Obwohl das südkoreanische Entwicklerstudio Shift Up bereits im Jahr 2013 gegründet wurde, handelt es sich bei Stellar Blade um das erste große Spiel des Unternehmens. Dieses erschien Ende April 2024 exklusiv für die PlayStation 5 und überzeugt weitgehend mit viel Tamtam.
Bricht die Apokalypse an, so bleibt nur wenig Hoffnung. Verzweiflung macht sich breit. Ein Schicksal, das die Menschheit im Action-Adventure Stellar Blade am eigenen Leibe spüren muss. Naytiba genannte Kreaturen haben die Erde überrannt und die letzten Überlebenden in den Weltraum gezwungen. Jahrzehnte später tobt der Krieg um die Erde noch immer. Wir schlüpfen in die Rolle von Eve, einer mutigen Kriegerin, die für die Rückeroberung kämpft. Der fünfte Landungstrupp, dem Eve angehört, ist jedoch alles andere als erfolgreich, denn im Schlachtengetümmel verliert sie all ihre Kameraden. Dem Tode nahe wird die verwundete Eve vom Plünderer Adam aufgelesen. Die beiden schließen Freundschaft und beschließen, gemeinsam zu arbeiten. Wenn Eve Adam dabei helfen sollte, eine Hyperzelle aus der untergegangenen Stadt Eidos 7 zu bergen, so verspreche er ihr im Gegenzug, sie im Kampf gegen die Naytiba und ihrer Rückkehr zur Kolonie im Weltraum zu unterstützen. Mehr möchten wir zur Story nicht verraten, denn Stellar Blade lebt förmlich davon, die kryptischen Bestandteile der Spielwelt zu verstehen und mit der Zeit puzzleartig zusammenzusetzen. Auch wenn die an Vorbilder wie Nier Automata erinnernde Erzählung gerade zum Ende hin etwas konfus wirkt, unterhält sie bis fast durchweg bis Abspann inklusive drei verschiedener Endsequenzen.
Auffällige Vorbilder
Nicht nur in puncto Story haben sich die Entwickler bei Shift Up Inspiration geholt, auch bei den verschiedenen Gameplay-Elementen sind die Vorbilder zu erkennen. Beispielsweise erkunden wir in bester Metroid-Manier die sowohl schlauchartigen als auch offenen Areale der Spielwelt, sammeln Collectibles zum Ausbau der Spielfigur und erreichen mit neuen Fähigkeiten bis dahin nicht zugängliche Bereiche. Wie in Demon’s Souls und Co schalten wir in Stellar Blade zudem Abkürzungen und Speicherpunkte frei, damit wir nicht immer wieder den ganzen Weg zurücklaufen müssen, sollten wir einmal ins Gras beißen. Das passiert im Spiel, gerade zu Beginn, wenn Eve noch schwach und ihre Fähigkeiten begrenzt sind, oft genug. Immer dann, wenn Eve im Kampf fällt, wachen wir beim letzten Speicherpunkt auf. Sollten wir uns hier ausruhen, zu einem anderen Punkt der Spielwelt reisen oder uns nach dem Tod von dort aus wieder ins Getümmel stürzen, werden zudem alle Gegner wiederbelebt. Neben den monsterähnlichen Naytiba kämpfen wir auch gegen Maschinen oder eine kontaminierte Mischung aus beiden. Jeder besiegte Feind hinterlässt Erfahrungspunkte. Diese erhalten wir ebenfalls für das Untersuchen von auffälligen Objekten und dem Sammeln von Dokumenten. Haben wir genug Erfahrungspunkte gesammelt, schalten wir dafür einen Fähigkeitspunkt frei.
