Review: Kona II: Brume

2017 erschien das Adventure Kona und schickte uns in der Rolle des Privatdetektivs Carl Faubert in die kanadische Verwaltungsregion Nord-du-Québec. Sechs Jahre später spinnt Entwicklerstudio Parabole die Geschichte in Kona II: Brume an selbigem Ort weiter.

Wer den ersten Teil gespielt hat, dürfte sich in Kona II: Brume vom ersten Moment an zweifelsfrei sofort zurechtfinden. So knüpft die Geschichte nahtlos an die Ereignisse des ersten Teils an. Diese werden zwar zu Beginn des Spiels auch kurz zusammengefasst, kommen im Verlauf der sieben bis acht Stunden langen Story aber kaum zur Geltung. Die zweite Episode möchte als eigenständiges Spiel verstanden werden und das gelingt der Erzählung zumindest teilweise. Wichtig ist nur wissen, dass unser Protagonist Carl Faubert nach wie vor in Nord-du-Québec mitten in den Ermittlungen steckt. Gerade will er mit einem Motorboot einen See überqueren, da wird er aus der Ferne von unbekannten Männern beschossen. Ihm bleibt nichts anderes übrig als ins eiskalte Wasser zu springen und an Land zu schwimmen. Halb erfroren und angeschossen gelingt es ihm durch den Schneesturm stapfend in einer Blockhütte Schutz zu finden. Hier werden uns elementare Grundlagen des Spiels beigebracht, damit wir den mörderischen Aufenthalt in der Einöde überleben. Packen wir Holzstapel in den Ofen oder in einen Kamin, können wir uns am Feuer aufwärmen. Mit Verbandskästen kurieren wir kurzerhand unsere Wunden. Unsere Waffe laden wir mit Munition. Für unsere Taschenlampe benötigen wir hingegen Batterien, die schneller aufgebraucht sein können, als uns am Ende lieb ist.

Drei Schwierigkeitsstufen

Inwiefern wir mit unseren Ressourcen haushalten müssen, hängt davon, auf welchem Schwierigkeitsgrad wir das Abenteuer angehen. Spielen wir auf der Schwierigkeitsstufe „Detektiv“, bleibt das Abenteuer weitgehend entspannt und wir können einen Großteil der oben genannten Mechaniken außer Acht lassen. Wählen wir hingegen den Schwierigkeitsgrad „Überlebenskünstler“ stehen uns nur begrenzt Ressourcen zur Verfügung. Außerdem kommt es häufiger zu Kämpfen mit der heimischen Fauna und übernatürlichen Kreaturen. Darüber hinaus gibt es eine mittlere Stufe. Für diese Rezension haben wir uns für „Abenteurer“ entschieden. Sonderlich schwierig ist Kona II: Brume dadurch aber nicht. Verbandskästen, Batterien und Munition finden wir reichlich und nur selten kommt es zu Engpässen, wenn wir zum Beispiel eine Leiter oder Fenster reparieren wollen. Soll heißen, dass wir allen unerfahrenen Spielern direkt zum mittleren Schwierigkeitsgrad raten. Wer den ersten Serienteil gespielt hat, kann sein Glück auch direkt auf dem obersten Härtegrad versuchen, da der Anspruch der Reihe bekannt sein dürfte. Die meisten Spielmechaniken werden an genau jener Stelle erklärt, an der sie erstmals Verwendung finden. Sich im Wirrwarr zu verlieren, ist nahezu ausgeschlossen. Komisch ist jedoch, dass nie erwähnt wird, dass Feuerstellen als Speicherstationen dienen.

