Review: Sonic Superstars

Mit der Sonic-Videospielreihe ist das so eine heikle Sache: Die Qualität schwankt von Spiel zu Spiel stark. Nach dem enttäuschenden Sonic Frontiers aus dem Jahr 2022 kann auch das im Oktober 2023 veröffentlichte Sonic Superstars nicht überzeugen – trotz der 2D-Architektur.

Um Nintendo mit seinem Klempner Super Mario ordentlich einzuheizen, schickte Sega 1991 den blauen Igel Sonic ins Rennen. Auf den hauseigenen Konsolen avancierte das Spiel, das vor allem im Marketing auf einen Coolness-Faktor setzte, zu einer ernstzunehmenden Jump-’n’-Run-Alternative. Ganz an den Konkurrenten kam Sonic unserer Meinung nach zwar nie ran, doch einige Titel haben es zumindest in die Nähe geschafft. Unter Sonic-Fans herrscht darüber hinaus die Debatte, ob die zweidimensionalen oder dreidimensionalen Ausflüge des Igels die besseren Spiele sind. Eine eindeutige Antwort darauf wird es wohl niemals geben, aber Sonic Superstars ist als 2D-Abenteuer ein herber Rückschlag, doch der Reihe nach. Erzähltechnisch dürfen Fans noch weniger erwarten als in den letzten Jahren. So sind die Charaktere nicht vertont und es gibt darüber hinaus auch keine Dialoge, die die Figuren führen würden. Sega möchte mit dem Spiel zurück zu den Serienwurzeln und lässt Sonic und seine Freunde Amy, Knuckles und Tails schlicht und einfach in etlichen aufeinander folgenden Levels gegen den fiesen Dr. Eggman antreten. Dieser führt einmal mehr nichts Gutes im Schilde und will die Tiere der Northstar-Inseln in Roboter verwandeln. Es erklärt sich von selbst, dass Sonic und seine tapferen Mitstreiter den durchgeknallten Wissenschaftler aufhalten müssen.

Ausgebremstes Gameplay

Beim Kern-Gameplay wagen die beiden Entwicklerstudios Sonic Team und Arzest bei Sonic Superstars ebenfalls keine Experimente. Wir rasen mit Sonic von links nach rechts durch die kunterbunte Spielwelt, wirbeln Gegner aus dem Verkehr, sammeln dabei goldene Ringe ein und finden hier da und da versteckte Secrets. Die Spielgeschwindigkeit ist nach wie vor sehr hoch. Für uns ist sie sogar zu hoch, womit wir zum ersten Defizit des Spiels kommen. Wie in früheren Serienteilen werden wir beim Rasen von Hindernissen ausgebremst, da wir diese oft einfach nicht kommen sehen. Bei einer normalen Blockade mag das verzeihbar sein, doch bei einer horizontal ausgerichteten Sprungfeder, die uns zurückschleudert, ist das echt nervig. Richtig ärgerlich wird es, wenn Stacheln oder Gegner plötzlich im Weg sind. Bei einer Kollision verliert Sonic nach wie vor sämtliche Ringe, die er gesammelt hat. Diese dienen quasi als Lebensenergie. Solange Sonic wie früher auch nur einen Ring bei sich trägt, hat er die Möglichkeit, diesen nach einem Treffer schnell wieder einzusammeln. Ist Sonic aber erst einmal gebremst, spielt sich dieser so dermaßen träge, dass die Ringe schneller verschwinden als er sich zu einem Großteil bewegen kann. Aufgrund der Häufigkeit ist es im Jahr 2023 mehr als fraglich, warum Sega immer noch an diesem offensichtlich schlechten Spieldesign festhält.

Unübersichtlicher Mehrspielermodus

Eine Neuerung von Sonic Superstars ist, dass ihr das Spiel ähnlich wie seinerzeit New Super Mario Bros. Wii sowie dessen Nachfolger zu viert spielen könnt. Wenn ihr dachtet, dass das schon chaotisch ist, solltet ihr um Sonic Superstars einen großen Bogen machen. Aufgrund der hohen Spielgeschwindigkeit passiert es sehr häufig, dass eure Mitspieler zu schnell aus dem Bildausschnitt fliegen. Findet ihr einen großen goldenen Ring und landet anschließend in einem ausnahmsweise dreidimensionalen Bonus-Level, so wechselt ihr euch beim Schwingen zum einsammelbaren Chaos Emerald ab, was gutes Timing erfordert. Gutes Gameplay fühlt sich definitiv anders an. Hinzu kommt, dass es einige unfaire Stellen gibt. Ungelogen gehört Sonic Superstars deshalb zu den schwierigsten Spielen der Reihe. Relativ häufig werden wir in Spielsituationen geworfen, in denen wir einfach nicht innerhalb von einer oder zwei Sekunden erkennen können, welche Aktion wir ausführen müssen. Das nervt auf dem Weg zum Endboss ungeheuerlich – und das ist aus einem ganz besonderen Grund sehr schade: Sonic Superstars ist ein unglaublich abwechslungsreiches Spiel. Nicht nur die Schauplätze variieren, auch die Vielfalt des Level-Gameplays ist fantastisch. An einer Stelle landen wir in einem riesigen Flipper-Automaten und anderorts spielen wir den Klassiker Fantasy Zone nach.

