Anfang Januar 2023 erschien mit Vengeful Guardian Moonrider ein Action-Platformer von Entwicklerstudio JoyMasher. Das Spiel, das unter anderem für den PC erhältlich ist, setzt dabei auf eine gehörige Portion Retro, was sich in so gut wie allen Aspekten widerspiegelt.
Totalitäre Systeme führen nie zu etwas Gutem. Das hat die Geschichte der Menschheit oft genug gezeigt. Genau in solch einer Welt spielt jedoch Vengeful Guardian Moonrider. Die Machthaber haben eine schlagkräftige Armee von Supersoldaten aufgestellt, zu denen auch der titelgebende und an einen Samurai erinnernde Wächter Moonrider gehört. Dieser denkt jedoch gar nicht erst daran, dem Staat zu dienen. Stattdessen will er für die Freiheit einstehen. Er beginnt damit, die anderen Übermenschen zu bekämpfen. Einfacher könnte die Handlung des Spiels nicht sein und das muss sie auch nicht. Vengeful Guardian Moonrider ist definitiv ein Spiel, das sich nicht nur in seiner Ästhetik, sondern auch in puncto Storytelling und Gameplay an Videospiele orientiert, die in den 1980er- und 1990er-Jahren erschienen sind. Würden wir es nicht besser wissen, würden wir das Spiel tatsächlich für einen Titel halten, der bis auf Auflösung und Spieltempo für das Sega Mega Drive hätte veröffentlicht werden können. Wert auf eine komplexe Story legt der Titel dementsprechend wenig bis gar nicht. Es gibt zwar kurze Dialoge, wenn wir mit dem Moonrider die Konfrontation mit einem Bossgegner suchen, und kurze Monologe, wenn wir einen Level abschließen, aber das war es auch schon. Nötig wäre das aber ohnehin nicht, denn Vengeful Guardian Moonrider definiert sich vor allem über sein schnelles Gameplay.
Mit Chips ausgerüstet in den Kampf
Kaum sind wir unserem Hightech-Gefängnis entkommen, machen wir auch schon Jagd auf unsere Peiniger. Hierzu steht uns eine schwertartige Waffe zur Verfügung, wodurch klar ist, dass Vengeful Guardian Moonrider ein Action-Titel ist, in dem Nahkampf groß geschrieben wird. Es gibt auch Möglichkeiten, in den Fernkampf zu gehen, aber sind diese Attacken eher die Ausnahme und den Spezialangriffen oder Sonderaufgaben vorbehalten. Wenn wir nicht gerade den mal menschlichen und mal roboterartigen Schergen entgegentreten, laufen und hüpfen wir durch die Spielwelt. Hier und da können wir versteckte Chips finden und unseren Helden damit ausstatten. Maximal zwei solcher Chips können wir gleichzeitig ausrüsten, um damit beispielsweise regelmäßig Lebensenergie oder Ausdauer wiederherzustellen, einen Doppelsprung auszuführen oder andere Vorteile zu erhalten. Fast alle Levels sind jedoch so überschaubar, dass das Erkunden zur Nebensache verkommt und nicht so richtig motiviert. Die Action steht in Vengeful Guardian Moonrider klar im Vordergrund – und dies ist an vielen Stellen zu merken. Unter anderem befinden sich Hindernisse, Fallen und nicht zuletzt die Gegner mit ihrer Japan-Ästhetik genau an den richtigen Stellen, sodass wir fast schon tanzartig feindlichen Projektilen ausweichen und den Angriff im genau richtigen Moment erwidern. Nicht nur in dieser Disziplin macht das Spiel fast alles richtig.
Jede Niederlage führt zum Sieg
Vor allem die größeren Zwischengegner und die Bossgegner am Ende eines jeden Levels können mit verschiedenen Angriffsmustern begeistern. Wir weichen großflächigen Attacken aus und schlagen genauso akrobatisch zurück. Manchmal wird in den Bosskämpfen aber auch die Umgebung zum Feind, wodurch das Gameplay stets frisch bleibt und mit kleineren Abweichungen überrascht. Beim ersten Kontakt mit einem Bossgegner ist dieser nur selten zu besiegen, denn der Schwierigkeitsgrad ist durchaus fordernd. So heftig wie die früheren Mega-Man-Spiele ist Vengeful Guardian Moonrider zwar keinesfalls, aber das heißt im Umkehrschluss trotzdem bei Weitem nicht, dass wir unseren Feinden sorglos gegenübertreten können. Verlieren wir all unsere Lebensenergie, verlieren wir einen wertvollen Versuch und müssen am letzten Kontrollpunkt wieder ins Geschehen einsteigen. Dieser ständige Drang, nicht alle Leben auszuhauchen, gibt einen ordentlichen Adrenalinstoß. Wir merken schnell, dass wir mit unserem letzten Versuch wesentlich vorsichtiger und geschickter agieren. Auf einmal fluppen die Sprung- und Ausweichpassagen genauso wie das Durchschauen der Manöver der Bossgegner. Wir lernen mit jeder Niederlage schlicht dazu, verbessern unsere Fähigkeiten und können diese nahtlos im nächsten Level einsetzen, um den Action-Platformer zu meistern.