Motivierendes Erkunden mit leichter Rätselkost

Abgesehen von den Survival-Elementen spielt sich der Titel wie ein gewöhnliches Abenteuerspiel. Wir sind zwar relativ häufig in den verschneiten Gebieten von Nord-du-Québec unterwegs, gelangen aber auch zu einzigartigen Orten, die wir regelrecht erkunden müssen. Beispielsweise kommen wir recht früh im Spiel zum Anwesen von unserem Auftraggeber William Hamilton. Ähnlich wie in Resident Evil VIII: Village sind manche Türen verschlossen, die sich nur mit dem richtigen Schlüssel öffnen lassen. Den Türöffner finden wir dann irgendwo im Herrenhaus, wozu in regelmäßigen Abständen auch das Lösen eines Rätsels notwendig ist. Unter anderem müssen wir fehlende Tasten auf einer Schreibmaschine einsetzen und anschließend das richtige Losungswort eintippen, damit an anderer Stelle ein Mechanismus in Gang gesetzt wird. Welcher Begriff gesucht ist, erfahren wir vielleicht in einem der verstreuten Textdokumente im Haus oder durch das Gespräch zweier schemenhafter Gestalten, die leuchtend vor uns auftauchen – ein wenig müsst ihr schon selbst herausfinden, wie und wo es in Kona II: Brume vorangeht. Wir können euch jedoch versichern, dass es in den meisten Fällen sehr viel Spaß macht, eigenständig auf die Lösung zu kommen. Ein paar kryptische Rätsel, deren Lösungen nicht direkt ersichtlich sind, haben es allerdings auch ins Spiel geschafft.

Immersives und narratives Erlebnis

In puncto Erzählkunst bedient sich das Abenteuer ebenfalls einer besonderen Spielmechanik. Da das Erlebnis sowohl immersiv als auch narrativ gestrickt ist, können wir anfangs frei wählen, ob der Off-Erzähler das Geschehen vollständig kommentiert, sprich auch bei Nebensächlichkeiten, oder nur minimal während der wichtigsten Erlebnisse. Zur Auswahl stehen übrigens zwei Sprecher. Während Guy Nadon das Geschehen auf kanadischem Französisch kommentiert, spricht Adam Gold sein amerikanisch-englisches Pendant. Beide Sprachfassungen sind zu empfehlen. Untertitel gibt es unter anderem auf Deutsch. Dennoch sei gesagt, dass die Nicht-Spieler-Charaktere, auf die wir treffen, durchweg Französisch sprechen. Seid ihr der Sprache nicht mächtig, solltet ihr also unbedingt Untertitel hinzuschalten. Musikalisch setzt Kona II: Brume auf einen schwermütigen Ton, der hervorragend zur Stimmung passt. Dennoch gibt es auch genügend Szenen, in denen die Umgebungsgeräusche für die unglaublich dichte Atmosphäre sorgen. Unter visuellen Aspekten kann der Titel natürlich nicht mit teuren Produktionen mithalten, ist aber alles andere als hässlich. Hier kommt es vor allem auf die glaubhafte Modellierung der Umgebung an – und das ist den Entwicklern definitiv geglückt. Wer Lust auf ein angenehm erzähltes und auch kurzweiliges Adventure hat, sollte sich Kona II: Brume einmal genauer anschauen – und vorher vielleicht das Seriendebüt nachholen.

Geschrieben von Eric Ebelt

Erics Fazit (basierend auf der PC-Fassung): Kona II ist eine rundum gelungene Fortführung des ersten Serienteils. So macht das Erkunden der Spielwelt noch etwas mehr Spaß, die Rätsel sind motivierend und die Atmosphäre stellenweise atemberaubend. Erzähltechnisch funktioniert der zweite Teil in meinen Augen sogar noch etwas besser als beim ersten Teil, da ich besser von Punkt A nach Punkt B geleitet werde. Schade ist jedoch die vage Verknüpfung zum ersten Spiel. Zwar wird auf die Geschehnisse des Seriendebüts selten eingegangen, doch hätte ich diesen nicht gespielt, wüsste ich anfangs kaum, was ich im verschneiten Kanada überhaupt zu suchen hätte. Die Einführung hilft dabei meines Erachtens nur wenig. Das ginge unterm Strich auch mit geringem Budget sicherlich besser. Selbiges müsste ich auch zur eher im Mittelmaß angesetzten Grafik sagen, wäre die Schneelandschaft und die Architektur der Gebäude nicht so glaubhaft respektive nachvollziehbar modelliert. Gerade das Anwesen von William Hamilton ist ein spannender Ort zum Erkunden. Die Mystery- wie seichten Horror-Elemente, der verschneite Handlungsort mit seinen ganz entfernten Fargo-Vibes und die Rätsel ergeben zusammen ein schönes Mosaik, das ich Fans des Genres und Kennern des Vorgängers aus dem Jahr 2017 durchaus empfehlen möchte.

Vielen Dank an Ravenscourt für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Kona II: Brume!

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