei Jahre nach dem Seriendebüt. Brotherhood sollte bereits Ende 2010 in den Händlerregalen stehen. Ubisoft Montréal hatte gerade einmal ein Jahr Zeit, einen Nachfolger zu produzieren. Vermutlich wurde schon vor der Veröffentlichung des zweiten Serienteils an Brotherhood gewerkelt. Allerdings bewegen wir uns jetzt in eine bis 2018 währende Epoche, in der Ubisoft jedes Jahr mindestens einen neuen Serienteil veröffentlichte. Bis heute kann ich diesen Wahnsinn nicht verstehen, denn selbst der eine oder andere Fan dürfte binnen kurzer Zeit übersättigt gewesen sein. Na ja, es gibt auch Menschen, die sich jedes Jahr den neuesten Aufguss der Picross-Reihe gönnen müssen. Zwangsneurose und so!

Brotherhood mit und ohne Multiplayer-Modus

Trotzdem hat die Reihe gerade mit dem zweiten Serienteil damals ihren ersten Zenit erreicht. Das Ding war in aller Munde und so war es abzusehen, dass die Vorfreude auf Brotherhood auch bei den Fans stetig anwachsen würde. Entsprechend schmackhaft wurde einem der Titel an allen Ecken und Enden gemacht. Gekauft habe ich mir das Spiel aber erst 2011 und zwar für die PlayStation 3. Die beiden Vorgänger hatte ich bis dahin kaum bis gar nicht angerührt und der Kaufgrund für die PlayStation-3-Fassung war, dass Brotherhood einen Mehrspielermodus bietet. Nun ja, an dieser Stelle müsste ich sagen, dass das Spiel diesen Modus geboten hat. Im Sommer 2022 gingen auf den Konsolen und selbst auf dem PC für diesen Modus die Lichter aus. Tja, da bin ich wohl ein Jährchen zu spät gekommen. Gestört hat mich das aber nicht wirklich, denn gespielt habe ich Brotherhood ohnehin in der PlayStation-4-Version in Assassin’s Creed: The Ezio Collection auf der PlayStation 5. Diese Fassung wurde sowieso ohne den Multiplayer-Aspekt veröffentlicht. Gefehlt hat mir dieser beim Durchspielen auch an keiner einzigen Stelle. Ob ich als Singleplayer-Enthusiast überhaupt lange Freude daran gehabt hätte, bezweifle ich an dieser Stelle einmal ganz frech. Im Vorfeld habe ich mich bei Brotherhood sowieso am meisten darauf gefreut, mit Rom(a) eine neue Stadt zu erkunden.

Überschaubares Flachland

Rom klingt erst einmal toll: Viadukte, Säulen und berühmte Baumerke wie das Kolosseum zu sehen, versprüht ordentlich Atmosphäre. Entdecke ich einen berühmten oder wichtigen Ort, so verrät mir das Spiel auf Wunsch interessante Fakten zum Bauwerk. Beispielsweise dass das Kolosseum an einer Seite durch ein Erdbeben einstürzte. So ein Blödsinn! Jedes Kind weiß doch, dass Obelix für diesen Schlamassel verantwortlich war. Egal, von Kleinigkeiten in der Historizität lasse ich mich nicht aufhalten. Bis auf ein paar Rückblenden oder Spezialmissionen, die mich nach Florenz oder aufs Land führen, bleibt Rom bedauerlicherweise der einzige Handlungsort des Spiels. Schlimm ist das nicht, da die Karte damit in ihrer Größe recht angenehm ausfällt. Leider ist Rom im Spiel aber ziemlich flach, besteht ungefähr aus der Hälfte aus Weideland und bietet nur bedingt größere Gebäude, die erkraxelt werden wollen. In Form des Kolosseums oder der Engelsburg geht das vereinzelt aber ordentlich in die Höhe. Wie gut, dass auch Lionardo di ser Piero da Vinci wieder mit von der Partie ist. Dieser will mir zum einen bekannte Gadgets aus dem Vorgänger andrehen. Zum anderen verkauft er mir im Verlauf des Spiels auch einen Fallschirm, mit dem ich aus großen Höhen sicher irgendwo landen kann oder mir aus der Luft ein oder gleich zwei Attentate auf einmal ermöglicht. Fein!

Bruderschaft

Ein tolles, aber ausbaubares Feature ist die titelgebende Bruderschaft. Wie könnte es auch anders sein, sind nach den Ereignissen des zweiten Teils meine Gegenspieler die Borgia – sprich der Papst und seine beiden verwöhnten Gören Lucrezia und Cesare. Deren Einfluss begründet sich in Brotherhood auf Türmen, die sie überall in der Stadt errichtet haben. Sobald ich genug von diesen eingenommen habe, kann ich Nicht-Spieler-Charaktere auf der Straße rekrutieren und sie zu Assassinen ausbilden. Entweder schicke ich diese dann auf Missionen in ganz Europa, wofür sie Erfahrungspunkte und ich Geld erhalte, oder rufe sie mitten im Gefecht herbei, um sie in die Kämpfe zu involvieren. Das macht gerade größere Auseinandersetzungen deutlich einfacher. Allgemein muss ich jedoch sagen, dass die Kämpfe in Brotherhood vielleicht noch leichter sind als im zweiten Teil. Ausweichen, Parieren und Attackieren geht in der Regel leicht von der Hand. Nur selten gelingt es Gegnern, ihre Angriffe so gut zu verketten, dass sich die Energieleiste leert. Nach dem zweiten Teil hätte ich mich nach mehr Varianz gesehnt, aber das ist für ein Jahr Entwicklungszeit vielleicht zu viel verlangt. Zumindest wenn ich Ubisoft fragen würde, dürfte diese Antwort fallen. Ansonsten ändert sich beim Gameplay nicht so viel oder anders ausgedrückt: Hier könnte auch Ihre Werbung stehen.