Abwechslungsreiche Abweichungen
Übrigens ist der Aufbau der Levels nicht das einzige, was an Mega Man und Co erinnert. So können wir nach dem ersten Spielabschnitt frei wählen, in welcher Reihenfolge wir die acht darauffolgenden Levels angehen wollen. Darüber hinaus erhalten wir für das Besiegen eines Bossgegners seine Spezialfähigkeit, die wir im laufenden Spiel wechseln können, um damit in den Levels noch besser aufräumen zu können, auch wenn diese Fähigkeiten weitgehend eher belanglos und nicht immer vorteilhaft sind. Im Grunde bleibt das Gameplay bis zum finalen Kampf gleich. Wir durchkämmen Militäreinrichtungen, zerstörte Städte, verwitterte Wälder und Unterwasserhöhlen. Letzteres zeigt, dass der Titel immer wieder mit kleinen Abweichungen im Gameplay überrascht. So ändert sich unter Wasser auch die Physik, sodass wir Moonrider nur schwerfällig durchs kühle Nass bewegen können. Manchmal können wir in Vengeful Guardian Moonrider auch auf fliegenden Vehikeln Platz nehmen. Damit nicht genug, dürfen wir in zwei Levels auch über eine Schnellstraße driften. Aus der zweidimensionalen Seitenansicht wechselt die Kameraperspektive in die Verfolgeransicht. Ständig ziehen Motorradfahrer an uns vorbei, denen wir ausweichen und mit gezielten Schüssen von der Straße katapultieren. Gerade dann, wenn es eintönig werden könnte, gelingt dem Spiel plötzlich die Kehrtwende.
Kurzweiliges Action-Vergnügen
Sonderlich lang ist Vengeful Guardian Moonrider übrigens nicht. Geübte Spiele werden mit hoher Wahrscheinlichkeit nach anderthalb bis zwei Stunden den Abspann sehen. Wer kein Profi ist, wird aber nicht sehr viel länger am Spiel zu knabbern haben und spätestens nach zweieinhalb Stunden im Finale stehen. Dies liegt aber auch daran, dass wir nach dem ersten Ableben einen Rüstungschip erhalten, der den Schaden der Feinde verringert, wodurch das Abenteuer logischerweise einfacher wird. Wer gerne auf Highscore-Jagd geht, nimmt aber ohnehin Abstand von dieser Maßnahme, da die Abschlussbewertung dadurch erheblich verringert wird. Dennoch begrüßen wir den Chip, da so auch Anfänger eine Chance haben und nicht frustriert nach dem dritten oder vierten Tod an derselben Stelle den Controller an die Wand pfeffern. Positiv fällt in diesem Zusammenhang auch die leicht zu handhabende Steuerung auf. Vengeful Guardian Moonrider lässt sich hervorragend mit einem Controller spielen, der sich am Super-Nintendo-Controller-Layout orientiert. Dies ist aber nicht der einzige Nostalgiebonus, denn wie eingangs angedeutet, erstrahlt der Titel im 16-Bit-Gewand und ist mit ähnlichen Klängen unterlegt. Unterm Strich ist das Spiel wie gemacht für Fans von Retro-Action-Spielen. Gehört ihr zu dieser Gruppe, kommt ihr um den Notalgie-Trip nicht herum.
Geschrieben von Eric Ebelt
Erics Fazit (basierend auf der PC-Fassung): Vengeful Guardian Moonrider bietet ab der ersten Minute brachiale Action, die sich flüssig umsetzen und meistern lässt. Selten habe ich in einem Spiel das Gefühl, mit jeder Niederlage tatsächlich dazu zu lernen. Nicht so bei diesem Action-Platformer von Entwicklerstudio JoyMasher. Jeder Bildschirmtod spornt mich an, besser und besser zu werden – und genau das passiert in Vengeful Guardian Moonrider so flüssig wie das Gameplay des Spiels ist. Dadurch, dass der Action-Platformer nicht so schwierig ausfällt, können sich auch Anfänger nahezu problemlos am Spiel versuchen. Auch dass die Levels in einer freien Reihenfolge angegangen werden können, ist ein großes Plus für Vengeful Guardian Moonrider. Zusammen mit dem nostalgischen Retro-Feeling in Grafik und Soundtrack ist das Spiel eine wunderbare Zeitreise in die frühen 1990er-Jahre. Lediglich der nicht vorhandene Andrang, die beste Route durchs Spiel zu finden, die Belanglosigkeit der Spezialfähigkeiten und die relativ kurze Einmalspielzeit von etwa zwei Stunden stehen dem Spielspaß entgegen. Für Retro-Fans ist das Spiel aber definitiv einen Blick wert.
Vielen Dank an The Arcade Crew für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Vengeful Guardian Moonrider!