Zwar wurde die Story der ersten Staffel der Anime-Serie trotz eines recht offenen Endes eigentlich abgeschlossen, doch wollte A-1 Pictures das Franchise mit einer weiteren Season würdigen. Mit der ersten Volume hat dies gut geklappt, die zweite Ausgabe enttäuscht hingegen stark.
Gleich zu Beginn der ersten Folge werden die Zuschauer, die auf eine klare Fortsetzung der Handlung gehofft haben, auf ganzer Linie enttäuscht. Anstatt die Geschichte um den jungen Hausherrn Ciel Phantomhive und seinem Butler Sebastian Michaelis voranzutreiben, haben sich die – diesmal weniger kreativen – Köpfe von A-1 Pictures viel lieber für sechs Original Video Animations entschieden, die ein paar kleinere Geschichten erzählen. Ein Großteil der neuen Handlungsstränge lässt sich jedoch nicht in die Rahmenhandlung einbetten, da sie so fantasievoll oder abgedreht gestaltet sind. In den ersten beiden Folgen der insgesamt sechs für den Heimkinomarkt angefertigten Produktionen parodiert Black Butler II beispielsweise den Roman Alice im Wunderland des Schriftstellers Lewis Carroll. Hauptfigur Ciel ist wohl dermaßen übermüdet vom letzten Kassenbericht, dass er anfängt zu halluzinieren. Kaum hat Sebastian ihm seinen Tee gebracht, fällt Ciel auf einmal der Kaninchenschwanz an seinem Butler auf, als dieser den Raum verlässt. Kaum hat sich Ciel vom Schreibtisch losgerissen, sind seinem Butler auch noch zwei Kaninchenohren gewachsen. Natürlich kommt Sebastian in der Rolle des weißen Kaninchen auf seinem Weg irgendwohin zu spät, Ciel folgt ihm und landet über kurz oder lang im Wunderland, in dem er sich erst einmal zurechtfinden muss, zumal ihm jeder der Bewohner mit dem Namen von Carrolls fiktiver Figur Alice anspricht.
Willkürliche Handlungsstränge
An der einen oder anderen Stelle sind diese beiden Episoden sehr ironisch, zumal Sebastian als der schwarze Butler die Rolle des weißen Kaninchens übernimmt. Weitere Charaktere wie der Undertaker, die in Black Butler auftreten und in der ersten Volume der zweiten Staffel nur selten im Rampenlicht standen, kommen ebenfalls auf ihre Kosten. Während der Undertaker den Hutmacher „spielt“, übernimmt Shinigami Grell Sutcliff die Rolle der Grinsekatze. Humor ist in dieser Parodie aber kaum greifbar und wenn überhaupt nur dann, wenn dem Zuschauer die Vorlage aus der Feder von Carroll bekannt ist. Die dritte Original Video Animation verlagert das Geschehen nach New York City des Jahres 2010: Gerade wird die zweite Staffel von Black Butler „gedreht“ und die Charaktere, die anscheinend auch in ihrer Freizeit den Namen aus der Serie tragen und in ihren Rollen richtig aufgehen, werden hier im Rahmen des Making-ofs interviewt. Dies ist schon wesentlich unterhaltsamer, bietet aber wie schon die Parodie in den ersten beiden Original Video Animations kaum einen Mehrwert. Die anderen drei Episoden sind hingegen Geschichten, die irgendwie auch in den Kontext der Serie eingewebt werden können. So gelingt in einer Folge eine mysteriöse Dame auf Ciels Anwesen und in einer anderen Episode wird Alois Trancy in den Mittelpunkt gerückt. Mit der abschließenden sechsten Episode erhalten auch die Shinigami ihren ganz persönlichen Auftritt.
Unbefriedigender Staffel-Abschluss
Es ist äußerst fragwürdig, warum sich das Animationsstudio für gleich sechs Original Video Animations entschieden und die offenbar durchaus vorhandenen Ressourcen stattdessen nicht in zwei oder drei Folgen der Haupthandlung gesteckt hat. Da Ciel Phantomhive in der zwölften Episode selbst zu einem Teufel geworden ist, hätte die Anime-Serie mit diesem Ansatz eine gänzlich neue Tiefe erreichen können. Vor allem der mögliche Zwist zwischen Herrn und Diener hätte als konsequente Lösung reichlich Potenzial für einen weiteren Handlungsstrang gehabt. Obwohl die zweite Volume von Black Butler II mit den Original Video Animations den weiteren Verlauf der Geschichte im Unklaren lässt, befinden sich die sechs Produktionen in technischer Hinsicht auf demselben Niveau wie die Anime-Serie. In der Auflösung von 1080p und im bildschirmfüllenden 16:9-Format agieren alle Charaktere mitsamt ihrer Animationen wie in der Serie – und auch die eher etwas blassen Hintergründe, die gerne mal mit diffusem Licht kaschiert werden, können voll und ganz überzeugen. Des Weiteren kann auch hier die deutsche Synchronfassung den japanischen Originalton überflügeln. Musikalisch erklingen die aus der Serie bekannten Melodien im Tonformat DTS-HD Master Audio 2.0, weshalb hier keine Überraschungen, aber eben auch keine schlechten Stücke zu erwarten sind. Als Bonus winkt ein physisches Booklet mit einem Episodenguide und wenigen Zusatzinformationen.
Geschrieben von Eric Ebelt
Erics Fazit (basierend auf der Blu-ray-Fassung): Mit den zwölf Episoden der zweiten Staffel hat das Animationsstudio A-1 Pictures gezeigt, dass es keine Manga-Vorlage braucht, um eine spannende Geschichte losgelöst von der Handlung des Autors zu erzählen. So waren die Erwartungen an die zweite Volume der zweiten Staffel natürlich hoch, zumal die zwölfte Folge mit einem Cliffhanger endet, der nach einer Fortsetzung schreit. Die zweite Volume bietet stattdessen nur sechs Original Video Animations, von denen die Hälfte noch nicht einmal in irgendeiner Form in die Rahmenhandlung eingewoben werden können, da sie bis auf die Charaktere nichts mit der Serie zu tun haben. Viel besser sind die anderen drei Episoden zwar nicht, doch kommt dort schon sehr viel eher das aus der Serie bekannte mulmige Gefühl auf, an dem es sich nicht sattzusehen gilt. Unterm Strich ist die zweite Volume aber dennoch eine mittelschwere Enttäuschung, die nur die größten Fans, die alles über das Black-Butler-Franchise erfahren wollen, tatsächlich zu empfehlen ist.
Vielen Dank an Kazé Anime für die freundliche Bereitstellung eines Rezensionsexemplars von Black Butler II (Vol. 2)!