Flotte wie actiongeladene Kämpfe
Nach und nach investieren wir die Fähigkeitspunkte in neue Skills. Die Auswahl ist bereits zu Beginn groß und wird im Verlauf des Spiels inklusive weiteren Optionen im zweiten Spieldurchgang stark erweitert. Unter anderem greifen wir in Stellar Blade mit der titelgebenden Klinge an, weichen Gegnern aus, parieren Angriffe und geben Saures mit Konterattacken. Spezialangriffe gehören ebenfalls zum Repertoire von Eve, die wir zumeist nach einer bestimmten Kombinationsattacke aktivieren. Auch können wir in den Fernkampf wechseln, um sowohl Kugeln als auch Laserstrahlen abzufeuern. Ihr könnt es euch denken, aber auch die Kampfmechaniken orientieren sich an bereits etablierten Marken wie Bayonetta. Falsch ist das nicht, denn die Kämpfe gehen flott von der Hand und sind auf dem normalen Schwierigkeitsgrad durchaus fordernd. So müssen wir immer darauf achten, wie sich unsere Gegner verhalten und ihre Angriffsmuster lernen und durchschauen. Ungeübte Spieler werden hier wohl schnell das Weite suchen, aber wir können euch versichern, dass ihr deutlich schneller Fortschritte macht als beispielsweise im knüppelharten Spiel mit der Hexe. Mit der Zeit werden wir besser, was nicht nur an Selbstdisziplin und Sitzfleisch, sondern mitunter an neuen Fähigkeiten, verlängerter Lebensenergie und einer erhöhten Trankkapazität im Gepäck liegt.
Geschmälerte Eigenständigkeit
Hinzu kommt, dass wir in Stellar Blade unsere Attribute auch durch ausrüstbare Verbesserungen verstärken. Unter anderem lässt sich so das Timing manipulieren, wann wir einen Angriff abwehren sollten. Das lädt zum Experimentieren ein und lässt uns unseren Spielstil ein wenig auf die Herausforderungen abstimmen. Wem all das noch zu heftig ist, kann jederzeit in den Story-Modus wechseln. Dann sind zwar alle Feinde mit Ausnahme der letzten Bossgegner zu leicht, aber immerhin könnt ihr so die Geschichte nahezu problemlos bis zum Schluss erleben. Shift Up hat sich ebenfalls für den Aufbau der Spielwelt an bereits existenten Werken orientiert. Entsprechend sind im Ödland Einflüsse von Fallout zu spüren, während das Tetrapod genannte Raumschiff von Adam vom Science-Fiction-Film The Matrix inspiriert ist und Hologramme an die von Star Wars angelehnt sind. Schlimm ist das nicht, denn im Jahr 2024 war ohnehin alles irgendwie schon einmal da. So fehlt es dem Werk aber an Eigenständigkeit. Unter technischen Gesichtspunkten läuft der optisch meist angemessene Titel stets flüssig und lässt sich nach etwas Eingewöhnungszeit inklusive einer Handvoll DualSense-Funktionen gut spielen. Bei der Musik scheiden sich aber die Geister. Manche bezeichnen die vokal unterlegten Melodien als Katzenjammer; wir finden die Kompositionen für die Trostlosigkeit der Spielwelt passend. Wem diese Art Melancholie mag, sollte Stellar Blade eine Chance geben.
Geschrieben von Eric Ebelt
Erics Fazit: Stellar Blade ist ein gelungenes Action-Adventure geworden, das für einen Spieldurchgang vierzig bis fünfzig Stunden unterhält. Allerdings hätte die Spielerfahrung deutlich kompakter und damit intensiver sein können, denn die Entwickler tappen in die Open-World-Falle und lassen mich, ähnlich wie in Uncharted 4: A Thief’s End, zweimal in offen angelegte Areale eintauchen – allerdings in epischer Breite. Das passt meiner Ansicht nach nicht richtig zum Spiel und streckt die Spielzeit unangenehm. Durch die drei verschiedenen Enden bin ich ehrlich gesagt nicht gewillt, mich zu dreimal durch das Spiel zu kämpfen, nur um am Ende alle Auswirkungen gesehen zu haben. Letzteres ist zudem nötig, da mich das Spiel keine manuellen Savegames anlegen lässt. Das ist Spieldesign von vorgestern! Ansonsten macht mir Stellar Blade aber sehr viel Spaß, denn das Erkunden der linearen Spielabschnitte mit ihren Abweichungen ist spannend, die Kämpfe gehen flüssig von der Hand und auch die Story und die Spielwelt, so viel es beiden an eigenständigen Ideen fehlt, unterhalten mich zum Abspann. Fans von Action-Adventures wie Bayonetta und Co können mit Stellar Blade eigentlich nichts verkehrt machen und dürfen gerne einen Blick riskieren!
Vielen Dank an Sony Interactive Entertainment für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Stellar Blade!