Gemeiner Platin-Fauxpas!

Soll heißen, dass es wieder mehr zu sammeln gibt, als es unbedingt nötig wäre. Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, alle einhundert Borgia-Flaggen zu sammeln, zumal ich mir in Ateliers jetzt auch Karten kaufen kann, die mir diese säuberlich auf der Karte markieren. Ubisoft legt mir aber insofern Steine in den Weg, dass sie die Flaggen auch auslagern, sodass ich manche Spielabschnitte nochmals spielen muss. Das gilt übrigens auch für mich als Trophäenjäger. Wenn die Platintrophäe aufblinken soll, muss ich jedes einzelne Kapitel mit einhundertprozentiger Synchronität abschließen. Hierzu zählen verschiedene Aufgaben wie die, dass ich keine Energie verlieren darf oder unbedingt Assassinen zur Hilfe rufen muss, wenn ich das Ziel ausschalten will. Ne, darauf habe ich nun wirklich keinen Bock. Das Gameplay ist in Brotherhood trotz einiger toller Einfälle wie das Einsetzen von Da Vincis Kriegsmaschinerie weitestgehend zu einspurig. Da muss ich das ganze Spektakel nicht noch wiederholen. Was mich an Brotherhood nach Beenden des zweiten Teils jedoch am meisten gereizt hat, war definitiv die Fortsetzung der Story. Ich wollte unbedingt wissen, wie es nach der Einführung der Aliens, Götterwesen oder wie auch immer die Anzubetenden zu bezeichnen sind, weitergeht. Vor allem wollte ich mehr Screentime für Desmond Miles. Zumindest etwas habe ich gekriegt.

Marios Schwert im Altpapier

Brotherhood lässt mir die Möglichkeit, den Animus jederzeit zu verlassen. Entsprechend kann ich mit Desmond das Monteriggioni der Gegenwart erkunden und auf den Spuren von Ezio wandeln. Viel Gameplay bietet der Gegenwartsabschnitt jedoch nicht. So kann ich E-Mails mit wirklich belanglosem Kram lesen. Mal im Ernst: Wen interessiert es, ob Desmond, Lucy oder Shaun Putzdienst hat? Mich interessiert auch nicht, wer Rebeccas MP3-Player versteckt hat! Immerhin kann ich mir etwas Luft verschaffen, indem ich Monteriggioni in der Nacht kletternd erkunden kann. Hier haben sich auch mehrere Gegenstände versteckt, die einen Bezug zu Ezio haben. Beispielsweise steckt an einer Stelle Onkel Marios Schwert im Boden. Der Journalist Michael Graf hat im Testvideo der GameStar aus dem Jahr 2011 geschmunzelt, dass der Müll in Italien nicht so oft abgeholt würde. Recht hat er! Giorgia Meloni sitzt als italienische Ministerpräsidentin ja auch noch im Amt. Hier hätten sich die Entwickler ruhig ein wenig mehr Mühe geben können und eine plausible Lösung für derlei Gegenstände ausdenken dürfen. Eventuell hätte es Desmond und Co in ein Museum verschlagen können. So hätten die Gegenwartsszenen noch einmal mehr an Gewicht gewonnen. Aber ihr wollt mit Sicherheit mehr zum Übernatürlichen wissen. Ich wünschte, es wäre doch leicht zu erklären.

Ein Ende mit Schrecken

Zu Beginn habe ich bereits vor Spoilern gewarnt. Es folgen schon im nächsten Satz weitere: Die letzten Missionen führen mich mit Ezio in die Engelsburg, wo der letzte Konflikt mit dem Papst wartet. Es folgen mehrere holprige Zeitsprünge. Zu guter Letzt folge ich Cesare mit einem Sprung durchs digitale Raumzeitkontinuum in die Schlacht von Viana in Spanien, wo der nicht so gute Mann seinen Tod findet. In der Gegenwart verschlägt es Desmond und Co nach Rom. Unterhalb des Kolosseums liegt ein Tempel versteckt, in dem der Edensplitter aufbewahrt wird. Wer jetzt denkt, dass die Geschichte damit ein Ende nehmen kann, liegt falsch. Desmond erscheint eine mysteriöse Frau, die ihn dazu bringt, mit seiner versteckten Klinge Lucy zu durchbohren, während für alle Lebewesen außer ihm die Zeit stillsteht. Ganz harter Tobak mal wieder! Lucys Schicksal bleibt erst einmal offen – und so endet auch Brotherhood mit einem Cliffhanger. Dieser macht definitiv Lust auf mehr, doch bevor der nächste Hauptcharakter der Reihe ins Rampenlicht tritt, wird noch einmal Ezio vor seinem verdienten Ruhestand rekrutiert. Mal sehen, ob es dann auch Antworten auf offene Fragen wie den vermissten MP3-Player oder die neue Einteilung des Putzdienstes nach Lucys Abgang gibt. Zumindest der Untertitel von Assassin’s Creed: Revelations verspricht hier so einiges.

Geschrieben von Eric Ebelt

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