Tolle Bosskämpfe mit repetitiver Vorarbeit

Auch bei den Bossgegnern wird Abwechslung groß geschrieben. Es läuft zwar alles darauf hinaus, dass wir die Feinde an einer empfindlichen Stelle treffen müssen, doch in der Regel müssen wir Vorarbeit leisten. So lassen wir eine Libelle erst einmal Seile schießen, damit wir eine Plattform als Zwischenstation nutzen können, um die Libelle auszuschalten. Einem riesigen Sparschwein, das uns zu Beginn des Kampfes alle Ringe stiehlt, müssen wir in einem niedrigen Raum verfolgen, in dem wir den Gesetzen der Physik trotzen und an der Decke laufen und es von dieser Stelle aus treffen. Die meisten Bossgegner haben darüber hinaus mehrere Phasen – und das nervt immer wieder dann, wenn wir besiegt werden. Selbst beim Endboss müssen wir von vorne starten. Fair gesetzte Kontrollpunkte sind hier für die Entwickler ein Fremdwort. Immerhin funktioniert dies in den Levels selbst deutlich besser, wenn auch nicht immer perfekt. Meistens scheitern wir ja doch immer wieder an derselben Stelle. Dann die repetitive Vorarbeit zu leisten ist auf Dauer ein Graus. Sammeln wir in den Levels Medaillen ein, können wir diese gegen kosmetische Ausrüstung eintauschen und damit einen kleinen Roboter ausstatten. Wofür dieser in Sonic Superstars vonnöten ist, erfahren wir erst, wenn wir unsere Spieldatei aufrufen und in den langweiligen wie ermüdenden Kampfmodus wechseln.

Belanglose Spezialfähigkeiten

Im Kampfmodus müssen wir uns mehreren Disziplinen stellen. Beispielsweise gilt es, mit dem Roboter am längsten zu überleben, die meisten Sterne einzusammeln oder zuerst das Level-Ende zu erreichen. Wirklich gekämpft wird hier also nur um Punkte. Dies ist auf der PlayStation 5 online möglich, macht die Sache aber nicht besser. Wir können uns nicht vorstellen, dass sich bei dieser Langweile auf Dauer genügend Spieler finden werden. Allerdings müssen wir uns an dieser Stelle fragen, warum die Kampagne hingegen nicht online spielbar ist. Hier hätte zumindest jeder Spieler einen ganzen Bildschirm für sich. Da die Levels groß genug und vielleicht auch schon wieder zu groß sind, könnten sich hier alle Teilnehmer auch wunderbar verstreuen. Dabei würden sie sich gegenseitig auch nicht behindern. Weitere Fragen werfen die Spezialfähigkeiten auf, die immer dann freigeschaltet werden, wenn wir einen Chaos Emerald erhalten. Damit lassen sich zum Beispiel versteckte Plattformen sichtbar machen oder mit Feuerbällen Blöcke zerstören. Klingt im ersten Moment spaßig, doch wenn wir nie wirklich in Situationen geworfen werfen, in denen die Fähigkeiten angewendet werden müssen, fallen diese eben schnell durchs Raster. Die Ansätze von Sonic Superstars, zumal die Technik auf der PlayStation 5 einwandfrei mitspielt, sind wirklich gut – die Umsetzung ist es aber nicht. Nach Sonic Frontiers erwartet Genre-Fans hier leider die nächste Enttäuschung.

Geschrieben von Eric Ebelt

Erics Fazit (basierend auf der PlayStation-5-Fassung): Die Sterne für einen weiteren Serienteil, der Sonic Frontiers vergessen lassen sollte, standen wahrhaftig gut. Auch als ich das Spiel auf der Gamescom 2023 bereits antesten konnte, war ich positiv gestimmt. Im fertigen Produkt muss ich mich wirklich bis zum Endboss quälen, bei dem ich übrigens aufgegeben habe. Es hätte so gut werden können! Die Levels sehen zuallererst toll aus und bieten sehr viel visuelle wie spielerische Abwechslung, zumal auch die Technik der leistungsstarken PlayStation 5 ein flüssiges Abenteuer garantiert. Es ist jedoch eine Frechheit, dass auf einmal wieder Fehler gemacht werden, die in den letzten Ablegern immer weniger geworden sind. Ständig hängt Sonic fest, weil ein starres oder bewegliches Hindernis ihn aufhält. Mich wundert es nicht, dass Sega auf eine Versuchsanzahl wie in den klassischen Titeln verzichtet. Den Game-Over-Bildschirm würde ich in manchen Levels und gerade bei Bossgegnern zuhauf sehen. Hinzu kommen ein unsinniger Mehrspielermodus, ein langweiliger Kampfmodus, wenig brauchbare Spezialfähigkeiten und ein überraschend unfairer Schwierigkeitsgrad. Bei Sonic Superstars kann der Funke nicht überspringen. Die größten Fans des blauen Igels könnten trotz der Defizite etwas Spaß mit dem Spiel haben. Wer aber auf der Suche nach neuem Jump-’n’-Run-Futter ist, ernährt sich mit Super Mario Bros. Wonder und Co gesünder!

Vielen Dank an Sega für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Sonic Superstars!

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